Verbraucherkreditrecht einschl. Hypothekenkreditrecht 6. Doppelstunde: Anwendungsbereich Verbraucherkreditrecht, Verbraucherschutzvorschriften im Kreditrecht, Angabepflichten, Sanktionsvorschriften Mittwoch, 02.12.2009, 8:00h – 10:00h DWP, A 411 Michael Knobloch, Rechtsanwalt
Anwendungsbereich Verbraucherkredit Persönlich Kreditgeber: Unternehmer (§ 14 BGB) Zweck des Vertrags maßgeblich Gewerbliche oder selbständig berufliche Tätigkeit BGH, Urteil vom 23.Januar 2003, XI ZR 63/01 Eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 VerbrKrG ist eine auf Dauer angelegte wirtschaftlich selbständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb. Nicht: Verwaltung eigenen Vermögens BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 Darlehensgeber im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB kann auch ein Unternehmer sein, dessen unternehmerische Tätigkeit sich nicht auf die Kreditvergabe bezieht. Notwendig ist nur, dass der Unternehmer bei Abschluss des Darlehensvertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt, wobei auch eine erstmalige Darlehensvergabe gelegentlich der gewerblichen Tätigkeit ausreichend ist.
Anwendungsbereich Verbraucherkredit Persönlich Kreditnehmer: Verbraucher (§ 13 BGB) BGH, Urteil vom 30. September 2009, VII ZR 7/09 Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Zweck verfolgten Ziel nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren objektiven Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. BGH, Urteil vom 23.Januar 2003, XI ZR 63/01 Auf einen Kreditvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu der sich mehrere natürliche Personen zusammengeschlossen haben, kann das Verbraucherkreditgesetz anwendbar sein. Darlehensnehmer: Existenzgründer (§ 507 BGB) natürliche Person; Kredite bis 50.000 Euro; unternehmertische Tätigkeit noch nicht ausgeübt
Informationspflichten nach § 492 BGB Schriftform (§ 492 Abs. 1 BGB) Nettodarlehensbetrag (Nr. 1; § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB) Gesamtbetrag (Nr. 2) Art der Rückzahlung (Nr. 3) Nominalzinssatz (Nr. 4 Alt. 1) Sonstige Kosten des Kredits (Nr. 4 Alt. 2) Effektiver Jahreszins (Nr. 5) Kosten von Versicherungen (Nr. 6) Sicherheiten (Nr. 7) Nicht: Darlehensnennbetrag (§ 498 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
Nominalzinssatz/effektiver Jahreszins In Prozent ausgedrückter Preis für geliehenes Kapital für einen bestimmten Zeitraum bei Ratenkrediten oft Monatsgebührensätze bei Immobiliardarlehen Nominalzinssatz pro Jahr Effektiver Jahreszins: Regelung in Preisangabenverordnung Indikator für die relative Belastung Sanktion bei Falschangabe
Schriftform i.S.v. § 492 I BGB (§ 4 I VerbrKrG) Gesetzliche Vorgabe: einfache Schriftform (S. 1) kein Abschluss in elektronischer Form (S. 2) getrennte schriftliche Erklärung möglich (S. 3) gilt auch für spätere Änderungsvereinbarungen Rechtsfolge bei Verstoß: Nichtigkeit des Vertrags (§ 494 I BGB) Heilung durch Auszahlung (§ 494 Abs. 2 S. 1): Darlehensnehmer empfängt das Darlehen/nimmt es in Anspruch: Auszahlung an den Darlehensnehmer Weisungsgemäße Auszahlung an Dritten Fortsetzung der Darlehensnutzung bei ausgezahltem Darlehen
Heilung bei Verstoß gegen qualifiziertes Formerforderniss Fehlender Zinssatz, effektiver Jahreszins oder Gesamtbetrag: Ermäßigung des Zinssatzes auf den gesetzlichen Zins (§ 494 Abs. 2 S. 2 BGB) Nicht angegebene Kosten oder Sicherheiten: Sind nicht geschuldet (§ 494 Abs. 2 S. 3 BGB) Nichtangabe der Ratenanzahl, der Kosten der Versicherung: Keine Reduzierung des Zinssatzes (BGH, 18.12.2007 – XI ZR 76/06)
Heilung bei Verstoß gegen qualifiziertes Formerforderniss Falscher effektiver Jahreszins: Ist der effektive oder der anfängliche effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, so vermindert sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Zinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive oder anfängliche effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist (§ 494 Abs. 3 BGB)
Auswirkung der Restschuldversicherung auf den effektiven Jahreszins Beispiele aus Finanztest, Heft 3/2006
Das neue Verbraucherkreditrecht Grundlage EU-Richtlinie 2008/48/EC Vollharmonisierung als Ziel Kaum Gebrauch der Spielräume durch den Gesetzgeber Zwingendes Recht (Art. 22 II RL) Anwendungsbereich Konsumenten- und Teilzahlungskredite inkl. Finanzierungshilfen (Leasing) Überziehungskredite Immobiliardarlehen Ausgenommen: Kredite < 200 Euro, Pfandleihe, Arbeitgeberdarlehen
Neues Verbraucherkreditrecht Implementierung BGB, EGBGB, PAngV, KWG, BDSG Inkrafttreten Regelungen zu Verbraucherkrediten am 11. Juni 2010 Neue Informationspflichten gelten nur Neuverträge Vorzeitige Rückzahlung etc. ist auf laufende Verträge anwendbar Art. 229 § 22 III EGBGB-neu Neue Begrifflichkeiten „Sollzinssatz“ (= Nominalzins) Definition in § 489 V BGB-neu Verzugszinssatz § 503 II BGB-neu effektiver Jahreszins anfänglicher effektiver Jahreszins wird gestrichen
Werbung und effektiver Jahreszins Repräsentatives Beispiel in der Werbung § 6a PAngV Werbung mit „Zinssätzen oder sonstigen Zahlen“ für einen Kreditgegenüber Letztverbrauchern Pflichtenkatalog über anzugebende Kosten Beispiel muss repräsentativ sein, d.h. 2/3 der Kunden müssen diesen oder einen günstigeren eff. JZ erhalten Ziel: Verhinderung von Lockvogelangeboten Einbeziehung von Kosten in den effektiven Jahreszins § 6 PAngV Gesamtkosten Kosten des Kreditvermittlers, soweit dem Kreditgeber bekannt Versicherungen nur dann, wenn „Voraussetzung für Kreditvergabe an sich oder zu den vorgesehenen Bedingungen Kontoführungsgebühren, wenn zwingend Keine Notarkosten Keine Kosten für Sicherheiten bei Immobiliardarlehensverträgen
Neue Informationspflichten Vorvertragliche Informationspflichten Anspruchsgrundlage: § 491a I BGB-neu iVm Art. 247 EGBGB-neu Standardisiertes Merkblatt Anlage 3 zu § 247 EGBGB-neu bei Fernabsatz zusätzliche Informationspflichten, nun zu finden in Art. 246 § 1 EGBGB-neu Angemessene Erläuterungen § 491a III BGB-neu für Zweck individuell geeignet den Vermögensverhältnissen angepasst Vertragliche Informationspflichten § 492 Abs. 1 S. 5 wird gestrichen Neuregelung in Art. 247 §§ 6-13 EGBGB-neu Verweis auf Katalog in Art. 247 § 3 EGBGB-neu Recht auf Vertragsentwurf § 491a II BGB-neu
Form des Vertragsschlusses und Kostenangaben Schriftform bleibt als Regel bestehen § 492 BGB elektronische Signatur genügt (§ 126a BGB) Ausnahme: Überziehungsmöglichkeit Ausnahme: Teilzahlungsgeschäfte Angabepflichten im Vertrag § 492 II BGB-neu iVm Art. 247 § 6 iVm § 3 EGBGB-neu Thema Restschuldversicherung Keine wirklichen Veränderungen Sanktionen bei fehlenden Angaben § 494 II – IV BGB-neu Nichtigkeit in bestimmten Fällen Heilung bei Auszahlung Reduzierung auf gesetzlichen Zinssatz Reduzierung des effektiven Jahreszinses Nicht angegebene Kosten werden nicht geschuldet
Verantwortliche Kreditvergabe Keine Pflicht zur Beratung „Angemessene Erläuterungen“ gem. § 491a III BGB-neu Standardisiert/Individuell Abgrenzung zu einer Beratung „Verantwortliche Kreditvergabe“ Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit Banken und Sparkassen § 18 II KWG-neu Unternehmen bei entgeltlichen Finanzierungshilfen § 509 BGB-neu Direkte Ziele Leistungsfähigkeit der Kreditnehmer gewährleisten Bonitätsprüfung vor Kreditvergabe Weitergehende Ziele Überschuldung verhindern Auswirkungen auf die Wirtschaft verhindern (negatives Beispiel Finanzkrise)
Tilgungspläne Anspruch auf Tilgungsplan § 492 III BGB-neu Tilgungsplan ergibt sich aus Vertragsangaben Kein allgemeiner Anspruch vor oder bei Vertragsschluss Anspruch auf Zusendung nach Vertragsschluss Auf Anfrage Kostenlos Mehrfacher Anspruch bei Verlust? Erneuter Anspruch bei Ratenplanänderungen? Form Reaktion von Anbietern Gleichzeitiges Mitsenden eines Tilgungsplans Zusendung von geänderten Tilgungsplänen bei zwischenzeitlichen Änderungen
iff-Beispiel Tilgungsplan Nettodarlehen: 7.819,54 € Gesamtbetrag: 14.556,50 € Sollzinz (Nominalzins): 11,70% Rate: 200,00 € Zinsen gesamt: 4.166,61 € Effektiver Jahreszins: 11,99% Laufzeit: 84 Monate Restschuldversicherung 963,00 € Bearbeitungsgebühr (3 %) 175,65 € Datum Art der Zahlung Rate Auszahlungen / Kosten Zinsen Tilgung Restschuld 01.07.1996 Kreditbetrag 7.819,54 Restkreditversicherung 963,00 8.782,54 Bearbeitungsgebühr 175,65 8.958,19 01.08.1996 Erste Rate 200,00 0,00 87,34 112,66 8845,53 01.09.1996 regelm. Raten 86,24 113,76 8731,77 01.10.1996 85,13 114,87 8616,90 01.11.1996 84,01 115,99 8500,91 01.12.1996 82,88 117,12 8383,79 31.12.1996 Jahresende 79,02 -79,02 8462,81 01.01.1997 2,72 197,28 8265,53 01.02.1997 80,59 119,41 8146,12 01.03.1997 79,42 120,58 8025,54 01.04.1997 78,25 121,75 7903,79 01.05.1997 77,06 122,94 7780,85