Behinderten-gleichstellungs-gesetz (BehiG) Nadja Herz, Rechtsanwältin 27.03.2017
Nadja Herz, Rechtsanwältin Themenübersicht Verfassungsrechtliche Grundlage Zweck und Inhalt des BehiG Verhältnis zu Richtlinien und zum kantonalen Recht Geltungsbereich Begriffe: Zugang und Verhältnismässigkeit Beschwerderecht und Verfahren Nadja Herz, Rechtsanwältin
Art. 8 Abs. 2 BV Diskriminierungsverbot Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform , der religiösen, weltan-schaulichen oder politischen Überzeu-gung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Art. 8 Abs. 4 BV Gesetzgebungsauftrag Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor. -> BehiG in Kraft seit 1.1.2004 Nadja Herz, Rechtsanwältin
Anzahl Behinderter in der Schweiz hörbehindert: ca. 550‘000 (8%) gehörlos: ca. 70‘000 (1%) sehbehindert oder blind: ca. 70‘000 (1%) gehbehindert: ca. 350‘000 (5%) Rollstuhlfahrer: ca. 35‘000 – 40‘000 (0.5%) Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin BehiG Zweck (Art. 1) Das Gesetz hat zum Zweck, Benachteiligun- gen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen Menschen mit Behinderun- gen ausgesetzt sind. Es setzt Rahmenbedingungen, die es Men- schen mit Behinderungen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und insbesondere selbständig soziale Kontakte zu pflegen, sich aus- und fortzubilden und eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin Das BehiG regelt: Anspruch Behinderter auf: Zugang zu Bauten und Anlagen Zugang zu Einrichtungen oder Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs Inanspruchnahme von Dienstleistungen Inanspruchnahme von Aus- und Weiter- bildung Nadja Herz, Rechtsanwältin
Verhältnis zu Normen und Richtlinien BehiG Bei welchen Bauvorhaben muss behindertengerecht gebaut werden? SN-Norm und Richtlinien Wie muss genau gebaut werden, damit es behindertenge-recht ist? Nadja Herz, Rechtsanwältin
Norm SN 521 500 Behindertengerechtes Bauen Behinderungsarten: Gehbehinderte, Sehbehinderte, Hörbehinderte Regelungen über Aussenanlagen und Gebäude Nadja Herz, Rechtsanwältin
Gehbehinderte Personen Stufenlose Wege geringe Steigungen Genügende Wegbreite und Manövrierflächen Bodenbelag eben, hart, gleitsicher Handläufe bei Treppen Behindertenparkplätze Nadja Herz, Rechtsanwältin
Sehbehinderte Personen Erkennen von Verkehrs-flächen Sicherung von Gefahren-stellen Verletzungsgefahren ver-meiden Wegführung, ertastbare Abgrenzung der Fahrbahn Kontrastreiche Gestaltung Beschriftung und Information Nadja Herz, Rechtsanwältin
Hörbehinderte Personen Beleuchtung bei Aussen-anlagen optische Anzeigen, visuelle Führung Höranlagen in Versamm-lungsräumen Tonverstärker in öffentlich zugänglichen Telefonanlagen Nadja Herz, Rechtsanwältin
Verhältnis zum kantonalen Recht BehiG Kantonales Recht Das BehiG steht weitergehenden Bestim-mungen der Kantone nicht entgegen (Art. 4) Nadja Herz, Rechtsanwältin
Kanton Zürich (§ 239 Abs. 4 PBG) Bei Bauten und Anlagen, die dem Publikum zugänglich sind (...) sind hinsichtlich Gestal-tung und Ausrüstung die Bedürfnisse von Behinderten und Betagten zu berücksich-tigen. In Wohnüberbauungen und Geschäftshäu-sern sind die Bedürfnisse von Behinderten und Betagten angemessen zu berücksich-tigen. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin Kanton Zürich (§ 34 BBV I) Das behindertengerechte Bauen richtet sich nach dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (...) sowie nach den Bestim-mungen des kantonalen Rechts. Die Richtlinien und Normalien gemäss Anhang 2.5 sind zu beachten,insbesondere auch für das Innere der Gebäude. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Kanton Zürich anwendbare Richtlinien Norm SN 521 500, Behindertengerechtes Bauen, 1988 Empfehlung Wohnungsbau hindernisfrei – anpassbar, Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen, 1992 Nadja Herz, Rechtsanwältin
Geltungsbereich Art der Bauten (Art. 3) Öffentlich zugängliche Bauten Wohngebäude mit mehr als 8 Wohn-einheiten Geschäftshäuser mit mehr als 50 Arbeitsplätzen Nadja Herz, Rechtsanwältin
Geltungsbereich Anpassungspflicht (Art. 3) Das BehiG gilt für Bauten, für welche nach Inkrafttreten eine Bewilligung für den Bau oder die Erneuerung erteilt wird. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen · ... die einem beliebigen Personenkreis offen stehen, z.B. Restaurants, Museen, Kinos, Läden, Verkehrsanlagen, öffentliche Plätze, Parkplätze, Haltestellen, Fusswege, Pärke · ... in einem besonderen Rechtsverhältnis zum Ge-meinwesen, z.B. Schulen, Spitäler, Kirchen oder Heime · ... in denen private Dienstleistungsanbieter per-sönliche Dienstleistungen erbringen, z.B. Arzt-praxen, Architekturbüros Nadja Herz, Rechtsanwältin
Wohngebäude (Art. 3 lit. c) Das BehiG gilt für Wohngebäude mit mehr als acht Wohneinheiten. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Wohngebäude - Was gilt für bauliche Sondersituationen? Bauten mit mehreren Hauseingängen Überbauungen mit mehreren Gebäuden Aneinandergebaute Gebäude Nadja Herz, Rechtsanwältin
Kanton Zürich, BRKE 0043/2005 vom 25.2.2005 Zum Begriff „Wohngebäude“ „Aneinandergebaute Gebäude mit separater interner Erschliessung sind nicht als ein einziges Wohngebäude zu betrachten.“ „Jeder Gebäudeteil zählt als selbständiges Gebäude, wenn ein eigener Zugang von aussen und eine Brandmauer zwischen den Gebäudeteilen existiert.“ Nadja Herz, Rechtsanwältin
Wohngebäude Lösungsansatz Das BehiG gilt bei Bauvorhaben, die eine bauliche und wirtschaftliche Einheit bilden und von einer gewissen Grösse sind, sobald insgesamt mehr als 8 Wohnein-heiten betroffen sind. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Bauten mit Arbeitsplätzen Das Behig gilt für Gebäude mit mehr als 50 Arbeitsplätzen (Art. 3 lit. d). Problem: Anzahl der Arbeitsplätze ist bei der Baueingabe meist noch nicht bekannt. Lösungsansatz: Abstellen auf die Geschoss-fläche: Richtgrösse: Fläche von 20 m2 pro Arbeitsplatz (inkl. Erschliessungsfläche) Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin Zugang (Art. 2) Eine Benachteiligung beim Zugang zu einer Baute liegt vor, wenn der Zugang für Be-hinderte aus bauli-chen Gründen nicht oder nur unter er-schwerten Bedin-gungen möglich ist. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Zugang (Art. 2) Anforderungen Öffentlich zugängliche Bauten: Zugang zum Gebäude und Benutzbarkeit im Innern Wohnbauten: Zugang zum Gebäude und zu den einzelnen Wohnungen Geschäftshäuser: Zugang zum Gebäude (bei Bauten mit Publikumsverkehr auch Benutzbarkeit im Innern) Nadja Herz, Rechtsanwältin
Verhältnismässigkeit Allg. Grundsätze (Art. 11) Angemessenes Verhältnis zwischen Nutzen und wirtschaftlichem Aufwand Berücksichtigung der Anliegen der Verkehrs- und Betriebssicherheit Berücksichtigung der Interessen des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes Nadja Herz, Rechtsanwältin
Denkmalpflegmalschutz Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin Denkmalschutz Nadja Herz, Rechtsanwältin
Verhältnismässigkeit Kostenschranke (Art. 12) Es müssen keine (weiteren) baulichen Anpassungen vorgenommen werden, wenn: der Aufwand für die Anpassung 5 Prozent des Gebäudeversiche-rungswertes oder des Neuwertes übersteigt. der Aufwand für die Anpassung 20 Prozent der Erneuerungskosten übersteigt. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Nadja Herz, Rechtsanwältin Klagerecht (Art. 7 und 9) Behinderte Einzelpersonen Behinderten-organisationen Nadja Herz, Rechtsanwältin
Rechtsansprüche (Art. 7) Rechtsansprüche können geltend gemacht werden: während des Baubewilligungs-verfahrens bei der zuständigen Baubehörde. nach Abschluss des Baubewilligungsverfahrens im Zivilverfahren, wenn das Fehlen der gesetzlich gebotenen Vorkehren im Baubewilligungsverfahren nicht erkennbar war. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Rechtsansprüche während des Baubewilligungsverfahrens Massgebend für deren Geltend-machung sind die in den Kantonen geltenden Verfahrensvorschriften und Fristen für Einsprachen bzw. Rekurse. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Rechtsansprüche im Zivilverfahren Anwendungsfälle wenn Mängel im Baubewilligungsverfahren nicht erkannt werden konnten wenn zu Unrecht kein Bewilligungsver-fahren durchgeführt worden ist wenn sich die Bauherrschaft nicht an die bewilligten Baupläne hält bei Baubewilligungen im Anzeigeverfahren Nadja Herz, Rechtsanwältin
Auswirkungen auf das baurechtliche Verfahren Ausschreibungen: Bauvorhaben im Gel-tungsbereich des BehiG müssen öffentlich ausgeschrieben werden, damit das Klage- recht wahrgenommen werden kann. Akteneinsicht: Das Beschwerderecht führt zu einer Erweiterung des Anspruchs auf Akteneinsicht. Nadja Herz, Rechtsanwältin
Beispiele aus der Praxis: Zugang zu öffentlichen Bauten (Restaurants, Läden, Praxen) WC‘s in öffentlich zugänglichen Bauten Umbau in Teilbereichen Interessenkonflikte mit Denkmalpflege Anwendbarkeit bei Wohnbauten Nadja Herz, Rechtsanwältin