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Die Politische Ökonomie der Zollpolitik

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Präsentation zum Thema: "Die Politische Ökonomie der Zollpolitik"—  Präsentation transkript:

1 Die Politische Ökonomie der Zollpolitik
Europa, Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

2 Einführung (1) Politische Ökonomie = ökonomische Analyse der Ursachen und Wirkungen politischer Entscheidungen Europäische Zollpolitik verlief in zwei großen Wellen 1820 bis ca. 1880: zunehmende Liberalisierung, ausgehend von britischer Industrie, erreicht den Kontinent erst ab 1860 Ab ca bis Ende des Zweiten Weltkriegs zunehmender Protektionismus, ausgehend von deutscher Landwirtschaft Handelstheorie liefert Ansätze, um diese Entwicklung ökonomisch zu erklären Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

3 Einführung (2) Wdh: zentrale Hypothesen der HO-Theorie mit 2 Gütern und 2 Produktionsfaktoren die zwischen den Sektoren mobil sind bei Freihandel spezialisieren sich Länder auf die Produktion von Gütern, über deren Inputfaktoren sie relativ im Überfluss verfügen die Faktorpreise zwischen den Ländern konvergieren wenn die Preise der Endprodukte konvergieren (d.h. ohne dass Faktoren international mobil sein müssen) Bei einem Übergang von Zöllen zu Freihandel wird der relativ reichlicher vorhandene Faktor profitieren Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

4 Einführung (3) Eine Konsequenz daraus: wenn Zollpolitik die relativen Güterpreise verändert, werden unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterschiedlich betroffen (Kapital-, Landbesitzer, Arbeiter)  politische Argumente für oder gegen Zölle auf Industrie- oder Agrargüter  in Europa wird tendenziell die Industrie für Freihandel, die LW für Schutzzölle eintreten, in den USA kann man das umgekehrte erwarten Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

5 Einführung (4) Wichtig für das Verständnis ist allerdings, die zeitliche Veränderung exogener Größen (z.B. Transportkosten, Faktormobilität) zu beachten Vor 1870 war die Marktintegration zwischen Europa und Übersee noch sehr unvollständig (siehe VL Europa im Welthandel) Kurz- und Mittelfristig sind die Produktionsfaktoren nicht mobil zwischen den Sektoren  Specific Factors Model (Ricardo-Viner-Model) ist besser anwendbar: 2 Güter (Ind, LW), 3 Faktoren (Kapital nur in Ind, Land nur in LW, Arbeit in beiden), nur Arbeit ist intersektoral mobil  bei einem Übergang von Zoll zu Freihandel wird der spezifische Faktor des Gutes profitieren, dessen Preis gestiegen ist; der Effekt auf den unspezifischen Faktor (Arbeit), ist ambivalent Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

6 Der Plan Die Politische Ökonomie der Liberalisierung bis 1880
In Großbritannien In anderen Teilen Europas Die Politische Ökonomie des Protektionismus Die europäischen Zollerhöhungen und ihre Folgen Warum waren die Reaktionen so unterschiedlich? Die Reaktion in den USA (sehr kurz) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

7 Handelsliberalisierung a) Großbritannien
GB nach den Napoleonischen Kriegen: durch „Kontinentalblockade“ hohe Getreidepreise, bei ihrer Aufhebung beginnen sie zu sinken  1815: der Landadel („Gentry“) setzt im Parlament ein „Corn Law“ durch, um die Preise hoch zu halten: bis zu einem Minimumpreis (80 Shilling) wurden Weizenimporte mit hohen Zöllen belegt Dies implizierte einen hohen nominalen Minimallohn für Arbeiter, denn Weizen war ein wichtiger Bestandteil ihrer Ausgaben Die britische Industrie (Whigs, Anti-Corn Law League, R. Cobden) argumentierte für Freihandel, v.a. in LW-Produkten: dies würde die Getreidepreise senken, damit nominale Lohnsenkungen ermöglichen, aber die Reallöhne erhöhen; Freihandel in industriellen Gütern würde der Industrie neue Märkte erschließen Die Gentry (Tories, J. Chamberlain) argumentierte dagegen, dass sinkende Getreidepreise zu Arbeitslosigkeit in der LW führe, die die Industrie nicht beseitigen könne Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

8 Liberalisierung in GB (2)
Welchen Effekt haben sinkende Getreidepreise auf die Reallöhne? Die klassischen Ökonomen der Zeit (Malthus, Ricardo) gingen davon aus, dass Freihandel ohne Folgen für den Lebensstandard sei (sinkender Getreidepreis  steigender Reallohn  Bevölkerungswachstum  sinkender Nominallohn  zurück ins alte Gleichgewicht; siehe auch die VL zu Malthus) Ohne dieses malthusianische Feedback ist der Effekt ambivalent: der Effekt sinkender Getreidepreise auf die nominalen und realen Löhne hängt davon ab, wie stark die Arbeitsnachfrage der Landwirtschaft und der Industrie auf Änderungen der Löhne reagieren, und welchen Anteil ihres Einkommens Arbeiter für Getreide ausgeben Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

9 Liberalisierung in GB (3)
Graphik 1: ambivalenter Effekt der Beseitigung der Corn Laws auf Löhne: Nachfrageelastizität und Nominallöhne Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

10 Liberalisierung in GB (4)
Als der Premierminister Robert Peel (ein Tory!) überzeugt wurde, dass die Arbeiterschaft vom Freihandel real profitieren würde, kam es 1846 zur Beseitigung der Corn Laws Was waren die Folgen? Hatte Peel Recht? Wie entwickelten sich Getreidepreise und Löhne? Überraschend für viele Zeitgenossen und spätere Beobachter sanken die Getreidepreise nach 1846 kaum, erst ab 1870 Warum?  Beseitigung der Getreidezölle zeitgleich mit Faktoren, die Getreidepreise erhöhten Evidenz dafür aus kontrafaktischer Analyse (O´Rourke 1994): wie hoch wären die britischen Weizenpreise bei Beibehaltung der Corn Laws gewesen? Graphik 2 zeigt das Ergebnis, gegeben die Weltmarktpreise, die Transportkosten, die Zölle und die Preiselastizität von Angebot und Nachfrage Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

11 Liberalisierung in GB (5)
Graphik 2: historische und kontrafaktische Weizenpreise in GB, Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

12 Liberalisierung in GB (6)
Und die Löhne? Nach Feinstein (1998) sind die nominalen Löhne in GB zwischen 1838 und 1862 deutlich gestiegen, insbesondere in den 1850er Jahren (siehe auch VL zur IR in GB) Tabelle zeigt die Entwicklung der nominalen Durchschnittslöhne (mit =100) 100 164,9 167,8 166,4 189,3 193,8 Zusammen mit der kontrafaktischen Preisentwicklung zeigt dies, dass Peel Recht hatte: die Reallöhne sind gestiegen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

13 Liberalisierung in anderen Teilen Europas: Irland
Irland war bis zum Ersten Weltkrieg Teil des Vereinigten Königreichs: wurde die Hungerkatastrophe von der Beseitigung der Getreidezölle beeinflusst? Die miserable Ernte 1845 beschleunigte zunächst die Aufhebung der Corn Laws (und die Emigration) Freihandel in der LW implizierte eine Veränderung der relativen Preise verschiedener LW-Produkte: Preise handelbarer Güter wie Getreide sanken relativ zu den Preisen von kaum handelbaren Gütern wie Vieh (stiegen aber absolut)  mehr Viehaltung Da Viehwirtschaft weniger Arbeitsintensiv wie Ackerbau ist, sank die Nachfrage nach Arbeitskräften Dies verstärkte die Auswanderung: nach Karl Marx „Die von ihrem heimatlichen Boden durch Ochsen und Hammel vertriebenen Iren finden sich in Nordamerika wieder… ihre einzige Leidenschaft ist der Haß gegen England “ Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

14 Liberalisierung in anderen Teilen Europas: Frankreich
Die britische Handelspolitik konzentrierte sich in den 1850er Jahren auf Frankreich als einen der größten Handelspartner, v.a. den Partner mit dem GB das höchste Handelsdefizit hatte (1860: Exporte GB-F 25,6 Mio $, Defizit GB-F 36,9 Mio $, Exporte GB-Zollverein 56,9 Mio $, Defizit GB-ZV 6,9 Mio $) Nach dem Staatsstreich 1851 versucht Napoleon III die Handelspolitik gg. Widerstand aus LW und Industrie zu liberalisieren Nach geheimen Verhandlungen (zw. R. Cobden und M. Chevalier) wird 1860 der Cobden-Chevalier-Vertrag unterzeichnet und tritt 1861 in Kraft (der Vertrag wurde nicht vom Parlament verabschiedet): massive Zollsenkungen in allen Bereichen Enthält die Meistbegünstigungsklausel: alle Vorteile aus Verträgen mit Dritten müssen weitergereicht werden Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

15 Liberalisierung in anderen Teilen Europas: Preußen/Deutschland
Im deutschen Zollverein forderte zunächst die Industrie Schutzzölle, während die Landwirtschaft für Freihandel eintrat Das LW-dominierte Preußen vertrat dabei tendenziell eher freihändlerische Positionen Der steigende Einfluss Preußens sowie die steigende Produktivität der Industrie führten zu einer allmählichen Liberalisierung der Handelspolitik 1862 wurde ein Handelsvertrag mit Frankreich unterzeichnet, der die Zölle auf ind. Produkte deutlich senkte Nach dem preußisch-österreichischen Krieg 1866 wurden Vetorechte im Zollverein abgeschafft, bis 1877 war das Deutsche Reich in fast allen Bereichen freihändlerisch Zölle in Mark pro Tonne (nach Bairoch 1989) 1845 1865 1870 1873 1875 Roheisen 20 15 5 Gusseisen 60 24 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

16 „the backlash of Globalization“: zunehmender Protektionismus seit 1879
Durch die massiv sinkenden Transportkosten (VL Europa im Welthandel) wird West- und Mitteleuropa zunehmend von der Wirtschaft der USA und anderer Teile der Welt (Osteuropa, Indien) beeinflusst  Heckscher-Ohlin-Effekte werden erst sichtbar, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind: gute Integration von Märkten mit sehr unterschiedlicher Faktorausstattung Importiertes Getreide aus den USA und der Ukraine wird seit ca in WM-Europa zur Konkurrenz, die LW fordert Schutzzoll In den USA fordert die junge Industrie Schutzzölle und die amerikanischen Arbeiter fordern eine Beschränkung der Einwanderung, um ihre Löhne zu stabilisieren  unterschiedliche Reaktionen: GB und einige Skandinavische Staaten versuchten am Freihandel festzuhalten Kontinentaleuropa erhöhte die Zölle auf LW- aber auch auf Industriegüter In den USA steigen die Zölle und die Einwanderung wird beschränkt Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

17 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (1)
Ausgangspunkt der Zollerhöhungen ist Deutschland. Warum? Mitte der 1870er Jahre wird Deutschland erstmals zum Nettoimporteur von Getreide  die Getreideproduzenten verabschieden sich von Freihandel und fordern Schutzzölle Zugleich folgt auf den Gründerboom aus den frz. Reparationen die Gründerkrise der Industrie  1874 Gründung des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller zum „Kampf um die Eisenzölle“ Nach der Reichstagswahl 1878 beschließt 1879 eine Mehrheit Zollerhöhungen, weitere Erhöhungen 1885, 1887 Weiterer Aspekt: das Deutsche Reich war finanziell stark von Zolleinnahmen abhängig; die Zolleinnahmen stellten % der Reichseinnahmen dar (F: 7,3%, GB 25,4); als die frz. Reparationszahlungen ausliefen und Bismarck seine neue Sozialgesetzgebung finanzieren wollte, wurde eine Erhöhung der Reichseinnahmen notwendig Seit 1880 kommt es auch in Frankreich zu Zollerhöhungen, 1892 werden im Méline-Tarif die Zölle auf LW- und Industriegüter massiv erhöht Die meisten europäischen Staaten folgen, siehe Tabelle 1 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

18 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (2)
Industrie (Zölle in %) Landwirtschaft (Zölle in %) 1875 1913 Frankreich 12-15 20 38 Deutschland 4-6 13 36 Italien 8-10 18 40 Schweden 3-5 28 Großbritannien Nach O´Rourke / Williamson (2000), S. 98 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

19 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (3)
Die Zölle stiegen also. Aber stiegen die Preise entsprechend? Bei guter Marktintegration (geringen Transportkosten) sollte der Preisunterschied gerade durch den Zoll erklärt werden Schätzungen von O´Rourke (1997) belegen das für Frankreich und Bayern Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

20 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (4)
Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

21 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (5)
Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

22 Protektionismus seit 1879 a) die Folgen (6)
Waren die Zollerhöhungen ausreichend um den Effekt weiter sinkender Transportkosten auszuschalten? Weizenpreisunterschiede (%) 1870 und nach O´Rourke (1997) 1870 1913 US-GB 54,1 -0,8 Dänemark-US 28,9 -4,6 Schweden-US 18,7 17,3 Frankreich-US 43,8 29,3 Bayern-US 44 37,1 GB-Odessa 37,9 6,5 Frankreich-Odessa 28 48,8 Bayern-Odessa 25,3 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

23 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden?
Die Welt ist komplexer als ein 2-Sektoren-Modell…  Unterschiede innerhalb der LW: Getreideproduzenten vs. Viehwirtschaft (Futtergetreide), Roheisenproduzenten vs. Maschinenbau etc.  nur auf Grund dieser Unterschiede innerhalb der Sektoren lässt sich erklären, warum oft sowohl auf LW- als auch auf Industriegüter Zölle erhoben wurden Aber woher kommt der Unterschied zwischen GB (und Dänemark) und dem Rest Europas? Rogowski (1989): es geht um die Machtverteilung zwischen Faktorbesitzern, á la Heckscher-Ohlin-Handelstheorie Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

24 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
Rogowski (1989): Besitzer knapper Produktionsfaktoren fordern Protektion, die von reichlich vorhandenen Faktoren treten für Freihandel ein  Europäische Arbeitskräfte fordern in der Regel Freihandel (billige Nahrungsmittel)  GB ist sehr kapitalreich  liberale Koalition aus Arbeit und Kapital dominiert die Landbesitzer  Kontinentaleuropa ist weniger kapitalreich  protektionistische Koalition aus Landbesitzern und Industrie dominiert die Arbeiterschaft  das erklärt auch einige Details: In Deutschland bilden 1895 Vertreter der hochproduktiven (kapitalreichen) Chemie- und Elektroindutrie eine Anti-protektionistische Lobbygruppe Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

25 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
Aber warum hat das LW-dominierte Dänemark für Freihandel optiert? Kindleberger (1951): die soziale Struktur ermöglichte eine schnellere Anpassung an den Konkurrenzdruck als anderswo  es kam zu einer Verlagerung von Getreideanbau hin zur Viehwirtschaft, insbesondere zur Herstellung von Molkereiprodukten Das wurde durch die rasche Verbreitung neuer Techniken (Milchentrahmer oder cream separator, erfunden um 1880) gefördert, was wiederum erst das gut entwickelte System von Genossenschaften und die hohe Alphabetisierung dänischer Bauern durch das Landschulsystem möglich machte „In general, then…the flexibility of a society in devising institutions to accomplish it‘s purposes under changing conditions …depends upon it‘s internal social mobility, system of communications, and set of values“ (Kindleberger 1951, S. 45) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

26 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
Allerdings gibt es einen alternativen, rein ökonomischen Erklärungsansatz, der auch den dänischen Fall einbezieht:  der „Globalisierungsschock“ war nicht überall der gleiche, deshalb variierten auch die Reaktionen darauf, insbesondere  Die Preise reagierten unterschiedlich stark auf die Importe  es gab Unterschiede in der sektoralen Struktur Das kann erklären, warum sich weder Dänemark noch GB der Tendenz zu mehr Protektionismus anschlossen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

27 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
Dänemark produzierte sehr wenig Weizen (das am stärksten aus Übersee importierte Getreide), aber sehr viel Hafer  während in GB die durchschnittlichen Getreidepreise um 29% sanken, sanken sie in Dänemark nur um 10% In Frankreich und Deutschland wären die Preise (ohne Zölle) um 27-34% gefallen  dadurch war auch der Effekt auf Landrenten in Dänemark deutlich schwächer: während in GB die Landrenten um 15% sanken, sanken sie in Dänemark nur um ca. 5% Zudem profitierte die dänische Viehwirtschaft enorm von der europäischen Integration Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

28 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
In GB war die Reaktion vor allem deshalb so gering, weil die LW einen so geringen Anteil an der Gesamtwirtschaft hatte  Tabelle 2 zeigt einige strukturelle Unterschiede zwischen GB, F, und Schweden (nach O‘Rourke 1997) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

29 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
GB Frankreich Schweden Anteil am sektoralen Output der LW (%), 1871 Weidewirtschaft 56,5 40,7 27,8 Getreideanbau 27,2 23,7 39,4 Andere Feldfrüchte 16,3 35,6 32,8 Sektoraler Anteil am Gesamtoutput, 1871 LW 19,2 36,9 Industrie 44,6 38,5 30,3 Dienstleistungen 36,2 20,8 Anteil der Arbeiterschaft in der LW an Gesamtarbeiterschaft 22,6 50,5 67,6 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

30 Protektionismus seit 1879 b) warum waren die Reaktionen so verschieden
Ein Sinken der Getreidepreise um 29% würde in GB die Landrenten um 9%, in Frankreich um 4%, in Schweden um 14% senken, da der Anteil des Getreideanbaus an der LW so unterschiedlich war (in Schweden und Frankreich kam es auf Grund der Schutzzölle aber nicht zu einem solchen Absinken) Die sinkenden Getreidepreise führten in GB zu einem Anstieg der Reallöhne, sie hätten aber in Frankreich vermutlich zu einem Absinken der Löhne geführt. Warum?  siehe Graphik 1: da ein weitaus größerer Teil der Arbeiterschaft in der LW tätig war, wären bei gleicher Veränderung der Getreidepreise in Frankreich die nominalen Löhne viel stärker reduziert worden als in GB Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

31 Protektionismus seit 1879 c) Reaktionen in den USA
Anders als in Europa waren in den USA die Landwirte im Süden und Westen (Getreide, Baumwolle, Tabak) eher für Freihandel, die Industrie und die Arbeiterschaft im Norden und Osten eher protektionistisch orientiert Seit den Napoleonischen Kriegen entwickelte sich in den USA eine heimische Industrie (u.a. weil der Handel mit GB und Frankreich behindert wurde)  nach 1815 setzte sich diese Industrie für Schutzzölle gegen die europäischen Industrieprodukte ein (das hatten wir doch schon mal…) Dauerdebatte zwischen Südwesten und Nordosten: soll die heimische Textilindustrie durch Zölle geschützt werden? Seit 1828 war dies der Fall. Die Folgen für die Arbeiterschaft wurden mit ähnlichen Argumenten wie in GB vor 1846 diskutiert Nach dem Sieg der Nordstaaten im Bürgerkrieg wurde der Protektionismus ausgebaut Zudem wurde die Einwanderung immer stärker beschränkt (siehe VL zur Migration) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06

32 Zusammenfassung Die Veränderungen in der Europäischen Handelspolitik lassen sich im wesentlichen auf ökonomische Ursachen zurückführen: Freihandel war für eine Mehrheit in GB profitabel, bis heute vertritt GB (auch innerhalb der EU, auch in der LW) stärker freihändlerische Positionen als andere Europäische Staaten Auf dem Europäischen Kontinent kam es nach einem kurzen liberalen Intermezzo zum „backlash of Globalization“, ein Vorgänger der Zwischenkriegszeit: auf die Konkurrenz aus Übersee wurde mit Schutzzöllen reagiert Eine Anpassung durch Entwicklung neuer Techniken und Steigerung der Produktivität wie in der dänischen LW war die Ausnahme von der Regel In den USA kam es zu ähnlich protektionistischen Maßnahmen, nur mit anderen Koalitionen von Interessengruppen: die Industrie und die Arbeiterschaft war hier tendenziell gegen Freihandel Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/ 06


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