Neoadjuvante und adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie

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Neoadjuvante und adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie

Neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie Neoadjuvante HT vor radikaler Prostatektomie? Bisherige Studienlage: 3 Monate ADT in T1–T3-PCa Gesichert: Reduktion positiver Absetzungsränder „Downstaging“ „Downgrading“ Aber: Kein Vorteil beim rezidivfreien Überleben! Die neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie wurde bisher als 3-monatige Hormontherapie bei T1–T3-Tumoren untersucht. Dabei zeigte sich eine Reduktion positiver Absetzungsränder, ein „Downstaging“ und ein „Downgrading“, aber kein Vorteil beim rezidivfreien Überleben. Deshalb wird in der deutschen S3-Leitlinie empfohlen, dass sowohl bei lokal begrenztem wie auch bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom eine neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie nicht durchgeführt werden sollte. S3-Leitlinie 2014: „Vor radikaler Prostatektomie soll keine neoadjuvante hormonablative Therapie bei klinisch lokal begrenztem Stadium durchgeführt werden.“ „Bei Patienten mit klinisch lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom sollte vor radikaler Prostatektomie keine neoadjuvante hormonablative Therapie durchgeführt werden.“ ADT = Androgendeprivationstherapie 2

Adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie Autor/Jahr Stadien HT Progression Überleben Messing et al., 1999/20061,2 T1b–T2 pN+ Orchiekt. LHRHa + Prayer-Galetti et al., 20003 C n. a. Wirth et al., 20044 pT3–4 pN0 Flutamid – 2001, 20055,6 T1b–T4 N0–M1 Bicalutamid Die Leitlinien der EAU geben keine generelle Empfehlung für oder gegen eine adjuvante hormonablative Therapie nach radikaler Prostatektomie. Bei PCa mit hohem Risikoprofil und mit Lymphknotenbefall kann aber eine adjuvante Hormontherapie in Betracht gezogen werden. Die Datenlage belegt einen Vorteil für die adjuvante Therapie nur bei fortgeschrittenen Tumorstadien. Beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom konnte eine adjuvante Therapie mit Bicalutamid die Tumorprogression verzögern [Wirth et al.]. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Messing et al. bei einer kleinen randomisierten Serie für lymphknotenpositive Prostatakarzinome und eine retrospektive Studie zur Samenblaseninfiltration. Dabei konnte die Arbeit von Messing et al. auch einen Überlebensvorteil nachweisen. Dieses Ergebnis konnte bis heute nicht reproduziert werden. Für lymphknotennegative, lokal fortgeschrittene Tumoren kann kein Überlebensvorteil gezeigt werden [Wirth et al. 2004]. Die dargestellten Arbeiten erlauben, bei Patienten mit Samenblaseninfiltration oder Lymphknotenbefall eine adjuvante Hormontherapie zu erwägen, eine strikte Empfehlung kann auf dieser Basis jedoch nicht abgegeben werden. Originalauszug S3-Leitlinie: Zu Empfehlung 5.63 „Als adjuvant wird eine Hormonbehandlung bezeichnet, wenn postoperativ ein PSA-Wert im definierten Nullbereich gegeben ist, keine sonstigen PCa-spezifischen Krankheitszeichen bestehen und die Therapie zeitnah nach der Operation begonnen wird. Eine adjuvante Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie erfolgt auf der Basis der pathomorphologischen Charakteristika des Tumors. Eine generelle adjuvante Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie bietet keine Überlebensvorteile bei Patienten mit lokal begrenztem Tumor. Insbesondere bei einem Gleason-Score zwischen 8 und 10 besteht jedoch eine statistisch signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens.“ + = Vorteil für adjuvante Therapie – = kein Unterschied n. a. = nicht angegeben Messing EM et al., N Engl J Med 1999; 341: 1781–1788 Messing EM et al., Lancet Oncol 2006; 7: 472–479 Prayer-Galetti T et al., Eur Urol 2000; 38: 504 Wirth MP et al., Eur Urol 2004; 45: 267–270 Wirth MP et al., Urology 2001; 58: 146–151 Wirth MP et al., Prostate Cancer and Prostatic Diseases 2005; 8: 194–200 3

Adjuvante Hormontherapie bei N+-Patienten nach RPV und Lymphadenektomie: Gesamt-, PCa-spezifisches und progressionsfreies Überleben ADT < 12 Wochen post RPV (n = 47) vs. ADT bei klinischer Progression (n = 51) Log-rank p = 0,04 Hazard ratio (95 % KI) = 1,84 (1,01–3,35) sofortige ADT Beobachtung Zeit (Jahre) Anteil überlebend Gesamt-Überleben Die erste Abbildung zeigt, dass Patienten mit Lymphknotenmetastasen nach radikaler Prostatektomie mit Lymphadenektomie von einer sofortigen adjuvanten Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (Start innerhalb von 12 Wochen postoperativ) profitieren. Sie zeigen ein statistisch signifikant besseres Gesamt-Überleben gegenüber den Patienten, die erst bei klinischer Progression adjuvant mit der Hormontherapie behandelt wurden.   Die Wahrscheinlichkeit, nicht am Prostatakarzinom zu versterben, vervierfachte sich durch den sofortigen adjuvanten Einsatz einer Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (HR = 4,09; p = 0,0004).    Auch die Wahrscheinlichkeit für ein progressionsfreies Überleben hat sich in dieser Studiengruppe (bestehend aus Patienten mit positivem Lymphknotenstatus nach radikaler Prostatektomie) mehr als verdreifacht, wenn innerhalb von 12 Wochen postoperativ eine adjuvante Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie begonnen wurde (HR = 3,42; p = 0,0001). Anzahl unter Risiko Sofortige ADT 47 46 43 42 41 36 35 33 25 14 Beobachtung 51 49 48 45 38 32 31 30 17 10 RPV = radikale Prostatovesikulektomie ADT = Androgendeprivationstherapie Messing et al., Lancet Oncol 2006; 7: 472–479 4

Anteil überlebend ohne Prostatakarzinom Adjuvante Hormontherapie bei N+-Patienten nach RPV und Lymphadenektomie: Gesamt-, PCa-spezifisches und progressionsfreies Überleben ADT < 12 Wochen post RPV (n = 47) vs. ADT bei klinischer Progression (n = 51) Log-rank p = 0,0004 Hazard ratio (95 % KI) = 4,09 (1,76–9,49) Sofortige ADT Beobachtung Zeit (Jahre) Anteil überlebend ohne Prostatakarzinom Prostatakarzinom- spezifisches Überleben Die erste Abbildung zeigt, dass Patienten mit Lymphknotenmetastasen nach radikaler Prostatektomie mit Lymphadenektomie von einer sofortigen adjuvanten Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (Start innerhalb von 12 Wochen postoperativ) profitieren. Sie zeigen ein statistisch signifikant besseres Gesamt-Überleben gegenüber den Patienten, die erst bei klinischer Progression adjuvant mit der Hormontherapie behandelt wurden.   Die Wahrscheinlichkeit, nicht am Prostatakarzinom zu versterben, vervierfachte sich durch den sofortigen adjuvanten Einsatz einer Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (HR = 4,09; p = 0,0004).    Auch die Wahrscheinlichkeit für ein progressionsfreies Überleben hat sich in dieser Studiengruppe (bestehend aus Patienten mit positivem Lymphknotenstatus nach radikaler Prostatektomie) mehr als verdreifacht, wenn innerhalb von 12 Wochen postoperativ eine adjuvante Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie begonnen wurde (HR = 3,42; p = 0,0001).  Anzahl unter Risiko Sofortige ADT 47 46 43 42 41 36 35 33 25 14 Beobachtung 51 49 48 45 38 32 31 30 17 10 RPV = radikale Prostatovesikulektomie ADT = Androgendeprivationstherapie Messing et al., Lancet Oncol 2006; 7: 472–479 5

Anteil überlebend und progressionsfrei Adjuvante Hormontherapie bei N+-Patienten nach RPV und Lymphadenektomie: Gesamt-, PCa-spezifisches und progressionsfreies Überleben ADT < 12 Wochen post RPV (n = 47) vs. ADT bei klinischer Progression (n = 51) Log-rank p = 0,0001 Hazard ratio (95 % KI) = 3,42 (1,96–5,98) Sofortige ADT Beobachtung Zeit (Jahre) Anteil überlebend und progressionsfrei Progressionsfreies Überleben Die erste Abbildung zeigt, dass Patienten mit Lymphknotenmetastasen nach radikaler Prostatektomie mit Lymphadenektomie von einer sofortigen adjuvanten Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (Start innerhalb von 12 Wochen postoperativ) profitieren. Sie zeigen ein statistisch signifikant besseres Gesamt-Überleben gegenüber den Patienten, die erst bei klinischer Progression adjuvant mit der Hormontherapie behandelt wurden.   Die Wahrscheinlichkeit, nicht am Prostatakarzinom zu versterben, vervierfachte sich durch den sofortigen adjuvanten Einsatz einer Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie (HR = 4,09; p = 0,0004).    Auch die Wahrscheinlichkeit für ein progressionsfreies Überleben hat sich in dieser Studiengruppe (bestehend aus Patienten mit positivem Lymphknotenstatus nach radikaler Prostatektomie) mehr als verdreifacht, wenn innerhalb von 12 Wochen postoperativ eine adjuvante Androgendeprivation mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie begonnen wurde (HR = 3,42; p = 0,0001). Anzahl unter Risiko Sofortige ADT 47 46 45 42 40 39 36 35 32 24 13 Beobachtung 50 31 29 26 19 18 17 16 8 6 RPV = radikale Prostatovesikulektomie ADT = Androgendeprivationstherapie Messing et al., Lancet Oncol 2006; 7: 472–479 6

Neoadjuvante und adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie Bei Patienten mit lokal begrenztem oder lokal fortgeschrittenem PCa ist die neoadjuvante oder die adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie nicht indiziert. Nach radikaler Prostatektomie bei Patienten mit histologisch gesicherten Lymphknotenmetastasen kann eine adjuvante Hormontherapie angeboten werden.* Zusammenfassend kann man sagen, dass bei Patienten mit lokal begrenztem oder lokal fortgeschrittenem PCa die neoadjuvante oder die adjuvante Hormontherapie bei radikaler Prostatektomie nicht indiziert ist. Bei Patienten mit histologisch gesicherten Lymphknotenmetastasen ist jedoch nach aktueller Datenlage eine Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie sinnvoll. * S3-Leitlinie Prostatakarzinom 2014

Neoadjuvante und adjuvante Hormontherapie bei Radiotherapie

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie RTx (n = 198) vs. ADT + RTx (n = 203) bei lokal fortgeschrittenem PCa (T 2–4; Nx) p = 0,001 (Log-rank-Test gesamt) Kombinierte Behandlung Radiotherapie Zeit (Jahre) Patienten (%) 79 % 62 % p = 0,001 (Log-rank-Test gesamt) Kombinierte Behandlung Radiotherapie Zeit (Jahre) Patienten (%) 85 % 48 % PCa-spez. Überleben Gesamt-Überleben Eine adjuvante Hormontherapie verbessert das PCa-spezifische und das Gesamt-Überleben bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCa. Über einen Zeitraum von 10 Jahren überlebten 62 % bzw. 48 % der Patienten, die mit einer alleinigen Radiotherapie behandelt wurden im Gegensatz zu einem Gesamt-Überleben von 79 % bzw. einem PCa-spezifischen Überleben von 85 % bei Patienten, die zusätzlich zur perkutanen Radiotherapie eine adjuvante Hormontherapie erhielten. Adjuvante Hormontherapie verbessert das PCa-spezifische und das Gesamt-Überleben bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCa RTx = Radiotherapie ADT = Androgendeprivationstherapie Bolla M et al., N Engl J Med 1997; 337: 295–300 9

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie – EORTC 22961 Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom (T2c–T4) (n = 970) PSA: 18,8 ng/ml, Gleason 7–10 (50 %), T2c–T4 6 Monate LHRH-Agonist + AA (Flutamid) (n = 483) (n = 487) Randomisierung: Radiatio Bei der hier dargestellten EORTC 22961-Studie erhielten Patienten mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom nach einer perkutanen Radiotherapie zunächst eine komplette Androgenblockade über 6 Monate. Danach wurden sie randomisiert einer LHRH-Agonisten-Therapie über 30 Monate zugeführt oder erhielten keine weitere Therapie. + 30 Monate LHRH-Agonist Keine weitere Therapie Bolla et al., NEJM 2009; 360 (24): 2516–2527 10

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie – EORTC 22961 STAS, Tod jedweder Ursache Mortalität (%) LTAS, Tod jedweder Ursache Follow-up: 6,4 Jahre p = 0,002 STAS, Prostatakarzinom-bedingter Tod LTAS, Prostatakarzinom-bedingter Tod Nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 6,4 Jahren zeigte sich, dass die Langzeit-Androgen-Suppression (LTAS; Long-Term-Androgen-Suppression) der Kurzzeit-Androgen-Suppression (STAS; Short-Term-Androgen-Suppression) in der Kombination mit der perkutanen Radiotherapie überlegen ist, sowohl bezüglich der Gesamtmortalität als auch der Prostatakarzinom-bedingten Mortalität (p = 0,002). Zeit (Jahre) Die Kombination aus RTx plus LHRH-Analoga über 3 Jahre ist einer adjuvanten LHRH-Analoga-Therapie über 6 Monate überlegen. STAS = kurzzeitige Androgen-Suppression LTAS = dauerhafte Androgen-Suppression Bolla et al., NEJM 2009; 360 (24): 2516–2527 11

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie – EORTC 22961 Kurzzeitige Androgen-Suppression (STAS) Dauerhafte Androgen-Suppression (LTAS) QLQ-C30-Score (Lebensqualität) Interessant ist, dass sich die Lebensqualität insgesamt nicht unterschied (p = 0,37), d. h. die Langzeithormontherapie hatte keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Lebensqualität. Vor Therapie Zeit (Jahre) Die Lebensqualität insgesamt unterschied sich in den Gruppen nicht (p = 0.37), d. h. die Langzeithormontherapie hatte keinen klinisch relevanten Effekt auf die Lebensqualität. Bolla et al., NEJM 2009; 360 (24): 2516–2527 12

Neoadjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie PCa-spezifische Mortalität Gesamt-Mortalität Nur RT 3-monatige NADT 6-monatige NADT Nur RT 3-monatige NADT 6-monatige NADT PCa-spezifische Mortalität (%) Gesamt-Mortalität (%) In einer prospektiven, randomisierten Studie an Patienten mit einem Prostatakarzinom der Stadien T2b–T4 N0 M0 konnten Denham et al. zeigen, dass eine neoadjuvante 6-monatige Hormontherapie, beginnend 5 Monate vor der Strahlentherapie, zu einer statistisch signifikanten Verringerung der Prostatakarzinom-spezifischen Mortalität und auch der Gesamtmortalität führte. Die Prostatakarzinom-spezifische Mortalität lag nach 10 Jahren in der Behandlungsgruppe, die nur eine Radiotherapie erhalten hatte, bei 22 % , in der Behandlungsgruppe mit 3-monatiger NADT bei 18,9 % (HR 0,86, 95 %-CI 0,60–1,23; p = 0,398) und in der Gruppe mit 6-monatiger NADT bei 11,4 % (HR 0,49, 95 %-CI 0,32–0,74; p = 0,0008). Die entsprechenden Werte der Gesamtmortalität lagen bei 42,5 %, 36,7 % (HR 0,84, 95 %-CI 0,65–1,08; p = 0,18) und 29,2 % (HR 0,63, 95 %-CI 0,48–0,83; p = 0,0008). Während der ersten 5 Jahre nach Randomisierung war dabei die behandlungsbedingte Morbidität bei neoadjuvanter Hormontherapie gegenüber Strahlentherapie alleine nicht erhöht. Zeit seit Randomisierung (Jahre) Anzahl unter Risiko Nur RT 270 264 236 209 180 147 56 3-mon. NADT 265 257 234 183 156 27 6-mon. NADT 267 255 239 219 195 176 45 Anzahl unter Risiko Nur RT 270 264 236 209 180 147 56 3-mon. NADT 265 257 234 183 156 27 6-mon. NADT 267 255 239 219 195 176 45 6-monatige neoadjuvante Hormontherapie vermindert die PCa-spezifische und die Gesamt-Mortalität bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCa RT = Radiotherapie NADT = neoadjuvante Androgendeprivationstherapie Denham et al., Lancet Oncol 2011; 12 (5): 451–459 13

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie Signifikante Verbesserung des Gesamt-Überlebens und des krankheits- freien Überlebens in diversen Studien bestätigt Auch eine kurze ADT-Gabe führt zur höheren Vulnerabilität Androgenrezeptor-exprimierender PCa-Zellen gegenüber RTx1 TROG 96.01: Eine 6-monatige neoadjuvante Hormontherapie vermindert die PCa-spezifische und die Gesamt-Mortalität bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCa2 EORTC 229613: Die Kombination aus RTx plus Langzeithormontherapie über 3 Jahre mit einem LHRH-Agonisten ist bezüglich des Gesamt- Überlebens und des Prostatakarzinom-spezifischen Überlebens einer RTx plus 6 Monate HTx überlegen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für die neoadjuvante und für die adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie die signifikante Verbesserung des Gesamt-Überlebens und des krankheitsfreien Überlebens in diversen Studien bestätigt werden konnte. Dabei führt auch die kurze ADT-Gabe zur höheren Vulnerabilität Androgenrezeptor-exprimierender PCa-Zellen gegenüber der Radiatio. Eine neoadjuvante Hormontherapie von 6 Monaten Dauer verringert sowohl die PCa-spezifische wie auch die Gesamt-Mortalität bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom. Die Kombination aus Radiatio plus adjuvanter Langzeit-Hormontherapie über 3 Jahre mit einem LHRH-Agonisten ist einer Radiotherapie plus 6 Monate adjuvanter Hormontherapie hinsichtlich PCa-spezifischem und Gesamt-Überleben überlegen. Pinthus JH et al., Neoplasia 2007; 9: 68–80 Denham et al., Lancet Oncol. 2011; 12 (5): 451–459 Bolla et al., NEJM 2009; 360 (24): 2516–2527 14

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie: S3-Leitlinie Lokal begrenztes Prostatakarzinom Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom des hohen Risikoprofils sollen zusätzlich zur perkutanen Strahlentherapie eine (neo-) und/oder adjuvante hormonablative Therapie erhalten. Hierdurch wird eine Verbesserung des Überlebens erreicht. Empfehlungsgrad A, LoE 1+ Für Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom des hohen Risikoprofils wurde eine Verbesserung des Überlebens sowohl bei einer 6-monatigen (neo-) und/oder adjuvanten hormonablativen Therapie als auch bei einer 2–3 Jahre dauernden hormonablativen Therapie in Kombination mit einer perkutanen Strahlentherapie gezeigt. Empfehlungsgrad Statement, LoE 1+ Bei Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom des hohen Risikoprofils sollte die Entscheidung über die Dauer der hormonablativen Therapie individuell getroffen werden (in Abhängigkeit z. B. von Komorbidität, Alter, Lebenserwartung und Tumorausdehnung). Empfehlungsgrad B, LoE 4 Bei Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom und mittlerem Risikoprofil kann die neoadjuvante und/oder adjuvante hormonablative Therapie vor und/oder nach perkutaner Strahlentherapie angewandt werden. Empfehlungsgrad 0, LoE 1+ Auch die deutschen S3-Leitlinien empfehlen basierend auf der aktuellen Datenlage bei Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom und hohem Risiko die Kombination der perkutanen Radiotherapie mit der neo- bzw. adjuvanten Hormontherapie, wobei deren Dauer von Alter, Komorbidität, Lebenserwartung und Tumorausdehnung abhängig gemacht werden sollte. Auch bei lokal begrenztem Prostatakarzinom und einem mittleren Risikoprofil kann gemäß der Leitlinie eine (neo-)adjuvante Hormontherapie zusätzlich zur perkutanen Strahlentherapie eingesetzt werden. * S3-Leitlinie Prostatakarzinom 2014 15 15

Adjuvante Hormontherapie bei perkutaner Radiotherapie: S3-Leitlinie Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom, die sich für eine Strahlentherapie entscheiden, sollen zusätzlich zur perkutanen Strahlentherapie eine hormonablative Therapie erhalten. Die Gesamtdauer der hormonablativen Therapie soll mindestens 2, besser 3 Jahre betragen. Hiervon können bis zu 6 Monate neoadjuvant erfolgen. Empfehlungsgrad A, LoE 1+ Gemäß der überarbeiteten Leitlinie sollen auch Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom, die sich für eine Strahlentherapie entscheiden, zusätzlich eine (neo-) adjuvante Hormontherapie von mindestens 2, besser aber 3 Jahren erhalten. * S3-Leitlinie Prostatakarzinom 2014 16 16

Adjuvante Hormontherapie und Brachytherapie Häufig zum „Downsizing“ genutzt Kein signifikanter Vorteil beim Gesamt-Überleben* EAU-/AUA-Leitlinien: Kein Benefit für kombinierte Hormon-/Brachytherapie Anders als bei der perkutanen Radiotherapie ist die adjuvante Hormontherapie bei der Brachytherapie kein Standard. Sie wird häufig zum „Downsizing“ genutzt, ein signifikanter Vorteil bezüglich des Gesamt-Überlebens ist jedoch bisher nicht geklärt. * Martinez A et al., J Urol 2003; 170: 2296–2301 Machtens S et al., World J Urol 2006; 24: 289–295 Galalae RM et al., Int J Radiat Oncol Biol Phys 2004; 58: 1048–1055 17