Holger Reinisch Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

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 Präsentation transkript:

Holger Reinisch Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Grund- und Zeitprobleme der Wirtschaftspädagogik“ an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, 11.07.2006

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung Gliederung I Problemstellung 2. Lehrplan und Curriculum 2.1 Lehrplanpolitik im Kontext nationalstaatlicher Muster der Steuerung von Bildungssystemen 2.2 Didaktische Modellvorstellungen über die Wirkung von Lehrplänen 2.3 Didaktische Funktionen von Lehrplänen 2.4 Lehrplan- und Curriculumforschung Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung Gliederung II 3. Ausgewählte Aspekte der Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung 3.1 Ausgangspunkt: Curriculare Aspekte der Institutionalisierung kaufmännischer Berufsbildung im späten Mittelalter 3.2 Utilität vs. Bildung: Curriculares Denken im Kontext des Entstehens der bürgerlichen Gesellschaft 3.3 Berufsausbildung als Bildung: Die Lehrplanideen der Vertreter der klassischen Berufsbildungstheorie 3.4 Die curriculare Wende der 1970er Jahre 3.5 Lernfeldorientierung 4. Resümee Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Ebenen des Curriculums Quelle: Gekürzte Übernahme aus Arnold (2001) Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Didaktische Funktionen von Lehrplänen Auswahl desjenigen Wissens, welches als „vermittlungs- bzw. aneignungswürdig“ gilt und Begründung dieser Selektion, Ordnung des ausgewählten Wissens in sachlicher und zeitlicher Hinsicht, hierbei geht es einerseits um die Zuordnung von Lehrstoffen zu Lernenden und Lehrkräften und andererseits um die Entwicklung inhaltlich ausgeformter Ordnungsschemata für die sozial geregelte Aneignung von Wissen – traditionell wird die Aufgliederung des gesamten ausgewählten Lehrstoffes in Unterrichtsfächer als zentraler Modus zur Lösung dieses Problems genutzt. Reihung des ausgewählten Wissens, hierbei geht es letztlich um die Festlegung der Reihenfolge, in der die einzelnen Bestandteile des ausgewählten Wissens gelehrt werden sollen und hoffentlich auch gelernt werden. Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Curriculumtheoretische Fragestellungen Quelle: In Anlehnung an Kutscha (o.J.) Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung QUALIFIKATORISCHE UND KULTURELLE ANFORDERUNGEN AN DEN KAUFMANN ALS DETERMINANTEN DES KAUFMÄNNISCHEN CURRICULUMS IM SPÄT-MITTELALTER UND DER FRÜHEN NEUZEIT Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Utilität vs. Bildung Jean Jaques Rousseau Entweder Bildung zum Menschen oder Bildung zum Bürger Beides zugleich geht nicht. Aufklärungspädagogik Neuhumanismus Idee der gehobenen Kaufmannsbildung Scheitert in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung Das „klassische“ kaufmännische Curri-culum um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Vier parallel zu unterrichtende Fächer: Kaufmännische Korrespondenz Kaufmännische Arithmetik Buchhaltung Kontorwissenschaft (auch: Handelslehre, Handelskunde, Handelsbetriebslehre oder Handelswissenschaft genannt) Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Die curriculare Wende der 1970er Jahre

Lernfeldorientierung I (KMK 1996) Merkmale Ziel des Berufsschulunterrichts: „Entwicklung von Handlungskompetenz“ (KMK 1999, S. 9) Methodik: „Spezifische Pädagogik, die Handlungsorientierung betont“ (KMK 1999, S. 8) 3) Auswahlprinzipien für Lerninhalte: Didaktische Bezugspunkte sind Situationen, die für die Berufs-ausübung bedeutsam sind (Lernen für Handeln). (KMK 1999, S. 10) (Naive Situationsorientierung) Bildungsgangorganisation Ersetzung der Unterrichtsfächer durch Lernfelder Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lernfeldorientierung II (KMK 1996) Definition „Lernfelder“: „Die Rahmenlehrpläne der KMK sind nach Lernfeldern strukturiert. Lernfelder sind durch Zielformulierungen, Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungs-abläufen orientiert sind. Aus der Gesamtheit aller Lernfelder ergibt sich der Beitrag der Berufsschule zur Berufsqualifikation.“ KMK 1999, S. 14 Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung

Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung Resümee Die Wandlungen der kaufmännischen Lehrpläne im Zeitablauf können als Pendelbewegung zwischen Wissen-schafts- und Situationsprinzip rekon-struiert werden. Zwischen dem intendierten und dem implementierten Curriculum bestehen Differenzen (Kriterium der Lehrbar-keit). Die Lehrplanpolitik muss die sys-tematische Diskrepanz zwischen Schule und Leben berücksichtigen. Lehrplangeschichte der kaufmännischen Berufsausbildung