KRAFTTRAINING MIT HERZ-KREISLAUF-PATIENTEN Rehabilitations- und Kurzentrum „Austria“ der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), Stifterstraße 11, 4701 Bad Schallerbach Prim.Univ.Prof. MR Dr. Peter Schm d
LEBEN STARKE MÄNNER LÄNGER ?
BEZIEHUNGEN ZWISCHEN MORTALITÄT UND MUSKELKRAFT Teilnehmer: 8.762 Männer zwischen 60 – 80 Jahren Design: prospektive longitudinale Kohorten-Studie Parameter: maximales Gewicht (= EWM) bei Bankdrücken und Beinpresse plus symptomlimitierte Laufbandergometrie Beobachtungsdauer: 18,9 Jahre Ruiz J.J, BMJ 2008; 337: 439
All cause mortality < 60 ≥ 60 Age groups (years) p = 0.005
ZIELE DER REHABILITATION KRAFT KRAFT KRAFT KRAFT Erhaltung der Selbstständigkeit... KRAFT KRAFT
ZIELE DES KRAFTTRAININGS Erhaltung der Selbstständigkeit Lebensverlängerung Optimierung der Lebensqualität Verletzungsprophylaxe durch bessere Koordination und Entwicklung eines schützenden Muskelmantels (Gelenke) Neue Erkenntnisse in der Therapie von Diabetes mellitus und KHK
TRAINIERBARKEIT DER KRAFT IM ALTERSGANG Der altersbedingte Rückgang der Kraft ist durch Training zum Teil kompensierbar Diese Trainierbarkeit bleibt bei entsprechend belastbaren Personen bis in die 10. Lebensdekade erhalten.
Krafttraining bei Alten > 90 J 8 Wochen Krafttraining Kraftzuwachs: 174% 9% Muskelmassenzunahme 48% Zunahme der Gehgeschwindigkeit Abnahme des Sturzrisikos und der Frakturrate Seguin/Nelson. Am J Prev Med 2003;25(3Sii):141-149
Herzpatienten und KT Bisher Schwerpunkt Ausdauertraining in Rehab Wenn der Patient keine Muskelkraft hat, nützt ihm Ausdauer wenig Auch andere chronisch Kranke sollten zuerst Kraft trainieren um Ausdauer überhaupt zu bewältigen
Kraftanteil beim Ausdauertraining Sportart Kraftanteil FET < 30% Gehen < 20% Laufen < 25% Treppen steigen ?
Kraftsportarten Maximalkraft: Gewichtheben, Ringen Grundlagentraining für Schnellkraft Kraftausdauer: Rudern, Schwimmen, Bergaufläufe , Mountainbike Schnellkraft: Hochsprung, Weitsprung, Kugelstoßen , Speerwerfen
Anpassung der Muskulatur Intermuskuläre Koordination Intramuskuläre Koordination Muskelhypertrophie
Krafttraining: Beeinflussung von kardiovasculären Risikofaktoren Muskelmasse Erhöhung der basalen Stoffwechselrate (Grundumsatz) Insulinsensitivität RR Blutfette
Warum so lange kein Krafttraining bei HK-Patienten? Weil früher ausschließlich Studien über isometrisches Krafttraining vorlagen und länger anhaltende isometrische Kontraktionen sogar kleinerer Muskelgruppen zu folgenden Veränderungen führten: HF RR sys Doppelprodukt (HF x RR sys) EF Komplikationen
Warum heute Krafttraining bei HK-Patienten ? Weil fast ausschließlich dynamisches Kraft-training (ohne Pressatmung) betrieben wird, dessen haemodynamische Auswirkungen denen eines FET entsprechen. Dementsprechend gering ist auch die Komplikationsrate gegenüber isometrischen Kraftübungen bzw. gegenüber aerobem Ausdauertraining.
Veränderung verschiedener hämodynamischer Größen während Kraft- und FERG-Belastung McKelvie et al.
KRAFTTRAINING IST BEI FOLGENDEN ERKRANKUNGEN INDIZIERT Herz-Kreislauferkrankungen - koronare Herzkrankheit - Herzinsuffizienz - St.p. Klappenerkrankungen Adipositas Diabetes mellitus Osteoporose Inaktivitätsatrophie unterschiedlicher Genese Fortgeschrittenes Alter
ABSOLUTE KONTRAINDIKATIONEN FÜR EIN KRAFTTRAINING (RICHTLINIEN AHA) Instabile AP Dekompensierte Herzinsuffizienz (NYHA IV) Unkontrollierbare Arrhythmien Schwere pulmonale Hypertension (mittlerer Druck > 55 mmHg) Schwere symptomatische Aortenstenose Akute Myo-, Endo- oder Pericarditis Unkontrollierbare arterielle Hypertonie (>180/110 mmHg) Aortendissektion Marfan-Syndrom Hoch intensives Krafttraining (80 – 100 % des 1-RM) bei Patienten mit aktiver proliferativer Retinopathie oder mittelgradiger oder sich verschlechternder nicht proliferativer diabetischer Retinopathie Williams A.W. et al, Circulation 2007; 116: 572 – 584
RELATIVE KONTRAINDIKATIONEN FÜR EIN KRAFTTRAINING (RICHTLINIEN AHA) Ausgeprägte Risikofaktoren für eine KHK Diabetes mellitus Unkontrollierbare arterielle Hypertonie (> 160/100 mmHg) Geringe körperliche Leistungsfähigkeit (< 4 MET´s) Muskuloskeletale Einschränkungen Schrittmacher- bzw. Defibrillatorträger Williams A.W. et al, Circulation 2007; 116: 572 – 584
Einschränkungen für das Krafttraining bei Herzpatienten Keine Übungen, die z.B. das Operationsgebiet überlasten und/oder dort Verletzungen induzieren könnten (ACBG, SM, ICD) Keine extremen statischen Kraftübungen mit überschießendem RR sys.-Anstieg Daraus abgeleitet die Empfehlung bezüglich Herzarbeit wie bei dynamischem Ausdauertraining : HF X RR sys < 36.000 z.B. 150 Schläge/Min. x 240 mmHg RR sys = 36.000 Auf der Borg-Skala, die von 6 – 20 geht und den persönlichen individuellen Anstrengungsgrad repräsentiert, sollten während des Krafttrainings Werte zwischen 11 und 15 erreicht werden. Adams et al., Am J Cardiol 2006; 97: 281
Guidelines für Krafttraining Herz-Kreislaufpatienten Empfehlung Sätze Wh Stationen Frequenz/Woche AHA 2007 1 10-15 8-10 2-3 AACVPR 2004 1 12-15 6-8 2-3 ACSM 2006 1 10-15 8-10 2-3
KRAFTTRAINING IM RZ „AUSTRIA“ Einschulung der Patienten an den Geräten (durch PT‘s) mit individueller Intensitätseinstufung/Gerät RR-Messung vor und nach der Trainingseinheit Training 2mal wöchentlich, ohne Aufwärmen Trainingsüberwachung mittels HF-Kontrolle (Polaruhr) an der Kraftmaschine Dokumentation von RR, Gewicht/Gerät und Belastungsempfinden/Gerät pro Training Körpergewichtmessung vor dem ersten und nach dem letzten Training
BELASTUNGSEMPFINDEN 4 3 5 2 6 1 7 mittel leicht schwer sehr schwer sehr leicht sehr schwer Boeck-Behrens W, Buskies W 1998
Funktionsstemme (leg press) Beanspruchte Muskelgruppen M. quadriceps femoris M. glutaeus maximus Mm. ischiocrurales M. gastrocnemius Mm. abductores Mm. adductores + 40%
Beinstrecker (leg extension) Beanspruchte Muskelgruppen M. quadriceps femoris + 50%
Beanspruchte Muskelgruppen Beinbeuger (leg curl) Beanspruchte Muskelgruppen M. biceps femoris M. semimembranosus M. semitendinosus M. popliteus + 70%
Ruderzug (rowing machine) gruppen M. latissimus dorsi M. biceps brachii M. trapezius M. deltoideus M. teres major Beanspruchte Muskelgruppen + 60%
Schulterblattfixator (pull down) Beanspruchte Muskelgruppen M. latissimus dorsi M. pectoralis major M. deltoideus posterior M. teres major M. serratus anterior M. biceps brachii + 35%
Beanspruchte Muskelgruppen Stützstemme (dips) Beanspruchte Muskelgruppen M. triceps brachii M. deltoideus M. latissimus dorsi M. pectoralis major M. teres major M. trapezius M. subscapularis + 35%
Rückenstrecker (back extension) Beanspruchte Muskelgruppen M. erector spinae M. longissimus Mm. interspinales + 50%
Rumpfbeuger (back flection) Beanspruchte Muskelgruppen M. rectus abdominis M. obliquus externus abdominis M. obliquus internus abdominis + 50%
Bruststabilisator (butterfly) Beanspruchte Muskelgruppen M. pectoralis major M. deltoideus + 30%
Haltungsstabilisator (rear del) Beanspruchte Muskelgruppen M. rhomboideus M. trapezius M. deltoideus M. teres minor M. infraspinatus + 40%
Die Responderrate für das Krafttraining betrug 92 % Das heißt, dass sich lediglich 8 % aller Patienten an zumindest einem Gerät beim Abschlusstraining gewichtsmäßig gegenüber dem ersten Training nicht verbesserten (= 7 %) oder verschlechterten (= 1 %).
TRAININGSINDUZIERTE KOMPLIKATIONEN BEI HERZ-KREISLAUFPATIENTEN Ausdauertraining Ausdauer- + Krafttraining (n = 989) (n = 996) - Vorhofflimmern (7x) - Vorhofflimmern (4x) - ventrikuläre Tachycardie (1x) - supraventrikuläre Tachycardie (4x) - Bradycardie (1x) - Couplets (1x) - Hypertension (1x) - Hypertension (1x) - Angina pectoris (3x) - Angina pectoris (1x) - Praekollaps (2x) - Hypotension (1x) n = 13 n.s. n = 14 Schmid P. et al (unpublished data)
Muskuloskeletale Beschwerden und Training n = 1.985 stationäre kardiovaskuläre Patienten Follow-up: 4 Wochen Statintherapie: in über 80 % Ausdauertraining Ausdauer- u. Krafttraining ( n = 989 ) ( n = 996 ) 6mal Gelenksbeschwerden 13mal Gelenksbeschwerden 3mal „Muskelkater“ 5mal „Muskelkater“ 2mal Sehnenbeschwerden p < 0,041 Schmid P et al (unpublished data)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Summary hazard ratio (95 % Cl) Grip strength (n=14) Lowest quarter 1.67 (1.45 to 1.93) 2 1.28 (1.16 to 1.40) 3 1.15 (1.07 to 1.24) Highest quarter 1.00 Cooper Rachel et al BMJ 2010;341:4467
Training bei Herzinsuffizienz „ … Restriction of physical activity is recommended for all patients with chronic heart failure … „ E. Braunwald, Heart Disease. 4th ed. 1988
Muskelatrophie 68% der Patienten mit HI führt zu Muskelmassen- und –kraftabnahme Neuromuskuläre Dysfunktion Weltallaufenthalte führten bereits innerhalb 8-10 Tagen zu deutlichen muskulären Veränderungen Mancini DM, Walter G, Reichek N, et al. Contribution of skeletal muscle atrophy to exercise intolerance and altered muscle metabolism in heart failure. Circulation. 1992;85:1364-1373
Muskelkraft als Mortalitätsprädiktor Hülsmann et al.,The European Journal of Heart Failure 6 (2004) 101-107
Krafttrainingsempfehlungen bei Herzinsuffizienz NYHA I NYHA II – III Frequenz: 2-3mal/Woche 1-2mal/Woche Dauer: 15 - 30 min 12 - 15 min Intensität: 50 – 60 % EWM 40 – 50 % EWM Geschwindigkeit: 6 sec./Übung 6 sec./Übung Stationen: 4 – 9 3 – 4 Sätze: 2 – 3 1 – 2 WH: 6 – 15 4 – 10 Braith RW, Heart Fail Rev 2008; 13: 69 - 79
KRAFT UND ALTERSGANG Alter (Jahre) Männer (%) Frauen (%) 20 – 30 100 65 40 – 50 90 55 50 – 60 85 45 70 – 80 70 40 90 – 100 50 30 Aus: Hollmann-Hettinger, Sportmedizin, Schattauer Verlag 2000, Seite 175 - 179
MUSKELANTEIL AM KÖRPERGEWICHT Frauen 25 – 35 % Männer 40 – 45 % Aus: Hollmann-Hettinger, Sportmedizin, Schattauer Verlag 2000, Seite 175 - 179
Verletzungsrisiko und Krafttraining Verletzungsrisiko bei korrekter Anwendung gering 2,2 geringfügige Verletzung des Muskel- Gelenk- und Bandapparates pro 1000 Trainingsstunden Z.Kardiol. 2004