Pflichtübung aus Europarecht

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät
Advertisements

Prof. Dr. Bernhard Wasmayr VWL 2. Semester
Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010
Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010
Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010
Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010
20:00.
Das neue GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ
Pflichtübung aus Europarecht 7. Jänner 2014
ao. Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer
Die Grundrechte im deutschen Grundgesetz
Mag. Marie-Therese Richter, B.A.
Die Schaffung des Binnenmarktes
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Pflichtübung aus Europarecht 8. Mai 2013 Dr. Marie-Therese Richter, BA, LL.M.
UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil
Pflichtübung aus Europarecht 9. Mai 2013
Haftung eines MS für die Verletzung von Unionsrecht
Mag. Marie-Therese Richter, B.A.
Europarecht Materielles Recht
ZGB-Inhaltsübersicht
Europäisches Vergaberecht
Pflichtvorlesung im Öffentlichen Recht
Ertragsteuern, 5. Auflage Christiana Djanani, Gernot Brähler, Christian Lösel, Andreas Krenzin © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2012.
MINDREADER Ein magisch - interaktives Erlebnis mit ENZO PAOLO

UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil
Pflichtübung aus Europarecht 16. April 2014
Pflichtübung aus Europarecht 10. Mai 2013
Pflichtübung aus Europarecht 11. Mai 2013 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Pflichtübung aus Europarecht 30. April 2014
Pflichtübung aus Europarecht 16. Jänner 2014
Pflichtübung aus Europarecht 26. März 2014
Pflichtübung aus Europarecht 2. April 2014 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Pflichtübung aus Europarecht 13. Mai 2013
Pflichtübung aus Europarecht 10. Jänner 2014
Pflichtübung aus Europarecht 20. Jänner 2014
2. FALL Mag. Marie-Therese Richter. 2 Sachverhalt EU 200 Mio Euro.
Pflichtübung aus Europarecht 23. Jänner 2014 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
3. Fall PÜ Europarecht Mag. Dr. Anna Bender-Säbelkampf, BA
Pflichtübung aus Europarecht 9. Jänner 2014 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil
Mag. Marie-Therese Richter
Folie Beispiel für eine Einzelauswertung der Gemeindedaten (fiktive Daten)
Völker- und europarechtliche Wirkungen der UN- Behindertenkonvention – am Beispiel des Behindertenbegriffs Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M.
Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht
Folie Einzelauswertung der Gemeindedaten
Rechtsordnung und Rechtsschutz
§ 10 VO 1/2003 als Grundlage des EU-Kartellverfahrensrechts 2. Teil: Europäisches Kartellrecht C Kartellverfahrensrecht I. Die VO 1/2003 als neues Kartellverfahrensrecht.
Art. 81 und 82 EG: Sanktionen, Verfahren, Rechtsmittel - Überblick -
Datum:17. Dezember 2014 Thema:IFRS Update zum Jahresende – die Neuerungen im Überblick Referent:Eberhard Grötzner, EMA ® Anlass:12. Arbeitskreis Internationale.
Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
1 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest KIM-Studie 2014 Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
Monatsbericht Ausgleichsenergiemarkt Gas – Oktober
Pflichtübung aus Europarecht 14. Mai2014 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Pflichtübung aus Europarecht 15. Oktober 2014
Pflichtübung aus Europarecht 3. Einheit Dienstleistungsfreiheit
Öffentliches Wirtschaftsrecht I
1 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Wettbewerbsrecht Recht gegen unlauteren Wettbewerb III. Die wichtigsten Vorgaben des EU-Rechts.
Die Grundrechtecharta in der Rechtsprechung des EuGH Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze Seit : Charta der Grundrechte der Europäischen.
Dr. Marie-Therese Richter, BA, LL.M.
Pflichtübung aus Europarecht 13. Mai 2015
Pflichtübung aus Europarecht 6. Einheit Arbeitnehmerfreizügigkeit Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Wirksamkeitsprinzip Gesetzgeber bei Umsetzung von Richtlinien und Ergänzung von Verordnungen Umsetzungsmethodik Einräumung subjektiver Rechte Verfahren.
Binnenmarkt Grundfreiheiten
Pflichtübung aus Europarecht 5. Einheit Niederlassungsfreiheit Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Europarecht und IPR Teil Europarecht
Europarecht für Wirtschaftswissenschaftler Ao. Univ.-Prof. Dr. Alina-Maria Lengauer, LL.M.
1 Vierte Doppelstunde: Europarecht 2 Programm vierte Doppelstunde I.Entstehung und Bedeutung der Europäischen Union II.Die Institutionen der Europäischen.
Das Arbeits- und Sozialrecht der Europäischen Union.
 Präsentation transkript:

Pflichtübung aus Europarecht Univ.-Ass. Dr. Anna-Zoe Steiner

Rechtshandlungsformen

Rechtshandlungsformen Primärrecht: MS sind Herren der Verträge Sekundärrecht: Von Unionsorganen in Vollziehung des Primärrechts gesetzt

Sekundärrechtsakte Verordnung Richtlinie Die Formulierung von Art. 288 Abs. 2 AEUV lautet: „Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“ Richtlinie Notwendige Voraussetzungen für unmittelbar Anwendbarkeit: Umsetzungsfrist ist abgelaufen MS hat nicht umgesetzt Fragliche Bestimmung ist hinreichend klar und bestimmt Es werden dem Einzelnen ausschließlich Rechte verleihen Vertikales Verhältnis

Sekundärrecht II Beschlüsse Empfehlung/ Stellungnahme Die Formulierung von Art. 288 Abs. 4 AEUV lautet: „Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich.“ Empfehlung/ Stellungnahme Die Formulierung von Art. 288 Abs. 5 AEUV lautet: „Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht Verbindlich.“

Die Richtlinie – unmittelbare Wirksamkeit Vgl. Rs. 8/81, Becker/Finanzamt Münster, Slg. 1981, 53 Vertikale unmittelbare Wirkung Die RL-Bestimmungen sind hinreichend genau und bestimmt es werden den Einzelnen ausschließlich Rechte verliehen Trotz Ablauf der Frist wurde nicht umgesetzt/es wurde schlecht umgesetzt Begründung: Estoppel Horizontale unmittelbare Wirkung Rs. C-91/92, Paola Faccini Dori Europarechtliche Interpretation des Staatsbegriffs ist weit: Rs. C-188/89, Foster/Britisch Gas RL-konforme Auslegung nationalen Rechts Grenzen der RL-konformen Auslegung in den nationalen Auslegungsmethoden: Rs. C-106/89, Marleasing Begründung: Effektivität

Grundrechte Überblick

Grundrechte im Unionsrecht Art. 6 Abs. 1 EUV  Charta der Grundrechte wird den Verträgen gleichgestellt Art. 6 Abs. 2 EUV  Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (keine Änderung am Kompetenzstand der Union!) Art. 2 EUV  Werte der EU, die „allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind“ (Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte) Art. 3 EUV  Ziele der EU („Staatszielbestimmung“) Konkretisierung der Ziele in Art. 7 – 17 AEUV

Charta der Grundrechte der EU Würde des Menschen Freiheiten Gleichheit Solidarität Bürgerrechte Justizielle Rechte Allgemeine Bestimmungen

Besonders wichtige GR Art 7 bis Art 10 GRC Art 17 GRC Art 21 GRC: Nichtdiskriminierung Art 41 GRC: Recht auf eine gute Verwaltung Art 47 GRC: Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht

Mehrebenenschutz in der EU Nationale Grundrechte Grundrechtecharta EMRK

in der Europäischen Union Rechtsschutz in der Europäischen Union

Organisation des Gerichtshof der EU Gerichtshof der Europäischen Union Gerichtshof Gericht Fachgerichte (z.B. Gericht für den öffentlichen Dienst)

Die Klagen des Actiones-Systems Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) Direkte Klagen Vertragsverletzungsverfahren (Art. 258 AEUV) Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV) Untätigkeitsklage (Art. 265 AEUV) Schadenersatzklagen (Art. 268 AEUV) auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel

Zuständigkeit von EuGH und EuG (1) Gerichtshof (EuGH): Vorabentscheidungs- verfahren ausgenommen in jenen Sachgebieten die in der Satzung dem EuG zugewiesen sind Direkte Klagen von Unionsorganen und MS ausgenommen solche der MS gegen die Kommission Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts Gericht (EuG): Direkte Klagen von natürlichen oder juristischen Personen Direkte Klagen der MS gegen die Kommission Explizite Zuständigkeit des EuG in Verträgen die von der Union geschlossen wurden Schadenersatzklagen gegen die Union

Vorabentscheidungsverfahren (1) Art. 267 AEUV: „Der Gerichthof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung […]“ über die Auslegung der Verträge, über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe […] der Union,

Vorabentscheidungsverfahren (2) Verfahren des judiziellen Dialogs zwischen nationalen Gerichten und EuGH EuGH sieht ein „Gericht“ zur Vorlage berechtigt, wenn es: auf ständiger Basis eingerichtet ist Zuständigkeit gesetzlich vorgeschrieben ist die Richter unabhängig und weisungsfrei sind nach Rechtsnormen und nicht nach Billigkeit entscheidet in einem wirklichen Rechtsstreit zu entscheiden hat Vgl. EuGH Rs. 102/81, Nordsee, Slg. 1982, 1095

Vorabentscheidungsverfahren (3) Ein nationales Gericht kann dem EuGH vorlegen, wenn es: eine Frage über die Gültigkeit oder Auslegung des Unionsrechts hat, die für seine Entscheidung erheblich ist. Ein nationales Gericht dessen Entscheidungen selbst mit keinem innerstaatliches Rechtmittel angefochten werden können, muss unter diesen Voraussetzungen ein Vorlageverfahren einleiten. Vgl. Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV

Nichtigkeitsklage (1) Vgl. Art. 263 AEUV Diese Klage kann angestrengt werden von: Ziel der Klage: Aufhebung eines legislativen Aktes eines Unionsorgans mit Wirkung gegen Dritte Vgl. Art. 263 AEUV Privilegierten Klägern (MS, Kommission, Europäisches Parlament, Rat) Semi-Privilegierten Klägern (EZB, Ausschuss der Regionen, Rechnungshof) Nicht-Privilegierten Klägern (natürliche und juristische Personen)

Nichtigkeitsklage (2) Vier Kategorien Unzu- ständigkeit Verletzung wesentlicher Form- vorschriften der Verträge Ermessens- missbrauch

Nichtigkeitsklage (3) Nur rechtsverbindliche Handlungen von Unionsorganen können angefochten werden Direkte Klage Garantiert unmittelbare objektive Rechtskontrolle Gestaltungsurteil wirkt erga omnes und ex tunc bis zur rechtskräftigen Entscheidung gilt die Vermutung der Gültigkeit der Handlung (EuGH Rs. C-137/92 P, Slg. 1994, I-2555)

Zu enge Interpretation? Individuelle Betroffenheit sehr streng (Plaumann-Formel): Kritik in der Lehre an Plaumann-Formel EuG -> Rs Jego Quéré und Schlußanträge des GA Maduro -> Neue Auslegung entgg Plaumann Formel Indiv Betroffenheit soll bereits dann als gegeben angesehen werden, wenn ein allgemeineiner Rechtsakt eine individuelle Person in ihrer Interessenssphäre unmittelbar berührt, ihr somit Rechte verleiht oder Pflichten auferlegt EuGH -> NEIN

Rechtsakte mit VOcharakter EuG Rs Jego Quére -> Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, weite Interpretation EuG Rs Inuit Tapiriit Kanatami: Rechtsakte mit VOcharakter nur Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, die keine Gesetzgebungsakte sind Folgen für den Rechtsschutz?

Überprüfung ob Untätigkeit eines Unionsorgans rechtmäßig ist Untätigkeitsklage Überprüfung ob Untätigkeit eines Unionsorgans rechtmäßig ist Untätigkeit muss eine „Verletzung der Verträge“ darstellen Vor Klage muss betroffenes Unionsorgan zum Handeln aufgefordert werden Urteil stellt Vertragsverletzung fest Vgl. Art. 265 AEUV

Vertragsverletzungsverfahren Art 258 AEUV Kommission: Vorverfahren -> MS Gelegenheit zur Äußerung Kommission gibt die mit Gründen versehene Stellungnahme ab Frist idR 2 Monate, dann EK beim EuGH Klage wegen Vertragsverletzung einbringen Feststellungsklage Art 260 AEUV: Pauschalbetrag oder Zwangsgeld

Bindungswirkung von EuGH-Urteilen (1) Ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen Urteile des EuG ist binnen 2 Monaten zulässig gegen Urteile

Binnenmarkt Überblick

Binnenmarkt Art. 26 Abs. 2 AEUV: „Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von 4 Grundfreiheiten gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist.“ Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital

Die Grundfreiheiten (1) Freiheit des Warenverkehrs – Art. 28 AEUV Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung Freiheit des Personenverkehrs Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art. 45 AEUV Niederlassungsfreiheit – Art. 49 AEUV Freiheit der Dienstleistung – Art. 56 AEUV Freiheit des Kapitalverkehrs – Art. 63 AEUV

Die Grundfreiheiten (2) Freiheit des Warenverkehrs: Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung, Verbot diskriminierender Steuervorschriften und Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Recht der abhängig Beschäftigten innerhalb der EU Arbeit zu suchen, Aufenthalt zu nehmen und zu arbeiten Niederlassungsfreiheit: Recht der Unternehmer sich innerhalb der EU frei niederzulassen

Die Grundfreiheiten (3) Freiheit des Dienstleistungsverkehrs: Recht zur ungehinderten Erbringung und Entgegennahme von Dienstleistungen innerhalb der EU Freiheit des Kapitalverkehrs: Recht zum ungehinderten Kapitaltransfer innerhalb der EU Freiheit des Zahlungsverkehrs: Notwendige Annexfreiheit (sog. Fünfte Grundfreiheit) zur Verwirklichung der anderen Grundfreiheiten

Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten I Allgemeines Diskriminierungsverbot in Art. 18 AEUV: „Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrages ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verboten. […]“ Verbot direkter und indirekter Diskriminierung = unmittelbare Anwendbar Die Grundfreiheiten stehen im Verhältnis der Spezialität zu Art. 18 AEUV alle Grundfreiheiten enthalten Diskriminierungsverbot „aufgrund der Staatsangehörigkeit“ Achtung: Erfasst ist das jeweilige Schutzgut der Grundfreiheit (nicht nur natürliche und juristische Personen!)

Direkte Diskriminierung Direkte Diskriminierung liegt vor bei: Das verpönte Unterscheidungskriterium findet sich in der Verbotsnorm  z.B. Art. 18 AEUV = Staatsangehörigkeit Anwendung eines verpönten Unterscheidungskriteriums im nationalen oder Unionsrecht Formal gleicher Behandlung bei ungleichen Sachverhalten

Indirekte Diskriminierung (1) Indirekte Diskriminierung liegt vor bei:  z.B. statt Staatsangehörigkeit ist Kriterium Wohnort oder Herkunftsort Anwendung von scheinbar neutralen Vorschriften, Kriterien und Verfahren die im Ergebnis einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen einer Gruppe benachteiligen

Direkte/Indirekte Diskriminierung Regelung wendet Unterscheidungskriterium an, dass gesetzlich verpönt ist ODER ungleiche Sachverhalte werden einer formal gleichen Regelung unterworfen Rechtfertigung: Ausschließlich gesetzlich vorgesehene Rechtfertigungs- gründe nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit Indirekte Diskriminierung Scheinbar neutrales Unter- scheidungskriterium führt zu einer Benachteiligung eines wesentlich höheren Anteils von Angehörigen einer Gruppe Art. 2 Abs. 2 der RL 97/80/EG Rechtfertigung: Wie direkte Diskriminierung und mit sachlichen Gründen des Allgemeininteresses nach Maßgabe der Verhältnis- mäßigkeit

Rechtfertigung von Diskriminierung Direkte Diskriminierung: Eine Rechtfertigung ist nur über die im EUV/AEUV und in Sekundärrechtsakten vorgesehenen Rechtfertigungsgründe zulässig  z.B. Art. 36 oder Art. 45 Abs. 3 AEUV Indirekte Diskriminierung: Eine Rechtfertigung ist neben gesetzlichen Rechtfertigungsgründen auch über sachliche Gründe des Allgemeininteresses der EU möglich. Verhältnismäßigkeitsprüfung:  Angemessenheit: Eignung zur Zielerreichung?  Notwendigkeit: Liegt ein Mindesteingriff vor?  kein Bezug auf das verpönte Unterscheidungsmerkmal

Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten II Beschränkungsverbot: Die Rsp des EuGH hat eine Weiterentwicklung gebracht: Alle Grundfreiheiten enthalten auch ein Beschränkungsverbot für grenzüberschreitende Vorgänge! Auch für In- und Ausländer unterschiedslos anwendbare Maßnahmen fallen in den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten Auch nicht diskriminierende Maßnahmen beeinträchtigen die Grundfreiheit (geringere Attraktivität, zusätzliche Kosten, abschreckende Wirkung) „Effet utile“ verlangt Auslegung über Diskriminierungsverbot hinaus

Rechtssprechung - Beschränkungsverbote Warenverkehrsfreiheit:  Cassis de Dijon (EuGH Rs.120/78, Slg.1979, 649) Dienstleistungsfreiheit:  Van Binsbergen (EuGH Rs.33/74, Slg. 1974, 1299) Arbeitnehmerfreizügigkeit:  Bosman (EuGH Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921) Niederlassungsfreiheit:  Centros (EuGH Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-459)

Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten III Alle Grundfreiheiten sind unmittelbar anwendbar  sie verleihen dem Einzelnen subjektive Recht Adressaten der Grundfreiheiten: zuerst die Union und MS aber auch „Drittwirkung“ gegenüber den Einzelnen möglich Anwendungsbereich der Grundfreiheiten: Die Grundfreiheiten erfassen nur grenzüberschreitende Sachverhalte  rein innerstaatliche Sachverhalte sind nicht Gegenstand der Grundfreiheiten Bereichsausnahmen: Keck-Formel bei Warenverkehrsfreiheit Arbeitnehmer in der öffentlichen Verwaltung

Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten III Beschränkungen der Grundfreiheiten bedürfen einer Rechtfertigung: Bei unmittelbar diskriminierenden Maßnahmen sind nur in den Verträgen/Sekundärrecht vorgesehene Rechtfertigungsgründe zulässig Bei unterschiedslos anwendbaren Maßnahmen sowie mittelbar diskriminierenden Maßnahmen hat die Rsp zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses anerkannt Schranken-Schranke  Verhältnismäßigkeitsprüfung Angemessenheit Notwendigkeit kein Bezug auf das verpönte Unterscheidungsmerkmal