Konversatorium zum Strafrecht BT II

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 Präsentation transkript:

Konversatorium zum Strafrecht BT II (Grundkurs IV) – Vermögensdelikte – Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in HS 315 NU Kontakt: tamina.preuss@uni-wuerzburg.de

Ablauf der heutigen Stunde I. Besprechung der zweiten Probeklausur II. Konkurrenzen

Probeklausur 2 Teppichhändler A sieht bei seinem wöchentlichen Großeinkauf im Supermarkt das neue Album seiner Lieblingsband im Regal und steckt es zu seinem Teppichmesser, das er immer bei sich führt, in seine Jackentasche. Allerdings hat Kaufhausdetektiv O das Verhalten des A beobachtet und verlangt hinter dem Kassenbereich die CD von ihm wieder heraus. In der Hektik der Situation fällt dem A die CD aus seiner Innentasche heraus. Daraufhin stößt er den O zur Seite, hebt die CD wieder auf und flüchtet. Der herzkranke O erleidet aufgrund der Aufregung einen Schock, an dem er verstirbt. Am frühen Abend desselben Tages erhält P Besuch von B, der Geld für einen guten Zweck sammelt. Um die Spendenbereitschaft zu erhöhen, hat B in die ersten Zeilen der Sammelliste zwei tatsächlich nicht erfolgte Spenden der Nachbarn X und Y in Höhe von 20 EUR

Probeklausur 2 Bearbeitervermerk: eingetragen. P möchte nicht hinter seinen Nachbarn zurückstehen und spendet daher ebenso 20 EUR, während er ansonsten allenfalls 5 EUR gegeben hätte. Bearbeitervermerk: Wie haben sich A und B nach dem StGB strafbar gemacht? Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

Probeklausur 2 Lösung: Strafbarkeit des A Tatkomplex 1: Im Supermarkt I. § 242 I StGB A könnte sich des Diebstahls zu Lasten des Super-marktinhabers gem. § 242 I StGB strafbar gemacht haben, indem er das Album seiner Lieblingsband in seine Jackentasche steckte. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand fremde bewegliche Sache (+) CD im Eigentum des Ladeninhabers

Probeklausur 2 Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen, Gewahrsams fremder Gewahrsam: Gewahrsam = die von natürlichem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft, die nach den Um­stän­den des Einzelfalls und der Verkehrsanschauung bestimmt wird hier (+) Sachherrschaft besteht; nach der allg. Lebens­erfahrung weiß der Inhaber des Supermarktes zwar nicht konkret um jede einzelne dort befindliche Ware, nach der Verkehrsauffassung besteht aber sein genereller Gewahrsamswille hinsichtlich aller im Markt befindlichen Gegenstände Begründung neuen Gewahrsams = wenn der Täter oder ein Dritter die Sach­herr­schaft derart erlangt hat, dass ihrer Ausübung keine Hindernisse mehr entgegenstehen

Probeklausur 2 P.: Gewahrsamswechsel in fremden Machtbereichen: nach ganz h.M. möglich, wenn der Täter die Sache in seine höchstpersönliche Sphäre verbringt (sog. Gewahrsams-enklave), Arg.: das Opfer müsste zur Wiedererlangung in die höchstpersönliche Sphäre des Täters eingreifen (dies wäre nicht über § 127 I 1 StPO gerechtfertigt) – hier (+) indem A die CD in seine Jackentasche steckt P.: Gewahrsamswechsel trotz Beobachtung der Tat: die Beobachtung steht nicht entgegen, Arg.: Diebstahl ist keine heimliche Tat; Diebstahl setzt nicht endgültigen u. gesicherten Gewahrsam voraus; Beobachtung erschwert nur faktisch den Abtransport der Beute (anders nur, wenn der Täter im Einzelfall aufgrund der Observation überhaupt keine Möglichkeit hat, mit der Beute zu entkommen)

Probeklausur 2 b. Subjektiver Tatbestand aa. Vorsatz, § 15 StGB Bruch fremden Gewahrsams = wenn der Gewahrsam ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird – hier (+) A nimmt die CD ohne den Willen des Ladeninhabers an sich b. Subjektiver Tatbestand aa. Vorsatz, § 15 StGB bb. Zueignungsabsicht cc. RW der beabsichtigten Zueignung u. diesbezüglicher Vorsatz 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Strafantrag, § 248a StGB 5. Ergebnis (+)

Probeklausur 2 II. § 244 I Nr. 1 lit. a StGB 1. Tatbestand a. Des Grunddelikts, § 242 I StGB (+) b. Der Qualifikation, § 244 I Nr. 1 lit. a StGB aa. Objektiver Tatbestand Waffe, § 244 I Nr. 1 lit. a Alt. 1 StGB = Gegenstände, die objektiv gefährlich u. ihrer Art und Bestimmung nach zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen ge-nerell geeignet sind (Waffen im technischen Sinne) hier (-) das Teppichmesser ist nach der Verkehrsauffassung nicht als Angriffs- o. Verteidigungsmittel einzustufen

Probeklausur 2 P.: Teppichmesser als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 244 I Nr. 1 lit. a Alt. 2 StGB: Auslegung des Werk-zeugbegriffs ist umstr. (relativ unstr. ist nur, dass es sich lediglich um bewegliche Gegenstände handeln kann, Arg.: ansonsten Beisichführen nicht möglich): Werkzeugbegriff aus § 224 I Nr. 2 StGB führt nicht weiter, da dort die Verwendung verlangt wird (Gesetzesbegrün-dung zum 6. StrRG führt insofern nicht weiter) konkret-subjektive Betrachtungsweisen: Widmungstheorie (frühere BGH-Rspr.): obj. gefährliche Be-schaffenheit u. von der Tat losgelöste Bestimmung des Gegenstands zur gefährlichen Verwendung seitens des Täters, der noch nicht die konkrete Verwendungsabsicht erreicht

Probeklausur 2 abstrakt-objektive Betrachtungsweisen: e.A.: Verwendungsabsicht erforderlich, Kritik: im Umkehrschluss zu § 244 I Nr. 1 lit. b StGB gerade nicht verlangt a.A.: wenn der Täter, den mitgeführten Gegenstand im „Bedarfsfall“ so verwenden will, dass dieser im Falle seines Ein-satzes nach seiner obj. Beschaffenheit u. der Art der Benutzung im konkreten Fall erhebliche Verletzungen hervorrufen kann (Rengier, Strafrecht BT I, 20. Aufl. 2018, § 4 Rn. 38 ff.), Arg.: Anlehnung an den gesetzgeberischen Willen; subj. Komponente vermeidet ein Unwertgefälle i.R.d. § 244 I Nr. 1 lit. a StGB; aus der Verwendungsabsicht in § 244 I Nr. 1 lit. b StGB ergibt sich kein Verbot einer subjektivierenden Auslegung, Kritik: im Um-kehrschluss aus § 244 I Nr. 1 lit. b StGB Verwendungszweck gerade ohne Bedeutung abstrakt-objektive Betrachtungsweisen:

Probeklausur 2 rein obj. Betrachtungsweise: Gegenstand, der im Falle seines Einsatzes gegen Personen aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit die Eignung besitzt, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 250 Rn. 5a), Kritik: Kreis der umfassten Werkzeuge sehr weit; aufgrund des Aufbruchswerkzeugs wird jeder Einbruchsdiebstahl zu einem Diebstahl mit Waffen (Rengier, Strafrecht BT I, 20. Aufl. 2018, § 4 Rn. 27) a.A.: situationsbezogene abstrakt-obj. Betrachtungsweise: Gegenstand , der sich aufgrund seiner obj. Beschaffenheit zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen eignet, u. dessen Beisichführen in der konkreten Situation aus Sicht eines obj. Beobachters keine andere Funktion erfüllen kann als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu werden; Kritik: führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten (Rengier, Strafrecht BT I, 20. Aufl. 2018, § 4 Rn. 35 ff.)

Probeklausur 2 wohl h.M.: Gegenstand, der eine obj. waffenähnliche Gefährlichkeit aufweist u. dem bei obj. Betrachtung eine Waffenersatzfunktion zukommt (Wittig, in: BeckOK-StGB, 38. Aufl. 2018, § 244 Rn. 8), Arg.: Waffe als Unterfall des gefährlichen Werkzeugs; Wortlaut verlangt gerade keine Ver-wendung; bei zu anderen Zwecken mitgeführten Gegenständen ggf. kein Vorsatz hinsichtlich des Beisichführens a.A.: Gegenstand, der nach der Rechtsordnung nicht für jeder-mann frei verfügbar ist, Kritik: zu weit gehende Einschränkung; betrifft Fragen im Vorfeld der Tat; beschränkt den Werkzeug-begriff faktisch auf das WaffG; widerspricht dem Willen des Gesetzgebers (Schmitz, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. 2017, § 244 Rn. 14)

Probeklausur 2 Waffenersatzfunktion“ beim Teppichmesser des A: gefährlicher Einsatz zwar durchaus © w.r.wagner @ pixelio.de möglich, aber eher kleinere Klinge u. Mitführen gerade durch einen Teppichhändler sozialüblich, sodass der Einsatz als „Waffe“ eine objektive Zweckentfremdung bedeuten würde (a.A. gut vertretbar) Anmerkung: Der Werkzeugbegriff des § 244 I Nr. 1 lit. a StGB (und des § 250 I Nr. 1 lit. a StGB) ist bis heute nicht ausreichend geklärt, sodass vielfach ein gesetzgeberisches Tätigwerden gefordert wird (statt vieler Wittig, in: BeckOK-StGB, 38. Aufl. 2018, § 244 Rn. 20).

Probeklausur 2 Beisichführen = wenn dem Täter das Werkzeug zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn u. Beendigung (a.A. nur bis zur Vollendung) unmittelbar zur Verfügung steht – hier (+) bb. Subjektiver Tatbestand zumindest sachgedankliches Mitbewusstsein des A an-zunehmen Verwendungsvorbehalt gerade nicht erforderlich (s.o.) 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+/-) III. § 252 StGB 1. Tatbestand

Probeklausur 2 a. Objektiver Tatbestand aa. Vortat („bei einem Diebstahl“) hier (+) Diebstahl der CD (s.o.) bb. Auf frischer Tat betroffen frische Tat = raumzeitlicher Zusammenhang zu der Tat – hier (+) A trifft in unmittelbarer Nähe zum Tatort u. unmittelbar nach Vollendung auf O betroffen = jedes raumzeitliche Zusammentreffen von Täter u. dritter Person (im Einzelnen str.) – hier (+) O hat den A wahrgenommen u. als Täter identifiziert, sodass sogar nach den engsten Ansicht sein Betroffensein gegeben ist cc. Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel

Probeklausur 2 hier (+) Gewalt gegen eine Person durch das Weg-stoßen des O b. Subjektiver Tatbestand aa. Vorsatz, § 15 StGB (+) bb. Besitzerhaltungsabsicht („um sich im Besitz des ge-stohlenen Gutes zu erhalten“) = zielgerichteter Wille eine Gewahrsamsentziehung zu verhindern, die gegenwärtig ist oder unmittelbar bevorsteht (dolus directus 1. Grades) hier (+) als Beweiszeichen dient das Aufheben der CD nur wenige Sekunden vor dem Stoß, durch das die Gefahr der eigenen Festnahme in Kauf genommen wird 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+)

Probeklausur 2 IV. §§ 252, 250 I Nr. 1 lit. a StGB 1. Tatbestand Hinweis: § 250 StGB findet über die Rechtsfolgenverweisung in § 252 StGB („gleich einem Räuber zu bestrafen“) Anwendung. 1. Tatbestand a. Des Grunddelikts, § 252 StGB b. Der Qualifikation, § 250 I Nr. 1 lit. a StGB aa. Objektiver Tatbestand Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs (+/-) je nach vertretener Ansicht zum Werkzeugbegriff s.o. bb. Subjektiver Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld 4. Ergebnis (+/-)

Probeklausur 2 V. §§ 252, 251 StGB 1. Tatbestand a. Grunddelikt, § 252 StGB (+) b. Schwere Folge: Tod eines anderen Menschen c. Kausalität das Grunddelikt war nach der conditio-sine-qua-non-Formel kausal für den Tod des O durch Herzinfarkt in-folge der Aufregung Hinweis: Ein häufiger Klausurfehler liegt darin, dass nicht klar zwischen Kausalität u. Unmittelbarkeitszusammenhang getrennt wird oder vergessen wird, die Kausalität zu prüfen. d. Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang (Un-mittelbarkeitszusammenhang)

Probeklausur 2 = in der schweren Folge muss sich eine raub-spezifische Gefahr realisiert haben nach h.M. muss sich die spezifische Gefahr der Nöti-gungshandlung verwirklicht haben (a.A. auch die Gefahr der Wegnahmehandlung) Exkurs: - nach der Rspr. kann der Unmittelbarkeitszusammenhang auch in der Beendigungsphase bestehen, Arg.: in dieser Phase zeigt sich die besondere Gefährlichkeit des Raubes; Wortlaut steht nicht entgegen, da „Raub“ das Gesamtgeschehen meint; Einsatz von Nötigungsmitteln in der Beendigungsphase kann über § 252 StGB aufgrund der erforderlichen Besitzerhaltungsabsicht nur teilweise erfasst werden

Probeklausur 2 - Gegenansicht: nur bis zur Vollendung, Arg.: § 249 StGB ist mit der Wegnahme abgeschlossen, sodass beutesichernde Gewalt außerhalb des TB liegt; ansonsten Umgehung der bes. Voraussetzungen des § 252 StGB; Wortlaut („durch den Raub“) – § 1 StGB, Art. 103 II GG (Rengier, Strafrecht BT I, 20. Aufl. 2018, § 9 Rn. 8) e. Zumindest Leichtfertigkeit hinsichtlich der schweren Folge Leichtfertigkeit = der Täter handelt grob achtlos u. beachtet nicht, was sich jeder Person in der Rolle des Täters hätte aufdrängen müssen (gesteigerte Form von Fahrlässigkeit)

Probeklausur 2 hier (-) demjenigen, der jemandem zur Seite stößt, muss sich vorbehaltlich entgegenstehender Anhalts-punkte (Alter o. Erscheinungsbild des Opfers, Kenntnis von Herzleiden) noch nicht aufdrängen, dass das Opfer vor Aufregung einen Herzinfarkt erleidet (ähnlich OLG Nürnberg NStZ 1986, 556; a.A. noch vertretbar) 2. Ergebnis (-) VI. § 222 StGB 1. Tatbestand a. Tathandlung u. Taterfolg (+) b. Kausalität (+)

Probeklausur 2 c. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung u. objektive Vor-hersehbarkeit objektive Sorgfaltspflichtverletzung (+) objektive Vorhersehbarkeit (-) dass jemand durch einfaches Beiseitestoßen einen Herzinfarkt erleidet, ist auch durch den umsichtig handelnden Durch-schnittsmenschen nicht vorhersehbar (a.A. gut ver-tretbar, insb. unter Abstellen auf die besondere Schocksituation) Hinweis: Hier kann natürlich ein anderes Ergebnis vertreten werden als bei § 251 StGB, da es nicht um ein gesteigertes Maß an Fahrlässigkeit geht. Wenn bereits § 251 StGB angenommen wurde, reicht ein kurzer Verweis auf den subsidiär zurücktretenden § 222 StGB.

Probeklausur 2 2. Ergebnis (-) VII. § 240 StGB Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Nötigungsmittel hier (+) in Form von Gewalt (s.o.); § 240 I StGB umfasst sowohl vis compulsiva als auch vis absoluta (Eser/Eise-le, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 240 Rn. 4) bb. Nötigungserfolg hier (+) Unterlassen des O, den A an seiner Flucht zu hindern

Probeklausur 2 b. Subjektiver Tatbestand Vorsatz, § 15 StGB teilweise verlangte Absicht hinsichtlich des abge-nötigten Verhaltens (+) A kommt es i.S.v. dolus directus 1. Grades gerade darauf an, dass O ihn nicht verfolgt Hinweis: Damit kann dahinstehen, ob Nötigungsabsicht überhaupt erforderlich ist, wofür der Wortlaut des § 240 II StGB abgeführt wird. 2. Rechtswidrigkeit a. Kein Eingreifen allgemeiner Rechtfertigungsgründe (+) b. Verwerflichkeit, § 240 II StGB (+) 3. Schuld 4. Ergebnis (+)

Probeklausur 2 VIII. § 223 I StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand nach Einheitstheorie in jeder Tötung als notwendiges Durchgangsstadium eine Körperverletzung enthalten (Rengier, Strafrecht BT II, 19. Aufl. 2018, § 21 Rn. 3) b. Subjektiver Tatbestand (-) hier (-) das kognitive Element fehlt, da A sich keine Gedanken über den Tod des O macht (a.A. vertretbar) 2. Ergebnis (-) Hinweis: Wird § 223 I StGB bejaht, ist konsequenterweise auch § 227 StGB anzusprechen.

Probeklausur 2 IX. § 123 I StGB Tatbestand geschützte Räumlichkeit (+) hier Supermarkt als Ge-schäftsraum = Räumlichkeiten, die für eine gewisse Dauer dem Geschäftsbetrieb dienen, wobei nicht nur erwerbswirtschaftliche Geschäfte, sondern solche aller Art in Frage kommen, z.B. auch künstlerische u. wissenschaftliche Eindringen = Betreten gegen den Willen des Berech-tigten – hier (-) wegen der generellen Eintrittserlaub-nis für den Publikumsverkehr während der Öffnungs-zeiten der Geschäftsräume, die tatbestandsausschlie-ßend wirkt

Probeklausur 2 2. Ergebnis (-) Tatkomplex 2: Die Spendenliste Hinweis: Das Problem, ob die Eintrittserlaubnis sich auch auf Personen erstreckt, die den Laden zu widerrechtlichen Zwecken betreten (sog. Missbrauch der Eintrittserlaubnis), war nicht anzusprechen, da A die rechtswidrige Absicht erst im Laden fasste. 2. Ergebnis (-) Tatkomplex 2: Die Spendenliste Strafbarkeit des B gem. § 263 I StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Täuschung über Tatsachen

Probeklausur 2 aa. Täuschung über Tatsachen Täuschung = jedes Verhalten mit Erklärungswert, das durch Einwirken auf das Vorstellungsbild einer natür-lichen Person zur Irreführung geeignet ist – hier (+) durch Vorlage der Spendenliste Tatsachen = dem Beweise zugängliche Ereignisse o. Zustände der Gegenwart o. Vergangenheit – hier (+) Erbringung der Spenden i.H.v. 20 Euro bb. Irrtum Irrtum = Fehlvorstellung über Tatsachen hier (+) P glaubt, X u. Y hätten jeweils 20 Euro gespen-det

Probeklausur 2 cc. Vermögensverfügung = jedes Tun, Dulden o. Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt – P spendet 20 Euro dd. Kausalität des Irrtums für die Vermögensverfügung da P statt der beabsichtigten 5 Euro irrtumsbedingt 20 Euro spendete, zumindest Kausalität für eine Ver-mögensverfügung in dieser Höhe ee. Vermögensschaden = nachteilige Vermögensdifferenz, die nicht durch ein unmittelbar aus der Vermögensverfügung fließendes Äquivalent wirtschaftlich voll ausgeglichen wird

Probeklausur 2 P.: Vermögensschaden bei Spende, da der Spender ohnehin keine Gegenleistung erhält: nach der h.M. (Zweckverfehlungslehre) irrtumsbedingte Vermögens-schädigung bei Verfehlung des erzielten sozialen o. wirtschaftlichen Zwecks (ausführlich zum Meinungs-stand vgl. Fall 5) Anwendung der Zweckverfehlungslehre auf den konkreten Fall: kein Vermögensschaden, da der soziale Zweck (die Spenden fließen tatsächlich dem „guten Zweck“ zu) voll erreicht wird; der Zweck „nicht hinter den Nachbarn zurückzustehen“ ist kein anerkannter sozialer o. wirtschaftlicher Zweck, dessen Verfehlung einen Vermögensschaden begründen kann

Probeklausur 2 b. Zwischenergebnis (-) 2. Ergebnis (-) Gesamtergebnis Strafbarkeit des A gem. §§ 252, 250 I Nr. 1 lit. a StGB §§ 242, 244, 240 StGB treten hinter § 252 StGB zurück keine Strafbarkeit des B

Konkurrenzen I. Rechtsfolgen von Tateinheit u. Tatmehrheit Tateinheit, § 52 StGB Tatmehrheit, § 53 StGB - nur eine Strafe, § 52 I StGB - Strafe grds. nach dem Gesetz, das die schwerste Strafe androht, aber nicht milder, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen, § 52 II StGB - zunächst Festsetzung von Einzelstrafen aus jeder Tat - Bildung einer Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen, §§ 53 I, 54 StGB: Erhöhung der schwersten Strafe (§ 54 I StGB), Summe der Einzelstrafen darf nicht erreicht werden (§ 54 II StGB) - eingeschränktes Absorptionsprin-zip - Asperationsprinzip - tätergünstig - täterungünstig

Konkurrenzen II. Voraussetzungen für Tateinheit und Tatmehrheit 1. Sind mehrere Gesetzesverstöße durch eine Handlung o. mehrere Handlungen begangen worden? Liegt also Tateinheit o. Tatmehrheit vor (echte Konkurrenz)? eine Handlung im natürlichen Sinne: ein Handlungsentschluss realisiert sich in einer einzigen Willensbestätigung (z.B. A wirft eine Bombe in die Menge, durch deren Explosion fünf Menschen verletzt werden – unabhängig davon, wie viele Unrechtserfolge ausgelöst werden) eine Handlung im juristischen Sinne:

Konkurrenzen tatbestandliche Handlungseinheit: der gesetzliche Tatbestand verbindet mehrere natürliche Willens-bestätigungen zu einer rechtlich-sozialen Bewertungs-einheit (z.B. Gewaltanwendung u. Wegnahme bei § 249 StGB, bei Dauerdelikten, wie §§ 239, 123 StGB, alle Tätigkeitsakte, die der Begründung u. Aufrechterhaltung des widerrechtlichen Zustands dienen) natürliche Handlungseinheit: wenn mehrere, im We-sentlichen gleichartige Verhaltensweisen von einem ein-heitlichen Willen getragen werden u. aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs derart eng mit-einander verbunden sind, dass das gesamte Tätigwerden obj. auch für einen Dritten bei natürlicher Betrach-tungsweise als ein einheitliches, zusammengehöriges Tun erscheint, Bsp.:

Konkurrenzen iterative Tatbestandserfüllung: A versetzt B in schneller Abfolge mehrere Tritte (a.A. hier tatbestandliche Handlungseinheit) von der Rspr. recht weit verstanden (z.B. §§ 224, 113, 315b, 142 StGB bei einheitlichem Fluchtwillen des Täters in sog. „Polizei-fluchtfällen“) P.: bei höchstpersönlichen Rechtsgütern unterschiedlicher Rechtsgutträger: nur ausnahmsweise bei einheitlichem Tat-entschluss u. wenn die Aufspaltung des Tatgeschehens in Ein-zelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen u. räumlichen Zusammenhangs willkürlich u. gekünstelt erschiene (Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 44. Aufl. 2014, § 17 Rn. 766) Teilidentität der Ausführungshandlungen: eine Aus-führungshandlung dient gleichzeitig der Verwirklichung mehrerer Delikte (z.B. Schüsse, die der Beendigung des Raubes dienen u. gleichzeitig §§ 211, 212, 22, 23 I StGB verwirklichen)

Konkurrenzen Prinzip der Verklammerung: zwei an sich selbstständige Handlungen stehen jeweils mit einer dritten Handlung in Tateinheit u. werden durch deren „Klammerwirkung“ miteinander zur Tateinheit verbunden nach BGH ist Voraussetzung, dass eines der verklammerten Delikte schwerer wiegt als das Bindeglied (Wertung nicht am Normalstrafrahmen, sondern an der konkreten Gewichtung der Taten auszurichten) Bsp.: A fährt fahruntüchtig seinen Pkw (§ 316 StGB) und beleidigt und nötigt während der Fahrt andere Autofahrer Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung: bei mehreren Einzelakten gegen das gleiche Rechtsgut besteht bei gleichartiger Begehungsweise u. einem Gesamtvorsatz Handlungseinheit

Konkurrenzen 2. Tritt eines der Delikte zurück (unechte Konkurrenz)? Rechtsfigur mittlerweile „abgeschafft“, da sich das gesetzliche System des Strafrechts an einzelnen, rechtlich selbstständigen Straftaten orientiert, die grds. nur bei Zusammentreffen in einem Handlungsteil, nicht durch einen vom Täter geschaffenen Sinnzusammenhang, zu einer rechtlichen Handlungseinheit verbunden werden können (Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 44. Aufl. 2014, § 17 Rn. 773 f.) bei Serienstraftaten aber ggf. extensive Auslegung der na-türlichen Handlungseinheit o. Korrektur negativer Konse-quenzen auf Strafzumessungsebene 2. Tritt eines der Delikte zurück (unechte Konkurrenz)?

Konkurrenzen III. Prüfungsschema 1. Sind mehrere Gesetzesverstöße durch eine Handlung o. mehrere Handlungen begangen worden? Eine Handlung - Handlungseinheit Mehrere Handlungen - Handlungsmehrheit 2. Liegt ein Fall von Geset-zeskonkurrenz vor? (Spezialität, Subsidiarität, Konsumtion) 2. Liegt eine mitbestrafte Vor- oder Nachtat vor? NEIN NEIN JA Tateinheit nach § 52 StGB (Idealkonkurrenz) Delikt tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück Tatmehrheit nach § 53 StGB (Realkonkurrenz)

Konkurrenzen Allgemeiner Hinweis: Ausführungen zu den Konkurrenzen erfolgen im Ge-samtergebnis, können aber auch bereits bei den einzelnen Ergebnissen erwähnt werden, um das Gesamtergebnis zu entlasten.

für eure Aufmerksamkeit! Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit!