„Was ist und soll ein Bibliotheksgesetz?“ von Dr. jur. Eric W. Steinhauer.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen
Advertisements

D ACH V ERBAND S CHWEIZERISCHER P ATIENTENSTELLEN DVSP Gesundheitswesen Schweiz – werden wir europäisch? Vor- und Nachteile aus politischer Sicht Jean-François.
Auch Geistiges Eigentum ist als Eigentum geschützt Bernd Juraschko, Ass. jur., Ass. wiss. Bibliothekswesen Universitätsbibliothek der TU Chemnitz
Scantoweb hosted by hbz Anette Seiler 3. September 2008.
1 Perspektiven des Haushalts- und Finanzmanagements aus der Sicht des Landtags Rheinland-Pfalz Dr. Florian Edinger Wissenschaftlicher Dienst.
Fluglärmgesetz MinDir Dr. Uwe Lahl, BMU.
Status , Page 1 PPP-Task-Force NRW Dr. Frank Littwin, Leiter der PPP-Task- Force im Finanzministerium NRW und Sprecher des Netzwerks PartnerRegio.
Parteienlandschaft Deutschland
Rechtliche Grundlagen von Hochschulbibliotheken
Steckt die kommunale Selbstverwaltung in der Krise? Ausgearbeitet von: Ziad Al-Asmar, Michael Geyer & Ronny Peters.
Der Deutsche Bundestag. Rechtliche Grundlage - Artikel 20 Artikel 20 (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen.
Augsburg Jugend Sozialversicherungssysteme in Deutschland Ortsjugendausschuss der IG Metall Verwaltungsstelle Augsburg.
ELTERN ERWÜNSCHT ! ? Wie Zusammenarbeit im System Schule gelingen kann Leitfaden Elternarbeit von: NLQ und KER Niedersachsen Vortag KER Osnabrück Land.
Einführung von Primo als Discovery-Service im BVB ASP-Anwendertreffen, Matthias Groß : Primo im BVB.
Rechtliche Grundlagen von Hochschulbibliotheken von Dr. jur. Eric W. Steinhauer.
1 Der Produktionsbereich „Kunst“ in der Werkstatt Ansatz: Künstler von Beruf Angebote zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit.
Erfahrungsbericht Neuer Internetauftritt der Gemeinde Risch.
Regierungspräsidium Stuttgart Regierungspräsidium Tübingen Regierungspräsidium Freiburg Regierungspräsidium Karlsruhe.
Bibliotheksgesetze in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
» Eigenwirtschaftliche Verkehre ˃Vorrang » Gemeinwirtschaftliche Verkehre ˃Direktvergabe zulässig » Vorgaben des Aufgabenträgers ˃höhere Verbindlichkeit.
1 Bürgermeisterseminar Interkommunale Zusammenarbeit Städte- und Gemeindebund NRW Beigeordneter Hans-Gerd von Lennep.
OER-Festival 2016 Berlin - #OERde16 – OER-Fachforum Panel PaB16: OER und Qualitätssicherung , Uhr Input: Qualitätssicherung als Prozess.
Einführung in das Benutzungsrecht Bayerische Bibliotheksschule Referendarkurs 2005/2007.
Rechtliche Grundlagen von Erwerbung und Beschaffung von Dr. jur. Eric W. Steinhauer.
Übertragung öffentlicher Planungs- und Bauaufgaben auf Private lic. iur. Christian Bär, Rechtsanwalt, LL.M.
Verein zur Förderung der Kindertagespflege im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte Bei uns sind Ihre Kinder in guten Händen Vereinsgründung 24.Nov
© Prof. Dr. Dirk Heckmann  1 Univ.-Professor Dr. jur. Dirk Heckmann Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes Dr. Wilfried Bernhardt,
Pflegekammer Niedersachsen WIR für uns Rev. Version 04/2016.
Records Management-Projekt. 2 Hintergrund Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und die Archivierung vom 9. Oktober 2008 (Art.
Rechtsanwälte 1 Kommunale Finanzierungsinstrumente für den ÖPNV Rechtsanwalt und FA für Verwaltungsrecht Lothar H. Fiedler Rechtsanwältin Katrin Meerkamm.
Bibliotheksgesetzgebung in Deutschland Praxis – Probleme - Perspektiven von Dr. jur. Eric W. Steinhauer UB Ilmenau/Thür.
Rechtliche Grundlagen von Hochschulbibliotheken Bayerische Bibliotheksschule Referendarkurs 2005/2007.
Gemeinde Algermissen Kita-Bedarfsplanung Krippe Kindergarten Hort Tagespflege Ferienbetreuung Bedarfsplanung Kindertagesbetreuung Neu:
Wissensnetzwerk „Digitale Langzeitarchivierung“: 3. Arbeitssitzung , Österreichische Nationalbibliothek Zum Stand der Mediengesetznovelle Bettina.
Toni Schellenberg – Teamleiter ARGE SGB II Erfurt – Förderinstrumente im Rechtskreis SGB II im Überblick.
Informationsveranstaltung Basiskomponente Bibliotheksanwendung Seite 1 Virtuelle Bibliothek Bayern: Konsortialbildung, Datenbankinformationssystem,
Barrierefreiheit aus der Sicht des Mittelstands – Herausforderungen für das private Busgewerbe Anja Ludwig Leiterin Recht Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer.
Dana Kratochvílová LA 21 im Bezirk Vysočina Mgr. Dana Kratochvílová
Kirchensteuerinitiative Auswirkungen auf die Kirchgemeinden und Pfarreien Synodalrat Dr. iur. Benno Schnüriger, Präsident Synodenstamm.
Jugendhilfe wirkt nur als Ganzes gut
Rahmen- und Umsetzungskonzept des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte zur Familienbildung 1. Teil Stand:
Datenschutz Quelle: h Holger Pick, Telefon: ,
Gemeindeorganisation Gemeindeamt (Magistrat) Gemeinderat Bürgermeister Gemeinde- vorstand avw5.
Dipl. Soz.Gerontologe David Stoll Seite 1 Kurzvortrag „Leere Kassen, aber auch große Sparpotentiale?“ Zur eigenen Person:  Dipl. Soz.-Päd. (KSFH.
Kfz-Online 1.Innungsversammlung 2013 der Kfz-Innung Berlin 7. Mai 2013.
Ablauf Informationen zum Schulsystem in Schweden
M ITTEILUNGEN. 1.Deponiesickerwasseraufbereitungsanlage a.Entsorgungsvertrag Einmalige Kündigungsverlängerung bis (zum ) am
Dialog zwischen Handwerk und Politik Was haben die Fraktionen des Landtags zur Lösung diverser Probleme des Handwerks in der abgelaufenen Legislaturperiode.
Sandra Mayrhofer Meine Ideen und Gedanken zum. Spezialisierung auf… Art des Geschäftsmodells Internetauftritt Werbung/PR Web 2.0 –eLearning-Portal (SbX)
Altersgerechtes Wohnen – Wie gestaltet das sich in Sachsen? Moderne Ansprüche und differenzierte Entwicklung MdL Enrico Stange, Fraktion DIE.
Ziele der Förderung: Erhöhung der Chancen von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Familien mit minderjährigen Kindern soziale (und berufliche)Teilhabe.
Pflegestärkungsgesetz II
Open Access-Publizieren an der TU Dresden.
Modul 4 – Pflegebedürftigkeit und Pflegeversicherung
für anerkannte Flüchtlinge Regelungen für die Umsetzung
Bedeutung und Aufgabe des Sports
Landesrätin Waltraud Deeg
Ukrainischer Weg Perspektiven der Stadtentwicklungspolitik in der Ukraine Serhij Bilous, Department für Städtebau und Architektur Ministerium für Regionalentwicklung,
Stefan Kurz, Werner Heinrich Universität Passau, Projekt InteLeC
Keine Bildungsbremse! – NEIN zur schädlichen Initiative!
Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe
Herzlich willkommen, Begrüssung, Vorstellung
Die Zukunft des Kalliope-Verbundes „gemeinsam gestalten“
Der nationale CULTIVATE-Knoten Österreich
Allgemeine Informationen Rechtliche Rahmenbedingungen
Herzlich willkommen, Begrüssung, Vorstellung
Familienergänzende Kinderbetreuung Altnau
Compliance und betriebswirtschaftliche Integrität sicherstellen
ZENTRALE ZUKUNFTSAUFGABE:
Die Bürgerstiftung – DIE Bürger-Institution zur Förderung des Bürgerengagements in Münster Die Stiftung Bürger für Münster fördert das Bürgerengagement.
 Präsentation transkript:

„Was ist und soll ein Bibliotheksgesetz?“ von Dr. jur. Eric W. Steinhauer

Enquete-Kommission Kultur Abschlussbericht in BT-Drs. 16/7000 Bibliotheksgesetz und Pflichtaufgabe  „Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.“ S. 132 Das Bibliothekswesen rechtlich aufwerten.  „ Wichtiger Bestandteil einer Reform des Bibliothekwesens in Deutschland muss eine rechtliche Aufwertung von Bibliotheken sein. Mehr Verbindlichkeit und Unterstützung könnten Bibliotheken durch eine rechtliche Festschreibung in Form von Bibliotheksgesetzen erfahren.“ S. 131

Was ist ein Bibliotheksgesetz? „Bibliotheks- und Büchereigesetze sind Vorschriften, die durch staatliche Förderung den Auf- und Ausbau des öffentlichen Bibl.wesens anstreben. Man unterscheidet zwei Formen: die Anreiz- und die Pflichtgesetze.“ Werner Jütte, Art. „Bibliotheksgesetzgebung“, in: LGB, 2. Aufl., Bd. I, S. 417 (Stand: Mai 1987).

Die sinnvollere Definition „Ein Bibliotheksgesetz ist eine von einem Parlament erlassene Rechtnorm, die Aufgaben, Organisation und Finanzierung von Bibliotheken in öffentlicher Trägerschaft regelt.“ Vgl. Eric W. Steinhauer, Bibliotheksgesetzgebung in Deutschland : Praxis - Probleme - Perspektiven, in: Information und Ethik - Dritter Leipziger Kongress für Information und Bibliothek / Hrsg. von Barbara Lison. - Wiesbaden : Dinges & Frick S Online als preprint unter:

Thüringer Bibliotheksgesetz Zwei Gesetzentwürfe in der parlamentarischen Diskussion Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und SPD Thüringer Bibliotheksgesetz (ThürBibG)  LT-Drs. 4/3503 Gesetzentwurf der CDU Fraktion Thüringer Gesetz zum Erlass und zur Änderung bibliotheksrechtlicher Vorschriften – Thüringer Bibliotheksrechtgesetz (ThürBibRG)  LT-Drs. 4/3956 In Thüringen wird aller Voraussicht nach das erste deutsche Bibliotheksgesetz verabschiedet werden, vgl. LT-Drs. 4/3921.

Regelungsbereiche Aktivierung des Grundrechts der Informationsfreiheit aus Art. 5 GG Optimierung des vorhandenen Bibliotheksrechts im Land, insbesondere Korrektur von Untersteuerungen bzw. Schaffung ausreichender Rechtsgrundlagen Definition von Landesaufgaben im Bibliotheksbereich Benennung wichtiger Kooperationen Finanzierung

Zu den Möglichkeiten in einem anderen Bundesland. Ein Bibliotheksgesetz für Niedersachsen!?

Grundrechtsaktivierung Das Grundrecht der Informationsfreiheit schafft nicht die „allgemein zugänglichen Quellen“, sondern setzt diese voraus. Diese Quellen müssen erst durch – im Idealfall – gesetzliche Aufgabenzuschreibung zu allgemein zugänglichen Quellen werden. Vorbild: Informationsfreiheitsgesetze (in Niedersachsen bislang nicht erlassen).

Ausreichende Rechtsgrundlagen schaffen Benutzungsordnung für die Landesbibliotheken vom 1. November 2004 (Nds. MBl. 2004, S. 835) Zuerst wohl: Nds. MBl. 1975, S Problem: Kann eine Verwaltungsvorschrift als Verwaltungsinnen(!)recht das Benutzungs-verhältnis mit einem Externen(!) regeln? Problematisches Leitbild der „Anstaltsbenutzung“ und des besonderen Gewaltverhältnisses: Schüler, Soldaten, Beamte, Strafgefangene,... Bibliotheksbenutzer??

Landesaufgaben im Bibliotheksbereich Die meisten Bibliotheken werden von Selbstverwaltungseinrichtungen getragen: Hochschulen und Kommunen. Es besteht aber ein Landesinteresse an flächendeckenden bibliothekarischen Dienstleistungen. Mögliche Landesaufgaben:  Bildungsbereich; Medien- und Informationskompetenz  Pflege von Altbestand.

Optimierung des vorhandenen Rechts Elektronisches Publizieren als Aufgabe von Hochschulbibliotheken benennen. Ebenso die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz. Erweiterung des Sammelauftrages der Pflichtexemplarbibliotheken auf unkörperliche Medienwerke....

Benennung wichtiger Kooperationen Bibliotheken als Bildungseinrichtungen definieren mit förderpolitischen Konsequenzen. Kooperation von Bibliothek und Schule. Zusammenarbeit aller Bibliotheken des Landes. Gremien- und Beiratsarbeit...

Finanzierung Bibliotheken als Pflichtaufgabe? Art. 57 Abs. 4 S. 2 Nds- Verf. (striktes Konnexitätsprinzip)!  „Den Gemeinden... können... Pflichtaufgaben... zugewiesen... und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Für die [da]durch... verursachten erheblichen und notwendigen Kosten ist unverzüglich durch Gesetz der entsprechende finanzielle Ausgleich zu regeln.“ Art. 57 Abs. 4 S. 1 f. Landesförderung von Bibliotheken: kontinuierlich oder projektbezogen. Förderung bzw. Finanzierung zentraler Einrichtungen wie der Büchereizentrale Niedersachsen

Bibliotheksgesetz als Projekt Sichten des gesamten(!) bibliotheksrelevanten Rechts im Land, inkl. einschlägiger Erlasse. [Recht] Sichten aller(!) einschlägigen Parlaments- drucksachen. [Politik] Vergegenwärtigen der aktuellen Bibliotheksstruktur im Land. [Realien] Identifizierung von Steuerungs- und Regelungsbedarf anhand juristischer und politischer Kriterien. Formulierung eines Bibliotheksgesetzes mit ausführlicher und quellengesättigter Begründung. Kontakt in die Politik.

Wo sind Bibliotheken im Landesrecht geregelt? Niedersächsisches Pressegesetz Niedersächsisches Hochschulgesetz Niedersächsische Gemeindeordnung Gesetz über die Stiftung „Niedersächsische Gedenkstätten“ Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz Gesetz über die „Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz“.... Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Wappengesetz

Ältere bibliotheksrechtliche Regelungen von Interesse Beispielhaft seien zwei ältere Regelungen genannt: RundErl. MWK „Landeszuschüsse zur Förderung öffentlicher Bibliotheken“ vom 29. Mai 1979 (Nds. MBl. 1979, S ) Vereinbarung über das öffentliche Büchereiwesen vom 1. September 1953 (Nds. MBl. 1953, S. 419), mit Änderungen vom 29. Mai 1979 (Nds. MBl. 1979, S  Die Vereinbarung enthält viele Aussagen, die in einem Bibliotheksgesetz verwendet werden könnten.

Was bringt ein Bibliotheksgesetz? Optimierung und Modernisierung des Bibliotheksrechts im Land. Konzentration der relevanten Vorschriften (Verwaltungsvereinfachung!). Bibliotheken werden politisch aufgewertet. Durch ein Gesetz sind Bibliotheken ein „wesentliches“ Thema im Landesrecht. Regelung und Absicherung der Bibliotheksfinanzierung

Fazit Das Projekt eines Bibliotheksgesetzes ist weitaus mehr als ein „Füllhorn für kommunale Büchereien“. Es ist die Chance, das Bibliothekswesen im Land umfassend und kompakt rechtlich und politisch zu präsentieren. Mit diesem Hintergrund ist es auch für wissenschaftliche Bibliotheken von großem Interesse!

Literaturhinweise Aloys Lenz: Ansätze und Stillstand einer Bibliotheksgesetzgebung in Hessen seit 1945, in: Information und Ethik - Dritter Leipziger Kongress für Information und Bibliothek / Hrsg. von Barbara Lison. - Wiesbaden : Dinges & Frick 2007, S Frank Simon-Ritz: Auf dem Weg zu einem Bibliotheksgesetz in Thüringen, in: Information und Ethik (aaO), S Eric W. Steinhauer: Bibliotheksgesetzgebung in Deutschland : Praxis - Probleme - Perspektiven, in: Information und Ethik (aaO), S Ders.: Aktuelle Entwicklungen im Thüringer Bibliotheksrecht : Anmerkungen zur geplanten Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes und zum Stand der Initiative für ein Thüringer Bibliotheksgesetz, in: Bibliotheksdienst 40 (2006), S Ders.: Nett, aber überflüssig? : Plädoyer für ein modernes Bibliotheksgesetz, in: BuB 60 (2008), S. 161 f.

Dr. jur. Eric W. Steinhauer Universitätsbibliothek Magdeburg Tel. 0391/ Mobil: 0178/ Mail: Home: Blog: bibliotheksrecht.blog.de (Ab 1. Mai 2008)