Zufriedenheit mit der Arbeitszeit – wie kann sie gelingen? Arbeit und Leben in Balance - Herausforderungen in Betrieb und Gesellschaft Betriebsrätetagung der IG BCE Landesbezirk Rheinland-Pfalz/ Saarland Mainz-Budenheim, 22.10.2018 Angelika Kümmerling
Ablauf Einleitung Arbeitszeiten: Entwicklung und Status quo Megatrend „Flexible Arbeitszeiten“ Die Schattenseiten der Arbeitszeitflexibilität Fazit und Diskussion
Entwicklung der durchschnittlichen AZ im Zeitverlauf abh. Beschäftigter Quelle: European Labour Force Survey (eigene Darstellung)
Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitszeiten abhängig Vollzeitbeschäftigter Quelle: Labour Force Survey, eigene Darstellung
Verteilung der Arbeitszeit nach Stundenintervallen 2010 und 2016 Sehr ähnliches Muster, Verringerung der Quelle: Labour Force Survey, eigene Auswertung
Arbeiten rund um die Uhr? Atypische AZ im Zeitvergleich Quelle: European Labour Force Survey (eigene Darstellung)
Bezahlte und unbezahlte Überstunden (IAB) Quelle: IAB
Krankenstand in Arbeitsstunden im Zeitverlauf Quelle: IAB Quelle: IAB
Effekte langer Arbeitszeit auf abhängig Beschäftigte Quelle: DGB-Index Gute Arbeit (2012), Berechnungen: Postels/ Kümmerling (2017)
Arbeits(zeit)druck 30% 28% 20% Gefühle verbergen (fast) die ganze Zeit ein hohes Arbeitstempo aufweisen 20% mit zu wenig Zeit für die Erledigung ihrer Aufgaben umgehen 30% Gefühle verbergen 28% Mit Problemen der WLB umgehen 17% Ergebnisse von Eurofound, Working Condition Survey 2015 31.12.2018
Der neue Megatrend: flexible Arbeitszeiten
Flexibilität ist nicht gleich Flexibilität Arbeitszeitmodelle, die eher mit Flexibilisierungsmöglichkeiten für den Mitarbeiter einhergehen Arbeitszeitmodelle, die eher mit Flexibilitätsanforderungen vom Betrieb einhergehen (reversible) Teilzeit Mehrarbeit Jobsharing Kurzarbeit Altersteilzeit Nacht-, Schicht- und WE-Arbeit Gleitzeit Lebensarbeitszeit Funktionszeit Bereitschaftsdienst Wahlarbeitszeit Rufbereitschaft Vertrauensarbeitszeit Jahresarbeitszeit Sabbatical Telearbeit/ Home office Mobiles Arbeiten
Einfluss abhängig Beschäftigter auf die AZ-Gestaltung Es fällt schon auf, dass die hier abgefragten Eigenschaften sich deutlich von denen der anderen Studie unterscheiden – ein Hinweis dafür, dass der Begriff Flexibelität sehr flexibel gehandhabt werden kann. Quelle: DGB-Index Gute Arbeit (2012), Berechnungen Postels & Kümmerling (2017)
Effekte von Arbeitszeitflexibilität auf die subjektive Einschätzung der Arbeitsfähigkeit Quelle: DGB-Index Gute Arbeit (2012), Berechnungen Postels & Kümmerling (2017)
Die Lösung: Arbeitszeitflexibilität Die Lösung: Arbeitszeitflexibilität? Aber: Je „selbstbestimmter“, desto länger
Gründe für Mehrarbeit bei selbstorganisierter Arbeitszeit* Arbeit sonst nicht zu schaffen 82 % Probleme mussten dringend gelöst werden 62 % Sonst nicht zufrieden mit Arbeitsergebnis 36 % Spaß an der Arbeit 25 % Betriebliche Vorgaben 20 % * Ca. 1/3 der Beschäftigten mit selbstorganisierter Arbeitszeit arbeitet gewöhnlich mindestens vier Stunden länger als im Arbeitsvertrag vorgesehen. Quellen: ISO-Arbeitszeiterhebung 2004; http://www.harmbengen.de/Zeitungscartoons.html
Die Schattenseiten der Arbeitszeitflexibilität Ständige Erreichbarkeit und Arbeitgeberinduzierte Flexibilität www.iaq.uni-due.de 31.12.2018
Die Schattenseiten der Flexibilität: 15% berichten, dass ihre AZ (sehr) häufig vom Arbeitgeber verändert wird. 2/3 werden erst am gleichen Tag oder am Tag zuvor informiert 39% der AN stimmen der Aussage voll oder teilweise zu, dass von ihnen erwartet wird, auch im Privatleben für dienstliche Angelegenheiten erreichbar zu Mehr als jedeR Dritte (35%) wird häufig oder zumindest manchmal außerhalb der Arbeitszeit aus arbeitsbezogenen Gründen kontaktiert 1/3 der Befragten liest außerhalb der AZ Emails (DAK-Gesundheit 2012) Ständige Erreichbarkeit nimmt mit zunehmender Arbeitszeitlänge zu Geht mit hoher Arbeitsintensität (Termin- und Leistungsdruck und Überforderung durch die Arbeitsmenge) einher. V.a. Führungskräfte aber auch Beschäftigte in einfachen Tätigkeiten von Erwartung der ständigen Erreichbarkeit betroffen Quellen: baua Arbeitszeitreport 2016, DAK – Gesundheit 2012, DGB –Index Gute Arbeit (2012)
Die Schattenseiten der Flexibilität: Ständige Erreichbarkeit: Gesundheit und Zufriedenheit Quelle: baua Arbeitszeitreport Deutschland 2016, Tab. 13b
Erwartung Erreichbarkeit Kontaktierung im Privatleben Die Schattenseiten der Flexibilität: Ständige Erreichbarkeit: Gesundheitsbeschwerden Erwartung Erreichbarkeit Kontaktierung im Privatleben Trifft nicht zu Trifft zu Manchmal /selten/nie Häufig Rücken-schmerzen 48% 57% 49% 62% Schlaf-störungen 30% 42% 32% 47% Müdigkeit/ Erschöpfung 50% 60% 51% 66% Niederge-schlagenheit 22% 29% 23% 34% Körperl. Erschöpfung 36% 38% 53% Quelle: baua Arbeitszeitreport Deutschland 2016
Auswirkungen von arbeitgeberinduzierter Änderung der Arbeitszeit Quelle: baua Arbeitszeitreport Deutschland 2016
Die Schattenseiten der Flexibilität: Änderung der AZ und Gesundheit Häufig Manchmal/ selten/nie Rückenschmerzen 60% 49% Schlafstörungen 47% 32% Müdigkeit/ Erschöpfung 65% 51% Niedergeschlagenheit 33% 23% Körperl. Erschöpfung 55% 37% JA NEIN Bis zur Rente arbeiten* 68% Quellen: baua Arbeitszeitreport Deutschland 2016, * DGB-Index Gute Arbeit, Postels/ Kümmerling 2017
Belastungsempfinden von atypisch Arbeitenden mit arbeitgeberinduzierter Flexibilität Quelle: DGB-Index Gute Arbeit (2012), Berechnungen Postels/ Kümmerling 2017
Zu Hause arbeiten…. 31.12.2018 Quelle: BMAS 2016
Kompensation (in %, BMAS 2016) 31.12.2018 Quelle: BMAS 2016
Arbeitszeitpräferenzen 31.12.2018 www.iaq.uni-due.de
Zusammenfassung und Fazit Kürzere Wochenarbeitszeiten, kein weiteres Wachstum atypischer AZ …Aber gleichzeitig wachsender Termin- und Leistungsdruck, Probleme mit der WLB Die Folge sind überlange Arbeitszeiten, das Gefühl ständig erreichbar sein zu müssen und Arbeiten in der Freizeit Arbeitszeiten werden immer flexibler; zweischneidiges Schwert: AZ-Autonomie zwar positiv und wird von AN gewünscht – führt aber zur Verlängerung der AZ Arbeitgeberinduzierte Flexibilität (strukturelle Mehrarbeit) mit starken negativen Auswirkungen auf die Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und WLB/ Motivation der Beschäftigten
Zusammenfassung und Fazit: Was tun? Ziel: Menschen- und gesundheitsgerechte Arbeitszeitgestaltung: Richtschnur: nicht länger als 8 Stunden Arbeit werktags (Reversible) Teilzeitangebote Wo immer möglich: Zeitsouveränität für Mitarbeiter (auch Souveränität bei der Wahl des Arbeitsortes) Mitarbeiterbeteiligung bei der Einführung neuer Zeitmodelle Zeitnaher Zeitausgleich für Mehrarbeit gewährleisten AZ-Konten (Sabbatical, Weiterbildung, Care…) Wenn keine Zeitsouveränität für MA möglich, dann vorhersagbare und regelmäßige AZ Familienbewusste Arbeitszeiten (keine Meetings zu Randzeiten) Zeiterfassung (!) und Einhalten des Arbeitsschutzgesetzes
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.iaq.uni-due.de