Examensklausurenkurs Frühjahrssemester 2014 Öffentliches Recht

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Examensklausurenkurs Frühjahrssemester 2014 Öffentliches Recht

Aufgabe 1 Zulässigkeit der Klage I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I VwGO Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn der Streitgegenstand nach Normen des öffentlichen Rechts entschieden wird. Hier: Leistungsverwaltung  Zweistufentheorie Die Frage nach dem „Ob“ einer Förderung ist zwingend öffentlich-rechtlich, allenfalls die Ausgestaltung der Subvention („Wie“) kann privatrechtlich erfolgen.  L begehrt Bewilligung einer weiteren Subvention, somit ist das „Ob“ einer Förderung betroffen. I.Ü.: Handeln der Behörde durch Bescheid

Aufgabe 1 II. Statthafte Klageart Richtet sich nach dem Klägerbegehren, § 88 VwGO Hier: Auszahlung an sich zwar Realakt; der Auszahlung ist aber positive Bescheidung des Förderantrags vorgeschaltet Verpflichtungsklage statthaft

Aufgabe 1 III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO Der Kläger muss ein mögliches subjektiv-öffentliches Recht auf Erlass glaubhaft machen. Hier: Keine einfachgesetzliche Norm ersichtlich Richtlinien des Ministeriums  Wohl nur Verwaltungsvorschrift, daher keine subjektiven Rechte des Bürgers ableitbar (vgl. Begründetheit) Anspruch aus den Grundrechten  Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 Abs. 1 GG  L zählt zum Personenkreis der Begünstigten und hat daher einen möglichen Anspruch

Aufgabe 1 IV. Klagegegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Das Ministerium steht in der Rechtsträgerschaft des Landes Passiv prozessführungsbefugt ist somit das Land Baden-Württemberg V. Vorverfahren, § 68 Abs. 2 VwGO Entbehrlich gem. § 68 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VwGO VI. Form und Frist, § 74 Abs. 2 iVm. Abs. 1 S. 2 VwGO (+) VII. Beteiligtenfähigkeit/Prozessführungsbefugnis, §§ 61, 62 VwGO L ist als natürliche Person gemäß § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähig und gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO prozessfähig. Das Land wird gemäß § 62 Abs. 3 VwGO vertreten. VIII. Zwischenergebnis: Die Klage ist zulässig

Aufgabe 1 B. Begründetheit der Klage Die Klage des L ist begründet, wenn er einen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes hat und die Sache spruchreif ist, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Ist die Ablehnung zwar rechtswidrig, die Sache aber nicht spruchreif, so wird gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO der Ausgangsbescheid aufgehoben und die Verwaltung verpflichtet, die Kläger nach der Auffassung des Gerichts zu bescheiden.

Aufgabe 1 Anspruch des L auf Erlass eines positiven Subventionsbescheids 1. Keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage P! Leistungsverwaltung und Vorbehalt des Gesetzes (str.) Früher: Gesetzesvorbehalt nur bei Eingriffsverwaltung Kritik: Demokratieprinzip; Bedeutung der Leistungsverwaltung; verfassungsrechtliche Durchdringung allen staatlichen Handelns durch das Grundgesetz über Art. 1 Abs. 3 GG Lehre vom Totalvorbehalt: Jegliches Verwaltungshandeln bedarf gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage  Arg.: Art. 20 Abs. 3 GG; begünstigende Maßnahme kann für den Bürger im Einzelfall ebenso schwerwiegend sein wie ein Eingriff in Freiheit oder Eigentum.  Kritik: Verwaltung muss im Einzelfall flexibel handeln können (atypische Einzelfälle); Überforderung des parlamentarischen Gesetzgebers; Gewaltenteilungsprinzip, Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG – Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung

Aufgabe 1 Vorzugswürdig daher: differenzierte Betrachtungsweise (h.M.)  Grds. keine formell-gesetzliche EGL; Legitimation über irgendeine Willensäußerung des Parlaments genügt, z.B. Parlamentsbeschluss oder Bereitstellung der Mittel im Haushaltsplan  Ausnahme: Bei grundlegenden Fragen; Entscheidungen, die den grundrechtsrelevanten Bereich betreffen und die im Hinblick auf die Verwirklichung von Grundrechten wesentlich sind, muss der parlamentarische Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen (Wesentlichkeitslehre) Hier: Subventionen als Leistungsverwaltung i.d.R. vom Parlamentsvorbehalt freigestellt; grundrechtsrelevanter Bereich ist nicht betroffen; Art. 12 GG ist erst berührt, wenn Subventionen an den Konkurrenten gewichtige Lenkungsintensität aufweisen, wovon hier nicht auszugehen ist (kein Schutz vor Konkurrenz) Mithin steht der Vorbehalt des Gesetzes einer Förderung nicht entgegen

Aufgabe 1 2. Anspruch aus den Richtlinien des Ministeriums Diese Richtlinien sind als Verwaltungsvorschriften einzuordnen. Verwaltungsvorschriften sind abstrakt-generelle Anordnungen einer Behörde an nachgeordnete Behörden. Sie zeitigen i.d.R. keine Außenwirkung. Somit kann L keinen Anspruch direkt aus den Richtlinien ableiten 3. Anspruch aus den Richtlinien i.Vm. Selbstbindung der Verwaltung Herleitung Der Bürger kann zwar nicht die Verletzung der nur intern wirkenden Verwaltungsvorschrift rügen. Er kann jedoch geltend machen, dass die Verwaltung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat, weil sie in seinem Fall ohne sachlichen Grund die sonst praktizierte Verwaltungsvorschrift nicht eingehalten hat  Folge: Anspruch auf Einhaltung der bisherigen Subventionspraxis Inhalt eines eventuellen Anspruch Hier: L hat nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung; Rapsbauern bekommen aber bisher nur 100.000 Euro; ein solcher Anspruch wäre nicht zielführend, weil er weitere 100.000 Euro verlangt

Aufgabe 1 4. Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund der rechtswidrigen Subventionspraxis a. Rechtswidrige Vergabepraxis L rügt gerade die bisherige Subventionspraxis als rechtswidrig. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Förderung um die Hälfte gekürzt wird, wenn Raps statt Rübenzucker angebaut wird. Somit stellt sich die in den Richtlinien konkretisierte Verwaltungspraxis als gleichheitswidriges Unterlassen dar.

Aufgabe 1 b. Rechtsfolge/ Lösung der Fälle von gleichheitswidrigem Unterlassen Abstellen auf „keine Gleichheit im Unrecht“ würde dazu führen, dass niemand – also auch nicht L – einen Anspruch auf die Begünstigung hätte, da die Vergabepraxis an sich gleichheitswidrig war (s.o.). Dies ist nicht sachgerecht. Liegt die Gleichheitswidrigkeit in einer Verkürzung des Leistungsanspruchs, kann durch eine Erstreckung der Förderung geholfen werden; das gleichheitswidrige „Mehr“ der Rübenbauern würde so kompensiert. Allerdings steht der Behörde grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum zu, wie sie den Gleichheitsverstoß kompensiert (z.B. dass alle Landwirte in gleicher Weise in Höhe von 100.000, 150.000 oder 200.000 Euro gefördert werden). Die Sache ist somit aufgrund dieses Spielraums noch nicht spruchreif, weshalb ein Bescheidungsurteil ergeht. (Ebenfalls sehr gut vertretbar ist, der Verwaltung aufgrund der Selbstbindung eine generelle Änderung ihrer Vergabepraxis zu untersagen. Die einzige Möglichkeit zur Beseitigung des Gleichheitsverstoßes läge dann in der Erhöhung des Fördersatzes für jeden Landwirt auf 200.000 Euro. Demnach läge Spruchreife vor und das VG würde das Land dazu verurteilen, den beantragten Subventionsbescheid zu erlassen (Verpflichtungsurteil)).

Aufgabe 1 II. Ergebnis Die Klage des L ist zulässig und – je nach Lösung teilweise oder umfänglich – begründet.

Aufgabe 2a Zulässigkeit der Klage I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 Abs. 1 VwGO Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn der Streitgegenstand nach Normen des öffentlichen Rechts entschieden wird Hier: § 49 VwVfG  actus contrarius II. Statthafte Klageart Die Anfechtungsklage ist die statthafte Klageart

Aufgabe 2a III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO L ist als Begünstigter des Subventionsbescheides und Adressat des Widerrufs klagebefugt IV. Vorverfahren, § 68 Abs. 2 VwGO Entbehrlich gem. § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO V. Klagegegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Das Ministerium steht in der Rechtsträgerschaft des Landes Passiv prozessführungsbefugt ist somit das Land Baden-Württemberg VI. Frist, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO (+) VII. Zwischenergebnis: Die Klage ist zulässig

Aufgabe 2a B. Begründetheit der Klage Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der angefochtene Aufhebungsbescheid rechtswidrig ist und den L in subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO) Ermächtigungsgrundlage Keine Spezialregelungen § 49 Abs. 3 Nr. 1 LVwVfG Rechtmäßigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsaktes? Nach Totalvorbehaltslehre wäre dieser rechtswidrig

Aufgabe 2a II. Formelle Rechtmäßigkeit des Widerrufs An der formellen Rechtsmäßigkeit des Widerrufsbescheides ist vorliegend nicht zu zweifeln, insbesondere ist A nach § 28 LVwVfG angehört worden Zuständig für den Erlass des Widerrufs ist die Behörde, die den AusgangsVA erlassen hat (vgl. § 49 Abs. 5 LVwVfG)

Aufgabe 2a III. Materielle Rechtmäßigkeit Tatbestandliche Voraussetzungen des § 49 LVwVfG für einen Widerruf Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides Nach Totalvorbehaltslehre wäre dieser rechtswidrige VA hier rechtmäßig Überwiegende Ansicht lässt haushaltsrechtliche Bereitstellung genügen  Streitentscheidung kann jedoch offen bleiben Bei Totalvorbehalt bleibt Raum für analoge Anwendung; keine Umdeutung in Rücknahme nötig Somit ist entscheidend, ob Aufhebungsbescheid nach § 49 LVwVfG rechtmäßig Widerrufsgrund Widerrufsgründe aus § 49 Abs. 2 LVwVfG würden nicht helfen, da nur Wirkung ex nunc hiernach erfolgen kann Es kommt auf § 49 Abs. 3 LVwVfG als Ermächtigungsgrundlage an L hat eindeutig die erhaltene Leistung nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet Es liegt ein Widerrufsgrund gem. § 49 Abs. 3 Nr. 1 LVwVfG vor

Aufgabe 2a Widerrufsfrist Jahresfrist gem. § 49 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 LVwVfG Mindermeinung: Bearbeitungsfrist Herrschende Ansicht: Entscheidungsfrist Vorliegend nach beiden Ansichten rechtzeitig erfolgt Keine Ermessensfehler In Betracht kommen Ermessensausfall bzw. Ermessensunterschreitung. Die Behörde sieht keine Umstände, die ausnahmsweise eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen Kein Ermessensausfall, aber Ermessensunterschreitung möglich

Aufgabe 2a Anders, im Fall „gelenkten“ bzw. „intendierten“ Ermessens Liegt im Fall intendierten Ermessens ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. In einem solchen Fall ist nur dann von einem rechtsfehlerhaften Gebrauch des Ermessens auszugehen, wenn außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Geltung der Grundsätze des intendierten Ermessens aus dem Zusammenspiel zwischen § 49 VwVfG und dem Landeshaushaltsrechts. § 7 Abs. 1 LHO i.V.m. § 6 Abs. 1 HGrG Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten

Aufgabe 2a Aus diesem Grund steht das Fachrecht im Falle einer zweckwidrig verwendeten Subvention der Entscheidung für den Widerruf näher als einem Absehen hiervon. Aus den Argumenten des L ergeben sich keine Umstände, auf die das Ministerium als individuelle Besonderheiten des Falles hätte eingehen müssen. Ergebnis Die Widerrufsentscheidung ist rechtmäßig, die Anfechtungsklage des L daher unbegründet.

Aufgabe 2b Verwaltungsrechtsweg Klageart und Klagebefugnis Statthafte Klageart für die Erstattung ist die allgemeine Leistungsklage Die Klagebefugnis des Landes ergibt sich aus § 49a Abs. 1 LVwVfG Spezielle Ausprägung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs Der Anspruch auf Ersatz der Zinsen folgt aus § 49 Abs. 3 LVwVfG Rechtsschutzbedürfnis (P) Möglichkeit des Erlasses eines Leistungsbescheides und anschließende Vollstreckung Wenn feststeht, dass der Bürger gegen einen Leistungsbescheid vorgehen wird, kann die Leistungsklage der Verwaltung Vorteile bringen

Aufgabe 3 Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids Ermächtigungsgrundlage Da spezielle europarechtliche Normen fehlen, müssen die Mitgliedstaaten die Rückforderung der Beihilfe – und damit auch die Aufhebung des Beihilfebescheides – nach den formellen und materiellen Vorschriften ihres nationalen Rechts durchführen In Betracht kommt hier § 48 Abs. 1 S. 1 LVwVfG Formelle Rechtmäßigkeit (+) III. Materielle Rechtmäßigkeit?

Aufgabe 3 Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids  Rechtswidrigkeit nach nationalem Recht ist nicht ersichtlich  Der Subventionsbescheid ist laut Sachverhalt unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV erlassen worden. Sowohl das Ministerium als auch L haben das in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgeschriebene Verfahren nicht durchgeführt. Die Bewilligung und die Auszahlung der Beihilfe waren damit formell europarechtswidrig  Dieser formelle Fehler ist auch beachtlich; keine dienende Funktion des Verfahrens im europarechtlichen Kontext; Sinn und Zweck des Art. 108 Abs. 3 AEUV ist der EU-Kommission zu ermöglichen, Beihilfen auf ihre materielle Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen; Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV zeitigt Sperrwirkung für die Auszahlung bis zur abschließenden Entscheidung; Durchführung der Notifikation ist also für die Auszahlung elementar; vgl. auch Wertung des Art. 109 AEUV iVm. Art. 11 Abs. 2 Beihilfe-VO  I.Ü.: EU-Kommission hat die Rechtswidrigkeit bestandskräftig festgestellt; Auffassung des EuGH darf dann die Europarechtswidrigkeit einer Beihilfe nicht erneut und selbstständig von nationalen Stellen geprüft werden.

Aufgabe 3 Vereinbarkeit der Rücknahme des Bewilligungsbescheides mit § 48 Abs. 2 LVwVfG  Vertrauen des L auf den Verwaltungsakt ist grundsätzlich gegeben, § 48 Abs. 2 S. 1 und 2 LVwVfG  Aber das Vertrauen könnte nach § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 LVwVfG nicht schutzwürdig sein Dies ist der Fall, wenn L die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit verkannt hat; Hier strittig T.v.A.: Jeder Unternehmer muss sich einen entsprechend qualifizierten Rechtsrat einholen; ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft sei deshalb nur dann gegeben, wenn das Verfahren nach Art. 108 Abs. 3 AEUV eingehalten worden sei BVerwG: Allein darauf, dass ein Unternehmen sich nicht über die ordnungsgemäße Durchführung des Notifizierungsverfahrens informiert hat, kann noch keine grobe Fahrlässigkeit gestützt werden Allerdings ist auch nach dieser Auffassung im Rahmen der Abwägung nach § 48 Abs. 2 S. 2 LVwVfG die europarechtliche Dimension derartiger Fälle besonders zu gewichten Hier: Im Hinblick auf Art. 4 Abs. 3 EUV (effet utile) und dem Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt ist das Vertrauen des B nicht schutzwürdig.

Aufgabe 3 Beachtung der Frist des § 48 Abs. 4 LVwVfG  Spätestens mit Bestandskraft der Kommissionsentscheidung vom 15.01.2009, die gemäß Art. 230 Abs. 5 EG am 16.03.2009 eingetreten ist, beginnt diese Frist zu laufen. Damit hätte die Verwaltung den Verwaltungsakt spätestens bis zum 17.03.2010 zurücknehmen müssen. Der Rücknahmebescheid des Ministeriums datiert aber auf den 01.04.2013. Damit ist die in § 48 Abs. 4 LVwVfG geregelte Jahresfrist verstrichen.  Allerdings sind wiederum das unionsrechtliche Effizienzgebot (Art. 4 Abs. 3 EUV) zu berücksichtigen (s. bereits oben unter C. I. 1. b.) Mithin ist die Jahresfrist nicht anzuwenden, wenn sie der Rückforderung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Beihilfe entgegensteht

Aufgabe 3 Rechtsfolge: Ermessenausfall?  Der Behörde steht laut § 48 Abs. 1 LVwVfG ein Ermessen zu; eine Ermessensbetätigung hat vorliegend nicht stattgefunden  Jedoch sind auch hier die Besonderheiten des Gemeinschaftsrechts zu beachten (Art. 4 Abs. 3 EUV)  Das Ermessen der Behörde war folglich aufgrund des Effizienzgebots auf Null reduziert; ein Ermessensausfall lag damit nicht vor Die europarechtskonforme Auslegung des § 48 VwVfG als ausbrechendes Gemeinschaftsrecht?  tvA: (+), Verstoß gegen Vertrauensschutz, Art. 20 Abs. 3 GG, der gemäß Art. 79 Abs. 3 GG nicht zur Disposition des gemäß Art. 23 Abs. 1 GG tätigen Gesetzgebers steht  Allerdings: Verstoß gegen Vertrauensschutz (-), allein Notifizierungsverfahren kann schutzwürdiges Vertrauen schaffen; außerdem ist die Nichtanwendung der Frist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG eine Frage der Auslegung des einfachen Rechts Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) Ein Rückgriff auf Treu und Glauben ist wegen dem Effizienzgebot ausgeschlossen

Aufgabe 3 IV. Ergebnis Der Aufhebungsbescheid vom 1.4.2013 ist rechtmäßig