Förderverein Medizinrecht der Dresden International University e.V.

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 Präsentation transkript:

Förderverein Medizinrecht der Dresden International University e.V. Postfach 22 12 40 04132 Leipzig www.foerderverein-medizinrecht.de info@foerderverein-medizinrecht.de Dipl.-Kfm. Raik Siebenhüner, LL.M. Präsident des Fördervereins Medizinrecht Lehrbeauftragter der Hochschule Fresenius Referent der KTQ Akademie

Ärztliche Dokumentationspflicht versus Datenschutz?

Buchempfehlung zum Vortrag Wartung technischer Systeme im Krankenhaus durch externe Dienstleister – Datenschutzrechtliche Aspekte 1. Auflage, 2013 83 Seiten, kart. Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft mbH ISBN-13: 978-3-942734-49-3 Preis: 19,90 Euro

Gliederung Dokumentationspflicht Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht Beweisrechtliche Konsequenzen Umgang mit ärztlichen Dokumentationen (Beispiel) Archivierungspflichten von ärztlichen Dokumentationen Archivierungsfristen Archivierungsformen Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Patienten Angehörige und Erben Versicherungen Rechtsanwälte, Staatsanwaltschaft, Polizei, Gerichte

Ärztliche Dokumentationspflicht Rechtsgrundlage Zweck Inhalt und Umfang Beweis

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Medizinisch und Haftungsrechtlich Leistungsrechtlich Privatrecht Vertragsarzt „Vertragsarztrecht“ Berufsrecht Sozialrecht Spezialgesetzliche Regelungen Krankenhaus Verwaltungsrecht Sozialrecht

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Privatrecht – Vertrag § 630f BGB Dokumentation der Behandlung Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Privatrecht – Delikt § 823 BGB Schadensersatzpflicht Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Berufsrecht § 10 MBO-Ä Dokumentationspflicht Ärztinnen und Ärzte haben über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen für die Ärztin oder den Arzt, sie dienen auch dem Interesse der Patientin oder des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Spezialgesetzliche Regelungen (Auszug) Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) Röntgenverordnung (RöV) Transfusionsgesetz (TFG) Transplantationsgesetz (TPG) Infektionsschutzgesetz (IfSG) Etc.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Vertragsarzt – Vertragsarztrecht § 57 BMV-Ä Dokumentation Der Vertragsarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung in geeigneter Weise zu dokumentieren. § 13 EKV Rechte und Pflichten der Vertragsärzte Der Vertragsarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die ärztlichen Aufzeichnungen sind mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Vertragsarzt – Sozialrecht § 275 SGB V Begutachtung und Beratung Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, ... ... eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) einzuholen.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Vertragsarzt – Sozialrecht § 295 SGB V Abrechnung ärztlicher Leistungen Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, ... 2. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, ... ... aufzuzeichnen und zu übermitteln.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Krankenhaus – Verwaltungsrecht § 17c KHG Prüfung der Abrechnung von Pflegesätzen Der Krankenhausträger wirkt durch geeignete Maßnahmen darauf hin, dass ... 3. die Abrechnung der nach § 17b vergüteten Krankenhausfälle ordnungsgemäß erfolgt. (2) Die Krankenkassen können durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes (§ 275 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Verpflichtungen durch Stichproben prüfen.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Krankenhaus – Sozialrecht § 275 SGB V Begutachtung und Beratung Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, ... ... eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) einzuholen.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Krankenhaus – Sozialrecht § 295 SGB V Abrechnung ärztlicher Leistungen Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, ... 2. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, ... ... aufzuzeichnen und zu übermitteln.

Rechtsgrundlagen und Zweck der Dokumentationspflicht Zweck der medizinisch und haftungsrechtlichen Dokumentationspflicht Therapiesicherung (Primärzweck) Außerprozessuale Rechenschaftslegung (Sekundärzweck) Prozessuale Beweissicherung (Sekundärzweck, strittig) Zweck der leistungsrechtlichen Dokumentationspflicht Obliegenheit des Arztes gegenüber dem Kostenträger Abrechnungsvoraussetzung Nachweis der ordnungsgemäßen Leistungserbringung gegenüber dem Kostenträger und dessen Vertragspartnern

Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht Inhalt und Umfang der medizinischen und haftungsrechtlichen Dokumentationspflicht Grundsatz: „Inhalt und Umfang werden durch den Zweck bestimmt.“ Therapiesicherung (Primärzweck – Spezifikation § 630f Abs. 2 BGB) „Dokumentationspflichtig sind nur die für die Diagnose und Therapie wesentlichen Fakten in einer für den Fachmann hinreichend klaren Form.“ (BGH-Urteil vom 24.01.1989 – VI ZR 170/88) Außerprozessuale Rechenschaftslegung (Sekundärzweck) „ ... Pflicht zur Dokumentation ... dem Arzt auch außerprozessual als eine Art Rechenschaftspflicht aufzuerlegen, ähnlich der, die bei der Verwaltung fremden Vermögens sein langem selbstverständlich ist.“ (BGH-Urteil vom 27.06.1978 – VI ZR 183/76)

Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht Inhalt und Umfang der medizinischen und haftungsrechtlichen Dokumentationspflicht Prozessuale Beweissicherung (Sekundärzweck – im Schrifttum und Judikatur sehr strittig) Eine Beweissicherung für einen zukünftigen Haftungsprozess widerspricht dem originären Zweck der Dokumentationspflicht. Die ärztliche Dokumentation ist bereits mit der Pflicht zur Therapiesicherung und außerprozessualen Rechenschaftsabgabe hinreichend erschöpft. (Baumgärtel, G: Das Wechselspiel der Beweislastverteilung im Arzhaftungsprozess) Inhalt und Umfang der leistungsrechtlichen Dokumentationspflicht Grundsatz „Inhalt und Umfang werden durch den Zweck bestimmt“ Keine generellen Vorgaben – stark Einzelfallabhängig

Beweisrechtliche Konsequenzen Kurze Einführung in das Arzthaftungsrecht Formen: Vertragliche Haftung und deliktische Haftung Rechtsfolgen: Schadensersatz und Schmerzensgeld Beklagter: Delikt: Jeder nach § 823 BGB (Niedergelassener Arzt, Krankenhausträger, Angestellter Arzt, Chefarzt) Niedergelassener Arzt und Krankenhausträger für Angestellten Arzt als Verrichtungsgehilfe nach §§ 831 i.V.m. 823 BGB Krankenhausträger für Chefarzt als Organ nach §§ 823, 31, 89 BGB Vertrag: Niedergelassener Arzt und Krankenhausträger nach §§ 630a, 280ff. BGB Niedergelassener Arzt und Krankenhausträger für Angestellten Arzt als Erfüllungsgehilfen nach §§ 630a, 280ff., 278 BGB Krankenhausträger für Chefarzt als Organ nach §§ 630a, 280ff., 31, 89 BGB Arten: Behandlungsfehler und Aufklärungsfehler

Beweisrechtliche Konsequenzen Behandlungsfehler Aufklärungsfehler Arzt Patient Beweislast-verteilung ggf. Abweichung von lege artis (§ 286 ZPO) Vorliegen Behandlungsfehler Vorliegen Kausalität zwischen Behandlungsfehler und eingetretenen Schaden Durchführung der vollständigen und richtigen Aufklärung (Selbstbestimmung- und Eingriffsaufklärung) Zeitpunkt der Aufklärung Dringlichkeit der Aufklärung Zustimmung des Patienten (§ 630h Abs. 2 BGB, § 286 ZPO) Kausalität zwischen fehlender Aufklärung und eingetretenen Schaden Widerruf Andere Methode Beweis-erleichterung Dokumentations-mangel (§ 630h Abs. 3 BGB, § 286 ZPO)

Beweisrechtliche Konsequenzen Dokumentationsmangel Kein eigenständiger Haftungstatbestand ggf. Haftung wegen Behandlungsfehler bei Irrtümern, die aufgrund mangelhafter Dokumentation ausgelöst wurden Bedeutung für Beweislast im Arzthaftungsprozess (§ 630h Abs. 3 BGB, § 286 ZPO) Vermutung, dass nicht dokumentierte Maßnahmen nicht ergriffen worden sind Vermutung, dass ein nicht dokumentierter, aber wesentlicher Umstand sich so ereignet hat, wie ihn der Patient glaubhaft schildert (Indizwirkung)

Beweisrechtliche Konsequenzen Kurze Einführung in das Arztstrafrecht Ohne ordnungsgemäße Aufklärung und Einwilligung stellte der ärztliche Heileingriff eine Körperverletzung im Sinne des §§ 223, 229 StGB dar Dies gilt auch für indizierte, lege artis ausgeführte und erfolgreiche Heileingriffe Straftatbestand für Körperverletzung im Sinne des §§ 223, 229 StGB Tatbestand Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsschädigung: „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt“ Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgrund ist ordnungsgemäße Aufklärung und Einwilligung des Patienten Schuld Ärztliche Dokumentation als Beweismittel für ordnungsgemäß durchgeführte Aufklärung und Einwilligung des Patienten

Dokumentationspflicht Empfehlung Dokumentationspflicht Über die Empfehlungen der ärztlichen und pflegerischen Fachgesellschaften hinaus, sollte eine Dokumentation auch Aspekte der Beweissicherung sowie leistungsrechtliche Komponenten umfassen. Hintergrund ist einerseits die „strengere“ Rechtsprechung in Haftungsprozessen zu Lasten der Leistungserbringer sowie die „penibleren“ Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen.

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Privatrecht Berufsrecht Sozialrecht Verwaltungs-recht Klartextinformation Verschlüsselung Anonymisierung Pseudonymisierung Strafrecht

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Verhältnis der Rechtsnormen zueinander Einteilung in Gruppe: Schweigepflicht, Datenschutz und Privatrecht Schweigepflicht und Datenschutz kommen parallel zur Anwendung Datenschutz Verwaltungsrecht nur solange keine Sozialdaten, ansonsten Sozialdatenschutz Schweigepflicht Straf- und Berufsrecht kommen parallel zur Anwendung Privatrecht kommt immer zur Anwendung Folie 8

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Verwaltungsrecht (Datenschutz) Datenarten nur Klartextinformationen und pseudonymisierte Daten unterliegen Datenschutzbestimmungen Anzuwendende Normen hängt von der Trägerschaft des Krankenhauses ab Vorliegen von Rechtfertigungsgründen entfällt, da Auftragsdatenverarbeitung anwendbar Zwischenfazit: Folie 9

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Sozialrecht (Datenschutz) Patientendaten können Sozialdaten nach § 67 I SGB X sein Datenarten Analog zum Verwaltungsrecht Anzuwendende Normen §§ 67 ff. SGB X Vorliegen von Rechtfertigungsgründen Zwischenfazit:

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Strafrecht (Geheimnisschutz) Tatbestandsmerkmal Täterkreis Ärzte und berufsmäßige Gehilfen nach § 203 Abs. 3 StGB Tatbestandsmerkmal Fremdes Geheimnis Klartextinformationen und pseudonymisierte Daten als fremdes Geheimnis Tatbestandsmerkmal Anvertrauen oder Bekanntwerden Kenntnisnahme im Krankenhaus besteht immer innerer Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit Folie 11

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Strafrecht (Geheimnisschutz) Tatbestandsmerkmal Offenbaren Tatbestandserfüllung bei Offenbaren zu externen Servicetechnikern Subjektiver Tatbestand Vorsatztatbestand – dolus eventualis Rechtmäßigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe Schuldausschließungsgründe (Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum) Zwischenfazit: Folie 11

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Berufsrecht (Geheimnisschutz) Nahezu deckungsgleich mit Strafrecht nur Arzt kann tauglicher Täter sein Zwischenfazit: Zivilrecht Postulat der Einheit der Rechtsordnung bei anonymisierten und verschlüsselten Daten besteht eine uneingeschränkte Zulässigkeit bei Klartextinformationen und pseudonymisierten Daten bestehen die Einschränkungen aus dem Daten- und Geheimnisschutz Zwischenfazit:

Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Empfehlung Umgang mit ärztlichen Dokumentationen Zusammenfassung anonymisierte Daten = Datenschutz und Schweigepflicht verschlüsselte Daten = Datenschutz und Schweigepflicht pseudonymisierte Daten = Datenschutz Klartextinformationen = Datenschutz Lösungsansatz für „Problembereich Schweigepflicht“ Definierter und selektiver Zugriff auf technisches System Geheimhaltungsverpflichteter autorisiert und überwacht Zugriff Interner Datenschutzbeauftragter als Geheimhaltungsverpflichteter Sicherstellung des zeitgerechten Einschreitens durch Geheimhaltungsverpflichteten und Schweigepflicht und Schweigepflicht Folie 14

Archivierungspflichten von ärztlichen Dokumentation Archivierungsfristen verankert in unterschiedlichen Rechtsgebieten (Privat-, Berufs-, Vertragsarztrecht sowie spezialgesetzliche Regelungen) Entscheidend ist jedoch die privatrechtliche Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 199 Abs. 2 BGB) Archivierungsformen Keine gesetzlichen Vorgaben Möglichkeit der Archivierung in Papier oder digitaler Form (z.B.: § 630f Abs. 1 BGB) Ausschlaggebend ist Beweiswert der Archivierungsform Papierform Elektronische Dokumente mit qualifizierter elektronischen Signatur Elektronische Dokumente ohne qualifizierte elektronische Signatur Mikroverfilmung Röntgenbilder

Archivierungspflichten von ärztlichen Dokumentationen Empfehlung Archivierungspflichten von ärztlichen Dokumentationen Grundsätzliche Archivierung aller Krankenunterlagen mindestens 30 Jahre (privatrechtliche Verjährungspflicht nach § 199 Abs. 2 BGB) Archivierung der Krankenunterlagen ausschließlich in Papierform oder in elektronischen Dokumenten mit elektronischer Signatur Maßnahmen der „Beweiswertsteigerung“ von Mikroverfilmungen und Röntgenbildern beachten Folie 14

Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Patient – Einsichtnahmerecht Grundsätzlich besteht ein außerprozessuales Recht auf Einsichtnahme in Krankenunterlagen gegenüber Arzt und Krankenhaus Einschränkung des Einsichtnahmerecht durch BGH Somatische Behandlung Offenbarungspflicht = objektivierbare Behandlungsmaßnahmen Nicht offenbarungspflichtig = Aufzeichnungen, an deren Zurückhaltung der Arzt ein begründetes Interesse hat („Arztdatenschutz“) Psychiatrische Behandlung Zusätzlich, die Möglichkeit der Nichtoffenbarung bei „Entgegenstehenden therapeutischen Gründen“ Patient – Herausgabe Grundsätzliche Herausgabeverpflichtung der Krankenunterlagen Jedoch: Keine Originale, sondern Erstellung von Kopien auf Kosten des Patienten Jedoch: Keine Ansprüche auf Zusendung, eidesstattliche Versicherung und beglaubigte Kopien

Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Angehörige und Erben ärztliche Schweigepflicht gilt ante mortem und post mortem grundsätzlich haben Angehörige und Erben kein eigenes Recht zur Schweigepflichtentbindung Ausnahmeregelung durch Gesetz definiert: nur ausnahmsweise unter Berufung und konkreten Darlegung der möglichen Ansprüche z.B. § 630g BGB: Erben = vermögensrechtliche Interessen Angehörige = immaterielle Interessen Unterstellung eines vermutetem Einverständnis des Patienten

Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) Kein Einsichtnahme- und Herausgaberecht von Krankenunterlagen Zur Auftragserfüllung muss der Medizinische Dienst der Krankenkassen eingeschaltet werden § 294 ff SGB V: Abrechnungsdaten Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) § 276 Abs. 2 SGB V: Übermittlung von Sozialdaten auf Anforderung vom MDK § 276 Abs. 4 SGB V: Einsichtnahme in Räumen des Leistungserbringers Private Krankenversicherungen (PKV) Pauschale Schweigepflichtentbindungen sind unwirksam PKV und Leistungserbringer sind keine Vertragspartner - Status Selbstzahler Direktabrechnung zwischen Leistungserbringer und PKV (Abrechnungsdaten) Private Versicherungen Ärztliche Schweigepflicht gilt ebenso uneingeschränkt

Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Rechtsanwalt Wahrnehmung Recht auf Einsicht / Herausgabe von Krankenunterlagen durch Dritte Vollmacht und Schweigepflichtsentbindung Polizei und Staatsanwaltschaft Beachtung und Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht Ausnahme bei Verletzung eines höherwertigen Rechtsgutes im Sinne des § 138 StGB Gerichte (Anordnung von Durchsuchung und Beschlagnahme) Erfragen, wer die Maßnahme angeordnet hat (Richter oder Gefahr in Verzug) Offizielle „Urkunde“ vorlegen lassen und Identität der beteiligten Personen erfragen Durchsuchung beiwohnen Grund der Maßnahme, „Zielgegenstand“ und vorgeworfene Straftat erfragen (schriftlich) Verzeichnis der in Beschlag genommenen Gegenstände verlangen Übergabe Originaldokumente, jedoch Kopien für eigene Zwecke Niemals Durchsuchung oder Beschlagnahme freiwillig zustimmen oder Sachen herausgeben, nur dulden Besonderheit: Wartezeit bis zur Anwesenheit des Rechtsanwaltes

Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Empfehlung Einsichtnahmerecht und Herausgabe von Krankenunterlagen Erstellung einer Dienstanweisung mit folgendem Inhalt: Verhaltensweise Schweigepflichtentbindung (Einsichtnahme und Herausgabe) Dokumentation der ärztlichen Behandlung in Form der „Doppelten Buchführung“ offenbarungspflichtiger sowie nicht offenbarungspflichtiger Teil Verhaltensanweisung bei Patientenanfragen: Erstellung von Kopien auf Kosten des Patienten, keine Ansprüche auf Zusendung, eidesstattliche Versicherung und beglaubigte Kopien Verhaltensanweisung bei Angehörigen Berufung und konkrete Darlegung Ansprüche, Prüfung mutmaßlichen Willens Verhaltensanweisung bei Versicherungen Übermittlung von Abrechnungsdaten, Beachtung der Besonderheit des MDK Verhaltensanweisung bei Rechtsanwälten Vorlage einer Bevollmächtigung durch Patient Verhaltensanweisung bei Polizei und Staatsanwaltschaft Auflistung der Straftaten nach § 138 StGB Verhaltensanweisung bei Anordnung von Durchsuchung und Beschlagnahme Auflistung der Checkliste

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!