Forschungsgegenstand und -ziel Figurentheater – im Volksmund unter dem in der Forschung veralteten Begriff ‚Puppentheater’ bekannt – ist inzwischen eine.

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 Präsentation transkript:

Forschungsgegenstand und -ziel Figurentheater – im Volksmund unter dem in der Forschung veralteten Begriff ‚Puppentheater’ bekannt – ist inzwischen eine der Innovationskräfte im Gegenwartstheater. Grund für die Begriffsänderung ist unter anderem die unter dem Namen ‚offenen Manipulation’ bzw. des ‚offenen Spiels’ neu entstandene und dominierende Spielform, wobei die Spielenden sichtbar neben / hinter / über der Spielfigur agieren und diese so manipulieren. Vom japanischen Bunraku und dem Ventriloquismus inspiriert, bildete sich die offene Manipulation ab Mitte des 20. Jahrhunderts auch in Europa heraus und wurde als Inszenierungsprinzip von fast allen Figurentheaterarten übernommen. Seitdem steht das Verhältnis von Spieler_in und Spielfigur im Zentrum von Figurentheaterproduktionen. Im Gegensatz zum Schauspiel mit (ausschliesslich) menschlichen Akteur_innen, wobei ein_e Schauspieler_in in der Regel alleine eine Rollenfigur denotiert, entsteht im Figurentheater eine Rollenfigur durch das Zusammenspiel von Mensch und Spielfigur. Die künstlichen und organischen Körper werden dabei fragmentiert und wie Puzzleteile im Spielprozess neu zusammengesetzt, bis ein neuer Körper entsteht. Essentiell für diesen Mechanismus ist die Aufhebung der Priorisierung des menschlichen Körpers innerhalb des Systems theatralischer Zeichen. Mensch und Kunstobjekt interagieren im Figurentheater als demokratische Partner. Das Verhältnis von Spieler_in und Spielfigur im gegenwärtigen Figurentheater steht im Fokus des Forschungsprojektes Ausser-sich-Sein. Für die Analyse ist die Beschreibung und Untersuchung des Verhältnisses der menschlichen Akteur_innen zur Spielfigur im offenen Spiel wesentlich. Dabei sollen grundlegende Fragen zur Generierung von Rollenfiguren diskutiert werden. Zentrale Thesen -Die Puppe fungiert als Prothese, die den Körper und die Fähigkeiten des menschlichen Akteurs erweitert, ‚vervollkommnet’. -Dadurch, dass Mensch und Spielfigur im theatralen Prozess der Status gleichwertig handelnder Spielpartner (Aktanten) unterstellt werden kann, steht die Frage nach dem anthropozentrischen Verhältnis von Subjekt und Objekt im Figurentheater nicht weiter im Zentrum. -Es wird von einem offenen, transformierbaren, dynamischem Körperkonzept ausgegangen. Die Haut signalisiert nicht länger die Grenze eines Körpers, sodass sich mehrere zusammenschliessen und gemeinsam ein neues Drittes erschaffen können. Dieses Grundkonzept baut auf Michail Bachtins Verständnis des grotesken Körpers auf, welches in Ambivalenz zum Konzept des abgeschlossenen, glatten homo clausus steht. Walter Benjamin Kolleg Graduate School of the Humanities Muesmattstrasse 45 CH-3012 Bern Franziska Burger MA Institut für Theaterwissenschaft Hallerstrasse 5 CH-3012 Bern GSH | Interdisciplinary Cultural Studies Ausser-sich-Sein Das Verhältnis von Spieler_in und Spielfigur im gegenwärtigen Figurentheater Franziska Burger MA Quellen / Methode Die Forschungsarbeit basiert auf der semiotischen Analyse eines ausgewählten Korpus von zeitgenössischen Figurentheaterinszenierungen. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass das theatralische Zeichen als Zeichen von Zeichen sich dadurch auszeichnet, dass es mobil und polyfunktional ist; das heisst, dass jedes Zeichen sowohl durch jedes andere denotiert werden, als auch selbst jede Bedeutung annehmen kann (vgl. Fischer-Lichte, Erika: Semiotik des Theaters, Bd. 1, 1983). Basierend auf den zwei Parametern ‚Distanz zwischen den menschlichen Akteur_innen und der künstlicher Spielfigur’ sowie ‚Fragmentierung des Spielobjektes’ werden drei Hauptspielformen im Figurentheater eingegrenzt. Diese werden zur näheren Untersuchung des Verhältnisses von menschlichen Spieler_innen und Spielfigur exemplarisch analysiert: 1.Körpermasken/Ver-Körperungen (Abbildung 1) 2.Hand- und Klappmaulpuppen (Abbildung 2) 3.Bunraku-Stil (Abbildung 3) Abb.1: Theater Meschugge: Chair de ma Chair. Bild: Vincent Arbelet. Abb. 3: Blind Summit: The Table. Bild: Lorna Palmer. Abb. 2: Gisèle Vienne: Jerk – Solo for a Puppeteer. Bild: Alain Monot.