Imperiale (Produktions- und) Lebensweise Ulrich Brand Reclaim Democracy – 4.2.2017 Ausgangslage Problem zukunftsfähiger Politik Frage der Alternativen: solidarische Lebensweise Wohlstand neu denken und machen Degrowth, Gutes Leben für alle, grüner Sozialismus
The Great Acceleration am Mitte 20. Jahrhundert
Ökologische Kritik am Wachstum Unsere Produktions- und Lebensweise erzeugt enorme Probleme, um die wir weitgehend wissen Effizienz und technologische Innovationen sind wichtig, aber sie reichen nicht aus
gerissenes Band: kein „gutes Leben“ für viele Menschen Verteilungsfragen separiert; keine Erfahrung mehr, dass es bei Wachstum allen besser geht Jobless growth Druck auf Erwerbsarbeit, Entgrenzung burn-out, Unsicherheit Produktivismus: Produktion um der Produktion willen Konsumismus „Kauf Dich glücklich!“ Studie von Pickett/Wilkinson: „Gleichheit ist Glück“
Wachstumsfokus spitzt sich zu: neoliberale und autoritäre Krisenbearbeitung Austeritätspolitik; weitere Umverteilung von unten nach oben Krisenpolitiken für dominante Wirtschaft… Schrottprämie NL heißt: Angst, Entpolitisierung, Passivierung der Menschen ökologisch: (notfalls brutale) Verteidigung des westl. Wohlstandsmodells … sehen wir in Flüchtlingsbewegung aber auch Mitmachen von vielen: aktive oder zumindest passive Konsense … Ignoranz, Mitmachen, Zynismus, Suche nach Aufbrüchen
schwierig für zukunftsfähige Politik: imperiale Produktions- und Lebensweise verändern überproportionale Zugriff des Globalen Nordens auf Ressourcen, Senken und Arbeitskraft im Weltmaßstab politisch, rechtlich und mitunter offen gewaltförmig abgesichert Grundmechanismen Inwertsetzung, Akkumulation und Reproduktion Hegemonie und Subjektivierung Hierarchisierung; ich komme darauf zurück Externalisierung
Imperiale Lebensweise (2) die sich in kapitalistischen Zentren tendenziell vertieft und räumlich ausbreitet The new consumers (Kent/Myers) Transnationale Verbraucherklasse (Wuppertal-Institut) ein Viertel der Weltbevölkerung 50 % im globalen Norden 20 % in China und Indien intensivierte Konkurrenz um die Ressourcen und Senken zwischen dem globalen Süden und dem globalen Norden dahinter stehen Interessen, Macht, Kapitalverwertung eine Art allgemein akzeptierter Entwicklungslogik bestimmte Vorstellungen von „gutem Leben“ und gesellschaftlicher Entwicklung sind tief verankert hegemonial
Imperiale Lebensweise (3) Strategische und praktische Dimensionen Unternehmenssrategien unter Konkurrenzbedingungen Staatliche Politiken Kolonialismus Wissenschaft und Forschung Entwicklungs-Dispositive – “Fortschritt”, gutes Leben Patriarchale Dimensionen und instrumentelle Rationalität tägliche Praktiken / Habitus / Status / Erfolg
Imperiale Lebensweise als Klassenfrage Größe des ökologischen Fußabdrucks korreliert stark mit Einkommen Klassen-, milieuspezifische Lebensweise und Konsummuster Für Ober- und obere Mitteklassen: auch Distinktion bei Subalternen / Schwächeren Form der Reproduktion der Arbeitskraft Gesellschaftliche Teilhabe Kompensatorischer Konsum in entfremdeter (Arbeit-)Welt (Real-)Suggestion von Wahl- und Handlungsmöglichkeiten
solidarischen Lebensweise? Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Was sind Formen einer solidarischen Lebensweise? Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Flyer zum Buch Broschüre „Wohlstand – wie anders?“ (5 CHF)
De-Growth / Entwachsen / Postwachstum Degrowth a “a multi-faceted political project that aspires to mobilise support for a change of direction, at the macro-level of economic and political institutions and at the micro level of personal values and aspirations. Income and material comfort is to be reduced for many along the way, but the goal is that this is not experienced as welfare loss” (Kallis 2011) Politisches Projekt, um kapitalistisch-neoliberale Wachstumszwänge zurückzudrängen Auch Phantasie, Neues, Zuversicht
Degrowth (2) Es geht nicht um „Verzicht“ oder Schrumpfen, sondern um selektiven Umbau - Ersetzen Andere Mobilität heißt weniger Autos, mehr Öffis und Radln Andere Werte in Wirtschaft statt Produktivismus und Konsumismus Kooperation, (Umwelt-)Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, auch Effizienz! Es sind auch Machtfragen: Degrowth-Perspektive ist kritisch gegenüber Dominanz des Profitprinzips … andere Geschäftsmodelle, mehr öffentliche und solidarische Formen des Wirtschaftens Ambivalent gegenüber Technologien und Staat
Wohlstand hat etwas mit funktionierender und nachhaltiger Produktion von guten Produkten und Dienstleistungen zu tun glaubwürdige Unternehmen, gute Erwerbsarbeit, seriöse Politik und mit viel mehr! eine attraktive Produktions- und Lebensweise bedeutet nachhaltige Ernährung, Mobilität, Wohnen und Kleidung viele Tätigkeiten schaffen Wohlstand, neben Erwerbsarbeit bedeutet gute soziale Beziehungen (Konvivialität) und Zeitwohlstand Studie von Pickett/Wilkinson: „Gleichheit ist Glück“ aber auch politische und gesellschaftliche Konflikte um andere Energie- oder Mobilitätspolitik Degrowth ist kein Masterplan, sondern eine Perspektive für Gutes Leben für alle
Automobilität und Staat Staat als “soziales Verhältnis” (Poulantzas / Hirsch) ... sichert zuvorderst herrschende Interessen, aber auch Produktions- und Lebensweisen ab .... ist strukturell nicht-nachhaltig Sozial-ökologische Ausrichtung des Staates über Auseinandersetzungen, Veränderungen gesellschaftlicher (Kräfte-) Verhältnisse, staatliche Politiken
Beispiel Abwrackpämie in Deutschland 2008/2009 als Teil der “Konjunkturpakete“ (Österreich: Schrottprämie) “Umweltprämie” in 2. Konjunkturpaket von Januar bis Sept 2009 2.500 EUR wenn Auto verschrottet wird und neues gekauft Großer Erfolg: 1,75 Millionen neue Autos Sicherte neben Gewinnen auch Arbeitsplätze Knüpfte an hegemoniale Produktions- und Lebensweise an