Prof. Dr. Sylvia Rahn, WWU (Institut für Erziehungswissenschaft)

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
SE Berufliche Didaktik im Berufsfeld Landschaftsgestaltung (FD 2) I WiSe 2010/11 (3136 L 724) I Dr. rer. hort. Michael Martin Referenten: Romy Scharf |
Advertisements

Einführung in die Wirtschaftspädagogik – Vorlesung im SS 2009
Experimente im Sachunterricht
Akzeptanz des Web 2.0 in der Bildung
Räumliche Orientierung Lehrveranstaltungsraum:
Skript "Auftragorientiertes Lernen in Kompetenzzentren"
Berufsfachschule für Altenpflege
Themenübersicht der GIII
Handlungsorientierter Unterricht
Problemlösungsansätze vermitteln
Eine Chance für den Musikunterricht !
Thesen zu ganzheitlichem, handlungsorientiertem Unterricht im Lernfeld
Präsentation vom 10. Juli 2006 von Sylke Arpe
Räumliche Orientierung Lehrveranstaltungsraum:
Räumliche Orientierung Lehrveranstaltungsraum:
ITB-Kolloquium „Kompetenzdiagnostik“ Mittwoch, 18. April 2007
Räumliche Orientierung Lehrveranstaltungsraum:
Neue Rahmenlehrpläne für die „Laborberufe“
„Didaktische Jahresplanung“ für Fachklassen des dualen Systems
Rolf Janssen: Fachschule für Sozialpädagogik Mai 2004
Differenziertes Lernen bis zum Abitur
MBFJMWVLW Ökonomische Bildung am Gymnasium, Ökonomische Bildung am Gymnasium in Rheinland-Pfalz.
Handlungsorientierung; Lernfelddidaktik
Berufs- und Arbeitspädagogik
Entwicklung von Prüfungen und Prüfungssystem
Kompetenzorientierung im Geschichtsunterricht
Konzept der Fort- und Weiterbildung für die SeelsorgerInnen im Bistum Münster Hauptabteilung 500, Seelsorge - Personal Gruppe 512, Fortbildung Hermann.
Unterrichtskonzepte im Überblick
Dr. Jessica Blings Prof. Andreas Fischer
Individuelle Lernpläne
Kompetenzentwicklung mit dem ProfilPASS in der beruflichen Bildung
Kompetenzorientierter Unterricht im cooperativen, offenen Lernen
professioneller Akteur
Eine Klammer um alle für Berufs- und Studienorientierung
Konzepte zur Lernerfolgs-überprüfung im Lernfeldorientierten Berufsschulunterricht H. Richter.
Was ist eigentlich Wirtschaftspädagogik?
Kommission Neigungskurse am Comenius-Institut, Juni 2004 Neigungskurse an Sächsischen Mittelschulen.
Problemorientierter Unterricht (POU) Zukunft HMS
Das Lernfeldkonzept – eine umwälzende Neuerung in der (Förder-)Berufsschule Die meisten Ausbildungsberufe werden seit diesem Schuljahr in der Berufsschule.
Intentionen des Reihenkonzeptes "Büromanagement"
Vorbereitungslehrgang Ausbildereignungsprüfung
Fortbildungsplanung fokussiert auf Unterrichtsentwicklung
Kooperation Betrieb Berufskolleg Duales - System
Die Lernfeldorientierung
Von der Selbstbewertung mit SebeiSch zur Entwicklung und Gestaltung der Kernaufgaben Beispiel B1 Lehrpläne erstellen.
Berufliche Handlungs- und Problemfelder
Modell der vollständigen Handlung aus Wikipedia
Handlungsorientiertes Arbeiten in beruflichen Schulen -
Kompetenz als die bei Individuen verfüg- baren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen.
Der Versuch einer Annäherung Handlungsfelder
Verbesserung der Arbeitshaltung
Das Prozessmodell im Geschichtsunterricht
6. Oktober 2014 Caroline Kearney Projektleiterin & Bildungsanalystin
Perspektiven der Entwicklung von Ordnungsmitteln für die beiden Lernorte nach der HA-Empfehlung Nr. 160 zur Struktur und Gestaltung von Ausbildungsordnungen.
Cornelsen Workshop Deutsch-Unterricht in dualen Fachklassen nach den neuen kompetenzorientierten Bildungsplänen.
Flächenseminar Qualitätsrahmen QB Q - Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung (Pflichtbereich) Kriterium Q 1 – Grundsätze der Lehrerbildung.
Bildungszentrum für Technik Frauenfeld Vom Rahmenlehrplan (RLP) zum Schullehrplan (SLP)
Workshop 3 Der neue Bildungsplan für die fachklassen des duales Systems der berufsbildung Kompetenzorientierung erfolgreich in die Praxis umsetzen.
Unterrichtsbeobachtung Führung in der erweiterten Schulleitung
Lernfeldkonzept Das: Früher:
RAHMENCURRICULA für den studienbegleitenden Deutsch- und Fremdsprachenunterricht.
Anhang 2 aus den Rahmencurricula: Beschreibung der Kompetenzen
Multiplikatorentagung Methodik in der Umsetzung des Modelllehrplans Grundlagen, Überlegungen und Hinweise von R. Stähli, SHL, Zollikofen.
BBK. Gemeinsam handeln. Sicher leben Handlungs- und Kompetenzorientierung in der Erwachsenenbildung.
Gtn gmbh Individualisierung mit eLearning. gtn gmbh Übersicht  Arbeiten mit Arbeitsaufträgen  kompetenzorientierter Unterricht  Individualisierungsmöglichkeiten.
Kompetenzorientierter Unterricht. Kompetenzorentierung im Unterricht Es wird die Entwicklung von Handlungskompetenz angestrebt: „die Bereitschaft und.
Berufsfachschule für Altenpflege
Rolf Katzenmeyer, Studienseminar BS Gießen
Selbstgesteuertes Lernen implementieren
 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Sylvia Rahn, WWU (Institut für Erziehungswissenschaft) Einführung in die Berufspädagogik WS 2008/2009 Vom Fachunterricht zum Lernfeldkonzept Prof. Dr. Sylvia Rahn, WWU (Institut für Erziehungswissenschaft) Prof. Dr. Irmhild Kettschau, FH MS (Institut für Berufliche Lehrerbildung)

Einführung in die Berufspädagogik 13.01.2009 Thema: Vom Fachunterricht zum Lernfeldkonzept Wurzeln des Lernfeldkonzeptes Handlungsorientierung als berufspädagogische Leitidee Lernfelder und Lernsituationen; Prinzip der „Vollständigen Handlung“ Diskussion und weiterer Entwicklungsbedarf

Lernfelder - Definition „Lernfelder sind thematische Einheiten, die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert sind und in denen die beruflichen Tätigkeitsfelder didaktisch aufbereitet sind“ (KMK 1999).

© Prof. Dr. I. Kettschau, 17.11.04

Lernen anhand komplexer Aufgabenstellungen Fachzeichnen Fachtheorie AUFGABE ZIEL LÖSUNG Fachkunde Fachrechnen Quelle: ITB, U Bremen

Quelle: H.-Hugo Kremer (www.wiwi.uni-konstanz.de/kremer) © Prof. Dr. I. Kettschau, 17.11.04

Wurzeln des Lernfeldkonzeptes in (berufs-)bildungspolitischen Debatten Vorläufer: Arbeitsschulbewegung der 20er Jahre (Konzept der vollständigen Arbeitshandlung) Konzept der „Schlüsselqualifikationen“ von D. Mertens (1974) Industriesoziologie der 80er Jahre: Mikroelektronik erweitert Handlungs- und Gestaltungsspielräume der Fachkräfte Enquete-Kommission „Zukunft der Bildung – Bildung 2000“ (1990): Perspektivwechsel von der Anpassungsbildung zur aktiven Mitgestaltung von Gesellschaft und Arbeit KMK Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (1991): Handlungskompetenz wird zentraler Bildungsauftrag KMK „Handreichungen über die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen für den berufsbezogenen Unterricht…“ (1999): Lernfelder werden als neue Struktur des Unterrichts eingeführt

Pädagogische Leitideen Schlüsselqualifikationen  Lernen lernen, Problemlösefähigkeit, Verringerung „trägen Wissens“, Sozialkompetenzen Handlungsorientierung als didaktisches Prinzip  Motivation, Anschaulichkeit, Nachhaltigkeit, Transfer Regelkreis der vollständigen Handlung (arbeitspsychologische Handlungsregulationstheorie nach Hacker und Volpert)  Befähigung zu selbstständigem beruflichem Handeln Handlungsorientierung als Leitlinie der Curriculumentwicklung  Lernfeldkonzept

Definition „Handlungskompetenz“ Berufliche Handlungskompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sach- und fachgerecht, durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu handeln, d.h. anstehende Probleme zielorientiert auf der Basis von Wissen und Erfahrungen sowie durch eigene Ideen selbständig zu lösen, die gefundenen Lösungen zu bewerten und seine Handlungsfähig-keit weiterzuentwickeln. Berufliche Handlungskompetenz umschließt die Dimensionen Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Human-/ Personal-kompetenz und Sozialkompetenz. Quelle: ergänzt nach KMK 1999

Perspektiven der Definition Handlungskompetenz Situation Beruflich Gesellschaftlich Privat Verhalten Sachgerecht Durchdacht Individuell verantwortlich Sozial verantwortlich Problemlösung Zielorientiert Auf Basis von Wissen und Erfahrungen Auf Basis eigener Ideen und Kreativität Selbstständig Ergebniskritisch Lernend

Handlungs- kompetenz Fachkompetenz Humankompetenz Sozialkompetenz Methoden- Lern- kommu-nikative Kompetenz Humankompetenz kompetenz kompetenz Sozialkompetenz kompetenz © LISA Halle, Dr. M. Müller/ K. Seidel Handlungskompetenz: Dimensionen und deren Akzentuierungen Grafik: Hüser & Henneken (2007)

Drei Ebenen der Curriculumentwicklung Makroebene: Betriebliche Handlungsfelder (von berufstypischen Handlungsaufgaben bis zu umfassenden beruflichen, sozialen Handlungs- und Lebensräumen) Mesoebene: Lernfelder (schul- und betriebsorganisatorische Konzeption und Umsetzung, Lernortkooperation, Organisationsentwicklung, Schule im regionalen Umfeld) Mikroebene: Lernsituationen (Konkretisierung der Lernfelder, Umsetzung in Schule, Lernwerkstatt und am Arbeitsplatz)

© Prof. Dr. I. Kettschau, 17.11.04 Quelle: R. Bader, Univ. Magdeburg

Handlungsfelder, Lernfelder, Lernsituationen Beruflich, persönlich und gesellschaftlich bedeutsame Aufgabenkomplexe Handlungsfeld Im Rahmenlehrplan festgelegt, vom Handlungsfeld abgeleitet. Lernfeld Vom Lehrerteam aus dem Lernfeld abgeleitet => Bildungsgang-konferenz Lernsituation 1 Lernsituation 2 Lernsituation n Hier nochmals im Überblick Ergänzt nach: www.lernfelder.schule-bw.de/metall/

A zit.n. KOLIBRI-Abschlussbericht 2004

Handlungsorientierte Gestaltung des Lehr-Lern-Arrangements Die Lernsituation • ermöglicht eine vollständige Handlung • ist nach Handlungsphasen gegliedert • zielt auf ein konkretes Handlungsprodukt bzw. Lernergebnis • fördert zielorientiertes Handeln der Schülerinnen und Schüler, z. B. durch konkrete Zeitabsprachen • fördert selbst gesteuerte Lernprozesse • fördert individuelle Lernprozesse durch unterschiedliche Zugangs- und Lösungsniveaus • berücksichtigt für die Lerngruppe angemessene Anwendungs-, Übungs- und Vertiefungsphasen • fördert die Entwicklung von Theoriebildung auf der Grundlage der Praxiserfahrungen • … Quelle: Didaktische Jahresplanung. Entwicklung. Dokumentation. Umsetzung. Lernsituationen im Mittelpunkt der Unterrichtsentwicklung in den Fachklassen des dualen Systems. Online unter: http://www.learn-line.nrw.de/angebote/didaktischejahresplanung/download/didaktischejahresplanung.pdf

Didaktische Grundstruktur handlungsorientierten Unterrichts Quelle: Arnold, Rolf (Hrsg.) (1999): Kompetenzentwicklung durch Schlüsselqualifizierung, Band 19 S. 60

Quelle: Tenberg, Ralf (2006): Didaktik lernfeldstrukturierten Unterrichts, S. 136, 137

Quelle: Tenberg, Ralf (2006): Didaktik lernfeldstrukturierten Unterrichts, S. 136, 137

Der Regelkreis der Vollständigen Handlung als zentrales Element der Unterrichtsgestaltung

Lernen in vollständigen Handlungen Quelle: Michael Sander, Forschungsgruppe praxisnahe Berufsbildung, Universität Bremen; online unter: www.fbp.uni-bremen.de Lernen in vollständigen Handlungen Informieren Welcher Zweck soll erreicht werden? Was ist zu tun? Bewerten Was kann ich beim nächsten Auftrag besser machen? Planen Wie kann ich vorgehen? Wie sieht mein Arbeitsplan aus? Kontrollieren Ist der Auftrag sach-, fach- und kundengerecht ausgeführt? Ist das Ziel erreicht? Entscheiden Für welchen Weg entscheide ich mich? Welche Mittel benötige ich? Ausführen Wie setze ich meinen Arbeitsplan unter den gegebenen Umständen um?

Zusammenfassung: Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (HoU) Ganzheitlichkeit des Lernens, bei dem Zielfindung, Orientierung, Planung und Entscheidung, Ausführung, Kontrolle und Bewertung eingeschlossen sind Kooperatives Lernen in Bezug auf Problemlösungs- und Transferkompetenz Lernerorientierung in Bezug auf Schülerorientierung und Individualisierung des Unterrichts Metakommunikation und –kognition, was die Thematisierung und den kognitiven Nachvollzug der Lernprozesse angeht Quelle: Sloane, P.: Lernfelder und Unterrichtsgestaltung, in: Die berufsbildende Schule 52 (2000) 3  

Pro und Contra Lernfelddidaktik und HoU – oder „die Mühen der Ebenen“ „Beharrungsvermögen“ des Systems Schule Defizitäre Umsetzungsbedingungen (z.B. räumlich, zeitlich, organisatorisch) Zweifel an verbesserten Lernerfolgen (empirische Studien belegen insbes. keine signifikante Verbesserung der Fähigkeiten im „Problemlösen“ )

Offene Fragen und Entwicklungsbedarf Keine Gründe für methodische Monokultur Unterschiedliche Akzeptanz und Unterstützung des Konzeptes durch die Lehrkräfte (systematische Unterschiede nach Bildungsgängen, Berufsfeldern, Einsatzbedingungen von Lehrkräften etc.?) Mögliche Überforderung von Lehrkräften, die in vielen Bildungsgängen unterrichten (Lehrereinsatz und Stundenplangestaltung) Spezialisierungsbedarf von Lehrkräften und entsprechender Lehrereinsatz im Berufskolleg? Optimierung und Fortentwicklung der Teamarbeit