Aktuelle Fragen des Franchising Dr. Patrick Giesler Rechtsanwalt www.meyer-koering.de www.franchiserecht.de
Ganz kurz: Was ist Franchising? Methode zum Vertrieb von Waren, Dienstleistungen und Technologien (Frage: Geht es nur um Vertrieb oder doch eher um Vermarktung?) „Die Vervielfältigung von Erfolg.” Die Vervielfältigung eines Unternehmens mit fremdem Kapital und “auf fremdes Risiko” (These) Ein Finanzierungsinstrument „Die Antwort des Mittelstandes auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.“ (Bundeswirtschaftsminister)
Bitte (heute) nicht lesen: Definition Unter einer Franchise wird die Gesamtheit der Rechte verstanden, welche die erste Partei („Franchisegeber“) der zweiten Partei („Franchisenehmer“) gewährt, und welche den Franchisenehmer berechtigen und verpflichten, gegen unmittelbare oder mittelbare finanzielle Vergütung das Geschäft des Vertriebs von Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien im Rahmen eines von dem Franchisegeber bestimmten Systems („Franchisesystem“) zu übernehmen, welches ein geheimes Know-how und die Erbringung von Unterstützungsleistungen vorsieht, in welchem im Wesentlichen die Art und Weise des Betriebs des Franchisenehmers („Franchisebetrieb“) vorgeschrieben ist, in dem eine fortlaufende Betriebskontrolle durch den Franchisegeber erfolgt und in dem der Franchisenehmer im Zusammenhang mit seinem Franchise-betrieb zur Nutzung der vom Franchisegeber vorgesehenen geistigen und gewerblichen Schutzrechte berechtigt und verpflichtet ist. Als „Franchising“ ist demnach die Methode zu verstehen, sich der Bindung von Franchisenehmern durch Franchiseverträge zu bedienen, um den Vertrieb von Waren, Dienst-leistungen und Technologien zu organisieren und ein Geschäft aufzubauen.
Wie entsteht ein Franchise-System? Erfolgreiches Unternehmen an Einzelstandort Aufbau von Standorten mit fremdem Kapital - Erprobung Know-how Richtlinien Marketingkonzept Marke Belieferung - Handbuch Suche nach selbständigen Betreibern Filialist Finanzierung der selbständigen Betreiber Vertragliche Bindung der Betreiber Hersteller/ Importeur Betreiber eröffnet und führt sein Unternehmen „wie eine Filiale“ Entwicklung Betriebstyp und Absatz-Know-how
Ganz kurz: Hintergrundwissen Herkunft des Wortes: “franchir” = befreien (altfranzösisch) Königliches Privileg, auf Grund dessen Kaufleute und Handwerker bestimmte Gebühren erheben durften Erste Franchisesysteme Ende des 19. Jahrhunderts in den USA 1863 Singer Sewing Company 1890 Coca Cola 1998 General Motors 1902 Rexal Begriff ist in den USA weiter gefasst (auch Abfüll-Lizenzen oder Vertragshändler werden erfasst). Daher Vorsicht bei dem Vergleich der Marktzahlen.
Historische Entwicklung In den USA 50er Jahre des 20. Jahrhunderts in den USA: Boom des “Business Format Franchising” Heute in den USA rund 3500 Franchisesysteme mit 600.000 Franchisenehmern und Gesamtumsatz 750 Milliarden US-$. In Deutschland: Späte Entwicklung.
Typisierungen von Franchisen Hintergrundwissen Typisierungen von Franchisen Nach dem Gegenstand (Waren-, Dienstleistungs-, Produktionsfranchising) Nach den Marktstufen (z.B. Hersteller/Einzelhändler) Nach dem inneren Aufbau (Masterfranchisen, Sub- oder Unterfranchisen) Nach dem Umfang von Kapital- und Zeiteinsatz (Voll- und Teilfranchisen, Abteilungs- und Minifranchisen) Nach Macht- und Interessenkonstellationen (umstritten; Streit betrifft vor allem Rechtsfolgen)
Franchiserecht - Übersicht Rechtsnatur des Franchiseverhältnisses Lizenzvertrag Reiner Geschäftsbesorgungsvertrag BGB-Gesellschaft H.M.: Misch- und Typenkombinationsvertrag
Franchiserecht - Übersicht Europäisches Kartellrecht (Kartellverbot Art. 81 EGV, dabei Gruppenfreistellung beachten: Vertikal-GVO) Deutsches Kartellrecht (GWB, Vertikal GVO) BGB, insbesondere Schuldrecht (allgemeines Schuldrecht, Miet- und Pachtrecht, Dienstvertrags- und Geschäftsbesorgungsvertragsrecht, Kaufvertragsrecht) Verbraucherschutzrecht (im BGB: AGB, Verbraucherkreditrecht) Handelsvertreterrecht (§§ 84 ff. HGB) Urheberrecht Marken- und Gebrauchsmusterrecht Lizenzvertragsrecht (insbesondere Know-how-Überlassung) Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
Leistungen des Franchisegebers Franchisevertrag Leistungen des Franchisegebers Lizenzleistungen (Nutzungsüberlassung) Nutzungsrechte: Marke, Gebrauchs- und Geschmacksmuster, Urheberrechte (z.B. Software, Werbemuster), Know-how-Transfer. Dienstleistungen und Geschäftsbesorgung Beratung, Unterstützung, Begleitung zu Finanzierungsgesprächen, Schulungen und Information, Beschaffung von Einkaufsvorteilen, Warenwirtschaftssystem, Verwaltung, Marktbeobachtung, etc. Kaufvertragsrecht Erstausstattung, Belieferungsverpflichtung (Rahmenverpflichtung). Sonstige entgeltliche Nutzungsüberlassung Geschäftsräume, Handbuch, Schulungsunterlagen etc.
Leistungen des Franchisenehmers Franchisevertrag Leistungen des Franchisenehmers Kapital, Investition in fremdes Geschäftskonzept Systemanwendung im eigenen Unternehmen Arbeitsleistung Betriebsführung Absatzförderung Abnahme von Vertragswaren, Lagerhaltung etc. Eintrittsgebühr (Einstiegsgebühr) Laufende Franchisegebühren Laufende Werbegebühren
Wie viel Know-how braucht Franchising? Franchising und Know-how Wie viel Know-how braucht Franchising? Was ist Know-how? Wieso ist eigentlich überhaupt Know-how notwendig? Was ist das Ziel des Franchisenehmers? Schuldrechtliche Mindestanforderung: Wettbewerbsvorteil durch Erfahrungswissen Kartellrechtliche Mindestanforderung: geheim, wesentlich, identifizierbar.
Vorvertragliches Schuldverhältnis Franchisevertrag - Anbahnungsphase Vorvertragliches Schuldverhältnis Informationsgefälle Weltweit auftretendes Problem des Franchising (Disclosure Requirements FTC, Unidroit etc.) Vorvertragliches Schuldverhältnis mit Haftung aus culpa in contrahendo Entwicklung der RSpr. Aktive Täuschung oder Unterlassen (Aufklärungspflicht) Problematisch: Prognosehaftung des Franchisegebers?
Franchisevertrag - Leistungserbringung Äquivalenzstörungen Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Genaue Bemessung beim Franchising ist rechtlich ungeklärt. Sittenwidrigkeit, Wucher (§ 138 BGB) “Auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung” = Mehr als 100% über Marktpreis. Was ist der “Marktpreis” des Leistungsspektrums?
Typisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung Franchisevertrag - Leistungserbringung Typisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung Leistungen Franchisegeber Gegenleistungen Franchisenehmer Systemeingliederung Aufbauberatung und -Unterstützung Know-how-Transfer Eintrittsgebühr Investition in den Franchisebetrieb Markt- und Wettbewerbsbeobachtung Produktentwicklung Belieferung Beratung, Unterstützung, Controlling Lizenzleistungen Franchisegebühr Warenabnahme, Absatzförderung Lagerhaltung, Mindestbestellmenge Arbeitsleitung Nachinvestition Organisation des Marketing Werbevorlagen Überregionale Werbung Werbegebühr Regionale Werbung
Franchisevertrag - Leistungserbringung Leistungsstörungen Dienst- und Geschäftsbesorgungsvertrag §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Hs. 2, 441 Abs. 3 BGB Kaufvertrag: §§ 434, 437 ff. BGB Belieferungsverpflichtung: §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Hs. 2, 441 Abs. 3 BGB Miet- oder Pachtrecht Insbesondere lizenzvertragliche Elemente §§ 537 ff., 581 Abs. 2 BGB Miet- oder Pachtrecht auch Überlassung Know-how, Marketingkonzept §§ 537 ff., 581 Abs. 2 BGB
Diskutierte Investitionsschutzaspekte Franchisevertrag und Investitionsschutz Diskutierte Investitionsschutzaspekte Fremdbestimmtheit der Investition des Franchisenehmers Auslauf- und Kündigungsschutz Leistungsverweigerungsrecht bei der Rückgabe von Geschäftsräumen (§ 242 BGB) Konkurrenzschutzanspruch (§ 242 BGB) – umstritten Gleichbehandlung Leistungsverweigerungsrecht (§ 275 BGB n.F.)
Verbraucherkreditrecht Franchisevertrag – Kollisionen mit dem Verbraucherschutz Verbraucherkreditrecht Franchisevertrag als Ratenlieferungsvertrag AbzG VerbrKrG §§ 505, 355 BGB Verbrauchereigenschaft, § 13 BGB (Vergleich mit § 310 BGB, § 38 ZPO) Rechtsfolgen: Schriftformerfordernis, § 505 Abs. 2 BGB Widerrufsrecht, §§ 355, 346 ff.
Verbraucherkreditrecht Franchisevertrag – Kollisionen mit dem Verbraucherschutz Verbraucherkreditrecht Teleologische Reduktion des § 507 BGB Probleme des Schriftformerfordernisses Insbesondere: Verdeckte Franchisegebühren Probleme im Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 346 ff. BGB): Rückgewähr der empfangenen materiellen Leistungen Problem der Widerrufsbelehrung Fehler in der BGB InfoV (Schönfelder Nr. 22) Anwendung im Dienstleistungsfranchising
Außenhaftungsrisiken System-Management und Außenhaftung Außenhaftungsrisiken Außenhaftung / Innenhaftung Konzernrecht (analoge Anwendung §§ 291 ff. AktG) nicht übertragbar; franchisetypsische Abhängigkeiten bedingen “Leitungsmacht” im Vertragskonzern. Rechtsscheinhaftung (§ 56 HGB, Anscheins- und Duldungsvollmacht) Produkthaftung (§ 4 ProdHaftG: Hersteller ist, wer sich als Hersteller ausgibt) Produzentenhaftung (Systembeobachtungspflicht?)
Handelsvertreterrecht Franchisevertrag und Handelsrecht Handelsvertreterrecht Keine Generalanalogie (insbesondere nicht hinsichtlich der Provisionsnormen). Analoge Anwendbarkeit des § 89b HGB? Nachvertragliche Wettbewerbsverbote (§ 90 a HGB) Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89a HGB) - Keine Analogie möglich seit Einführung § 314 BGB
Kündigung von Franchiseverträgen Beendigung von Franchiseverträgen Kündigung von Franchiseverträgen Anwendbar: §§ 313, 314 BGB Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung Hohe Anforderungen durch die Rechtsprechung Typische Kündigungssachverhalte Abmahnung (§ 314 Abs. 2 Satz 1 BGB) Kündigungserklärungsfrist
Master-Franchising und Area Development
Selbständigkeit und unternehmerische Freiheit Welche unternehmerischen Freiheiten hat ein Franchise-Nehmer? Eingeschränkt Uneingeschränkt Neue Geschäftsfelder Preise und Konditionen Veränderung des Angebots Personalhoheit Werbung und Marketing Neue Betriebsstätten Verlegung des Standorts Schließung des Unternehmens
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dr. Patrick Giesler Rechtsanwalt www.meyer-koering.de www.franchiserecht.de