Täuschung und Drohung, § 123

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Täuschung und Drohung, § 123

Arglistige Täuschung Schutz der Entschließungsfreiheit Täuschung des anderen Teils erforderlich Muss zu einem Irrtum geführt haben Nur dann ist Entschließungsfreiheit beeinträchtigt Täuschung durch Tun: Vortäuschen oder Unterdrücken von Umständen, die für die Entscheidung des anderen Teils wesentlich sind Nicht nur reine Tatsachen, sondern auch Wertungen und Meinungen, sofern auf Tatsachenkern beruhend und nachprüfbar: zB Bezeichnung als generalüberholt, saniert, restauriert Nicht bloße reklamehafte Anpreisung (fährt super, wäscht am weißesten)

Arglistige Täuschung: Täuschung durch Unterlassen: Frage der Aufklärungspflicht Nachfrage des anderen Teils Vertragspartner legt erkennbar Wert auf besondere Umstände/Eigenschaften Grundstück zu Bauzwecken Software für eine bestehende EDV- Anlage Steuerersparnis bei Immobilienerwerb Aufklärungspflicht in Bezug auf Umstände, die diesen Zweck vereiteln könnten Besonderes Vertrauensverhältnis, Vertrag mit Schutz- oder Beratungscharakter Rechtslage wie bei § 311 II, Fallmaterial auch hier verwertbar.

Rechtswidrigkeit Ist bei unwahren Auskünften und Verschweigen entgegen einer Aufklärungspflicht ohne weiteres gegeben Frage kann aber gegen höherrangiges Recht verstoßen Insbes. GG Insbes. Fragen nach Schwangerschaft, Gewerkschafts- und Parteizugehörigkeit im Arbeitsrecht Darf verschwiegen werden (keine Aufklärungspflicht des AN) Und bei Nachfrage?

Arglistige Täuschung Wie bei § 119 muss Irrtum kausal für die WE gewesen sein Kein Anfechtungsrecht, wenn Getäuschter die wahre Lage erkennt. Subjektive Voraussetzung: Arglist Wissen und Wollen der Täuschung Wissen- Können, Wissen- Müssen reicht nicht aus Nach hM genügt aber „Für möglich halten und für den Fall der Verwirklichung billigen“ Sog. bedingter Vorsatz Sowie die „Angabe ins Blaue hinein“ Angabe in völliger Unkenntnis der Tatsachen, in der Hoffnung, sie werde schon zutreffen Bei fahrlässigen Falschangaben kann c.i.c. vorliegen Str. wegen abweichender Vssgen.: Fahrlässigkeit genügt, kein § 124, Vertragsaufhebung nach § 249 erreichbar Siehe dazu studentischer Beitrag vom 19.11.

Täuschung durch Dritte: Wird nur bei Kenntnis oder Kennen- Müssen des Vertragspartners zugerechnet, § 123 II Problem: Wer ist Dritter? Beachten Sie § 278.

Rechtsfolge der arglistigen Täuschung Anfechtbarkeit nach § 142 Mit Rechtsfolge Nichtigkeit des Geschäfts idR beide Geschäfte (Verpflichtung und Verfügung) betroffen Sog. Doppelmangel Kein § 122, kein SE des Anfechtenden Im Gegenteil: Es kommt bei Schäden, die durch Anfechtung nicht behoben werden können, c.i.c. gegen den Täuschenden in Betracht Anfechtung nicht subsidiär gegenüber Kaufrecht (anders als § 119 II)

Drohung: Übel, auf dessen Eintritt der andere angeblich Einfluss hat Psychische Einwirkung Bei physischem Zwang (Festhalten, Führen der Hand) gar keine WE, Handlungswille fehlt Anfechtung nicht erforderlich Kausalität: Konkrete Auswirkung der Drohung beim Betroffenen

Widerrechtlichkeit Drohung muss widerrechtlich sein Kann folgen aus: Muss positiv festgestellt werden keine Vermutung wie bei § 823 I Kann folgen aus: Rechtswidrigem Zweck Erfolg muss verboten oder sittenwidrig sein Dass kein Anspruch auf die Leistung besteht, genügt nicht Rechtswidrigem Mittel Stets widerrechtlich Selbst wenn berechtigter Zweck verfolgt wird zB Eintreiben von Schulden durch Drohung mit Gewalt Zweck- Mittel- Relation Einsatz dieses Mittels zu diesem Zweck verwerflich Maßstab des § 138 zB Drohung mit Strafanzeige, fristloser Kündigung

Vorsatz: Auch die Drohung muss (wie die Täuschung) vorsätzlich erfolgen Vorsatz muss die Widerrechtlichkeit umfassen Parallelwertung in der Laiensphäre Bei Irrtum über die Widerrechtlichkeit (zB Fehlbeurteilung der Zweck- Mittel- Relation) Sicht des Drohenden entscheidend Mit der Einschränkung, dass Beurteilung durch ihn nicht ganz willkürlich gewesen sein darf (Maßstab der „Vertretbarkeit“) So BGH NJW 2002, 2274, aber str.

Sonstige Voraussetzungen der Anfechtung Außer dem Anfechtungsgrund muss vorliegen: Kausalität des Irrtums für die Erklärung Anfechtungserklärung Anfechtungsfrist

Rechtsfolgen der Anfechtung: Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, § 142 Nur des betroffenen! Abstraktionsprinzip beachten Je nach Sachlage kann betroffen sein: Nur Verpflichtungsgeschäft Nur Verfügungsgeschäft Beide Geschäfte (Doppelmangel) Bei § 123 die Regel, bei den Irrtümern eher die Ausnahme. Sorgfältige Prüfung, ob auch Übereignung irrtumsbedingt erfolgte

Fall 1: Nur KV A – B nichtig Unterschiedliche Rückabwicklung bei Weiterveräußerung und Durchlieferung § 433 § 433 A B C § 929 § 929 Fall 1: Nur KV A – B nichtig Anspruch A -> C auf Herausgabe der Kiste aus § 985?

Lösung Fall 1: § 985 (-), Eig. Verlust von A an B und dann von B an C § 142 II nicht einschlägig, da nur Verpflichtungsgeschäft betroffen Eventuelle Kenntnis des C von der Anfechtbarkeit irrelevant Anspruch A gegen C aus § 812 I, 1, 1. Alt? Etwas Erlangt? Durch Leistung des A (-), C hat die Kiste von B erlangt, der damit auch den KV zwischen ihm und C erfüllen wollte. Daher hat B geleistet, nicht A. Auf den Umstand, dass A die Kiste zu C gebracht hat, kommt es nicht an! Zweckbezogene, nicht physische Betrachtung! Anmerkung: In einer solchen Sachlage ist die Nichtleistungskondiktion (Bereicherung in sonstiger Weise, § 812 I, 1, 2. Alt.) subsidiär. Ansonsten wäre C uU zwei Kondiktionsansprüchen ausgesetzt, er muss sich aber nur mit demjenigen auseinandersetzen, den er sich als Vertragspartner ausgesucht hat. Daher kann C die Kiste endgültig behalten. A muss sich wegen des unwirksamen Kaufvertrages mit B auseinandersetzen.

Lösung Fall 1: Anspruch gegen B aus § 985 Ersichtlich (-) da B nicht Besitzer Anspruch gegen B auf Herausgabe der Kiste aus § 812 I 1, 1. Alt? Etwas erlangt? Ja, Eigentum und (mittelbaren) Besitz an der Kiste Durch Leistung des A (+), wollte KV erfüllen Ohne Rechtsgrund (+), KV wirksam angefochten RF: Herausgabe! Aber unmöglich, § 275 I BGB, da C jetzt Eigentümer Daher statt dessen Wertersatz, § 818 II hM: obj. Verkehrswert (dh ohne Mehr- oder Mindererlös) Für Entreicherung (Abs. 3) keine Anhaltspunkte

Fall 2: Wie zuvor, nur jetzt Kaufvertrag A – B und Übereignung A – B nichtig (Doppelmangel)

Lösung Fall 2: Anspruch A – C auf Herausgabe der Kiste aus § 985? Eigentumsverlust an B (-), Übereignung wirksam angefochten Eigentumsverlust an C? Einigung B – C (+) Übergabe (+) Berechtigung des B? (-) wegen Nichtigkeit des Erwerbs von A Gutgläubiger Erwerb des C, § 932? Bösgläubigkeit muss sich auf Anfechtung beziehen, § 142 II Wenn guter Glaube gegeben, Erwerb nach §§ 932, 142 II (+) Anspruch des A -> C aus § 985 dann (-), sonst (+) § 812 I, 1, 1. Alt. wie oben Fall 1: Keine Leistung A – C

Lösung Fall 2: Anspruch A – B aus § 812 I, 1, 1. Alt (+) wie oben Zusätzlich kommt § 816 I in Betracht: B war Nichtberechtigter Hat verfügt (an C) Das war A ggü. wirksam (wegen §§ 932, 142 II, s.o.) Es würde dafür aber auch eine Genehmigung des A genügen (§ 185) RF: Herausgabe des Erlangten Nicht nur Wertersatz wie bei § 818 II Sondern auch Mehrerlös durch B Sog. commodum ex negotii