VL Bewegungswissenschaft 5. Die empirisch-analytische Betrachtungsweise
Wesen, Definition Beschreibung und Erklärung der Motorik über Fähigkeiten und Fertigkeiten Fähigkeiten und Fertigkeiten sind überdauernde Persönlichkeitseigenschaften Anlehnung an Theorien und Methoden der Psychologie Verwissenschaftlichung der Bewegungslehre
Entstehung, heutiger Stand Erste Darstellung: Willimczik/Roth, 1983 Neubestimmung: Roth/Willimczik, 1999 Konsequente Orientierung an Differentieller Psychologie Bereich Motorische Tests früher zu eigenständig gesehen Kritische Aspekte (s.u.) heute bewußter!
Differentielle Psychologie D.P. erforscht Art und Ausmaß individueller Unterschiede Intelligenz- und Persönlichkeitsforschung Motorik bisher dort vernachlässigt Fragen Welche Merkmale beschreiben Differenzen? Wie viele, wie ermittelt?
Fähigkeiten + Fertigkeiten
Differentielle Motorik-Merkmale Allgemeine, individuum-übergreifende Merkmale Nicht direkt beobachtbar, sondern Verhaltensdispositionen, Persönlichkeitseigenschaften Querschnittliche Konsistenz d.h. bei ähnlichem Kontext ähnliches Verhalten + längsschnittliche Stabilität d.h. überdauernde Merkmale
Definition Fähigkeiten Motorische Fähigkeiten Niveau der Steuerungs- und Funktions-prozesse, die bewegungsübergreifend von Bedeutung sind. Voraussetzungen für Bewegungsklassen Binnengliederung (Breite, Generalität)
Definition Fertigkeiten Motorische Fertigkeiten Niveau der Steuerungs- und Funktions-prozesse, die bei der Realisierung einer spezifischen Bewegung zugrunde liegen. Jede Bewegung ist also eine Fertigkeit Geschlossene vs. offene Fertigkeiten: Ausführung exakt vorgeschrieben vs. Variierend Allgemeinheitsgrad
Kontinuum Fäh- Fertigkeiten Fähigkeiten Fertigkeiten Kontinuum Bewegungsgebunden-bewegungsübergreifend Hangsprung-Weitsprung-Sprungkraft-Kraft-Kondition
Motorische Fertigkeiten
1:1 – Beziehung Fertigkeiten/strukturelle Bewegungsformen !? Fertigkeiten, Wesen 1:1 – Beziehung Fertigkeiten/strukturelle Bewegungsformen !? Frage nach Klassifizierung, Systematik Viele sportartspezifische Angebote!
Klassifikation mot. Fertigkeiten !
Elementare motorische Fertigkeiten Gehen, laufen, hüpfen, springen, heben, tragen, ziehen, schieben, klettern, ... „Mindestbestandteile“ der Fertigkeitsausstattung Aneignung im Kleinkind-, Vorschul- oder Grundschulalter Alter des ersten Auftretens Qualitative Differenzen
Sportmotorische Fertigkeiten Sportartspezifisch: Fosbury, Straddle, Tauchwälzer, Hay-Technik, Schersprung Sportartspezifische Systematiken (s. dort) Erfassung: Beherrschen vs. Nicht-Beherrschen Qualitative Ausführungsmerkmale Quantitative Ausführungs- und Ergebnismerkmale
Motorische Fähigkeiten
Basis- und spezielle Fähigkeiten Basisfähigkeiten: Dimensionen der menschlichen Motorik Bös/Mechling, 1983 wenige, einfache und unabhängige Merkmale Spezielle Fähigkeiten Ausdifferenzierung, komplexe Fähigkeiten
Wie ermittelt man Fähigkeiten? Fähigkeiten sind sowohl Korrelate körperlicher Gegebenheiten bei der Bewegungsproduktion als auch Gemeinsamkeiten einer Reihe von beobachtbaren Verhaltensweisen Bindeglieder zwischen beobachtbarem Verhalten und seinen Erklärungen
Stellung in der Motorik Physiologie, Anatomie Bewegungs- steuerung Deduktion Motorische Fähigkeiten Motorische Tests Sportliche Bewegungen Induktion
Induktive Fähigkeitsbestimmung Phänomen klären, abgrenzen Typische Verhaltensweisen benennen Verhaltensraum mit Sportmotorischen Tests abdecken Fähigkeitsstruktur mit Faktorenanalyse aufdecken
Daten: k Tests von n Probanden (n>4k) Faktorenanalyse Daten: k Tests von n Probanden (n>4k) k-dimensionaler Fähigkeitsraum Neuordnung dieses Raumes so, dass Reihenfolge der „wichtigsten“ Komponenten (Faktoren) entsteht Entscheidung für Zahl der Faktoren Benennung der Faktoren Neuer Fähigkeitsraum
Deduktiv (z.B. Substrate) Beispiel: Aus Energiebereitstellungsmechanismen werden Ausdauerfähigkeiten deduziert: Anaerob-alaktazid (CP) Anaerob-laktazid Aerob-glykolytisch Aerob-lipolytisch
Konditionelle Koordinative (energetische) (informationelle) Das Fähigkeitssystem Konditionelle (energetische) Fähigkeiten Koordinative (informationelle) Ausdauer Beweg- lichkeit Schnellig- keit Kraft Koordinative Fähigkeiten i.e.S.
Praxis: Erfassung der Motorik
Gütekriterien: Objektivität, Reliabilität und Validität Motorische Tests Sportmotorische Tests sind Bewegungsaufgaben, deren Realisation auf den Ausprägungsgrad von zugrundeliegenden motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten schließen läßt. Gütekriterien: Objektivität, Reliabilität und Validität Elementartest, Komplextest Einzeltest, Testbatterie
KTK (Körper-Koordinationstest für Kinder) Schilling & Kiphard, 1974 Motorische Tests Beispiele: KTK (Körper-Koordinationstest für Kinder) Schilling & Kiphard, 1974 Basic Fitness Test (Fleishman, 1964) Fetz-Test (Fetz, 1982) Nebengütekriterien: Standardisierung Ökonomie Normierung
Prozentränge, Perzentile: Normierung z-Transformation: Lineartransformationen z = (x-m)/s; Z = 100+10*z Effekt: dimensionslose Einordnung Prozentränge, Perzentile: Flächen unter der Verteilungskurve
AAHPER-Youth-Fitness-Test Beispiel Z-Werte AAHPER-Youth-Fitness-Test
Beispiel Prozentrangnorm AAHPER-Youth-Fitness-Test
Bilanz: empirisch-analytisch Merkmale: Allgemeine Aussagen, keine individuellen Annahme genereller Fähigkeiten Systeme der Motorik Erklärung und Prognose sportl. Leistungen Kritik: Im Spitzenbereich fragwürdig Expertise-Ansatz, Spezifitäts-Ansatz Mehrdeutigkeiten, Methoden-Probleme Umfang gel. enttäuschend! Grenzen bekannt, Erwartungen realistisch formulieren!