Chancen und Risiken des optionalen europäischen Kaufrechts Prof. Dr. Carsten Herresthal, LL.M., Universität Regensburg.

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Chancen und Risiken des optionalen europäischen Kaufrechts Prof. Dr. Carsten Herresthal, LL.M., Universität Regensburg

Prof. Dr. Carsten Herresthal I. Vor- und Nachteile eines optionalen europäischen Kaufrechts 1.Die Vorteile eines optionalen Kaufrechts - Orientierung an Sachstruktur und angemessenem Interessenausgleich ▪ Ziel: modernes Kaufrecht mit angemessenem Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Verbraucher ▪Ziel: modernes Kaufrecht (aktuelle ökonomische, technische Bedingungen sowie Besonderheiten grenzüberschreitender Rechtsgeschäfte) - Standardisierungsvorteile zentraler Regelsetzung ▪ Reduktion von Transaktionskosten ▪ Marktzutritt für SME in anderen Mitgliedstaaten -„Ende der Vollharmonisierung“: Ende exzessiver Überregulierung nationaler Privatrechte durch vollharmonisierende verbraucherschützende Richtlinien 2

Prof. Dr. Carsten Herresthal I. Vor- und Nachteile eines optionalen europäischen Kaufrechts 1.Die Vorteile eines optionalen Kaufrechts (Forts.) -Markt für Vertragsrechte: Test eines neuen Kaufrechts am Markt; Formulierung angemessener Regeln - Rechtssicherheit durch Fortbestand nationaler Kaufrechte -Wettbewerb der Kaufrechte Möglichkeit auch nationaler Reaktionen und Entdeckungen 3

Prof. Dr. Carsten Herresthal I. Vor- und Nachteile eines optionalen europäischen Kaufrechts 2.Die Nachteile eines optionalen Kaufrechts - Ungewissheit des Bedarfs der Praxis für „28. Rechtsordnung“: Abwahl des CISG in der Praxis; Risikoaversion der Marktteilnehmer -Nachteile zentraler Regelsetzung: ▪ Verkümmern nationaler Privatrechte ▪Hohe Hürde zur Änderung des optionalen europäischen Kaufrechts -Direkte und indirekte Transformationskosten ▪Notwendigkeit des Vorhaltens des optionalen Kaufrechts in SME ▪ „Jahrzehnt der Rechtsunsicherheit“ -Komplexität der Rechtsgewinnung: Einbindung des optionalen Kaufrechts in nationale Privatrechtsordnung 4

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 1.Der begrenzte Regelungsbereich a) Regelungsbereich: Kaufrecht und verbundene Dienstverträge -zentrale Aspekte des Vertragsrechts, des Kaufrechts und verbundener Service-Verträge -einzelne Regelungen des allgemeinen Schuldrechts b) Vor- und Nachteile der Begrenzung des Regelungsbereichs -Vorteile: ▪ Komplexitätsreduzierung (kein Schuldrecht; „Fehleranfälligkeit“ des europäischen Rechtssetzungsprozesses) ▪ Partielle Harmonisierung des Kaufrechts durch Richtlinie ▪ Test eines Vertragsrechts begrenzter Reichweite (begrenzter personeller und finanzieller Aufwand) ▪ Begrenzte nachteilige Folgen bei Ablehnung durch den Markt Prof. Dr. Carsten Herresthal 5

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 1.Der begrenzte Regelungsbereich (Forts.) b) Vor- und Nachteile der Begrenzung -Nachteile: ▪ Weitreichende Anwendung nationalen Rechts neben optionalem Kaufrecht ▪ Geringer Harmonisierungsfortschritt ▪ Kein Nucleus für ein europäisches Vertragsrecht (Orientierung an Kaufrecht) Prof. Dr. Carsten Herresthal 6

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 2.Das wirtschaftliche Grundkonzept des optionalen Kaufrechts -Grundkonzeption: Wettbewerbsverfasste Marktwirtschaft -Weitreichende Einschränkungen der Grundkonzeption: ▪Begrenzung der Vertragsfreiheit von Beginn (Art. 1 I GEK – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht) ▪Vielzahl zwingender Regeln ▪Vielzahl (zwingender) verbraucherschützender Regeln ▪Vielzahl an Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen Prof. Dr. Carsten Herresthal 7

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 3.Die Anerkennung von Rechtsprinzipien im GEK: -Rechtsprinzipien im Vertragsrecht eigenständige Rechtsprinzipien als Grundlage vertragsrechtlicher Regelungen -Art. 4 I, II GEK: Auslegung im Einklang mit den „zugrunde liegenden Zielen und Grundsätzen“; ungeregelte Fragen sind „im Einklang mit den ihm zugrunde liegenden Zielen und Grundsätzen“ zu regeln -Wesentliche Rechtsprinzipien im GEK ▪Vertragsfreiheit ▪Primat dispositiver Regeln (Art. 1 II GEK) ▪Treu und Glauben (Art. 2 I GEK) ▪Verbraucherschutz ▪Vertrauensschutz Prof. Dr. Carsten Herresthal 8

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 4.Die wesentlichen Strukturdefizite des GEK -Vagheit der Regeln: ▪Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe (“angemessen”; “Treu und Glauben”; “Pflicht zur Zusammenarbeit”) ▪Unbestimmte Rechtsbegriffe in Normen mit fundamentalen Rechtsfolgen für das Vertragsverhältnis -Vielzahl von Struktur- und Systembrüchen -Regelungswidersprüche (z.B. drei Definitionen der „Unfairness “) - Fehlende Strukturierung und Systematisierung (z.B. Art. 45 GEK) Prof. Dr. Carsten Herresthal 9

II.Das optionale Kaufrecht nach dem Verordnungsentwurf 5.Das optionale Kaufrecht als Kern Europäischer Methoden der Rechtsgewinnung -Gebot autonomer Auslegung (Art. 4 I GEK) - Anerkennung der Rechtsfortbildung (Art. 4 II GEK) -Zentrales Defizit: Fehlen kohärenter Präambel; Fehlen aussagekräftiger Gesetzesbegründung Prof. Dr. Carsten Herresthal 10

III.Das optionale Kaufrecht: „Weiteres Vorgehen“ -Wettbewerb der Kaufrechte als Chance ▪Formulierung binnenmarktadäquaten europäischen Kaufrechts ▪Innovationsschub für nationale Kaufrechte -Wettbewerb der Kaufrechte als Aufgabe ▪ Herstellung und Sicherung eines Wettbewerbs der Kaufrechte ▪Kein (mittelbarer) Zwang zur „Wahl“ des GEK -Verbesserung des GEK als „Wettbewerbsteilnehmer“ ▪Angemessener Interessenausgleich: Reduktion des Verbraucherschutzniveaus ▪Steigerung der Regelungsqualität Prof. Dr. Carsten Herresthal 11

Kontakt: Prof. Dr. Carsten Herresthal, LL.M. Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Europarecht und Rechtstheorie Fakultät für Rechtswissenschaft Universität Regensburg Universitätsstr Regensburg mobil. +49 / (0) Tel. +49 / (0) (Sekretariat) Fax. +49 / (0) Prof. Dr. Carsten Herresthal 12