Vorurteile und Diskriminierung

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 Präsentation transkript:

Vorurteile und Diskriminierung Seminar Sozialpsychologie WS 2011/2012 Hannah Lill & Theresia Graf

Definitionen → Stereotypen (kognitive Komponente) Kategorisierende Assoziationen bzw. Generalisierungen über eine Gruppe von Personen die Beobachter machen, um virtuell vermeintlich identische Charakteristiken, allen Gruppenmitgleidern zuzuschreiben, ohne dabei die eigentliche Variation zu berücksichtigen. → Vorurteile (affektive Komponente) Negative, feindselige Einstellungen gegenüber einer abgrenzbaren Gruppe von Menschen, die lediglich auf ihrer Mitgliedschaft in jener Gruppe basiert. → Diskriminierung (behaviorale Komponente) Ungerechtfertigte negative oder schädigende Handlung gegenüber einem Mitglied n einer Gruppe, lediglich basierend auf seiner Mitgliedschaft.

Herkunft und Entwicklung Stereotypen Vorurteile Diskriminierung „Intergroup relations“ ?

Wie kann es durch Kategorisierung zu Vorurteilen kommen? „Social Identity theory“ (Taijfel & Turner, 1979): → Personen haben verschiedene Konzepte ihres Selbst (individuell, sozial, kollektiv) und ordnen ihr Selbst je nach Konzept als Mitglied einer „ingroup“ zu, → Selbstkategorisierung (gewöhnlich subjektiv positiver als „outgroup“) Stereotypen Depersonalisation Vorurteile

Wie kommt es zur Selbstkategorisierung? Zwei Prinzipien: → Comparative fit Verständnis des durchschnittlich wahrgenommenen Unterschiedes zwischen Mitgliedern der Zielgruppe und „outgroup“-Mitgliedern Ziel: Homogenität steigern durch: - Minimierung von Differenzen in der „ingroup“ - Maximierung von Differenzen mit der „outgroup“ → Normative fit Verständnis gemeinsamer Normen, Blickwinkel und sozial geteilter Normen was Differenzen innerhalb und im Vergleich zur „outgroup“ angeht, sollte mit dem Blickwinkel der ganzen Gruppe übereinstimmen Interaktion beider erzeugt Stereotypen

Wie entstehen Stereotypen? → „Stereotype content model“ „Wollen mir „outgroup“- Mitglieder was Gutes oder wollen sie mir schaden? Und Sind sie fähig ihre Intention umzusetzen?“ → Antwort auf diese Fragen produzieren Stereotypen: >Ambivalente Stereotypen Alte Leute sind nett, aber inkompetent, Asiaten sind nicht nett aber kompetent > Weder-noch- Stereotypen: Arme Leute weder nett, noch kompetent > Beides: Menschen aus der Mittelklasse sind sowohl nett als auch kompetent

Wie entwickeln sich Stereotypen zu Vorurteilen? „Stereotypes differentiate „us“ from „them““(Fiske&Neuberg) → nicht ausschließlich aufs Wahrnehmbare beschränkt → auch wenn eine Person eine illusorische Korrelation zwischen einer Gruppe und einer bestimmten Charakterisitk wahrnimmt → spiegelt Wissen des Betrachter über (nationale) Machtverhältnisse wieder → Menschen assoziieren manchmal fälschlicherweise seltene Ereignisse mit selten wahrgenommenen Menschen (Minderheiten) => Fehler in der Wahrnehmung, Übertreibung „Processing biases“

Wie entstehen Vorurteile innerhalb einer Gruppe? → Bedrohungen der Gruppe als primäre Quelle: Fiske & Ruscher (1993): „negative interdependence“ Betrachter sieht die „outgroup“ als hemmenden Faktor beim Erreichen der Ziele seiner Gruppe => Angst, Furcht, Frustration, Wut → Vorurteile gegenüber der „outgroup“ → Bedrohungen der Gruppe = Bedrohung des Selbst → Gruppen sind kompetitiver als Einzelpersonen Vor allem mit zunehmender Homogenität und Macht => Vorurteil als Ausdruck ihrer wahrgenommenen wirtschaftlichen Bedrohung?

Modelle des Stereotypisierungsprozesses: Continuum Model von Fiske & Neuberg (1990): → Eindrucksbildungsprozesse von kategoriebasierter Wahnehmung zur Wahrnehmung die auf Attributen basiert: Automatische Kategorisierung--> Kategoriebestätigung --> Transformierung der anfänglichen Kategorie in ein Attribut => geleitet von Konfiguration vorhandener Infos und motivationalen Umständen Dual process model von Brewer (1998) - controlled processing („bottom-up“, volitional,zielgerichtet) - automatic processing („top-down“, Wissensanreicherung, Verknüpfung Mit bestehenden Assoziationen) => Gemeinsamkeiten: Stereotypisierung → Attribuisierung

Nützlichkeit von Stereotypen Reduzierter kognitiver Aufwand Betrachter behalten lieber ihre Vorannhamen, als Informationen zu suchen die stereotypisch-inkonsistent sind. => Ressourcen bleiben für anspruchsvolle kognitive Aufgaben bestehen Bewahrung des Status-quo → „belief in a just world“ → Und sogar komplementäre Stereotypen (dumm aber glücklich, reich aber unglücklich) fallen in diese Kategorie Reibungslose Interaktion wenn beide Personen dem selben Stereotypen zustimmen oder wenn die Interaktion nur kurz und für den Stereotypisierenden einmalig ist. Lassen ersten Eindruck über eine Person entstehen

Processing biases Aufmerksamkeitsbiases Gedächtnisbiases → Stereotypkonsistente Infos werden leichter angenommen => „subgroups“ werden ignoriert ,„subtypes“ werden geschaffen Gedächtnisbiases Biases beim Abrufen und Wiedererkennen Attributionsbiases Externale vs. Internale Attribution

„John Williams is a black American „John Williams is a black American. On his first day of work at a new job at a mid-size print advertising firm, he arrived early to set up his office, only to find that his ‚office‘ was not with the other two new recruits but in the basement, in what was previously a janitor‘s closet. Displayed prominently on his computer was a noose.“

Rassismus ambivalenter Rassismus aversiver Rassismus  rassistische Einstellung mit gleichzeitiger Sympathie (Verantwortlichkeit) aversiver Rassismus  Selbstbild: fair, nicht voreingenommen  negative Einstellungen gegenüber Minderheiten symbolischer Rassismus  rassistische Einstellung als Teil des Wertesystems moderner Rassismus  Rassismus als altmodisch betrachtet  Rassismus heute besteht trotz anderer Bedingungen

Modelle ‚Dissociation Model of stereotypes‘ ‚double standard model‘  Unterscheidung zwischen Gedanken und Verhalten  expliziter Rassismus vs. impliziter Rassismus  offensichtlicher vs. subtiler Rassismus  Schutz des Bilds vor der Öffentlichkeit und des Selbstbilds ‚double standard model‘  Leistung wird nach Status beurteilt ‚shifting standard model‘  Beurteilung abhängig von Gruppenzugehörigkeit

„Mary Carpenter is a white, 22-year-old interested in construction „Mary Carpenter is a white, 22-year-old interested in construction. For the past six months, she has been unsuccessfully searching for a job. Though she has submitted applications to all jobs for which she felt qualified, she has had no luck. In the same time period, she saw her male friends receive offers in the same field, so she knows the demand is definitively there.“

Sexismus Neosexismus  sexistische Einstellung ohne sozial unerwünschte Gedanken  subtile Vorurteile moderner Sexismus  Sexismus als altmodisch betrachtet wohlwollender Sexismus  sexistische Einstellung mit wohlwollendem Aspekt  ambivalent

deskriptive vs. präskriptive Stereotypen deskriptive Stereotypen  Beschreibung, über Personen einer Gruppe (wie sie sich verhalten, denken und fühlen) präskriptive Stereotypen  Erwartungen, über Personen einer Gruppe (wie sie sich verhalten, denken und fühlen sollten) geschlechts-verstärkende Präskriptionen geschlechts-gelöst Präskriptionen Geschlecht als Status Charakteristik > deskriptiv: weiblich niedrigerer Status als männlich > präskriptiv: weniger Kompetenz erwartet  unterschiedliche Behandlung

Aus Perspektive der „Opfer“... Gefahr durch Stereotypen sich den Stereotypen fügen  Konfliktvermeidung gesundheitliche Effekte  auf Gesundheit, emotionales Wohlbefinden, Zufriedenheit zusätzliche Last Schwächung der Leistung Erfüllung der Stereotypen

Umgang mit Diversität am Arbeitsplatz Pluralismus-Modell „Colorblindness-Modell“ → individuelle Unterschiede sind bewusst, real und wichtig für den Umgang miteinander → Unterschiede sollten in täglichen Situationen anerkannt und bewertet werden → Differenzierung → individuelle Unterschiede sind nur oberflächlich vorhanden und irrelevant für Interaktionen → Unterschiede sollten ignoriert werden um Konflikte zu vermeiden → Integration Beispiel: - value-added-models - mutual-accomodation models - die klassische „melting-pot“- Metapher

Vor- und Nachteile des Colorblindness-Modells im Bezug auf Diversität Pro: - „blind application“ - Chancengleichheit? Contra: - Zweideutigkeit, Ambivalenz und die automatische Entstehung von Biases? - individuelle Identität? - Majoritäten und Minoritäten können „Colorblindness“ verschieden auslegen und in unterschiedlicher Weise einsetzen

Implizite Stereotypen Tetlock et al. vs. Jost et al. außergewöhnliche Behauptungen „Gedanken lesen“ überwältigt von der bloßen Menge an Studien starker Rückgang von Vorurteilen Feinheiten, Komplexitäten und Interaktionen nicht berücksichtigt IAT als „Test“ für implizite Rassisten physiologische Belege Daten streng empirisch 30 Jahre Forschung, Existenz von impliziten Stereotypen ist weit akzeptiert Wahrscheinlichkeit, dass implizite Vorurteile zu Diskriminierung beitragen ist wenn nicht sicher sehr naheliegend gewissenhafte Forschung

10 wichtige Studien zu „implicit bias“ schwedische Bewerber werden arabischen bevorzugt (Rooth, 2007) männliche Bewerber werden weiblichen bevorzugt (Rudman & Glick, 2001) voreingenommene weiße Studenten diskriminieren soziale Randgruppen (Rudman & Ashmore, 2007) Polizisten schießen eher auf schwarze Täter (Plant & Peruche, 2005) Ärzte behandeln schwarze Patienten schlechter als weiße (Green et al., 2008) voreingenommene Krankenschwestern in Alkohol- und Drogenkliniken sind unzufriedener (von Hippel et al., 2008) implizite Präferenzen für Kandidaten beeinflussen die Wahlentscheidung (Arcuri et al., 2008) implizite Einstellung gegenüber Alkohol beeinflussen den Umgang mit Alkohol (Palfai & Ostafin, 2003) Pädophile verbinden Kinder implizit mit Sex (Gray et al., 2005) implizite Verbindungen zu Selbstverletzung beeinflusst die Absicht zu Selbstmord (Nock & Banaji, 2007)

Ausblick wichtige Aspekte für den Umgang mit Vorurteilen in Organisationen Motivation Macht personelle Werte und Selbstkonzept Interdependenz

Danke für Eure Aufmerksamkeit!