IPR DR. PÖHLMANN · DR. OPPERMANN

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 Präsentation transkript:

IPR DR. PÖHLMANN · DR. OPPERMANN Änderungen für die Insolvenzverwaltung in den Bereichen Haftung und Anfechtung durch das MoMiG Vortrag Arbeitskreis Sanierung, Reorganisation und Insolvenz innerhalb der Juristischen Gesellschaft Mittelfranken zu Nürnberg e. V. am Dienstag, den 27.01.2009, 18:00 Uhr Referent: Dr. Werner Pöhlmann, Rechtsanwalt, Steuerberater, Vereidigter Buchprüfer, Insolvenzverwalter Kanzlei Dr. Pöhlmann - Dr. Oppermann, Insolvenzverwalter, Nürnberg-München Folie 1

I. Einführung und Überblick Weitreichende, auch insolvenzrechtliche Änderungen für alle nach dem 01.11.2008 eröffneten Insolvenzverfahren, vgl. Art. 103 d EGInsO, fraglich für Verfahren, die am 01.11.2008 eröffnet wurden; keine Übergangsvorschriften zu Änderung des § 30 GmbHG neues Recht der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung verschärfte Geschäftsführerhaftung Antragspflicht auch bei Gesellschaftern und Aufsichtsräten Gesellschafterdarlehen bleiben Fremdkapital Anfechtung gem. § 135 Abs. I und II InsO neu gefasst Gebrauchsüberlassungen bei Betriebsfortführungen

II. Haftung wegen Führungslosigkeit der GmbH Abtauchen oder Fehlen von Geschäftsführern, Problem: Enthaftung bei Neuinstallierung, Berechtigung zur Rücknahme von Insolvenzanträgen durch Neugeschäftsführung, § 10 Abs. 2 InsO: Gesellschafter können gehört werden, Jeder Gesellschafter berechtigt, Insolvenzantrag zu stellen, bei Genossenschaft und AG auch jedes AR-Mitglied, § 15 a InsO führt zu möglicher persönlicher Haftung: Verpflichtung zur Stellung des Insolvenzantrags; nur dann nicht, falls keine Kenntnis vom Eröffnungsgrund, Beweislast beim Verpflichteten, Problem: bei großen GmbHs keine Pflicht des Aufsichtsrats Gefahr der Insolvenzverschleppungshaftung, § 15 a InsO Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB Gefahr der Strafbarkeit nach § 15 a Abs. 4 und 5 InsO – auch bei nicht richtigem oder nicht rechtzeitigem Antrag Anwendbarkeit auf Limiteds strittig. Durch Verlagerung des COMI der InsO entgehen?

III. Kapitalaufbringung und Haftung 1. Neugeregelt: verdeckte Sacheinlage und das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG, 2. Bei der verdeckten Sacheinlage jetzt Anrechnung(-smodell) des Werts der Sacheinlage, allerdings Beweislast beim Gesellschafter, IV wird künftig Anspruch auf Zahlung der Differenz zw. übernommener Bareinlage und tats. Vermögenswert ggn. Gesellschafter geltend machen, 3. Bei Gesellschafter, der nach Zahlung auf die Einlage gleich hohen Kredit von der Gesellschaft aufnimmt, jetzt maßgeblich, dass Rückgewährungs- anspruch entsprechend hoch, fällig (oder fällig stellbar) und vollwertig sein muss. Dann ist Einlageanspruch erfüllt. Falls Voraussetzungen nicht erfüllt, Einlage in voller Höhe zu erbringen, keine partielle Befreiung wie bei § 19 Abs. 4 GmbHG; Beweispflicht für Werthaltigkeit der Einlage beim Gesellschafter. Übergangsvorschrift § 3 IV EGGmbHG 4. Problem: späterer Wegfall der Werthaltigkeit soll Befreiung von Einlage- pflicht nicht ändern. Dann eventuell Geschäftsführerhaftung, falls Rückgewähranspruch nicht ständig auf Werthaltigkeit kontrolliert wurde.

IV. Kapitalerhalt und Haftung 1. Neufassung von § 30 GmbHG und Wegfall des Eigenkapitalersatzsystems 2. Auszahlungsverbot nicht bei - Beherrschungs- und GAV, - Schwestergesellschaften, - vollwertigem Gegenanspruch, - Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens. 3. Aufgabe der Rechtsprechungsregeln (Beseitigung einer Analogie!) durch den Gesetzgeber! IV wird Vollwertigkeit und Deckung prüfen, dann Gfter und GF in Anspruch nehmen. 4. Nur noch bilanzielle Betrachtungsweise, d. h. Mittelabfluss wird durch wert-haltige Forderung kompensiert (Höhe und Durchsetzbarkeit maßgeblich), ggf. unabhängig von Sicherheiten, späterer Wegfall der Vollwertigkeit unschädlich. 5. Dafür Gesellschafterhaftung in § 135 InsO, künftiger Schwerpunkt der Tätig- keit des Insolvenzverwalters! 6. Verschiebung des Problems auf den GF: er darf nicht werthaltige Gegen- leistung bei Zahlungen aus dem Stammkapital nicht mehr zulassen.

V. Geschäftsführerhaftung 1. Früherer § 64 Abs. 1 GmbHG jetzt § 15 a InsO, Fortgeltung des früheren § 64 Abs. 2 jetzt § 64 (ohne Absätze) GmbHG. Zusätzliche persönliche Haftung des GF für Zahlungen (weiter Begriff) an den Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, § 64 S. 3 GmbHG. Selten Exkulpation möglich. Unabhängig davon, ob sich Gesellschaft im Zeitpunkt der Zahlung in der Krise befand. 2. Nachweis der Kausalität in der Praxis ist schwierig. 3. Problem: muss GF fortgeschriebene Finanzplanung vorhalten?

VI. Gesellschafterdarlehen, Fristenlösung statt Eigenkapitalersatz 1. Grundsätzlich Gesellschafterdarlehen nicht mehr funktionales Eigenka-pital, sondern Fremdkapital, bis zur Grenze der Ausplünderungssperre des § 64 S. 3 GmbHG muss GF sogar in der Krise zurückzahlen. 2. Grundsätzlich nachrangig nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als Ausgleich da-für, dass der Gesellschafter die Möglichkeit hat, sein unternehmerisches Risiko auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken. Folge: Gesellschafter geht in der Regel leer aus. 3. Anerkennung als einfache Insolvenzforderung selten und nur, falls einer der Ausnahmetatbestände des § 39 Abs. 4 oder 5 InsO vorliegt (Privilegierung). a) Bei Haftung einer natürlichen Person, also beispielsweise bei der Vor- gründergesellschaft, nicht aber für Gesellschafter einer Vorgesell- schaft. b) Sanierungsprivileg c) Gesellschafter-Geschäftsanteil max. 10 % und nicht auch GF

4. Gesellschafterdarlehen bei Überschuldungsmessung als Verbindlichkeit auszuweisen (außer bei qualifiziertem Rangrücktritt). 5. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO übernimmt den alten § 32 a Abs. 3 S. 1 GmbHG, d. h. erfasst sind auch Forderungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. 6. Ausdrückliche Darlehensvereinbarung nicht erforderlich, es reicht z. B. Stundung einer Miete; zur Besicherung vgl. § 44 a InsO. 7. Bei einem zur Vermeidung der Überschuldung vereinbarten Rangrücktritt als Anspruch nach § 39 Abs. 2 InsO zu erfassen, also noch nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu befriedigen. 8. Bei Rückzahlung vor Eröffnung Risiko der Anfechtbarkeit nach § 135 InsO.

VII. Anfechtung gem. § 135 Abs. 1 und 2 InsO 1. Bei Befriedigung eines Rückzahlungsanspruchs aus einem Gesellschafter- darlehen innerhalb eines Jahres vor Antrag Anfechtbarkeit, bei Besicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs sogar innerhalb von 10 Jahren. Wegen des neuen Überschuldungsbegriffs könnte Neigung von Gfn zunehmen, das Jahr abzuwarten. 2. Ergänzt die §§ 19 und 39 InsO, keinerlei Anknüpfung an die Finanzierungs-folgenverantwortung des Gesellschafters, 3. Wortlaut des § 135 Abs. 1 InsO: nur die unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallenden Ansprüche, § 135 Abs. 4 stellt aber klar, dass die Privilegierungen aus § 39 Abs. 4 und 5 InsO auch hier gelten, d. h. soweit Privilegierung greift, keine Anfechtung. Auch Rangrücktrittsfälle erfasst. 4. § 135 Abs. 2 InsO regelt für die klassischen Umgehungssituationen (Dritt-sicherungsfälle) Anfechtungsfrist von 10 Jahren.

VIII. Nutzungsüberlassungen 1. Regelt Aussonderungsrecht des Gesellschafters und schränkt es ein, regelt die Handhabung des Überlassungsvertrages in der Insolvenz, ist aber keine Anfechtungsregelung. 2. Motiv für die Sondervorschrift ist die Notwendigkeit, einen Gegenstand im Rahmen einer Betriebsfortführung weiterhin zu benötigen. Hintergrund: gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. 3. Gegenstand muss für Betriebsfortführung von erheblicher Bedeutung sein, Anhaltspunkte aus § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO. 4. Wohl auch auf Lizenzen anzuwenden, die zur Ausübung überlassen wurden. 5. Gesellschafter kann 1 Jahr seit Eröffnung sein Aussonderungsrecht nicht geltend machen, § 135 Abs. 3 InsO. Danach muss Verwalter herausgeben, vertragliche Vereinbarung anzustreben!

6. Bei Vorliegen eines Miet- oder Pachtverhältnisses ggf 6. Bei Vorliegen eines Miet- oder Pachtverhältnisses ggf. Sonderkündigungs- recht des Verwalters: Beendigung des Mietvertrages ohne Herausgabe-pflicht! Nutzungsmöglichkeit bis zum Ablauf der Jahresfrist, falls für länger benötigt, nicht kündigen! 7. Gegenleistungspflicht: Einflussmöglichkeiten des vorläufigen Insol- venzverwalters (keine Zahlungen im Vorfeld der Eröffnung zulassen!) 8. Niedrigerer Betrag für den Ausgleich als Masseverbindlichkeit auch dann, wenn Kündigung erst später wirksam werden sollte. Auch dann, falls Verwalter nicht kündigt, volle vereinbarte Vergütung erst nach Ablauf der Jahresfrist aus der Masse zu zahlen. 9. Erfolgt keine Betriebsfortführung, Rückgabe des Gegenstandes und Einstellung der Ausgleichszahlungen. 10. Privilegierung aus § 39 Abs. 4 und 5 InsO greift auch hier.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!