Nieren & Frauen-gesundheit

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Nieren & Frauen-gesundheit Am 8. März 2018 ist Weltnierentag

Häufigste glomeruläre Erkrankung der Welt: Glomeruläre Endotheliose bei Präeklampsie 2-3% der Schwangeren erleiden eine Präeklampsie neu aufgetretene Hypertonie >140/90 mmHg und und Proteinurie > 300 mg im 24-h Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche plus glomeruläre Endotheliose Stillman IE et al. The glomerular injury of preeclampsia. J Am Soc Nephrol 2007; 18:2281-2284

Häufigste glomeruläre Erkrankung der Welt: Glomeruläre Endotheliose bei Präeklampsie Risikofaktoren Diabetes, vorbestehende Hypertonie, Adipositas, Alter >40, Nullipara, Mehrlingsschwangerschaft, vorhergehende Präeklampsie, letzte Schwangerschaft vor mehr als 10 Jahren oder von einem anderen Partner, Nierenerkrankung, rez. Harnwegsinfekte, Autoimmunerkrankungen, Antiphospholipidsyndrom keine effektive Prävention, keine spezifische Therapie (außer der Geburt des Kindes) ASS supportive Maßnahmen, Blutdruckeinstellung, (Bett)ruhe, Magnesium Stillman IE et al. The glomerular injury of preeclampsia. J Am Soc Nephrol 2007; 18:2281-2284 Duckitt K et al. Risk factors for preeclampsia. BMJ 2005; 12;330:565

Akuter Nierenschaden in der Schwangerschaft Fakhouri F et al. Obstetric nephrology: acute kidney injury and TMA in pregnancy. Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7:2100-2106

Höhere Prävalenz bestimmter Nierenkrankheiten bei Frauen Erkrankungen mit Nierenbeteiligung, deren Prävalenz bei Frauen höher ist als bei Männern: Lupusnephritis Infektionen der Harnwege und der Nieren

Mehr Komplikationen bei schwangeren Frauen mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) Grad der chronischen Nierenerkrankung ist maßgebend über 70% der Schwangeren mit einem Serum Kreatinin > 2.5 mg/dl haben eine Frühgeburt und mehr als 40% entwickeln eine Präeklampsie 1 Mütterliche Komplikationen: 2-fach erhöht schwangerschaftsassoziierter Hochdruck, Präeklampsie, Eklampsie, Mortalität der Mutter 2 Kindliche Komplikationen: 2-5 fach erhöht Frühgeburtlichkeit, intrauterine Wachstumhemmung, niedriges Geburtsgewicht, neonatale Mortalität 2 1 Imbasciati E et al. Pregnancy in CKD stages 3 to 5: Fetal and maternal outcomes. Am J Kidney Dis 2007; 49: 753–762 2 Nevis IF et al. Pregnancy outcomes in women with CKD: a systematic review. Clin J Am Soc Nephrol 2011; 6:2587-98

Heute bessere Prognose für Schwangerschaften bei CKD FRÜHER: „Children of women with renal disease used to be born dangerously or not at all.“ [Bild und Editorial Lancet 1975] HEUTE: Anstieg der erfolgreichen Schwangerschaften mit gesunden Neugeborenen bei Dialysepatientinnen: 1980: 23% 1998: 50% 2010: >70% Erhöhung der Dialysedosis, tägliche Dialyse Probleme: Bluthochdruck, Anämie Piccoli GB et al. Pregnancy in Dialysis Patients. Clin J Am Soc Nephrol 2010;5:62-71

Was bedeutet chronische Nierenerkrankung für Frauen? Die chronische Nierenerkrankung (CKD) ist ein klinisches Syndrom, das bei verschiedenen System- erkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Autoimmun- erkrankungen auftreten kann. CKD betrifft weltweit ca. 195 Millionen Frauen und stellt die achthäufigste Todesursache für Frauen dar (ca. 600.000 Todesfälle weltweit pro Jahr). Daten zu Prävalenz und Mortalität von Frauen wurden von folgenden Webseiten geladen: https://vizhub.healthdata.org/gbd-compare/ und http://www.worldkidneyday.org/2018-campaign/2018-wkd-theme/

Höhere CKD-Prävalenz bei Frauen Die Prävalenz der CKD ist bei Frauen höher als bei Männern1, zumeist im Stadium G3 höhere Lebenserwartung von Frauen Einfluss des natürlichen Verlaufs sowohl der Nierenfunktionsabnahme im Alter als auch einer CKD mögliche Überdiagnostik von CKD bei Frauen bei nicht adäquater Verwendung von eGFR-Gleichungen: der Bias bei der CKD-EPI und MDRD-Formel ist bei Frauen höher als bei Männern, d.h. die GFR wird bei Frauen unterschätzt 2 1 Carrero JJ et al. Sex and gender disparities in the epidemiology and outcomes of chronic kidney disease. Nat Rev Nephrol 2018 doi: 10.1038/nrneph.2017.181 2Inker LA, Levey AS et al. Performance of glomerular filtration rate estimating equations in a community-based sample of Blacks and Whites: the multiethnic study of atherosclerosis. Nephrol Dial Transplant 2017 http://dx.doi.org/10.1093/ndt/gfx042

Langsamere CKD-Progression bei Frauen Die Progressionsrate der CKD – v.a. der nicht-diabetischen CKD – ist bei Frauen langsamer als bei Männern 1 Das Lebenszeitrisiko für Dialysepflichtigkeit ist für einen 40-jährigen Mann in den USA, Kanada und Europa mit 3.3%, 2,7% bzw. 1.4% benannt, für eine 40-jährige Frau mit 2.2%, 1.8% bzw. 0.7% 2 In der Dialysepopulation finden sich mit einem Verhältnis von 3:2 mehr Männer als Frauen 3 psychosoziale Faktoren: ältere Frauen wählten zwei- bis dreimal häufiger ein konservatives Vorgehen als Männer 4 ältere Frauen leben häufiger allein als ältere Männer und ihnen fehlt häufiger die Zuwendung und Unterstützung nahestehender Menschen 4 1Neugarten J et al. Effect of gender on the progression of nondiabetic renal disease: a meta-analysis. J Am Soc Nephrol 2000;1:319-329; 2Turin T et al. Lifetime risk of ESRD. J Am Soc Nephrol 2012;23:1569- 1578; 3ERA-EDTA Registry annual report 2015; 4Chandna SM et al. Rate of decline of kidney function, modality choice, and survival in elderly patients with advanced kidney disease. Nephron 2016;134, 64-72

Höhere Mortalität bei dialysepflichtigen Frauen Mit Eintritt der Dialysepflichtigkeit haben Frauen einen höheren Anstieg der Mortalität als Männer 1,2 Übersterblichkeit insbesondere jüngerer, dialysepflichtiger Frauen (<45 Jahre) und dialysepflichtiger Frauen mit Diabetes mellitus 1,2:  vorzeitige Menopause und fehlender Schutz der Östrogene schlechtere Einstellung von Blutzucker und Lipiden weniger primäre Fisteln kürzere Wochendialysezeit 3 geringere Melde- und Transplantationsrate bei dialysepflichtigen Frauen 4 1 Cobo G et al. Sex and gender differences in chronic kidney disease: progression to end-stage renal disease and haemodialysis. Clinical Science 2016;130:1147-1163; 2 Carrero JJ et al. Cardiovascular and non cardiovascular mortality among men and women starting dialysis. Clin J Am Soc Nephrol 2011;6:1722-1730; 3 Hecking M et al. Sex-specific differences in hemodialysis prevalence and practices and the male-to female mortality rate: the dialysis outcomes and practice patterns study (DOPPS). PLOS Medicine 2014;11: e1001750; 4 Garg PP et al. Impact of gender on access to the renal transplant waiting list for pediatric and adult patients. J Am Soc Nephrol 2006; 11:958-964

Komorbiditäten: häufiger Anämie und Depression bei Frauen mit CKD Aus einem gleichen Ziel-Hämoglobinwert für Frauen und Männer mit CKD bei geschlechtsabhängig niedrigeren Referenzwerten für Frauen resultieren höhere Erythropoietin-Dosen bei Frauen und eine seltenere Hämoglobin-Zielwerterreichung 1 Bei dialysepflichtigen Frauen ist die Lebensqualität oft geringer, die empfundene Krankheitslast und die Depressivität höher als bei dialysepflichtigen Männern 2,3 1 Wexler DJ, Grant RW, Meigs JB, Nathan DM, Cagliero E. Sex disparities in treatment of cardiac risk factors in patients with type 2 diabetes. Diabetes Care 2005;28:514-20 2 Lopes GB et al. Depression as a potential explanation for gender differences in health-related quality of life among patients on maintenance hemodialysis. Nephron Clin Pract 2010;115, c35–c40 3 Araujo SM et al. Risk factors for depressive symptoms in a large population on chronic hemodialysis. Int Urol Nephrol 44:1229-1235

Komorbiditäten: häufiger Stürze bei Frauen mit CKD Weibliches Geschlecht (OR 1.8 - 4.6), Alter (OR 3.1) und Gebrechlichkeit (OR 3.1) sind Risikofaktoren für Stürze 1,2 Mortalität, Aufnahme in ein Pflegeheim und Dauer der Hospitalisation sind nach Stürzen erhöht Auch die bei Frauen mit CKD häufiger vorkommende Depression sowie Einnahme von Antidepressiva sind Risikofaktoren für Stürze (OR 7.6) 3 1 Abdel-Rahman E et al. Long-term morbidity and mortality related to falls in hemodialysis patients: role of age and gender – a pilot study. Nephron Clin Pract 2011;118:c278-c284 2 McAdams-DeMarco M et al. Frailty and falls among adult patients undergoing hemodialysis: a prospective cohort study. BMC Nephrol 2013;14:224-229 3 Rossier A et al. Incidence, complication and risk factors for severe falls in patients on maintenance haemodialysis. Nephrol Dial Transplant 2012;27:352–357

Defizite in der Kenntnis geschlechtsspezifischer Unterschiede bei CKD Erst ab 1993 wurden auch Frauen in prospektiv randomisierte Studien eingeschlossen, und es wird längst noch nicht in allen Studien geschlechtsspezifisch ausgewertet und berichtet 1 Erst 2008 wurde berichtet, dass Aspirin für die Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse bei Frauen von begrenzterem Benefit ist 2 ACEI und ARBs scheinen bei Männern effektiver zu sein als bei Frauen, aber in dem Bereich der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Blockade fehlen prospektiv randomisierte Studien zu Geschlechtsunterschieden 3 1 Cobo G et al. Sex and gender differences in chronic kidney disease: progression to end-stage renal disease and haemodialysis. Clinical Science 2016;130:1147-1163 2 Greving JP et al. Cost-effectiveness of aspirin treatment in the primary prevention of cardiovascular disease events in subgroups based on age, gender, and varying cardiovascular risk. Circulation 2008;117:2875-2883 3 Rabi DM et al. Reporting on sex based analysis in clinical trials of ACEI and ARBs efficacy. Can J Cardiol 2008;24:491-496

Defizite in der Kenntnis geschlechtsspezifischer Unterschiede bei CKD Die Defizite in der Kenntnis geschlechtsspezifischer Unterschiede zwischen Nierenpatientinnen und –patienten müssen auch in Leitlinien benannt werden, um eine Offenheit gegenüber den anstehenden Forschungsfragen zu ermöglichen

Prof. Dr. Sylvia Stracke, MME Autorin: Prof. Dr. Sylvia Stracke, MME Leiterin des Bereichs Nephrologie, Dialyse und Hochdruckkrankheiten der Klinik für Innere Medizin A Universitätsmedizin Greifswald; Ärztliche Leiterin KfH-Nierenzentrum Greifswald; Vorsitzende der Kommission „Frau und Niere“ der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN)