Delegation in der Notfallmedizin

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 Präsentation transkript:

Delegation in der Notfallmedizin NOW to GO am 07.06.2018

RECHTLICHER HINWEIS Der Inhalt des hiesigen Vortrags stellt die persönliche Rechtsauffassung des Referenten anhand der Gesetzesmaterialien dar. Sowohl Inhalt als auch Rechtsauffassung beanspruchen keine Vollständigkeit. Der hiesige Inhalt stellt keine verbindliche Handlungsanweisung dar und ist auch nicht als Rechtsgutachten o.Ä. geeignet. Im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung besteht keine Gewähr dafür, dass die hier seitens des Referenten geäußerte Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung Stand hält. Insbesondere sind mögliche nachteilige zivilrechtliche, berufsrechtliche und strafrechtliche Folgen nicht ausgeschlossen. Die Urheberrechte dieser Folien liegen und verbleiben bei dem Referenten.

Mit wem Sie es zu tun haben Jan Gregor Steenberg, LL.M. Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Lehrrettungsassistent Dipl. Rettungssanitäter HF (CH)

Agenda Problemaufriss Klinische Notfallmedizin - Notaufnahme Präklinische Notfallmedizin

Agenda Problemaufriss Klinische Notfallmedizin - Notaufnahme Präklinische Notfallmedizin

Gründe für eine Delegation ärztlicher Maßnahmen Dt. Ärzteblatt 2018; 115 (22)

Was kann delegiert werden? „Die Arbeitsteilung zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern ist grundsätzlich so zu organisieren, dass medizinische Leistungen, die ärztliches Fachwissen voraussetzen, von entsprechend ausgebildeten Ärzten durchgeführt werden, alle übrigen Maßnahmen und insbesondere Pflegemaßnahmen hingegen von Mitarbeitern, die für diese Aufgaben geschult sind.“ (MüKoBGB/Wagner BGB § 630a Rn. 88-90)

Höchstpersönliche Leistungen des Arztes Anamnese Indikationsstellung Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen Stellen der Diagnose Aufklärung und Beratung des Patienten Entscheidung über die Therapie Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe (Persönliche Leistungserbringung – Stellungnahme BÄK und KBV 2008) Rechtsprechung: https://www.justiz.sachsen.de/esamosweb/documents/4U1857.07.pdf http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&doc.id=K ORE742822004&doc.part=L

Unterschiede Klink - Präklinik Ggf. (noch) kein Arzt an der Einsatzstelle SOPs (immer noch schwierig) Ggf. keine ärztliche Diagnose Mangelnde gesetzliche Grundlagen, wenig Rechtsprechung In aller Regel ein Arzt vor Ort SOPs werden regelmäßig umgesetzt und angewandt Ärztliche Diagnose gesichert Ausführliche Stellungnahmen und Rechtsprechung

Agenda Problemaufriss Klinische Notfallmedizin - Notaufnahme Präklinische Notfallmedizin

Delegation auf pflegende Berufe Als generell delegationsfähig angesehen werden: Subkutane, intramuskuläre und intravenöse Injektionen Injektionen in den Infusionsschlauch bei liegendem Infusionssystem sowie eine Blutentnahme zur Gewinnung von Kapillar- und Venenblut Laborleistungen (mit bestimmten Ausnahmen) Physikalisch-medizinische Leistungen Wechsel einfacher Verbände Dauerkatheterwechsel Ton- und Sprachaudiotomie sowie damit vergleichbare Messverfahren. Die Assistenz des nichtärztlichen Personals setzt immer eine ärztliche Anordnung im Einzelfall z. B. für Art, Dosis und Zeitpunkt der Applikation von Medikamenten voraus (ausreichend dürfte auch ein Verweis auf eine SOP sein, wenn der Patient entsprechend „zugeordnet“ werden kann

Als im Einzelfall delegationsfähig werden angesehen: radiologische Leistungen wie die Herstellung eines Röntgenbildes EKG- und EEG-Leistungen, nicht aber ein Belastungs-EKG Injektionen und Blutabnahmen an diesbezüglich ausgebildeten Fachangestellte

Physician Assistants und ggf. auch Fachkrankenpfleger „Die PA können für allgemeine und spezifische Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen, wie z.B. in der Chirurgie, der Inneren Medizin, der zentralen interdisziplinären Notaufnahme, der Anästhesie und der Intensivmedizin, der Funktionsdiagnostik, im allgemeinmedizinischen Bereich sowie weiteren Bereichen eingesetzt werden.“ (Stellungnahme BÄK mit weiteren Nachweisen)

Denkbarer Ablauf in einer ZNA Triage durch PA/Pflege/Arzt Zuweisung Notfallpraxis oder stationäre Versorgung Patient erreicht ZNA Erstversorgung, ggf. primäre Analgesie nach Schema, Medikation nach Schema, Labor, EKG, Bildgebung, Anamnesebogen bis NACA 4: PA ab NACA 4: Arzt Diagnostik Übergabe von Pflege/PA an FA Ggf. weiterführende Diagnostik Diagnose durch Arzt Verlegung in die entsprechende Fachklinik/Abteilung/OP etc. Diagnose und Therapie

Agenda Problemaufriss Klinische Notfallmedizin - Notaufnahme Präklinische Notfallmedizin

WICHTIG: Das Notfallsanitätergesetz ist ein Berufsausbildungs- und KEIN Berufsausübungsgesetz! Aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland obliegt es den Bundesländern, die rettungsdienstlichen Versorgung über landesrechtliche Regelungen zu strukturieren.

Delegation bei Anwesenheit eines Arztes

„ärztliche Maßnahmen“ ohne Anwesenheit eines Arztes

Gutachten WDB zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 c NotSanG „ Unter Berücksichtigung der (gesetzlich nicht definierten) medizinrechtlichen Begriffe der Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen, des Wortlauts und der Systematik der Ausbildungszielbestimmung des § 4 NotSanG und der Gesetzesbegründung hierzu dürften die besseren Gründe dafür sprechen, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die ausbildungsmäßigen Voraussetzungen für eine zeitlich vorweggenommene Form der Delegation heilkundlicher Aufgaben auf Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter schaffen wollte, eine „Substitutionslösung“ also nicht angestrebt hat.“ (https://www.bundestag.de/blob/476080/0c5c298bbbe9e7b9c0ea67f 161c0a190/wd-9-042-16-pdf-data.pdf)

„Nur soweit im Rahmen einer SOP sichergestellt werden kann, dass der Notfallsanitäter keine Diagnosestellung vornimmt und damit in den Kernbereich ärztlicher Tätigkeit eingreift, folgt das symptombezogene Handeln des Notfallsanitäters einer Weisung, wie sie die Delegation voraussetzt. Bei allen übrigen Fällen handelt es sich demgegenüber in der Regel um die Substitution einer ärztlichen Behandlungsentscheidung, die ohne gesetzliche Grundlage rechtlich nicht zulässig ist.“ (https://www.bundestag.de/blob/476080/0c5c298bbbe9e7b9c0ea67f 161c0a190/wd-9-042-16-pdf-data.pdf)

„Daher muss man davon ausgehen, dass die Vorschrift des NotSanG innerhalb der gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen zu interpretieren ist, der Gesetzgeber mithin in § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c NotSanG lediglich die ausbildungsmäßigen Voraussetzungen für eine Delegation heilkundlicher Aufgaben, aber keinen neuen Zulässigkeitstatbestand geschaffen hat.“ (https://www.bundestag.de/blob/476080/0c5c298bbbe9e7b9c0ea67f 161c0a190/wd-9-042-16-pdf-data.pdf)

Folgen: SOPs scheitern an den klaren Vorgaben DEN Notfallpatienten, welchen sich der Gesetzgeber wünscht gibt es selten Die landesrechtlichen Vorgaben sind nicht gegeben (in BW ist z.B. bis dato ein ärztlicher Leiter RD gesetzlich nicht vorgesehen) Die bundesrechtlichen Vorgaben (insb. AMG, BtMG, HPG, SGB V) sind bislang nicht angepasst FAZIT: ohne Anwesenheit eines Arztes ist bislang eine Delegation ärztlicher Maßnahmen nur schwer rechtlich umsetzbar

OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. Januar 2014 – 7 U 163/12 Die ärztliche Aufgabe der Eingriffs- und Risikoaufklärung kann einem Medizinstudenten im praktischen Jahr übertragen werden, wenn sie seinem Ausbildungsstand entspricht und unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes stattfindet. Dies setzt nicht unbedingt voraus, dass der Arzt bei jedem Aufklärungsgespräch anwesend ist.

Aufklärung durch Paramediziner Ist bis dato unter Juristen sehr umstritten. Gewichtige Stimmen in der juristischen Literatur (Laufs/Katz, Martus) lehnen eine Aufklärung durch Paramediziner strikt ab. Ratzel, Lilie und andere gestehen dies Paramedizinern zu, soweit sie eine Maßnahme durchführen dürfen (Delegation). Der WDB sieht dies in seinem Gutachten ähnlich (https://www.bundestag.de/blob/476080/0c5c298bbbe9e7b9c0ea67f161c0a190 /wd-9-042-16-pdf-data.pdf). Eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung existiert nur zur Delegation auf PJler (OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. Januar 2014 – 7 U 163/12)!

Fragen und Feedback Jan Gregor Steenberg Hachelallee 88 75179 Pforzheim Mail: j.steenberg@steenberg.de www.kanzlei-steenberg.de Die Folien können Sie unter: www.kanzlei-steenberg.de/Vorträge downloaden.