Kausalitätsfälle.

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 Präsentation transkript:

Kausalitätsfälle

Kurzfälle zur Kausalität Fall 1: Köchin und Zofe mischen unabhängig voneinander jeweils 0,5 mg Strychnin in das Weinglas ihrer Herrin. Nur im Zusammenwirken reichen beide Giftmengen zur Todesverursachung aus. Die Herrin stirbt an der Gesamtmenge des Giftes. Fall 2: Der KZ-Wächter T1 erschießt auf Befehl eines Vorgesetzen einen Gefangenen. Hätte er den Befehl verweigert, hätte der völlig weisungsergebene T2 den Befehl – möglicherweise zum selben Zeitpunkt – ausgeführt. Fall 3: Köchin und Zofe haben bei ihrer nächsten Herrin dazugelernt und geben dieser nunmehr – erneut unabhängig voneinander- jeweils die tödliche Dosis von 1mg Strychnin in den Wein. Das Opfer stirbt, nachdem sein Körper die tödliche Dosis aus beiden Giftmengen resorbiert hat. Kausalität der Handlungen?

Fall 1: A. STRAFBARKEIT NACH 212 I. Tatbestand 1. Obj TB a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs b) Kausalität Kausal ist die Handlung der Zofe dann, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. Hier: Fall der kumulativen Kausalität   Äquivalenztheorie: weder die Handlung der Köchin, noch die der Zofe kann hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Also: Beide Handlungen für den Erfolg ursächlich → (+)   Theorie v. d. gesetzmäßigen Bedingung: Sowohl die Handlung der Köchin als auch die der Zofe ist durch eine Kette zeitlich nacheinander liegender Ereignisse nach den uns bekannten Naturgesetzen mit dem Erfolg (Tod) der Herrin verknüpft (Einmischen des Giftes, Aufnahme durch den Körper der O, Organversagen, Exitus) und damit ursächlich Anmerkung: das stellt keine vollständige Lösung einer Fallfrage des Typs „Strafbarkeit des T“ dar. Es geht hier rein um die Verdeutlichung von Kausalitätsproblemen.

Fall 2 A. STRAFBARKEIT NACH 212 I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs (+) b) Kausalität? Kausal ist die Handlung des Wärters dann, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. Hier: Fall der hypothetischen Kausalität bei zeitgleichem Erfolg der Reserveursache  Äquivalenztheorie: o hM innerhalb der Theorie: Für die Kausalität genügt, dass bei Wegdenken der Täterhandlung der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfallen wäre. o T.v.A: Lit/Rspr: Reserveursachen bleiben unberücksichtigt: Kausalität der Handlung nur dann, wenn ohne sie – unter alleiniger Berücksichtigung der dann übrig bleibenden, tatsächlich auch verwirklichten Umstände – der konkrete Erfolg nicht eingetreten wäre.  Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung: Unproblematisch kausal, da die Handlung des Schusses nach den uns bekannten Naturgesetzen mit dem Tod des O notwendig verbunden war. Daher Kausalität (+) Anmerkung: das stellt keine vollständige Lösung einer Fallfrage des Typs „Strafbarkeit des T“ dar. Es geht hier rein um die Verdeutlichung von Kausalitätsproblemen.

Fall 3 A. STRAFBARKEIT NACH 212 I. Tatbestand 1. Obj TB a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs b) Kausalität Kausal ist die Handlung der Zofe dann, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. Hier: Fall der alternativen Kausalität, Lösung str.:  Äquivalenztheorie: Problem: bei wegdenken der Handlung der Köchin oder der Zofe, wäre der Erfolg gleichwohl eingetreten, da jede Giftmenge für sich schon ausreicht. o hM: Anpassung der conditio Formel: von mehreren Umstände, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der tatbestandliche Erfolg entfällt, ist jede für den Erfolg ursächlich (sog Traeger’sche Formel)  Contra: damit wird der Kern der Äquivalenztheorie – die Gleichstellung aller notwendigen Erfolgsbedingungen aufgegeben. o tvA: die Handlung ist nicht kausal, aber beide strafbar wegen Versuchs,  Contra: wertungsmäßig unbefriedigend. Wieso soll beiden die Wohltat des 23 II StGB zukommen, nur weil die andre zufällig zeitgleich das Opfer angegriffen hat.  Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung: Unproblematisch kausal: Sowohl die Handlung der Zofe, als auch die der Köchin war für den Erfolg kausal, da die aus jeder Dosis resorbierte Teilmenge der Giftmoleküle nach den bekannten Naturgesetzen bei einem durch die andere Teilmenge schon vergifteten Körper zum Tod führt. iErg: Kausalität + Anmerkung: das stellt keine vollständige Lösung einer Fallfrage des Typs „Strafbarkeit des T“ dar. Es geht hier rein um die Verdeutlichung von Kausalitätsproblemen.