Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen

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 Präsentation transkript:

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG: Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. § 60 a Absatz 2 Satz 1 AufenthG: Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen Begriff der Reiseunfähigkeit: inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (IA) Ein IA infolge krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit kann sich ergeben, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird (OVG NRW, 22.10.2014) im Attest keine generalisierende oder pauschale Meinungen oder Ergebnisse bzw. politische Sichtweisen mitteilen einzelfallabhängige konkrete Darstellung des Falles mit Anamnese, Fremdanamnese, Befunden und Therapien erforderlich Darstellung der bisherigen Gesundheitsverschlechterung und Darstellung der möglichen zukünftigen erheblichen (!) Gesundheitsverschlechterung Worin liegt die konkrete und erhebliche Leibes- und Lebensgefährdung vor? Die befürchtete Verschlechterung soll auf dem Vollzug der Abschiebung beruhen Die Schutzpflicht des abschiebenden Staates endet nicht mit dem Ende des Transportes in das Heimatland, sondern soll bis zum Übergang in die Versorgung und Betreuung im Heimatland reichen (bis zur Flughafenklinik?), incl. Kostenübernahme ggfls ärztliche Begleitung bis zum Heimatland Versorgung mit Medikamenten und Behandlungen Sicherstellung der erforderlichen Hilfen (Betreuung, Unterkunft?) im Heimatland

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (IA) bei psychischen Erkrankungen: Wenn im Rahmen der Abschiebung die ernsthafte Gefahr der Selbsttötung besteht, welchem nicht anderweitig wirksam begegnet werden kann bzw. wenn unmittelbar durch die Abschiebung konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustandes droht, ist regelmäßig von einem inlandsbezogenen Abschiebungshindernis auszugehen.

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen Begriff der Reiseunfähigkeit: zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse Dem Ausländer droht in seiner Heimat Tod, Folter oder erhebliche Verletzung in körperlicher oder psychischer Hinsicht, bspw. bei: Homosexualität in Russland, Iran, Saudi Arabien Christen, Armenier, Aramäer im Nahen Osten Blutfehde in bestimmten Regionen in der Türkei und in Azerbaidschan

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen § 60 a Absatz 2 c: Satz 1 Es wird (durch die Behörde) vermutet bzw. vorausgesetzt, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen ! faktische Beweislastumkehr zu Lasten des Patienten

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen § 60 a Absatz 2 c: Satz 2 Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch qualifizierte ärztliche Bescheinigungen glaubhaft machen (OVG Sachsen-Anhalt, 06.09.2017) Attestkosten zu Lasten des Patienten

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen Frage an die Kollegen? Habt ihr alle aufgepasst? Wie bewerten wir die Atteste von Psychotherapeuten, Psychologen, psychosozialen Therapiezentren? Werden diese anerkannt? ABSTIMMEN!

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen § 60 a Absatz 2 c: Satz 3 Die ärztliche Bescheinigung soll folgendes beinhalten: tatsächliche Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung (ICD-10, DSM-IV, AMDP-System, Testverfahren), die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes, damit die Diagnose, den Schweregrad der Erkrankung, die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingen Situation voraussichtlich ergeben (Prognose) mögliche Folgen des Behandlungsabbruches Auswirkung (des Prozesses) der Abschiebung auf den Gesundheitszustand Dauer der bestehenden Reiseunfähigkeit

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen Mindestanforderungen an ärztliche Atteste, BVerwG, 11.09.2007, AZ: 10 C 8/07 Kurzattest/Überweisungsschein/Einweisungsschein vs. Ausführliches Gutachten/gutachterliche Stellungnahme/wissenschaftlich begründete Abhandlung  QUALIFIZIERTES (ÄRZTLICHES) ATTEST !! Fachärztliches Attest Grundlage der Diagnosestellung Darstellung der Krankheit im konkreten Fall Behandlungsbeginn und Behandlungsintensität Werden die geschilderten (subjektiven) Beschwerden durch erhobene (objektive) Befunde bestätigt? Schweregrad der Krankheit Weitere Behandlungsbedürftigkeit Bisheriger Behandlungsverlauf, Medikation, weitere Therapien Folgen des Behandlungsabbruches ggfls. Gründe für die späte Geltendmachung der Symptome/Erkrankungen, z.B. bei PTBS (anhaltende Wesensänderung nach Extrembelastungen, Brückensymptome etc.)

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen § 60 Abs. 7 AufenthG: von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.