Hämochromatose und Blutspende

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 Präsentation transkript:

Hämochromatose und Blutspende Dr. Marcus Ammer Blutzentrale Linz Transfusionsmedizinisches Forum der ÖGBT, Graz, 28.03.2003

Hämochromatose und Blutspende Geschichte einer Verschwendung?

Problematik – ein Beispiel Pat, ♂, 35 a; Diagnose: hereditäre Hämochromatose Therapie: Aderlässe über 1½ Jahre = 210 Erythrozytenkonzentrate

Hereditäre Hämochromatose Eisenspeichererkrankung Häufigste Erbkrankheit bei erwachsenen Kaukasiern (Genfrequenz 10%) Prävalenz 1:400 Bei frühzeitiger Diagnose Vermeidung von Morbidität und Mortalität Einfache Therapie (Phlebotomien)

Hämochromatose – Pathogenese I ↑ Eisenaufnahme im oberen Dünndarm Eisenablagerung in Organen Leber Herz Endokrine Organe Haut Gelenke Organschädigung

Hämochromatose – Pathogenese II HFE: HLA-bezogenes Eisenbindungsgen auf Chromosom 6p: kodiert für HFE-Protein Mutationen: C282Y, H63D; Ausprägung variiert in Heterozygoten (Prävalenz 6 – 10 %) Nur geschätzte 10 % der betroffenen Personen werden diagnostiziert!

Krankheitsverlauf Sehr lange asymptomatische Latenzzeit (♂ 20. - 40. Lj., ♀ Menopause) Leberfibrose, Leberzirrhose, Leber-Ca Diabetes mellitus Kardiomyopathien Hautverfärbung Arthropathien

Diagnose Ferritin  Screeningparameter (< 500 g/l) Transferrinsättigung (Serumeisen/TEBK) Gentests Sonographie Leberbiopsie

Schlüsselfrage Ist es ethisch und medizinisch vertretbar, das bei Aderlässen von Hämochromatosepatienten gewonnene Blut zur Verabreichung von Transfusionen zu verwenden?

PRO McDonnell SM et al, Transfusion 1999; 39(6):651-6 A survey of phlebotomy among persons with hemochromatosis. 2851 Patienten mit HH, 1 Jahr; Phlebotomien zur Eisendepletion: 2,6 Units/Monat Erhaltungstherapie: 0,5 Units/Monat  geschätzte, potentielle Anzahl Konserven: 6 Units/Patient/Jahr

PRO McDonnell SM et al, Transfusion 1999; 39(6):651-6 A survey of phlebotomy among persons with hemochromatosis. 7 – 19 % waren der Meinung, dass Blut verwendet wird. 0,5 % verschwiegen die Diagnose „Hämochromatose“ beim Blutspenden in den Blutzentralen 45 % wollten in Blutzentralen spenden, wurden aber abgewiesen: Gründe: Hämochromatose (45 %), Medikamente (13 %), Lebererkrankungen (erhöhte LFP, Hepatitis, Zirrhose), 10 % wegen positiv beantworteter Fragen im Rahmen des normalen Screenings, 5 % berichtete HIV-Infektion

PRO McDonnell SM et al, Transfusion 1999; 39(6):651-6 A survey of phlebotomy among persons with hemochromatosis. Conclusion: „The amount of blood withdrawn from persons with hemochromatosis is substantial.“

PRO Barton et al, Transfusion 1999:39:578 Hemochromatosis probands as blood donors. 211 Hämochromatosepatienten wurden retrospektiv untersucht. 142 (67 %) qualifizierten sich als potentielle Blutspender. Insgesamt produzierte die Eisen-Depletionstherapie ca. 10 mal mehr brauchbare Konserven als das gesamte erste Jahr der Erhaltungstherapie (!) Ausschuss: 26 % Depletionsphase 6 % Erhaltungsphase  Von 1592 Konserven 1029 potentiell brauchbar (65 %).

PRO Rhode Island Blood Center: J. Maynard et al. Evaluation of Hemochromatosis Donations. Was it worth the effort? 429 Blutspenden von Hämochromatosepatienten, 1 Jahr. Spendefrequenz: 1 bis 20 mal (mittel 4,3) 90,9 % der Spenden konnten verwertet werden.  961 Transfusionsprodukte rechtfertigten den Aufwand.

More PRO´s G. Jeffrey, P. C. Adams, Transfusion 1999;39:549 Blood from patients with hereditary hemochromatosis – a wasted resource? Re-Evaluierung der momentanen Praxis. R. A. Sacher, Transfusion 1999;39:551 Hemochromatosis and blood donors: a perspective. Befragung unter Hämatologen.

CONTRA 2 Streitpunkte: Altruismus (Blutspende aus reiner Selbstlosigkeit) Risiko der Übertragung von Infektionen, die mit heutigen Screeningtests nicht erfasst werden.

CONTRA „Altruismus“ Eastlund T. Transfusion 1998;38:874 Monetary blood donationincentives and the risk of transfusion-transmitted infection. Barker LF et al. Transfusion 1998;38:803 Voluntary, nonremunerated blood donation: still a world heqalth goal? Friedrich C. JAMA 1993;270:2928 Blood donation by patients with hemochromatosis (letter). L. Tanet al. Transfusion 1999;39:1018 Use of blood therapeutically drawn from hemochromatosis patients

CONTRA Conry-Cantilena et al. In: Barton JC, Edwards CQ, eds., Hemochromatosis. Cambridge, UK Höhere Inzidenz von Hepatitis C in Hämochromatosepatienten.

Conclusio Abgesehen vom altruistischen Moment existieren derzeit keine - insbesonders medizinische - Gründe, Blutkonserven von Hämochromatosepatienten nicht zur Transfusion zu verwenden, solange sie die ansonsten geltenden Qualitätsstandards erfüllen.

Conclusio USA Kanada Schweden Australien Norwegen Südafrika Österreich???