Advanced Skills I (Klinisch-psychologische Interventionsverfahren)

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 Präsentation transkript:

Advanced Skills I (Klinisch-psychologische Interventionsverfahren) Dr. Esther Biedert Blockseminar 17.03.17 & 18.03.17 Universität Freiburg Schweiz, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Inhaltsverzeichnis Inhalte und Ablauf des Blockseminars Selbstmodifikationsprogramm Literatur und Übungsvorbereitung Übungen Planung Selbstmodifikationsprogramm Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Thematische Inhalte Problemanalyse Selbststeuerung (u.a. Selbstbeobachtung) Rollenspiel Entspannungs-/Desensibilisierungsverfahren Kognitive Verfahren Kommunikations- und Problemlösetraining Reizüberflutung/Konfrontationsverfahren Soziales Kompetenztraining Operante Verfahren Achtsamkeit Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Ziel der Problemanalyse: Psychische Probleme, wegen derer eine Psychotherapie aufgesucht wird, werden klassifiziert beschrieben auslösende und aufrechterhaltende Faktoren identifiziert Basisinformation für Indikationsstellung und Therapie- planung Unter welchem Problem leidet der Patient (klassifikatorische Einordnung, mithilfe von Klassifikationssystemen wie DSM-IV, ICD-10) Wie äussert sich Problem in verschiedenen Reaktionssystemen (Beschreibung des Problems) Liegen organische Befunde vor, die das Problem bedingen oder mitbedingen? Welche Mechanismen können die Aufrechterhaltung des Problems erklären (Aufrechterhaltungsbedingungen) Welche Mechanismen haben vermutlich zur Entstehung des Problems beigetragen (Entstehungsbedingungen) Liegen weitere psychische Probleme vor (Komorbidität)? Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Beschreibung des Problems hinsichtlich: kognitiv-emotionaler Reaktion physiologischer Reaktion verhaltensbezogener Reaktion Problem muss sich nicht zwangsläufig in allen drei Reaktionssystemen manifestieren Kognitiv-emotionale Reaktion Aufmerksamkeitslenkung, katastrophisierende Interpretationen, Kausalattributionen, dichotome Bewertungskategorien, ungünstige Selbstverbalisation, ungünstige Standardsetzungen/normative Orientierung Erfassung mittels Tagebüchern zur Selbstbeobachtung, Protokollen, Exposition in vivo oder Verhaltensexperimenten Physiologische Reaktion inwiefern geht das Problem mit physiologischen Veränderungen einher (z.B. bei Panikstörung Herzrate, Atmefrequenz, elektordermale Veränderungen) Gemeint sind hier körperliche Begleiterscheinungen, die zusammen mit den Kognitionen, den Gefühlen und dem Verhalten das Problem ausmachen Nicht gemeint sind damit mögliche organische Ursachen des Problems Exakte Erfassung physiologischer Reaktionen mittels Messaparaturen, wobei in klinisch-psychologischer Praxis meist die subj. Berichte der Pat. ausreichen müssen Verhaltensbezogene Reaktion intersubjektiv beobachtbares Verhalten des Pat. Auf der Verhaltensebene ist ein psychisches Problem entweder ein Verhaltensexzess (z.B. zu viel Alkohol trinken) oder Verhaltensdefizit (z.B. fehlender Blickkontakt, Meinung/Wünsche nicht äussern) Nicht zwangsläufige Reaktion auf allen drei Ebenen z.B. subjektiv starke Ängste ohne physiologisch auffällige Reaktionen oder umgekehrt Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Aufrechterhaltungsbedingungen zeitlicher Ablauf der externen bzw. internen Faktoren, die dem Problemverhalten vorausgehen oder ihm folgen (Beschreibung) Bildung von Hypothesen über mögliche zugrundeliegende Mechanismen oder Lernprinzipien (Erklärung) Entstehungsbedingungen mögliche Faktoren/Mechanismen, die zur Ausbildung der Störung beigetragen haben sind zum Teil mit den aufrechterhaltenden Bedingungen vergleichbar oft nicht mehr akut Aufrechterhaltende Bedingungen - Ad Erklärung Es geht nicht darum, ob ein Erklärungsmuster richtig oder falsch ist, sondern ob es sich als plausibel und brauchbar für die Problemanalyse und Therapie erweist. Bei der Konstruktion der Erklärungsmuster können folgende Fragen hilfreich sein: wird das Problem durch die Konsequenzen gesteuert? Wenn ja, welche Form des Lernens liegt vor (negative Verstärkung, positive Verstärkung, Löschung, Bestrafung)? Wird das Problem durch vorausgehende Bedingungen gesteuert? Wenn ja, welches Lernprinzip liegt vor (klass. Konditionierung, kognitive Steuerung (Attributionsstile, dysfunktionale Gedanken, selektive Aufmerksamkeit usw.) Sind verschiedene Lernprinzipien an der Aufrechterhaltung des Problems beteiligt (z.B. klass. Konditionierung phobischer Ängste und operante Verstärkung durch Vermeidungsverhalten) Entstehungsbedingungen Beispiele: erhöhte emotionale und physiologische Erregung im Zus‘hang mit chronischen Stressoren als Prädisposition für Angstanfälle; Mangelernährung infolge wiederholten restriktiven Diäten als Auslöser für Bulimia Nervosa Entstehungsbedingungen oft nicht mehr akut, d.h. für Therapie nicht unmittelbar relevant - für Pat. jedoch oft wichtig, die Entw‘ der Probleme zu verstehen; Rekonstruktion der Entstehung erhöht oft Motivation des Pat. für therapeutisches Arbeiten Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Externe Situation Interne Situation Wahrnehmung (Fokus der Aufmerksamkeit) Innere Verarbeitung (Erwartungen, Befürchtungen usw.) Verhalten Vm: Ve: Vk: Vph: Konsequenzen Kl: Kk: Ke: Ki: Erläuterungen siehe nächste Folie! Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Elemente des funktionalen Bedingungsmodells: S zeitlich unmittelbar vorhergehende Bedingung, Situationsmerkmale E Erwartung des Handelnden O Organismusbesonderheiten Vm motorische Verhaltensweisen/-modalitäten Ve emotionale Verhaltensweisen /-modalitäten Vk kognitive Verhaltensweisen /-modalitäten Vph physiologische Verhaltensweisen /-modalitäten Kk kurzfristige Konsequenzen des Verhaltens (intern und extern) Kl langfristige Konsequenzen des Verhaltens (intern und extern) Ad S Situation Ad E Erwartungen - Vorhergehendes Verh‘ d. Klienten - an eigenes Verh‘ (Ist- und Sollwert) - Verh‘ anderer Personen - An Konsequenzen - Anwesenheit/Fehlen anderer Personen - An vermutete Erwartungen anderer Personen - Sonstige Merkmale der Situation Ad O Organismusbedingungen Aktuelle Organismusbedingungen Habituelle psychophysiologische Muster Einfluss psychoaktiver Substanzen Ad Verhalten Vm motorische Modalität (beobachtbares Verhalten) Ve emotionale Modalität (subjektives Fühlen) Vk kognitive Modalität (Gedanken und bildhafte Vorstellungen) Vph physiologische Modalität (körperliche Bedingungen/Reaktionen) Ad K Konsequenzen Bzgl. Zeitpunkt: Kk kurzfristig, Kl langfristig Bzgl. Ort, an dem Konsequenzen sich manifestieren: Ki intern, Ke extern Bzgl. der Qualität: K+ positive Verstärkung, Belohnung K- negative Konsequenz, Bestrafung K+ Wegfall eines positiven Zustands, Bestrafung K- Wegfall eines negativen Zustands, negative Verstärkung => 16 Möglichkeiten für Konsequenzen (4x4 Feldertafel) Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Verhaltensketten V Vm Vk Ve Vph S E O Kk intern - Kl intern Kk extern - Kl extern -> das Herausgreifen einer Verh‘kette hat immer etw. willkürliches, weil jedes Verh‘ grundsätzlich als abh‘ oder unabh‘ Variable betrachtet werden kann, je nachdem, wie das Beobachtungsfenster gelegt wird -> die Interpunktion des Therapeuten oder des Pat. bestimmt, was UV und was AV ist Klassifikation des problematischen Verhaltens Verhalten, das durch vorhergehende Bedingungen gesteuert wird (klassische Konditionierung als Paradigma) Verhalten, das durch Konsequenzen gesteuert wird (operantes Konditionieren als Paradigma) Verhalten, das durch Modelllernen gesteuert und aufrechterhalten wird (kognitive Lerntheorie als Paradigma) Verhalten, das durch Einschränkungen des Wissens- oder Verhaltensrepertoires gesteuert wird/entsteht Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17

Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17 Problemanalyse Nebst den durch Problemanalyse konstruierten Erklärungsmustern ist für die Therapie relevant: subjektives Erklärungskonzept des Patienten allgemeine Kontextbedingungen Ressourcen und Kompetenzen des Patienten Auf der Basis der Problemanalyse erfolgt Indikationsstellung zur psychologischen Behandlung  Erarbeitung der Therapieziele und Ableitung der Interventionen Dr. Esther Biedert_Advanced Skills I - FS 17