UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil

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(EuGH, Urt. v. 03. Juli 1986, Rs. 66/85, Slg. 1986, S. 2121)
 Präsentation transkript:

030666 UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil 10-13 Uhr im U21 Do 23.09.2010 Fr 24.09.2010 anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at http://europarecht.univie.ac.at/lehrstuhl-prof-lengauer/ 1

4. Kapitel Rechtssetzungskompetenzen der EU und der Mitgliedstaaten: Kompetenzverteilung 2

Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Verbandskompetenz der EU und Organkompetenz Kein Leitsatz für inhaltliche Bestimmung- Zielorientierung Vertragsabrundungskompetenz der EU (Art. 352 Abs. 1 AEUV ≠ Implied Powers-Kompetenzen (EuGH Rs C-20/70, AETR)- Zuständigkeit kraft Sachzusammenhang 3

Katalog nach Sachbereichen Art 2 -6 AEUV ausschließliche Zuständigkeiten der EU (Art 2 Abs1 AEUV bzw. Art 3 AEUV) geteilte Zuständigkeit (Art 2 Abs 2 AEUV bzw. Art 4 AEUV) koordinierenden Zuständigkeit (Art 2 Abs 3 AEUV bzw. Art 5 AEUV) Subsidiaritätsprinzip (Art 5 Abs 3 EUV und Art 6 – 8 des Subsidiaritätsprotokolls) 4

5. Kapitel Rechtsquellen und Normenhierarchie im Europäischen Unionsrecht

1. Einführung Entstehungsgrund des Rechts Herkunft und Verankerung des Rechts geschriebene Rechtsquellen, ungeschriebene Rechtsquellen 6

2. Primäres Unionsrecht Primäres Unionsrecht Geschriebenes Recht: EUV u. AEUV, Anhänge, Beitrittsverträge die im AEUV vor- gesehenen Rechtshandlungen des Rates (z.B. Art 311 AEUV) Ungeschriebenes ARG

Allgemeine Rechtsgrundsätze allg. Rechtsgrund- sätze ieS = ausschließlich aus Ziel u. System des EUV/ AEUV/ EUV alt entwickelt jene, die den Rechts- und Verfassungsordnungen der MS gemeinsam sind Vorrang, unmittelbare Wirkung von Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Unionsrechtlich und gemeinschaftsrechtlich anerkannten Grund- und Menschenrechte

Entwicklung der unionsrechtlichen Grundrechte In Gründungsverträgen kein Katalog von Grund- und Menschenrechten Entwicklung unions- und gemeinschaftseigener Grundrechte über die Anerkennung allgemeiner Rechtsgrundsätze (EuGH Rs C-29/69, Stauder) Beitritt der EG zur EMRK nicht möglich Reformvertrag (Art. 6 EUV) rechtliche Verbindlichkeit der Charta der Grundrechte innerhalb des Systems der EU und Beitritt der EU EMRK (Art. 6 Abs 2 EUV) Grundrechte – wie aus EMRK und den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der MS abgeleitet – stellen weiterhin allgemeine Rechtsgrundsätze des Unionsrechts dar (Art. 6 Abs. 3 EUV) 9

Stauder: EuGH Rs 29/69 Die Entscheidung 69/71 ermächtigte die Mitgliedsstaaten, zum Zwecke des Abbaus überschüssiger Butter Sozialhilfeempfängern Butter zu herabgesetzten Preisen zur Verfügung zu stellen. Art. 4 sah in der deutschen Fassung der Entscheidung vor, dass die Begünstigten die Butter nur gegen einen auf den Namen des Empfängers ausgestellten Gutschein erhalten können. In Deutschland wurde auf dieser Grundlage eine dementsprechende Verwaltungsvorschrift erlassen. In anderen Sprachfassungen der Entscheidung war hingegen das Ausstellen von „individualisierten Gutscheinen“ (ohne Erfordernis der Namensnennung) ausreichend. Herr Stauder war Empfänger einer sozialen Beihilfe und als solcher zum Empfang eines bestimmten Butterkontingents berechtigt. Er behauptete, dass er durch die Pflicht, vor dem Verkäufer seinen Namen bekanntgeben zu müssen, in seinen Grundrechten verletzt werde, die im deutschen Grundgesetz verbrieft sind. Das deutsche Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob diese Verpflichtung mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sei. Entscheidung des Gerichtshofs: Der EuGH legte die Bestimmung der Entscheidung - u.a. auch unter Heranziehung der anderen Sprachfassungen - aus und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung die namentliche Bezeichnung des Berechtigten nicht vorschreibt, sie aber auch nicht untersagt. Bei dieser Auslegung enthalte die Vorschrift nichts, was die in den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung, deren Wahrung der EuGH zu sichern hat, enthaltenen Grundrechte in Frage stellen könnte -> Bedeutung des Falles: Anerkennung der Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze 10

3. Sekundäres Unionsrecht von den Organen der EG für Verwirklichung der Ziele und Aufgaben der EU erlassen Stufenbau  VO, RL, Beschlüsse  Empfehlungen, Stellungnahmen 11

I. Verordnung Art 288 Abs 2 AEUV Rechtsvereinheitlichung allgemeine Geltung, in all ihren Teilen verbindlich, gilt unmittelbar in jedem MS Definition in Rs C-101/76, Scholten Honig + auf objektiv bestimmte Sachverhalte anwendbar + entfaltet Rechtswirkungen für einen abstrakt umrissenen Personenkreis Unmittelbar anwendbar und unmittelbar wirksam (Rs C-34/73, Variola) mitgliedstaatlicher Vollzug

C- 101/76 Koninklijke Scholten Honig Die Firma Scholten Honig stellte Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt her. 1976 wurde eine Verordnung erlassen, gemäß der ab dem Wirtschaftsjahr 1977/78 die Produktionserstattung (= eine Beihilfe) für die Herstellung von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt abgeschafft werden sollte. Die Firma Scholten Honig klagte mittels Nichtigkeitsklage auf die Aufhebung dieser Verordnung. Die Nichtigkeitsklage zielt auf die Nichtigerklärung von Gemeinschaftsrechtsakten (Verordnung, Richtlinie, Entscheidung) ab – sie darf von Einzelnen allerdings nur dann erhoben werden, wenn diese unmittelbar und individuell von einem Rechtsakt betroffen sind. Rat und Kommission argumentierten, dass die Klage unzulässig ist, weil eine VO ein Akt mit allgemeiner Geltung ist und diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. 13

C-34/73 Variola Eine Verordnung (VO) des Rates aus dem Jahr 1962 setzte ein Verbot der Erhebung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung auf Importe aus Drittstaaten ab 1963 fest. Italien setzte diese VO durch die Erlassung eines entsprechenden Gesetzes in nationales Recht um – dieses nationale Gesetz setzte das Verbot der Erhebung von Zöllen allerdings erst ab 1972 fest (= Widerspruch zur Verordnung). Das Unternehmen Variola führte im Jahr 1965 aus Drittstaaten Getreide nach Italien ein. Dabei wurde es verpflichtet, genau jene Zollabgaben zu leisten, deren Erhebung die VO eigentlich schon ab 1963 verbat. Variola klagte bei einem italienischen Gericht auf Rückerstattung der geleisteten Abgaben, da diese der VO widersprachen. Ist für die unmittelbare Anwendbarkeit einer VO die Umsetzung in nationales Recht erforderlich oder überhaupt zulässig? 14

II. Richtlinie Art 288 Abs 3 EUV Rechtsangleichung Zielvorgabe Art 4 Abs 3 EUV: durch zwingende Vorschriften umzusetzen (Rs C-58/89,Kommission/Deutschland) „Verwaltungspraxis“ nicht ausreichend (Rs C-160/82, Kommission/Niederlande) ab dem Zeitpunkt ihrer Erlassung anwendbar, jedoch nicht unmittelbar wirksam

(a) Vertikale unmittelbare Wirkung von RL a) „hinreichend genau und bestimmt“ (EuGH Rs C-8/81, Becker gegen Finanzamt Münster) b) Rechte an Einzelne c) Umsetzungsfrist Estoppel- Prinzip 16

EuGH Rs C-8/81, Becker gegen Finanzamt Münster EuGH Rs 8/81, Becker/Finanzamt Münster Im Jahre 1977 beschloss der Rat die Sechste Umsatzsteuerrichtlinie 77/388 zur Vereinheitlichung der Umsatzsteuererhebung in den Mitgliedstaaten. Diese RL sah u.a. vor, dass gewisse Tätigkeiten, darunter auch die Vermittlung von Krediten, nicht mehr der Umsatzsteuer unterliegen. Die RL hätte bis 1.1.1979 umgesetzt werden sollen. Das entsprechende Umsatzsteuergesetz, das die RL umsetzte, trat in Deutschland allerdings erst am 1.1.1980 in Kraft. Die Kreditvermittlerin Ursula Becker wusste von dieser Sechsten RL und beantragte beim Finanzamt Münster Steuerbefreiung schon für ihre im Jahr 1979 erzielten Umsätze. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab und besteuerte die Umsätze von Fr. Becker aufgrund der bis Ende 1979 geltenden deutschen USt-Vorschriften. Frau Becker erhob dagegen Klage beim Finanzgericht Münster und berief sich auf die Sechste Umsatzsteuerrichtlinie 77/388, die Deutschland zu spät umgesetzt hatte. Das Finanzgericht Münster setzte das Verfahren aus und richtete ein Vorabentscheidungsersuchen mit folgender Frage an den EuGH. Frage: Ist die Bestimmung über die Umsatzsteuerfreiheit der Sechsten Richtlinie bereits ab 1.1.1979 unmittelbar geltendes Recht der BRD? Wie hat der EuGH entschieden und wie begründet er seine Entscheidung? 17

(b) Horizontale unmittelbare Wirkung von RL zwischen Privaten keine unmittelbare Wirkung (Rs C-91/92, Paola Faccini Dori) „Staat“ (EuGH Rs C-188/89, Foster gegen British Gas) RLkonforme Auslegung

Rs C-91/92, Paola Faccini Dori Faccini Dori: Entscheidung des EuGH Horizontale unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien Nicht umgesetzte RL können nur in der Beziehung zwischen dem Staat und dem Einzelnen unmittelbare Wirkung entfalten, NICHT aber zwischen Einzelnen. Die Nichtumsetzung einer Richtlinie kann nämlich nur zu Lasten des Staates, nicht aber zu Lasten eines Einzelnen gehen. Das heißt, dass sich F nicht gegenüber der Firma auf die nicht umgesetzte RL berufen kann - ABER sie kann Schadenersatz von Italien verlangen, da es in der Verantwortung des italienischen Staates gelegen hätte, die RL umzusetzen (Allgemeines Prinzip des GemR: Staatshaftung – s. Francovich) Der EuGH hat also die Anerkennung einer horizontalen Wirkung von RL ausdrücklich abgelehnt. Durch Faccini Dori wurde somit klargestellt, dass als zusätzliche Voraussetzung für eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien ein vertikaler Rechtsstreit gegeben sein muss. Auf eine RL kann man sich nicht gegen Private, sondern nur gegen den Staat berufen

EuGH Rs C-188/89, Foster gegen British Gas Die Firma British Gas war Rechtsnachfolgerin eines staatlichen Monopolunternehmens, der British Gas Corporation. Vor ihrer Privatisierung hatte die British Gas Corporation jene Angestellten, die die Altersgrenze für Pensionsansprüche erreicht hatten, zwangspensioniert. Dabei wurden auch Frau Foster und weitere Klägerinnen im Alter von 60 Jahren gegen ihren Willen pensioniert. Sie beriefen sich auf die Gleichbehandlungsrichtlinie (Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg, um ein höheres Pensionsalter auch für Frauen durchzusetzen (die Altersgrenze für Männer lag bei 65 Jahren). Gemäß Art. 5(1) dieser RL beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen ..., dass Männern und Frauen dieselben Bedingungen ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gewährt werden ". Die Gleichbehandlungsrichtlinie war von der britischen Regierung zu jenem Zeitpunkt allerdings noch nicht vollständig umgesetzt worden. Die Firma British Gas bestritt, dass ihre Vorgängerin, die British Gas Corporation unter den Begriff des „Staates“ fallen würde – daher könne eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien nicht in Frage kommen. Wie hat der EuGH entschieden?

Foster: Entscheidung des Gerichtshofs: Der Begriff des "Staates", gegenüber dem Richtlinien geltend gemacht werden können, ist weit auszulegen. Wenn sich der Einzelne gegenüber dem Staat auf eine Richtlinie berufen kann, so kann er dies unabhängig davon tun, in welcher Eigenschaft – als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger – der Staat handelt. In dem einen wie dem anderen Fall muss nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen kann. Die einzige Frage, die gemäß dem Test des EuGH zu stellen ist, lautet, ob der Arbeitgeber kraft staatlichen Rechtsakts unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse zu erbringen hat und hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet ist. Ob der Arbeitgeber wirtschaftlich tätig ist, keine der traditionellen Funktionen des Staates ausübt und kein staatliches Organ ist, ist für diesen Test nicht relevant. Ein Organ des Staates kann daher auch eine öffentliche Behörde oder ein Privatunternehmen, das eine öffentliche Dienstleistung erbringt und dabei dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht, sein. Somit konnte sich Frau Foster gegenüber der British Gas auf die Richtlinie berufen.

Richtlinienkonforme Auslegung 1. auslegungsfähige nationale Vorschrift 2. Wahl der im Rahmen nationaler Auslegungsmethoden 3. Grenzen (vgl. EuGH Rs C-106/89, Marleasing) 4. Grundsatz der Effektivität

Rs C-106/89, Marleasing unmittelbaren Anwendung von Richtlinien keine horizontale unmittelbare Anwendung (zwischen den zwei Kapitalgesellschaften untereinander) von RL möglich ist – Aufrechterhaltung dieses Prinzips (wie in Faccini Dori). Deshalb war in diesem Fall keine unmittelbaren Wirkung von RL möglich - aber: es besteht die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung. Das nationale Recht ist im Lichte der Richtlinie auszulegen. Diese Pflicht wird unter Rückgriff auf Art. 10 EGV bzw. Art 4 Abs 3 EUV hergeleitet. Art. 10 EGV bzw. Art 4 Abs 3 EUV (Loyalitäts- und Treuegebot) verpflichtet die MS dazu, alles zu tun, um die Ziele des Vertrages zu erreichen. Von dieser Pflicht sind alle staatlichen Organe, also auch Gerichte umfasst, und daher muss das nationale Gericht die nationale Bestimmung anhand der Richtlinie („Wortlaut und Zweck der Richtlinie“) auslegen. Der EuGH bekräftigte, dass gemäß Artikel 249 EG bzw. Art 288 Abs 3 AEUV "ein nationales Gericht, das nationales Recht auszulegen hat - gleich, ob es sich um vor oder nach der betreffenden Richtlinie erlassene Vorschriften handelt -, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten muss, um das mit dieser verfolgte Ziel zu erreichen". Daher darf das Gericht die nationale Bestimmung nicht so auslegen, dass die Nichtigerklärung einer Kapitalgesellschaft auch aus anderen als den in der Richtlinie genannten Gründen erfolgen darf.

III. Beschluss Art. 288 Abs. 3 AEUV in allen seinen Teilen verbindlich an bestimmten Adressaten Kartell- und Beihilfenaufsichtsrechts- EK

IV. Empfehlung und Stellungnahme Art 288 Abs 5 AEUV Nicht verbindlich rechtliche oder rechtspolitische Standpunkte Adressaten meist MS, aber auch Gemeinschaftsorgan oder natürliche/ juristische Personen

4. Auslegung des Gemeinschaftsrechts Wortinterpretation Systematische Interpretation Teleologische Interpretation Vertragskonforme Interpretation Systematisch-teleologische Interpretation Auslegung nach dem effet utile

Rechtsfortbildung Art 19 EUV: weiter Auftrag; „Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages zu sichern“ ; dh nicht nur die Auslegung des Rechts, sondern auch die Wahrung des Rechts, angesichts des unvollkommenen Regelungsbestandes- Rechtsfortbildung Gemeinschaftsverträge. Dynamisch, auf fortschreitende Entwicklung angelegt ( Art 1 Abs 2 EUV)

b) Grenzen: Einhaltung der Kompetenzgrenzen-Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung c) Methoden: Systematisch-teleologische Interpretation+ Vgl der nationalen Rechtsordnungen („note de recherche“, Kammerbesetzung) + Wertung durch GH