Grundzüge des Rechts der privaten Krankenversicherung Strukturprinzipien : Erstattung der tatsächlichen Aufwendungen des VN gegenüber Ärzten und anderen.

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 Präsentation transkript:

Grundzüge des Rechts der privaten Krankenversicherung Strukturprinzipien : Erstattung der tatsächlichen Aufwendungen des VN gegenüber Ärzten und anderen Leistungserbringern (KKV: § 192 Abs. 1 VVG i.V.m. MB/KK) + ggf. zusätzliche Dienstleistungen (§ 192 Abs. 3 VVG) Zahlung zeitabhängiger vereinbarter Beträge als Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld (MB/KK, MB/KT) Prämienkalkulation nach dem Äquivalenzprinzip (statt Solidarprinzip) Vertraglicher Interessenausgleich von Privaten Versicherungspflicht? (§ 5, § 6 SGB V; § 193 VVG) 1

Gesetzliche Krankenversicherung Strukturprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung: Für die gesetzliche Krankenversicherung gilt das Solidaritätsprinzip. Dies bedeutet, dass die Höhe des Beitrages nicht in erster Linie vom im Wesentlichen gesetzlich festgelegten Leistungsumfang, sondern von der nach bestimmten Pauschalregeln ermittelten individuellen Leistungsfähigkeit des versicherten Mitglieds abhängt. Die Beiträge werden regelmäßig als Prozentsatz des Einkommens bemessen. Weiterhin wird das Versicherungsentgelt im Umlageverfahren erhoben. Dies bedeutet, dass alle Aufwendungen im Kalenderjahr durch die in diesem Jahr eingehenden Beiträge gedeckt werden. Außer einer gesetzlichen Rücklage werden keine weiteren Rückstellungen gebildet. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Ehegatten und Kinder beitragsfrei mitversichert. 2

Substitutive und nicht substitutive KrankenV Substitutive KV: Verträge, die die im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehene Krankenversicherung ganz oder teilweise ersetzen können“ (§ 12 Abs. 1 VAG, § 195 Abs. 1 VVG). Alle übrigen KV-V (Wahlleistungsabsicherung, KHTG-V, AuslandsreiseKV) sind nicht substitutive KrankenV-V. 3

Wichtige Sonderregelungen Abschluss eines KV-V: Besondere Informationspflichten nach § 3 VVG-InfoV, § 10a Abs. 3 VAG. Grundsätzlicher Befristungsausschluss: § 195 Abs. 1 VVG Vorvertragliche Anzeigeobliegenheit: § 194 Abs. 1 Satz 3,4 Versicherungspflicht: § 193 Abs. 3 VVG Kontrahierungszwang: § 193 Abs. 5 VVG und Direktanspruch: § 195 Abs. 7 im Basistarif Besonderheiten bei der Prämienberechnung nach § 12 VAG (Altersrückstellungen, Gleichbehandlungsgebot) Recht des VR auf (kontrollierte) Prämien- und Bedingungsanpassung nach § 203 VVG Sonderregelung zum Prämienverzug in der PflichtV nach § 193 Abs. 6 VVG 4

Krankheit und medizinische notwendige Heilbehandlung BGH – IV ZR 187/07 – VersR 2010, 1485 (Spermien- Injektion) VN ist verheiratet und wünscht sich ein Kind, seine Ehefrau hat bislang Fehlgeburten erlitten. Über zwei Jahre hinweg schlugen Inseminationsbehandlungen und in-vitro-Fertilisationen fehl. Für sie verlangt VN Kostenerstattung. OLG Karlsruhe – 12 U 70/90 – VersR 991, 912 (BrustOP) VN, eine Bodybuilderin, litt unter einer Unterentwicklung (Hypoplasie) ihre Brüste und unterzog sich einer Brustoperation mit „Augmentationsplastik“, die allerdings erfolglos blieb. Sie verlangt Ersatz der Operationskosten. OLG Karlsruhe – 12 U 32/03 – VersR 2003, 1432 (Erektile Dysfunktion) VN verlangt wegen einer durch eine arterielle Hypertonie bedingten erektilen Dysfunktion die Erstattung der Kosten für die Verordnung von Viagra. 5

Alternativmedizin BGH – IV ZR 307/12 – VersR 2013, 1558 (Dendritische Zellen) VN leidet an einem metastasierenden Prostatakarzinom, das schulmedizinisch als unheilbar gilt. Versuche einer Universitätsklinik befassen sich mit der Frage, ob die „Injektion“ dendritischer Zellen eine Heilungsmöglichkeit ergeben. VN verlangt den Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen. Heutige Klausel: VR leistet …für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind… (und) für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen… Medizinisch notwendige Heilbehandlung : Objektiver Maßstab (keine Anknüpfung an den Behandlungsvertrag). Maßgebend: Medizinische Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Behandlung! ► Medizinische Vertretbarkeit (Eignung, eine Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegen zu wirken). 6

Versicherungsfall: Beginn und Ende „Zahnschmerzen, die keinen Anfang und kein Ende haben wollen“ OLG Köln – 20 U 125/13 – VersR 2014, 1200 VN, der seit dem bei VR einen MBKK-V unterhält, verlangt die Erstattung der Kosten für die Überkronung und Brückenversorgung seiner Zähne. Schon am stellte der Zahnarzt Z das Fehlen von Zähnen fest und riet zu einer – nicht notwendigerweise sofortigen – Extraktion verbliebener Zähne und dem prothetischen Ersatz fehlender anderer. 7

Beginn und Ende des Versicherungsfalls Problematik des „gedehnten Versicherungsfalls“ Von einem gedehnten VF spricht man, wenn sich das versicherte Ereignis (Heilbehandlung) über längere Zeiträume erstreckt. In der PKV ist beginnt das versicherte Ereignis mit der Heilbehandlung und endet, wenn nach medizinischem Befund keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht (§ 1 (2) Satz 2 MB/KK 2009). Von Bedeutung ist das für den Zeitraum der Deckung: Hat eine Heilbehandlung vor dem materiellen Versicherungsbeginn eingesetzt, besteht keine Absicherung! 8

Zulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung „Ein klitzekleiner Krankheitsprofit“ BGH IV ZR 50/11 - VersR 2012, 219 „Abrechnungsbetrug“] VN unterhielt seit bei VR eine KKV zur Ergänzung seines Beihilfeanspruchs. VR kündigte den Vertrag am fristgemäß und fristlos, weil VN von 2008 bis 2010 eine Vielzahl angeblicher Medikamentenbezüge abgerechnet hatte, die er in Wirklichkeit gar nicht bezogen hatte. VN beantragte die Feststellung des Fortbestehens seines VV mit der Begründung, seine Ehefrau habe die Abrechnungen vorgenommen, weil er krankheitsbedingt dazu nicht in der Lage gewesen sei, ihm seien Manipulationen nicht bekannt gewesen. 9

Probleme der Krankentagegeldversicherung: Arbeitsunfähigkeit „Ein Rechtsanwalt, der nicht mehr lesen konnte“ BGH – IV ZR 239/11 – VersR 2013, 615 VN ist Rechtsanwalt und unterhält bei VR eine MB/KT-V. Nach einem leichten Schlaganfall mit der Folge einer Dyslexie (Leseschwäche) ist VN arbeitsunfähig geschrieben ab ; er kann allerdings in geringem Umfang seiner Arbeit als Rechtsanwalt nachgehen. VR stellte nach einiger Zeit die Krankentagegeldzahlungen ein mit der Begründung, es liege Berufsunfähigkeit vor. 10

Arbeitsunfähigkeit / Berufsunfähigkeit AVB MB/KT (Zusammenfassung): 1. VR bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, sofern dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. 2. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht. 3. Das Versicherungsverhältnis endet mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit der versicherten Person. 11

Vom Sinn der Geschichte Sie haben noch nie einen Unfall erlitten? Sie waren immer ganz tapfer bei der Arbeit? Sie leben noch? Sie hatten schon einmal einen Schnupfen aber sind sonst noch ganz jung und gesund? Warum beschäftigen Sie sich eigentlich mit Personenversicherungen? 12 Weil es – Gott sei Dank (?) – Unfälle, Krankheiten und Todesfälle gibt und Sie einfach Geld verdienen wollen? Nein: Weil das VVG einer der spannendsten Orte der (deutschen Rechts-) Welt ist! Viel Erfolg!