Referent: Dr.med. Ralph Meyers Sozialpsychiatrisches Centrum Dorsten

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 Präsentation transkript:

Referent: Dr.med. Ralph Meyers Sozialpsychiatrisches Centrum Dorsten ADHS-Therapie in der Transition QZ Neurologie/Psychiatrie Dorsten-Marl-Gladbeck 19.09.18 Referent: Dr.med. Ralph Meyers Sozialpsychiatrisches Centrum Dorsten www.meyers-dorsten.com C-APROM/DE/LDX/0081

Interessenkonflikte Studien und Vorträge im Auftrag der Firmen Shire, Lilly, Medice, Novartis, Servier, Janssen-Cilag Beratender Arzt für die Firmen qb-Tech und OPATUS +++ Beratender Arzt für die KVWL (PharmPro) Mitglied der Ethikkommission der ÄKWL und der Universität Münster

Gelingende Transition zum Erwachsenenalter * 16.07.96 Gelingende Transition zum Erwachsenenalter Die Übergangsphase chronisch erkrankter Jugendlicher zum Erwachsenenalter ist in der Routineversorgung häufig abrupt und weniger gezielt gestaltet. Junge Menschen mit neuropsychiatrischen Erkrankungen und Entwicklungsauffälligkeiten sind anscheinend besonders stark von einer Lücke in der Versorgungskette betroffen. *

Gelingende Transition zum Erwachsenenalter * 16.07.96 Gelingende Transition zum Erwachsenenalter Besonders betroffen von einer Lücke in der Versorgungskette scheinen junge Menschen mit neuropsychiatrischen Erkrankungen und Entwicklungsauffälligkeiten zu sein, wie ADHS, Autismusspektrumsstörungen, Tourette-Syndrom und Lernstörungen sowie Intelligenzminderungen. *

Gelingende Transition zum Erwachsenenalter * 16.07.96 Gelingende Transition zum Erwachsenenalter Etwa die Hälfte der psychiatrischen Erkrankungen bei 25-Jährigen beginnen vor dem Alter von 15 Jahren [7]. Suchterkrankungen, psychotische Störungen, selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität zeigen einen Altersgipfel in der Adoleszenz und beginnen häufig in dieser Lebensphase [8]. Etwa 75 % der chronischen Depressionen beginnen vor dem 21. Lebensjahr [9, 10]. *

Wichtige Übergangssituationen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS Einschulung Verstärkte Leistungs-anforderungen Neue Schulform Pubertät Schulabschluss Berufs-orientierung Berufs-ausbildung, Arbeitsalltag 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Tagesablauf Selbständiger Schulweg, Freunde treffen ohne Begleitung durch eigene Eltern, Sport im Verein am Nachmittag Mehr Fächer und Lehrer, Nachmittagsschule, Selbstorganisation, Freunde treffen ohne Beaufsichtigung, Sport bis in die Abendstunden, Teilnahme am Straßenverkehr Achtstündige Arbeitstage Eigene Familie Eltern = wichtigste Bezugspersonen (Prä)Pubertät: Identitätsfindung, Wunsch nach Abnabelung von den Eltern, wachsende Bedeutung der Peer Group, Liebe und Sexualität Entwicklung Shire 2017

Verzögerte Hirnreifung bei ADHS - Zielparameter: Erreichen der maximalen kortikalen Stärke Über 2 Jahre Verzögerung 0 bis 2 Jahre Verzögerung Ns: ADHS = 223; Kontrolle = 223 Shaw, P. et al. (2007). Proceedings of the National Academy of Sciences, 104, 19649–19654.

Veränderung des ADHS-Erscheinungsbildes vom Kindesalter zum Jugendalter1 Die Prävalenz des unaufmerksamen Subtyps (nach DSM-IV) steigt deutlich an, die Subtypen hyperaktiv-impulsiv und kombiniert nehmen ab1 This slide shows findings based on data derived from 457 adolescents (age 16-18 years) from the Northern Finland Birth Cohort 1986 who participated in an epidemiological survey for ADHD.1 A higher prevalence of ADHD was reported in children than in adolescents and the relative proportions of each ADHD clinical subtype changed over time.1 Prevalence of the inattentive subtype increased markedly from childhood to adolescence, whereas hyperactive-impulsive and combined subtypes declined.1 The authors noted that ADHD clinical subtype differences reflect symptom severity differences in childhood that are negligible by adolescence.1 Reference Hurtig T, Ebeling H, Taanila A, Miettunen J, Smalley SL, McGough JJ, Loo SK, Jarvelin MR, Moilanen IK. ADHD symptoms and subtypes: relationship between childhood and adolescent symptoms. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2007; 46: 1605-1613. 1. Modifiziert nach Hurtig T et al. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2007; 46(12) 1605 - 1613

Mögliche soziale Auswirkungen der ADHS vom Kindes- zum Erwachsenenalter Grundschulalter Jugendalter Erwachsenenalter Schulschwächen Klassenkasper Aufsässigkeit Aggressivität Soziale Ausgrenzung Drogenkonsum Jugendkriminalität Unfallrisiko Dissozialität Emotionale Labilität Aggressivität Niedriger beruflicher Status / Beschäftigung Organisationsdefizit Risikobereitschaft Polizeikonflikte Delinquenz 400% höheres Unfallrisiko1) 35% ohne Schulabschluss2) 85% höheres Drogenrisiko3) Ergänzende Informationen zu alternativen Studien: Schulabschluss: - das Barkley-Paper von 2006 zeigt mit 32% ohne Schulabschluss ungefähr die gleichen Ergebnisse wie das ältere. Es zeigt außerdem noch einen interessanten Aspekt bzgl. des sexuellen Verhaltens  vermehrt sexuell übertragbare Krankheiten, v. a. aber 38% vs. 4% frühe Elternschaft in der untersuchten Population. Drogenmissbrauch:  - Zu Drogenmissbrauch führt ein Paper von Nigg 2 Meta-Analysen von Lee et al. und Charach et al. (jeweils aus 2011) an, die zu ähnlichen Steigerungen (grob: Verdoppelung) kommen.   Unfallrisiko: - Etwas aktuellere Studie von Lange et al. 2014 kommt auf eine Steigerung von 60% bzw. 89% in zwei Untersuchungsgruppen. 1) Grützmacher. H. Unfallgefährdung bei ADHS. Dt. Ärzteblatt 2001; 98. A 2195-2197 (Heft 34-35) 2) Barkley RA. Major life activity and health outcomes with ADHD, J Clin Psychiatry 2002; 63 (suppl 12): 10-15 3) Biedermann J. Pharmocotherapy of ADHD reduces risk for substance use disorder; Pediatrics Vol. 104 No 2 August 1999, S. 1-5

Veränderungen im Jugendalter (bei ADHS) Symptomatik Komorbiditäten Soziales Umfeld Peers Längere Tage Selbstbeobachtung / Selbstwahrnehmung z. B. Störungen des Sozialverhaltens Substanzmissbrauch Dauer-Konfliktthema Bildschirmmedien Depressive Störungen Angststörungen Zukunfts- perspektiven Ausbildung / Beruf Persönlichkeit und Rolle Selbständigkeit Behandlungssetting: Fokus stärker auf Patient als auf Familie

Steigende Anforderungen im Jugend- und Erwachsenenalter Identitätsfindung / Persönlichkeitsentwicklung / Definition der eigenen Rolle Wachsende Bedeutung von Sexualität und Liebe Höhere Erwartungen an Selbstorganisation und Eigenverantwortung Eigenständiges Bestehen in erweiterten sozialen Bezügen Zukunftsplanung / Schulabschluss / Berufsausbildung Loslösung vom Elternhaus Berufsfindung Wohnortwechsel Partnerschaft / Familiengründung ...

Übergang mit Qualitätsverlust der Betreuung * 16.07.96 Übergang mit Qualitätsverlust der Betreuung Mehrere Untersuchungen aus verschiedenen Ländern konnten aufzeigen, dass bei chronischen Erkrankungen von Ju- gendlichen der Übergang in die Erwachsenenversorgung mit einem Qualitätsverlust der Betreuung verbunden ist [1, 3, 11]. Besonders neuropsychiatrische Störungsbilder (Neurodevelopmental Disorders nach DSM-5) scheinen davon betro en zu sein [1, 12, 13, 14]. Die Hirnreifung reicht bis in das frühe Erwachsenenalter hinein und ist mit etwa 25 Jahren abgeschlossen. Tab. 2: Spezifische Probleme des Übergangs [17, 18] — Fehlendes Verständnis für einen Transfer — Transfer ohne Transition — Transitionszeitpunkt — Fehlende Abstimmung der Therapiekonzepte — Fehlende Bereitschaft zum „Abgeben“ und „Aufnehmen“ — Fehlende Versorgungsstruktur in der Erwachsenenmedizin — Ökonomischer Aspekt *

Frage: Welches sind Ihre wichtigsten Therapieziele bei Jugendlichen ab 17 Jahren? Verringerung der Kernsymptomatik Verbesserung der Impulskontrolle Verbesserung der Konzentrationsspanne Altersadäquate psychosoziale Entwicklung und Integration Verbesserung der Eltern-Kind- & Schüler-Lehrer- Beziehung Verbesserung der Schulsituation Stabiles Selbstwertgefühl Begabungsentsprechende Schul- und Berufsausbildung Integration bei Hobby und im Freundeskreis über die Schule hinaus Verbesserung der Fähigkeit für Liebe und Partnerschaft

Verschiebung der Therapieziele „Initiative Therapieerfolg bei ADHS“, Shire 2017; Ergebnisse einer Umfrage unter 80 Pädiatern und Kinder-/ Jugendpsychiatern in Deutschland 2017.

Multimodale Behandlung bei ADHS Eltern-training Coaching Pharmako-therapie Unter Berücksichtigung von Lebensalter, Kontext, Persönlichkeitsfaktoren Verhaltens- therapeut. Inter-ventionen Sozial-psychiatr. Inter-ventionen Psycho- edukation Muss auf jeden Fall erfolgen Nach individuellem Bedarf Sozialpsychiatrische Interventionen können umfassen: Ergotherapie, Psychomotorik, soziales Kompetenztraining, Heilpädagogik, Familienhilfe DGKJP et al (Hg.). Leitlinie Hyperkinetische Störungen (F90), 2007 (aktuell in Überarbeitung); Leitlinie ADHS bei Kindern und Jugendlichen der AG ADHS, 2007/2014

Was sollte die Medikation leisten? Sehr gute Symptomreduzierung Keine bzw. akzeptable Nebenwirkungen WIRKUNG Wirkung wird positiv wahrgenommen Passt ins Selbstbild Keine Befürchtungen bzgl. Abhängigkeit und Nebenwirkungen, auch langfristig Keine negative Veränderung der Persönlichkeit AKZEPTANZ ADHÄRENZ Keine Stigmatisierung durch die Einnahme Adhärenz-fördernde Eigenschaften, z. B. Abdeckung des gesamten Tages mit Einmalgabe Flexible Einnahme- möglichkeiten

Woran scheitert die Adhärenz? Abbruch der Medikation am häufigsten aufgrund von Nebenwirkungen unzureichendem Ansprechen bzw. Unwirksamkeit Weitere Gründe: Probleme mit der Einnahme / Dosierung Stigmatisierung Einstellung des Patienten Gajria K et al., Neuropsychiatric Disease and Treatment 2014; 10: 1543–1569

Medikamentöse Behandlung bei Jugendlichen Die Einbettung in ein „multimodales Setting“ wird schwieriger Schrittweise und genaue Dosis-Titrierung bleiben wichtig Anpassungen im Zeitverlauf insgesamt Anpassungen im Tagesverlauf Ggf. Umstellung der Medikation Der Umgang mit Nebenwirkungen wird altersspezifisch komplexer Die Adhärenz wird „bunter“, tendenziell schlechter Kontinuierliches „Adherence Management“ wird dadurch um so wichtiger: Beziehung Arzt / Jugendlicher Kontinuierliche Psychoedukation Aufgreifen altersspezifischer Anliegen Differenziertes Eingehen auf unerwünschte Wirkungen

Typische Äußerungen von Jugendlichen nicht mehr so locker emotional eingeengt fremdgesteuert weniger kontaktfreudig langweilig Persönlichkeit verändert

Zulassung für Kinder ab 6 J. Zulassung für Erwachsene Medikamentöse Behandlungsoptionen der ADHS bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen Wirkansatz Zulassung für Kinder ab 6 J. Zulassung für Erwachsene Methylphenidat DA- und NA-Wiederaufnahmehemmung1 Ja Dexamfetamin DA- und NA-Wiederaufnahmehemmung, verstärkte Neurotransmitter-Freisetzung1 Nein Lisdexamfetamin Weiterverordnung*,2 Atomoxetin NA-Wiederaufnahmehemmung3 Guanfacin Alpha2A-adrenerger Rezeptoragonist4 DA = Dopamin, NA = Noradrenalin *Weiterverordnung nach dem 18. LJ bei Einhaltung der Vorgaben der Fachinformation möglich 1. Han DD et al. BMC Pharmacol 2006; 6: 6; 2. Fachinformation Elvanse®, Dezember 2017; 3. Fachinformation Strattera®, Juni 2015; 4. Fachinformation Intuniv®, Juni 2017

64 % mindestens stark durch ADHS belastet * 16.07.96 Tab. 3: 18- bis 21-jährige Barmer-GEK-Versicherten mit ADHS (Auswertung von 623 Fragebögen [14]) 64 % mindestens stark durch ADHS belastet 80 % mindestens stark in Schule /Ausbildung belastet 38 % erlebten sich häufig aggressiv, 33 % traurig- antriebslos, 15 % ängstlich, 26 % mit Schlafstörungen 86 % sahen Behandlung als notwendig im Erwachsenenbereich Nur zirka 50 % erhielten nach dem 18. Lebensjahr Stimulanzien oder Atomoxetin, meist durch Vorbehandler Nur zirka 40 % erhielten ein Beratungsgespräch über die Fortführung der Behandlung Bei zirka 36 % waren die Eltern einbezogen 80 % fanden es schwer, einen Termin zu finden *

* 16.07.96 Literatur: 1. Crowley R, Wolfe I, Lock K, McKee M. Impro- ving the transition between paediatric and adult health care: a systematic review. Arch Dis Child 2011: doi:10.1136/adc.2010.202473. 1-7. 2. Fegert JM, Hauth I, Banaschewski T, Frey- berger HJ. Übergang zwischen Jugend- und Erwachsenenalter: Herausforderungen für die Transitionspsychiatrie. Eckpunktepapier von DGKJP und DGPPN. 2016: http://www. dgkjp-kongress.de/.leadmin/DG-KJP_2017/2016_06_23_eckpunkte_transiti-onspsychiatrie_der_adoleszenz_und_des_ jungen_erwachsenalters_.nal.pdf 3. Singh SP. Transition of care from child to adult mental health services – the great di- vide. Curr Opin Psychiatry 2009; 22:386– 390. 4. Egger HL, Angold A. Common emotional and behavioral disorders in preschool child- ren: presentation, nosology, and epidemio- logy. Journal of Child Psychology and Psy- chiatry 2006; 47(3/4), 331-337 5. Barbaresi WJ, Colligan RC, Weaver AL, et al. Mortality, ADHD, and Psychosocial Adversi- ty in Adults with Childhood ADHD: A Pros- pective Study. Pediatrics 2013; 131 (4): 637- 644. 6. Kessler RC, Adler I, Barkley R, et al. The pre- valence and correlates of adult ADHD in the United States: results from the National Co- morbidity Survey Replication. Am J Psychia- try, 2006: 163(4):716-723. 7. Kim-Cohen J, Caspi A, Mo¤tt TE et al. Juve- nile Diagnosis in Adults With Mental Disor- der: Developmental Follow-Back of a Pros- pective-Longitudinal Cohort. Arch Gen Psy- chiatry. 2003; 60(7):709-717. 8. Kaess M, Herpertz SC. Selbstverletzendes und suizidales Verhalten. In: Lehmkuhl G, Resch F, Herpertz SC (Hrsg.) Psychotherapie im jungen Erwachsenenalter. Kohlhammer, Stuttgart. 2015. 9. Brakemeier EL, Normann C. Praxisbuch CBASP – Behandlung chronischer Depressi- onen. Beltz-Verlag. 2012, S. 23-24. 10. Costello DM, Swendsen J, Rose JS, Dierker LC. Risk and Protective Factors Associated with Trajectories of Depressed Mood from Adolescence to Early Adulthood. J Consult Clin Psychol. 2008; 76 (2): 173–183. 11. Young S, Murphy CM, Coghill D. Avoiding the ´twilight zone´: Recommendations for the transition of services from adolescence to adulthood for young people with ADHD. BMC Psychiatry 2011; 11:174-182. 12. Marcer H, Finlay F, Baverstock A. ADHD and transition to adult services – the experience of community paediatricians. Child: care, health and development. 2008; 34 (5): 564– 566. 13. Turgay A, Goddman DW, Asherson P, et al. Lifespan Persistence of ADHD: The Life Transition Model and Its Application. J Clin Psychiatry 2012; e1-e10. 14. Schubert I, Buitkamp M, Lehmkuhl G. Ver- sorgung bei ADHS im Übergang zum Er- wachsenenalter aus Sicht der Betro©enen. In: Böcken J, Fürchtenicht A (eds). Gesund- heitsmonitor. Gütersloh: Verlag Bertels- mann Stiftung 2013: 88-121. 15. Teuchert-Noodt G, Lehmann K. Entwick- lungsneuroanatomie. In: Herpertz-Dahl-mann B et al. (Hrsg.) Entwicklungspsychiat- rie. Schattauer-Verlag Stuttgart New York. 2007, 22-40. 16. Remschmidt H, Mattejat F. Therapieevalua- tion von psychischen Störungen bei Kin- dern und Jugendlichen. Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1066–1072 [Heft 16] 17. McDonagh JE, Kelly DA. Transitioning care of the pediatric recipient to adult caregi- vers. Pediatr Clin North Am 2003; 50: 1561- 83. 18. Glaeske G. Besondere Anforderungen an die Transitionsversorgung und an die Arz- neimittelversorgung bei Kindern und bei äl- teren Menschen. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund- heitswesen 2010: 1-33. 19. National Institute for Clinical Health and Ex- cellence. Attention de.cit hyperactivity dis- order: diagnosis and management of ADHD in children, young people and adults. Clini- cal guideline 72 London; 2008. 20. Kooij SJ, Bejerot S, Blackwell A, et al. Euro- pean consensus statement on diagnosis and treatment of adult ADHD: The Euro- pean Network Adult ADHD. BMC Psychiatry. 2010; 10(1):67. 21. Swift KD, Hall CL, Marimuttu V et al. Transiti- on to adult mental health services for young people with Attention De.cit/Hyper- activity Disorder (ADHD): a qualitative ana- lysis of their experiences. BMC Psychiatry 2013; 13-74. 22. Oldhafer M. (eds.) Transitionsmedizin. Stutt- gart: Schattauer-Verlag 2016; 23. Fend H. Entwicklungspsychologie des Ju- gendalters. Wiesbaden: VS Verlag für Sozial- wissenschaften 2003. 24. Havighurst HJ. Human Development and Education. London: Longmans 1953. 25. Ulrich G. ADHS. Transition aus Entwick- lungspsychologischer Sicht. In: Oldhafer M (eds). Transitionsmedizin. Stuttgart: Schattauer-Verlag 2016: 10-15. 26. Stippel A, Schubert I, Philipsen A, Lehmkuhl G. ADHS. In: Oldhafer M (eds). Transitions- medizin. Stuttgart: Schattauer-Verlag 2016: 149-157. Gelingende Transition zum Erwachsenenalter, Fortbildung: NeuroTransmitter 2018; 29 (2). *

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Professor Peter Greven, Berlin Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Vorstellungsanlass Erstvorstellung im Alter von 8;9 Jahren, Besuch der 2. Klasse Grundschule Schwierigkeiten: im Unterricht motorisch unruhig, unkonzentriert, leicht ablenkbar, sehr vergesslich, geringe Impulsivität, eher wenig Streit, gute soziale Integration, Schulleistungen nachlassend, bleibe unter seinen Möglichkeiten Zuhause keine wesentlichen Probleme im Umgang Lese-Rechtschreib-Störung in Schule vordiagnostiziert Sozialer Hintergrund / Familienanamnese Intakte Familie: Vater, +31 J., arbeite in einem Familienbetrieb, psychiatrische Behandlung „Burn-out“ Mutter, +33 J., Verwaltungsangestellte, psychisch belastet nach wiederholten operativen Eingriffen (nichtmaligne Erkrankung), antidepressive Medikation Keine Geschwister Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Diagnostik Befunde / Ergebnisse: Psychopathologischer Befund weitgehend unauffällig, im Einzelkontakt eher ruhiger, sensibler Junge Neurologischer Befund mit leichter muskulärer Hypotonie und dezenten Unsicherheiten in Feinmotorik und Koordination Leistungs-/Teilleistungsdiagnostik: durchschnittliche Intelligenz, LRS bestätigt Fremdanamnestische Einschätzungen deuten auf Aufmerksamkeitsstörung ICD-10 Diagnose: V. a. Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung F83V Lese-Rechtschreibstörung F81.0G Emotionale Störung mit Selbstwertproblematik F93.8G Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts)störung F90.0G Erstdiagnose ADHS Festlegung auf Diagnose ca. 6 Mon. nach Erstvorstellung Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Behandlung im Verlauf Nicht-medikamentöse und medikamentöse Interventionen Nicht-medikamentös: Vorübergehend Homöopathie und Osteopathie (extern von Familie gesucht) Fortlaufende kinderpsychiatrische Behandlung Logopädie in der Schule (fokussiert auf LRS-Problematik) Nachteilsausgleich in Schule; Notenbefreiung und mehr Zeit für Arbeiten Verhaltenstherapie ab dem Alter von 9½ J. für ca. 18 Mon. Kontinuierliche Psychoedukation, später mehr Einzelgespräche in der Praxis Elternberatung anfangs niederfrequent, in Pubertät wieder häufiger Medikamentöse Einstellung: Beginn erst ab 6. Kl. Grundschule bei erneut deutlichem Leistungsabfall Einstellung auf retardiertes Methylphenidat > effektive Wirkung über mehrere Jahre UAW: Appetitminderung, leichte subjektiv negative Stimmungsbeeinträchtigung, dezente Rebound-Phänomene am Nachmittag Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Weiterer Verlauf Familiäre Situation schon vor Beginn der Medikation entspannt bei auch gesundheitlicher Erholung beider Eltern Schulisch zunächst auch ohne Medikation halbwegs stabil, erst gegen Ende der Grundschulzeit sehr massiver Leistungsabfall, nach medikamentöser Einstellung sehr rasche Verbesserung, zunächst über Jahre keine Probleme Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Weiterer Verlauf Ab dem Alter von knapp 14 Jahren: Schilderung deutlicher pubertärer Konflikte, starke Auseinandersetzungen um Mediennutzung, besonders belastend aber jetzt immer stärkere Rebound-Phänomene mit starker Gereiztheit und Aggressivität am Nachmittag Umstellungsversuche auf anderes MPH-Retard nicht erfolgreich, auch Versuche der Nachdosierung mit MPH-IR am Nachmittag nicht umsetzbar, zunehmend unregelmäßige Einnahme der Medikation mit jeweils unmittelbar erkennbaren negativen Folgen für die Schule Im Alter von knapp 15 Jahren: Nach erneut erfolglosem Auslassen der Medikation durch den Patienten formuliert er selbst konkret seine Bitte um „Weiterbehandlung, aber mit einem anderen Medikament“ Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Umstellung auf Lisdexamfetamin (LDX) Zielsetzung der Umstellung Verringerung oder Vermeidung der heftigen Rebound-Phänomene Erzielen einer längeren Wirkdauer bei zunehmenden schulischen Anforderungen Hier nicht im Vordergrund: Wunsch nach Medikation mit geringerem negativen Einfluss auf die Stimmung Untersuchungen vor Behandlungsbeginn (lt. Fachinformation Pkt. 4.2) Nicht anders als bereits für MPH erfolgt Anamnese sowie körperliche Untersuchung einschl. Überprüfung der Vitalwerte mit unauffälligen Befunden Alter: 15;0 J. – Größe: 173 cm – Gewicht: 50,0 kg – RR: 100/70 – Puls: 83 Shire-Daten vorliegend, DOF489-025. Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Umstellung auf Lisdexamfetamin (LDX) Alter 15;0 Jahre: Beendigung der Medikation mit MPH Sofortiger Beginn der Neutitrierung mit Elvanse® 30mg Keine Effekte, keine UAW Steigerung auf Elvanse® 50mg nach 3 Wochen Wirkung „spürbar“, noch nicht durchschlagend, kein Rebound Steigerung auf Elvanse® 70mg nach weiteren 2 Wochen Sehr gute Wirkung, Wirkdauer lang genug, kein Rebound, keine wahrgenommene Beeinträchtigung der Stimmung, keine Einschlafprobleme UAW: Milde Appetitminderung, kompensierbar Shire-Daten vorliegend, DOF489-025. Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Ergebnisse mit LDX Ergebnis Woche 6 nach Umstellung (unter 70mg LDX) Wirkung auf die Kernsymptomatik während der Wirkdauer vergleichbar mit Methylphenidat, aber wesentlich angenehmes subjektives Erleben. Keine Rebound-Phänomene mehr zu beobachten, entspannte Familiensituation UAW: geringe Appetitminderung, leichte Einschlafprobleme. Ergebnis 2 Jahre nach Umstellung (inzwischen reduziert auf 50mg LDX) Sehr positive Entwicklung wird sowohl vom gesamten Umfeld als auch von ihm selbst wahrgenommen. Leistungsvermögen, Arbeitsorganisation ebenso wie Verhalten ohne Auffälligkeiten. Prüfungen zum mittleren Schulabschluss bestanden, Ausbildungsplatz gefunden UAW: geringe Appetitminderung, sonst keine mehr Shire-Daten vorliegend, DOF489-025. Quelle: Prof. Greven, Berlin

Fallvignette: Alex, aktuell 19;5 J. alt Ergebnisse mit LDX Ergebnis aktuell 4 ½ Jahren nach Umstellung (inzwischen mit 40mg LDX) Weiter positive Entwicklung, nach entsprechenden Auslassversuchen wird die Medikation im mittlerweile 3. Ausbildungsjahr weiter als hilfreich erlebt. Die Einnahme erfolgt seit der Umstellung regelmäßig und ohne „Druck von außen“, Eltern konnten sich schon vor Ende des 18. Lj. deutlich zurücknehmen. Größe: 193,5 cm; Gewicht: 72,5 kg; RR: 127/75; Puls: 80 Shire-Daten vorliegend, DOF489-025. Quelle: Prof. Greven, Berlin

Empfehlungen für die Praxis Dokumentieren Sie den indikationsgerechten Einsatz! Alle Diagnosen gemäß ICD-10 kodieren, einschließlich komorbider Erkrankungen; quartalsweise Aktualisierungen Die klinisch unzureichende Wirksamkeit der Vormedikation MPH beschreiben, z. B. Restsymptomatik, Rebound, zu kurze Wirkdauer, Nebenwirkungen, Adhärenzprobleme Knappe formalisierte Begründung der Umstellung als Ergänzung zu den Informationen in der Patientenakte. Bei Weiterverordnung nach dem 18. Lj. die Einhaltung der in den Abschnitten 4.2 und 4.4 genannten Vorgaben ebenfalls schlüssig in der Patientenakte dokumentieren 1 2 3 4

FAZIT Adoleszenz mit ADHS: höhere Anforderungen, weniger Ressourcen Persönlichkeitsentwicklung, Selbstwahrnehmung und die Peers werden wichtige Faktoren für die Therapie. Anforderungen an die medikamentöse Therapie ändern sich: z. B. längere Wirkdauer, andere Wirkweise erforderlich und gewünscht ggf. Dosisanpassung oder Umstellung nötig Optimierung der Pharmakotherapie unterstützt die Adhärenz Lisdexamfetamin kann bei Bedarf und unter Beachtung der Vorgaben in der Fachinformation auch in der Transition und im Erwachsenenalter im Rahmen seiner Zulassung weiterverordnet werden (kein Off-label-Einsatz) Dokumentieren Sie den zulassungskonformen Einsatz!

Back-up

Komorbiditäten bei erwachsenen Patienten mit ADHS Psychiatrische Störungen Somatische Störungen Affektive Störungen (61,8% vs. 14,3%) Persönlichkeitsstörungen (33,2% vs. 0,6%) Anpassungsstörungen (18,9% vs. 3,0%) Schlafstörungen (11,3% vs. 2,3%) Substanzmissbrauch (7,8% vs. 1,9%) Erkrankungen des Bewegungsapparates (48,4% vs. 21,6%) Gastrointestinale Störungen (41,1% vs. 21,6%) Stoffwechselstörungen (36,5% vs. 19,0%) Erkrankungen der oberen Luftwege (33,7% vs. 15,2%) Schlander M, Schwarz O, Trott GE, Viapiano M, Bonauer N (2006)

Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeitsgebot: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“1 Eine Verordnung ist wirtschaftlich, wenn es für die Indikation keine anderen, gleichwertigen Therapien gibt ODER die Therapiealternativen kontraindiziert sind (z. B. Nebenwirkungen) bzw. nicht wirken oder nicht toleriert werden und dies ordnungsgemäß dokumentiert wurde. 1. SGB V §12