II. Teil: Individualarbeitsrecht Teilbereich: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
II. Teil: Individualarbeitsrecht Teilbereich: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz (§§ 1 ff. KSchG) Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen Der befristete Arbeitsvertrag Die Anfechtung des Arbeitsvertrages Betriebsinhaberwechsel und Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2
3. Der Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen Besonderer Kündigungsschutz = gesetzliche Kündigungsverbote zugunsten bestimmter Personengruppen Wichtig: seit 1.1.2004 gilt 3-Wochen-Klagefrist nach § 4 KSchG auch für diese Unwirksamkeitsgründe -> Fristversäumung: rückwirkende Heilung (Wirksamkeitsfiktion)
3. Der Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen Beispiele des besonderen KSchutzes: § 15 BetrVG – betriebliche Mandatsträger § 22 BBiG – Auszubildende § 2 I ArbPlatzSchG – Wehr- und Zivild. § 9 MuSchG – (SW und bis 4 Monate nach Entbindung) §§ 18 BEEG, 5 PflegeZeitG – Eltern/Pflegezeit §§ 85, 91 SGB IX – Schwerbehinderung 4
3. Der Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen Wirkungsweisen des besonderen KSchutzes: Ausschluss der ordentlichen Kündigung, z.B. §§ 15 BetrVG, 22 BBiG -> § 134 BGB; (beachte auch § 103 BetrVG) Absolutes Verbot mit ausnahmsweiser behördlicher Erlaubnis, z.B. §§ 9 MuSchG, 18 BEEG, 5 PflegeZeitG Vorherige Zustimmung erforderlich, z.B. § 85 SGB IX (vgl. auch § 84 SGB IX) -> ohne vorherige behördliche Erlaubnis/Zustimmung ist Kündigung unwirksam 5
3. Der Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen Rechtsschutz bei besonderem KSchutz bei behördlichem Erlaubnis- oder Zustimmungsvorbehalt -> Zweigleisiger Rechtsweg Verwaltungsrechtlich -> Widerspruch/Klage gegen Erlaubnisbescheid arbeitsrechtlich -> Klage gegen Kündigung 6
4. Der befristete Arbeitsvertrag Rechtsentwicklung: ursprünglicher GS in § 620 I BGB -> Vertragsablauf mit Fristende Problem nach KSchG von 1952 – Umgehung des gesetzlichen KSchutzes durch Befristung Folge: Rechtsprechung – Befristung grds. nur mit Sachgrund; später: BeschFG – Befristung ohne Sachgrund Jetzt: TzBfG, insbesondere §§ 14 ff. TzBfG
4. Der befristete Arbeitsvertrag Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund: RL 1999/70/EG (Befristung); daneben 97/81/EG (Teilzeit) Ausgangspunkt: unbefristeter Arbeitsvertrag soll Ausnahme bleiben – Vermeidung von Prekarisierung und Kettenbefristungen -> heutige Sicht: Die Zulässigkeit der Befristung ist unabhängig von der Umgehung des Kündigungsschutzes, vgl. BAG NZA 2005, 218
4. Der befristete Arbeitsvertrag Anwendung des TzBfG § 620 Abs. 3 BGB: Verweist auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) TzBfG unterscheidet zwei Arten der Befristung: Zeitbefristung (§ 3 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. TzBfG) Zweckbefristung ( § 3 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. TzBfG) Ende des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Befristung „automatisch“, keine Kündigung erforderlich TzBfG gilt für jede Art von Arbeitsverhältnissen (somit auch für Kleinbetriebe und Haushalte)
4. Der befristete Arbeitsvertrag I. Wirksamkeitsvoraussetzungen der Befristung a) Schriftform - § 14 Abs. 4 TzBfG b) Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG: Wenn sachlicher Grund vorliegt, § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG - kein abschließender Katalog der Sachgründe, Parallelität mehrere Gründe möglich Vorliegen des Sachgrundes ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen Sachgründe (bis auf Nr. 8) setzen eine tatsächlich fundierte Prognose voraus Sachgrund wird fingiert, wenn Klagefrist nach § 17 TzBfG versäumt (vgl. § 7 KSchG)
4. Der befristete Arbeitsvertrag c) Ausnahme vom Erfordernis des sachlichen Grundes – Legalbefristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG: gesetzlich zulässige Befristung ohne sachlichen Grund bis zur Dauer von 2 Jahren zulässige Verlängerung: höchstens dreimal Ausschlusstatbestand nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG: Anschlussverbot - kein vorheriges Arbeitsverhältnis zwischen diesen Vertragsparteien d) weitere Ausnahmen von dem Erfordernis eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 2a und 3 TzBfG
4. Der befristete Arbeitsvertrag II. Rechtsfolgen einer wirksamen Befristung – § 15 TzBfG § 15 Abs. 1 TzBfG – Ende des Arbeitsvertrages mit Fristablauf oder § 15 Abs. 2 TzBfG – Ende mit Zweckerreichung bzw. zwei Wochen nach Zugang der schriftl. Unterrichtungserklärung hierüber grundsätzlicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung befristeter Verträge nach § 15 Abs. 3 TzBfG ggf. stillschweigende Verlängerung nach § 15 Abs. 5 TzBfG
4. Der befristete Arbeitsvertrag III. Rechtsfolgen einer unwirksamen Befristung § 16 - an die Stelle des befristeten tritt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ggf. Anwendbarkeit des KSchG IV. Gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit nach § 17 TzBfG Klagefrist drei Wochen
5. Anfechtung Abschluss des Arbeitsvertrages durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen, so dass Anfechtungsregeln der §§ 119 ff. BGB auch für Arbeitsverträge gelten Hauptanwendungsfälle: verkehrswesentliche Eigenschaft, 119 II -> dauerhaft und konkrete Umstände des Arbeitsverhältnisses maßgebend, z.B. dauerhaft fehlende Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers Täuschung, 123 I -> korrespondierend mit Fragerecht des Arbeitgebers
5. Anfechtung Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist, §§ 121, 143 BGB Rechtsfolgen einer Anfechtung: § 142 BGB – modifiziert im Arbeitsrecht durch Wirkung ex nunc Modifikationen beim Schadenersatzanspruch wegen ArbN-Schutz, § 122 BGB
6. Betriebsinhaberwechsel Schutz der Arbeitnehmer bei Betriebsinhaberwechsel durch § 613a BGB geregelt: I. Voraussetzungen nach § 613a BGB Betrieb oder Betriebsteil (= Teileinheit, mit der ein organisatorischer Teilzweck verfolgt werden kann) Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils = Übernahme derjenigen sachlichen, persönlichen und immateriellen Mittel mit denen der Betrieb bzw. Betriebsteil im Wesentlichen unverändert fortgeführt werden kann durch Rechtsgeschäft (genauer: auf rechtsgeschäftlicher Grundlage) auf einen neuen Inhaber (tatsächliche Übernahme der Leitungs- und Organisationsmacht) -> Betriebsübergang
6. Betriebsinhaberwechsel II. Rechtsfolgen Übergang bestehender Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber (§ 613a I Satz 1 BGB) = Übergang der Arbeitgeberstellung mit allen Rechten und Pflichten auf den Betriebserwerber - Ausnahme: Widerspruch des Arbeitnehmers Gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers für die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits entstandenen und fällig gewordenen Verbindlichkeiten (§ 613a Abs. 2 BGB) Individualrechtliche Bindung des Erwerbers an bestehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen Unwirksamkeit einer Kündigung wegen des Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4 BGB)