Dienstbesprechung der Beratungslehrkräfte an Grund- und Mittelschulen in Mittelfranken am 10.11.2016 „Neuregelung von Nachteilsausgleich und Notenschutz“ gemäß Art. 52 BayEUG und §§ 31 - 36 BaySchO mit Begründungstext Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Gliederung Hintergrund für die Neuregelung von Nachteilsausgleich und Notenschutz Ermächtigungsgrundlage: Art. 52 Abs. 5 BayEUG Regelungen in der BaySchO §§ 31-36 § 31 Grundsatz § 32 Individuelle Unterstützung § 33 Nachteilsausgleich § 34 Notenschutz § 35 Zuständigkeit § 36 Verfahren Übergangsregelungen gem. KMS vom 13.07.2016 Az. III.4 B S 7600-4b.80444 und Umsetzung der Regelungen Fragen mit Diskussion Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2015 Hintergrund für die Neuregelung von Nachteilsausgleich und Notenschutz Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2015 Oberste Maxime: Leistung soll ermöglicht werden! Aus dem Gebot der Chancengleichheit folgen Ansprüche auf Anpassung der (äußeren) Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber Ansprüche auf eine Anpassung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz). Das Verbot der Benachteiligung Behinderter nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG rechtfertigt Notenschutz, gebietet ihn aber nicht regelmäßig. Die Gewährung von Notenschutz kann zur Wahrung der Chancengleichheit und der Aussagekraft des Abschlusszeugnisses dort vermerkt werden. Die Gewährung von Notenschutz in schulischen Abschlussprüfungen und dessen Vermerk im Zeugnis unterliegen dem Vorbehalt des Gesetzes. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2015 Hintergrund für die Neuregelung von Nachteilsausgleich und Notenschutz Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2015 Strenge Unterscheidung zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz Nachteilsausgleich: Erfüllen der gleichen Leistungsanforderungen durch Anpassung der äußeren Prüfungsbedingungen an die Beeinträchtigung des Schülers/der Schülerin Notenschutz: Verzicht auf bestimmte Leistungsanforderung bzw. Verzicht auf Anwenden des allgemeinen Bewertungsmaßstabs aufgrund der Beeinträchtigung des Schülers/der Schülerin Schutz der Note der anderen Schüler (Chancengleichheit und Zeugniswahrheit) durch Zeugnisbemerkung Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Ermächtigungsgrundlage: Art. 52 Abs. 5 BayEUG 1Schülerinnen und Schüler mit einer lang andauernden erheblichen Beeinträchtigung der Fähigkeit, ihr vorhandenes Leistungsvermögen* darzustellen, erhalten soweit erforderlich eine Anpassung der Prüfungsbedingungen, die das fachliche Anforderungsniveau der Leistungsanforderungen wahrt (Nachteilsausgleich). Nachteilsausgleich stellt die äußeren Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen her. Kein Nachteilsausgleich (oder Notenschutz) für Beeinträchtigungen, die das Leistungsvermögen einschränken, z. B. ADHS, Depression, Schulangst u. a. psychische Erkrankungen Ausnahme: die psychische Erkrankung manifestiert sich zusätzlich in (erheblichen) körperlichen Auswirkungen, z. B. magersüchtige Schülerin hat extreme Haltungsschäden entwickelt oder Schüler mit ADHS hat extrem unleserliches Schriftbild * Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Ermächtigungsgrundlage: Art. 52 Abs. 5 BayEUG 2Von einer Bewertung in einzelnen Fächern oder von abgrenzbaren fachlichen Anforderungen in allen Prüfungen und Abschlussprüfungen kann* abgesehen werden (Notenschutz), wenn 1. eine körperlich-motorische Beeinträchtigung, eine Beeinträchtigung beim Sprechen, eine Sinnesschädigung, Autismus oder eine Lese-Rechtschreib-Störung vorliegt, 2. auf Grund derer eine Leistung oder Teilleistung auch unter Gewährung von Nachteilsausgleich nicht erbracht und auch nicht durch eine andere vergleichbare Leistung ersetzt werden kann, 3. die einheitliche Anwendung eines allgemeinen, an objektiven Leistungsanforderungen ausgerichteten Bewertungsmaßstabs zum Nachweis des jeweiligen Bildungsstands nicht erforderlich ist und 4. die Erziehungsberechtigten dies beantragen. kann: der Gesetzgeber autorisiert das StMBW ein Verordnung zu erlassen. Liegen die gesetzlichen sowie die in der BaySchO normierten Voraussetzungen für einen Notenschutz vor, besteht ein Anspruch auf Gewährung des Notenschutzes. * Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Neuregelung von Nachteilsausgleich und Notenschutz zu 3. Voraussetzung ist, dass das Erreichen der schulartspezifischen Bildungsziele sichergestellt ist. Nicht möglich: z. B. Verzicht auf die mündliche Abiturprüfung Die zu erbringenden Leistungen sind zwingend für das Erreichen des angestrebten Abschlusses (Abitur) erforderlich (vgl. Art. 52 Abs. 5 BayEUG). Art. 52 Abs. 5 BayEUG 3Im Übrigen bleiben die schulartspezifischen Voraussetzungen für Aufnahme, Vorrücken und Schulwechsel sowie für den Erwerb der Abschlüsse unberührt. 4Art und Umfang des Notenschutzes sind im Zeugnis zu vermerken*. 5Das Staatsministerium wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln. *Notenschutz stellt eine Bevorzugung des Prüflings dar. Die Zeugniswahrheit erfordert eine Zeugnisbemerkung! Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Grundsatz § 31 BaySchO: Grundsatz 1Individuelle Unterstützung, Nachteilsausgleich und Notenschutz dienen dazu, die Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen in ihrer schulischen Entwicklung zu fördern, und sollen diese darin unterstützen, allgemein bildende und berufsbildende Abschlüsse zu erreichen. 2Die konkreten Maßnahmen im Einzelfall* richten sich nach der Eigenart und Schwere der jeweiligen Beeinträchtigung. * Einzelfallprüfung: Maßgeblich ist der jeweilige Einzelfall, d. h. es gibt keinen Automatismus zwischen einer bestimmten Beeinträchtigung und einer Maßnahme. Erforderlichkeit und Umsetzbarkeit sind konkret unter den jeweils gegebenen Voraussetzungen zu prüfen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Individuelle Unterstützung § 32 BaySchO: Individuelle Unterstützung (1) 1Individuelle Unterstützung wird durch pädagogische, didaktisch-methodische und schulorganisatorische Maßnahmen sowie die Verwendung technischer Hilfen gewährt, soweit nicht die Leistungsfeststellung berührt wird. 2Sie ist insbesondere bei Entwicklungsstörungen in Bezug auf schulische Fertigkeiten, Behinderungen sowie in allen sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und bei chronischer und anderer schwerer Erkrankung möglich*. Es besteht kein Rechtsanspruch auf bestimmte Maßnahmen. Individuelle Unterstützung ist auch bei Beeinträchtigungen möglich, für die es keinen Nachteilsausgleich und Notenschutz gibt (z. B. ADHS). * Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Individuelle Unterstützung § 32 BaySchO: Individuelle Unterstützung (2) Zulässig ist es insbesondere* 1. besondere Arbeitsmittel zuzulassen oder bereitzustellen, 2. geeignete Räumlichkeiten auszuwählen und auszustatten, 3. Pausenregelungen individuell für die Betroffenen zu gestalten, 4. Hand- und Lautzeichen sowie feste Symbole einzusetzen, 5. Arbeitsanweisungen den Betroffenen individuell zu erläutern, 6. bei den Hausaufgaben unter Berücksichtigung der schulartspezifischen Anforderungen zu differenzieren und 7. verstärkt Formen der Visualisierung und Verbalisierung zu nutzen. * Aufzählung ist weder abschließend noch verpflichtend. Siehe Zusammenstellungen (ISB/MSD) zu verschiedenen Förderschwerpunkten! Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (1) 1Nachteilsausgleich im Sinne des Art. 52 Abs. 5 Satz 1 BayEUG muss die für alle Prüflinge geltenden wesentlichen Leistungsanforderungen* wahren, die sich aus den allgemeinen Lernzielen und zu erwerbenden Kompetenzen der jeweils besuchten Schulart und Jahrgangsstufe ergeben, und ist auf die Leistungsfeststellung begrenzt. 2An beruflichen Schulen kann ein Nachteilsausgleich nicht gewährt werden, soweit ein Leistungsnachweis in einem sachlichen Zusammenhang mit der durch die Prüfung zu ermittelnden Eignung für einen bestimmten Beruf oder eine bestimmte Ausbildung steht. * Nachteilsausgleich muss so bemessen sein, dass der Nachteil nicht überkompensiert wird und dass die wesentlichen Leistungsanforderungen gewahrt werden. Zu prüfen ist insbesondere immer, ob bereits die Grenze zum Notenschutz überschritten ist. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich Beispiel 1: Ein Zeitzuschlag gleicht die körperliche Beeinträchtigung aus, die es Schülerinnen und Schülern nicht ermöglicht, den Aufsatz in der festgelegten Zeit zu erbringen. Die wesentlichen Anforderungen, die mit der Leistungsbewertung verbunden sind, werden hier jedoch gewahrt. Beispiel 2: Dort, wo der zeitliche Aspekt gerade Kern der Leistungsanforderung ist (z. B. Zahl der Anschläge beim 10-Finger-Tastschreiben in einer bestimmten Zeiteinheit), handelt es sich bei einem Zeitzuschlag demnach nicht mehr um Nachteilsausgleich, sondern um Notenschutz. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (2) 1Nachteilsausgleich kann nur Schülerinnen oder Schülern gewährt werden, die nach den lehrplanmäßigen Anforderungen einer allgemein bildenden oder beruflichen Schule unterrichtet werden. 2Bei nicht dauernd vorliegenden Beeinträchtigungen, insbesondere vorübergehender Krankheit*, sind Schülerinnen und Schüler regelmäßig auf einen Nachtermin zu verweisen. * Lediglich in Ausnahmefällen, die zu einer unbilligen Härte führen würden, kann auch Nachteilsausgleich bei vorrübergehenden Beeinträchtigungen gewährt werden. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (3) 1Zulässig ist es insbesondere* 1. die Arbeitszeit um bis zu ein Viertel, in Ausnahmefällen bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit zu verlängern, * Die Aufzählung ist weder abschließend noch verpflichtend. Beispiele: Schüler mit körperlicher Beeinträchtigung an der Schreibhand, die ihr vorhandenes Wissen aufgrund der körperlichen Einschränkung nicht in der vorgegebenen Zeit niederschreiben können Schüler mit Lesestörung benötigen mehr Zeit, um Fragen und Problemstellungen zu lesen und zu erfassen, Informationen aus Texten aufzunehmen und zu verarbeiten, bevor sie eine Lösung erarbeiten können Schüler mit Rechtschreibstörung brauchen mehr Zeit, um ihre Lösung zu Papier zu bringen. In den Förderschwerpunkten Hören und Sehen ist die Aufnahme von Texten behinderungsbedingt verzögert bzw. erfordert ggf. zusätzliche Anstrengungen Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (3) 1Zulässig ist es insbesondere 2. methodisch-didaktische Hilfen einschließlich Strukturierungshilfen einzusetzen, einzelne schriftliche Aufgabenstellungen zusätzlich vorzulesen und die Aufgaben differenziert zu stellen und zu gestalten, Beispiele: Schriftliche Aufgaben in Abschnitte gliedern Ein zusätzliches mündliches Vorlesen einzelner schriftlich gestellter Aufgaben ist zulässig, wenn der Kern der Leistungsanforderung (Texte lesen und verstehen können) nicht berührt wird. … Es geht im Rahmen des Nachteilsausgleichs nur um die Sicherstellung des Verständnisses der gestellten Aufgabe. Geht es dagegen um das sinnerfassende Verstehen eines Textes (z. B. Zeitungsartikel, Literaturvorlage, Sachtext), ist die Leistungsanforderung selbst Inhalt, sodass hier nur ggf. Notenschutz in Betracht kommt. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich Beispiele: Bei Schülern mit Autismus ist ein Verzicht auf emotionale Umschreibungen z. B. in mathematischen Textaufgaben möglich, da der Kern der mathematischen Leistungsanforderung unberührt bleibt. Ist das Erkennen und Interpretieren von Emotionen dagegen Kern der gestellten Aufgabe, handelt es sich nicht mehr um Nachteilsausgleich, wenn hier eine Hilfestellung im Sinne einer Veränderung des Aufgabentextes oder z. B. durch Erläuterung des emotionalen Geschehens erfolgen würde. Bei Schülern mit Sehbeeinträchtigung: Ersatz farblicher Darstellungen durch Schraffuren oder Benennen der Farbe (z.B. Geographie) Ausdruck mittels 3-D-Drucker Statt Bildergeschichte – Reizworterzählung Nicht möglich: Verbale Erläuterungen z.B. zu einer Karikatur Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (3) 1Zulässig ist es insbesondere 3. einzelne mündliche durch schriftliche Leistungsfeststellungen und umgekehrt zu ersetzen, mündliche Prüfungsteile durch schriftliche Ausarbeitungen zu ergänzen sowie mündliche und schriftliche Arbeitsformen individuell zu gewichten, sofern keine bestimmte Form der Leistungserhebung und Gewichtung in den Schulordnungen vorgegeben ist, Beispiele: Bei kommunikativer Sprachstörung: Schriftliche statt mündliche Lösung einer Physikaufgabe durch einen stummen Schüler Bei Eintritt einer akuten Sprechblockade (Stottern): Fortfahren in schriftlicher Form unter Aufrechterhaltung des Charakters einer mündlichen Prüfung Stärkere Gewichtung einzelner Leistungen (je nach Beeinträchtigung mündliche bzw. schriftliche) im Rahmen des pädagogischen Ermessens, unter Beachtung der Vorgaben der Schulordnungen Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich Beispiele: Die Grenze zum Notenschutz wäre überschritten, wenn eine bestimmte Form der Leistungsfeststellung in der Schulordnung vorgeschrieben ist oder die Form gerade Kern der Aufgabe im Sinne des Nachweises einer bestimmten mündlichen oder schriftlichen Kompetenz ist wie z.B. bei der Aussprache in einer Fremdsprache. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (3) 1Zulässig ist es insbesondere 4. praktische Leistungsnachweise entsprechend der Beeinträchtigung auszuwählen, 5. spezielle Arbeitsmittel zuzulassen, 6. Leistungsnachweise und Prüfungen in gesonderten Räumen abzuhalten, 7. zusätzliche Pausen zu gewähren, Beispiele: zu 4. Modellieren eines größeren Gegenstandes anstelle einer kleindimensionalen Grafik zu 5. Computer, Tablets, Vergrößerungsvorrichtungen, Diktiergeräte etc. zu 7. Bei Schüler mit stark ausgeprägtem Autismus-Syndroms muss bei längeren schriftlichen Arbeiten ggf. ein übersteigerter Tonus (Spannungsaufbau) wieder abgebaut werden Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich 8. größere Exaktheitstoleranz, beispielsweise in Geometrie, beim Schriftbild oder in zeichnerischen Aufgabenstellungen, zu gewähren, 9. in Fällen besonders schwerer Beeinträchtigung eine Schreibkraft zuzulassen sowie 10. bestimmte Formen der Unterstützung, die der Schülerin oder dem Schüler durch eine Begleitperson gewährt werden, zuzulassen. 2In den Fällen der Nrn. 9 und 10 gilt eine inhaltliche Unterstützung als Unterschleif. zu 9. Verwaltungsangestellte, aber ggf. auch Lehrkräfte als Schreibkraft einsetzen Der Einsatz von Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern als Schreibkraft kann nicht zugelassen werden. zu 10. Die Anwesenheit eines Schulbegleiters bei einer Leistungserhebung kann jedoch im Einzelfall sinnvoll sein. Es geht z. B. bei einer Deutscharbeit eines Schülers mit stark ausgeprägtem Autismus nicht um eine Unterstützung bei der Leistungserbringung an sich, sondern um eine emotionale Stütze durch die – gewohnte – Anwesenheit der Schulbegleitung, die den Schüler in die Lage versetzt, seine Aufgaben zu erledigen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich § 33 BaySchO: Nachteilsausgleich (4) 1Vor allem in den Förderschwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung kann entsprechend den gesetzlichen Vorgaben darauf verzichtet werden, die Leistungen der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach den allgemeinen Leistungsanforderungen mit Ziffernnoten zu bewerten, wenn dies eine Überforderung vermeiden kann. 2Stattdessen wird das individuelle Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler verbal umschrieben. 3Diese Maßnahme ist kein Nachteilsausgleich. 4Schulartspezifische Voraussetzungen für die Schulaufnahme oder für das Erreichen eines allgemein gültigen Schulabschlusses können mit der verbalen individuellen Leistungsbeschreibung nicht erreicht werden. Ein Nachteilsausgleich kommt bei kognitiven Leistungsminderungen aufgrund eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Förderschwerpunkt Lernen oder geistige Entwicklung nicht in Betracht, da es hier gerade an der Fähigkeit fehlt, die Lernziele der besuchten Schulart zu erreichen. Die Notenaussetzung ist daher strikt von den vorstehend genannten Maßnahmen des Nachteilsausgleiches bei lernzielgleicher Unterrichtung zu trennen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (1) 1Notenschutz wird ausschließlich* bei den in den Abs. 32 bis 7 genannten Beeinträchtigungen und Formen und nur unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 5 Satz 2 bis 4 BayEUG gewährt. 2Er erstreckt sich auf die Bewertung von einzelnen Leistungsnachweisen, die Bildung von Noten in Zeugnissen, die Bewertung der Leistungen in Abschlussprüfungen und die Festsetzung der Gesamtnote. 3§ 33 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend. *Die zulässigen Formen des Notenschutzes sind abschließend sowohl für die Art der Beeinträchtigung (gem. Art. 52 Abs. 5 Satz 2 BayEUG) als auch hinsichtlich der jeweils zulässigen Maßnahme aufgezählt. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (2) Bei körperlich-motorischer Beeinträchtigung ist es zulässig, 1. in allen Fächern auf Prüfungsteile, die auf Grund der Beeinträchtigung nicht erbracht werden können, und 2. an beruflichen Schulen auf die Bewertung der Anschlag- und Schreibgeschwindigkeit zu verzichten. zu 1. z. B. im Sport zu 2. Im Fach IT an der Realschule kann bei 10-Minutenabschriften ein Zeitzuschlag lediglich in Form eines Nachteilsausgleichs gewährt werden, wenn die wesentlichen Leistungsanforderungen gewahrt bleiben. Eine Nichtbewertung der Anschlag- und Schreibgeschwindigkeit als Notenschutzmaßnahme ist nach BaySchO nur an beruflichen Schulen möglich. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (3) Bei Mutismus und vergleichbarer Sprachbehinderung sowie Autismus mit kommunikativer Sprachstörung ist es zulässig, in allen Fächern auf mündliche Leistungen oder Prüfungsteile, die ein Sprechen voraussetzen, zu verzichten. Bei Schülern, die sich aufgrund ihrer Beeinträchtigung der Lautsprache nicht bedienen können (trotz Funktionsfähigkeit der Artikulationsorgane), kann – solange diese Sinnesfunktion nicht zur Verfügung steht – auf die mündliche Leistung verzichtet werden. Ein wesentliches Merkmal dieser Beeinträchtigung ist auch, dass eine temporäre Sprachfähigkeit immer wieder – teilweise von Personen abhängig – gegeben sein kann. Im Falle eines Autismus mit kommunikativer Sprachstörung kann der Schüler von mündlichen Prüfungsarbeiten, wie z. B. Präsentationen, befreit werden. Prüfungsangst, Schüchternheit, Angst vor dem Sprechen vor größeren Gruppen berechtigen nicht zum Notenschutz. Hier bedarf es pädagogischer Lösungen und Unterstützungsmaßnahmen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
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Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (4) 1Bei Hörschädigung ist es zulässig, 1. auf mündliche Präsentationen zu verzichten oder diese geringer zu gewichten, 2. auf die Bewertung des Diktats sowie der Rechtschreibung und der Grammatik zu verzichten, soweit sie bei Leistungsnachweisen Bewertungsgegenstand sind, 3. bei Fremdsprachen auf Prüfungen zum Hörverstehen und zur Sprechfertigkeit zu verzichten und 4. in musischen Fächern auf Prüfungsteile, die ein Hören voraussetzen, zu verzichten. 2Sofern Lehrkräfte mit Gebärdensprachkompetenz oder Gebärdensprachdolmetscher einbezogen sind, ist es außerdem zulässig, 1. dass sie bei schriftlichen Arbeiten Aufgabentexte gebärden und 2. dass die Betroffenen vollständig oder überwiegend mündlichen Beitrag durch Gebärdensprache erbringen. 3Abs. 3 bleibt unberührt. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz Ein ganzheitlicher Erwerb der Sprachkompetenz ist v. a. bei Schülerinnen und Schülern mit Gehörlosigkeit nur schwer zu erreichen. Dementsprechend muss auf eingeschränkten bzw. deutlichen Spracherwerb Rücksicht genommen werden. zu 3. Bei Fremdsprachen kann eine Befreiung von Prüfungen zum Hörverstehen und zur Sprechfertigkeit erfolgen. Diese Kernleistung des Verstehens der fremden Sprache und des Sprechens der Fremdsprache kann nicht durch eine andere Prüfungsform gleichwertig ersetzt werden. zu 4. Notenschutz in musischen Fächern ist erforderlich, wenn es um das Hören und Erkennen von Klangstrukturen (z. B. von Dreiklängen, Erkennen einer Fuge) geht; geht es dagegen um die Beschreibung und das Wissen über die Unterschiede z. B. zwischen Fuge und Symphonie, kann der Schüler mit Hörschädigung die unterschiedlichen Strukturelemente erklären. Diesbezüglich bedarf er keines Notenschutzes im Fach Musik. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich/Notenschutz Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
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Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (5) Bei Blindheit oder sonstiger Sehschädigung ist es zulässig, in allen Fächern auf Prüfungsteile, die ein Sehen voraussetzen, zu verzichten. Es ist jeweils zu prüfen, ob ein Ausgleich der Sehschädigung durch einen Ersatz wie z. B. dreidimensionale geometrische Modelle möglich ist. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (6) Bei Lesestörung ist es zulässig, in den Fächern Deutsch, Deutsch als Zweitsprache und in Fremdsprachen auf die Bewertung des Vorlesens zu verzichten. Bei einer eindeutig als isoliert bestehend diagnostizierten Lesestörung kommt ein Nachteilsausgleich in Betracht ohne zugleich den Notenschutz in Anspruch zu nehmen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenschutz § 34 BaySchO: Notenschutz (7) Bei Rechtschreibstörung ist es zulässig, 1. auf die Bewertung der Rechtschreibleistung zu verzichten und 2. in den Fremdsprachen mit Ausnahme der Abschlussprüfungen abweichend von den Schulordnungen mündliche Leistungen stärker zu gewichten. zu 1. Die Schreibrichtigkeit von Fachbegriffen ist regelmäßig zu bewerten, soweit sie den inhaltlichen Kernbereich des jeweiligen Faches betrifft und es sich nicht um reine Rechtschreibleistungen handelt. zu 2. Beispielsweise kann auf eine vorgeschriebene doppelte Gewichtung der großen Leistungsnachweise verzichtet werden oder es können zusätzliche mündliche Leistungsnachweise eingefordert werden. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Nachteilsausgleich/Notenschutz Stand: 2016-07-18 Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Notenaussetzung an Grund- und Mittelschulen § 11 Abs. 2 GrSO bzw. § 13 Abs. 2 MSO: Bewertung der Leistungen (2) Die Lehrerkonferenz kann entscheiden, dass in begründeten Einzelfällen aus pädagogischen Gründen auf eine Bewertung der Leistungen durch Noten zeitweilig verzichtet wird; die Erziehungsberechtigten sind vorher anzuhören. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Individuelle Unterstützung - Nachteilsausgleich - Notenschutz Quelle: Staatliche Schulberatungsstelle für Oberbayern-Ost Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Zuständigkeit § 35 BaySchO: Zuständigkeit (1) Individuelle Unterstützung gewährt die Lehrkraft. (2) 1Nachteilsausgleich oder Notenschutz bei Lese-Rechtschreib-Störung gewähren die Schulleiterinnen und Schulleiter. 2In den übrigen Fällen sind zuständig: 1. bei Grundschulen und Mittelschulen*, Förderzentren sowie Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung die Schulleiterin oder der Schulleiter bzw. die für die Prüfung eingesetzte Kommission, 2. bei Realschulen und Gymnasien, sonstigen beruflichen Schulen sowie in den entsprechenden Schulen zur sonderpädagogischen Förderung die Schulaufsicht für die jeweilige Schulart. *Zur Vereinheitlichung wird das Recht von Klassenleitung bzw. Lehrkräften auf die Schulleiterin bzw. den Schulleiter übertragen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren § 36 BaySchO: Verfahren (1) 1Individuelle Unterstützung wird im Rahmen des pädagogischen und organisatorischen Ermessens gewährt. 2Die Erziehungsberechtigten sind angemessen einzubinden. Für Maßnahmen der individuellen Unterstützung bedarf es keiner Antragstellung durch die Erziehungsberechtigten. Im Bedarfsfall sind Schulpsychologe und MSD mit einzubeziehen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren § 36 BaySchO: Verfahren (2) 1Nachteilsausgleich und Notenschutz setzen einen schriftlichen Antrag und die Vorlage eines fachärztlichen Zeugnisses bei der Schule über Art, Umfang und Dauer der Beeinträchtigung oder der chronischen Erkrankung durch die Erziehungsberechtigten bzw. volljährigen Schülerinnen und Schüler voraus. 2Wenn begründete Zweifel an der Beeinträchtigung bestehen, kann zusätzlich die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangt werden. 3Abweichend von Satz 1 ist die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises einschließlich der zugrunde liegenden Bescheide, von Bescheiden der Eingliederungshilfe, förderdiagnostischen Berichten oder sonderpädagogischen Gutachten ausreichend, wenn aus ihnen Art, Umfang und Dauer der Beeinträchtigung hervorgehen. 4Für den Nachweis einer Lese-Rechtschreib-Störung ist abweichend von Satz 1 die Vorlage einer schulpsychologischen Stellungnahme stets erforderlich und ausreichend. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren Für den Nachweis einer Autismus-Spektrum-Störung ist stets das Gutachten eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie erforderlich. Wird bei Lese-Rechtschreib-Störung ein Zeugnis eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, eines Sozialpädiatrischen Zentrums, eines approbierten Psychologischen-Psychotherapeuten oder eines approbierten Kinder- und Jugendlichen- Psychotherapeuten, das die Ausprägung der jeweiligen Störung genau darstellt, vorgelegt, ist die zusätzliche Vorlage einer schulpsychologischen Stellungnahme erforderlich. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren § 36 BaySchO: Verfahren (3) 1Nachteilsausgleich kann bei offensichtlichen Beeinträchtigungen auch ohne Antrag oder Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses gewährt werden. 2Die Erziehungsberechtigten bzw. die volljährige Schülerin oder der volljährige Schüler werden über die beabsichtigte Maßnahme informiert und können widersprechen. (4) 1Die Erziehungsberechtigten oder volljährigen Schülerinnen und Schüler können schriftlich beantragen, dass ein bewilligter Nachteilsausgleich oder Notenschutz nicht mehr gewährt wird. 2Ein Verzicht auf Notenschutz ist spätestens innerhalb der ersten Woche nach Unterrichtsbeginn zu erklären. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren § 36 BaySchO: Verfahren (5) Bei der Prüfung der Erforderlichkeit, des Umfangs, der Dauer und der Form des Nachteilsausgleichs oder eines etwaigen Notenschutzes können je nach Einschränkung und bei Bedarf die unterrichtenden Lehrkräfte, die Lehrkräfte der Mobilen Sonderpädagogischen Dienste oder Lehrkräfte für Sonderpädagogik nach Art. 30b Abs. 4 Satz 3 BayEUG, Beratungslehrkräfte, Schulpsychologinnen bzw. Schulpsychologen oder Lehrkräfte der zuvor besuchten Schule für Kranke sowie ärztliche Stellungnahmen oder solche der Jugendhilfe einbezogen werden. Gemäß Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG gilt: „Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.“ § 36 BaySchO: Verfahren (6) Nach einem Schulwechsel prüft die aufnehmende Schule in eigener Verantwortung, welche Formen der individuellen Unterstützung, des Nachteilsausgleichs oder Notenschutzes zu gewähren sind. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Verfahren § 36 BaySchO: Verfahren (7) 1Der Nachteilsausgleich wird nicht im Zeugnis aufgeführt. 2Bei einem auch nur für Teile des Zeugniszeitraums gewährten Notenschutz ist ein Hinweis in die Zeugnisbemerkung* aufzunehmen, der die nicht erbrachte oder nicht bewertete fachliche Leistung benennt. 3Dies gilt auch für Zeugnisse, in denen Leistungen von Fächern aus früheren Jahrgangsstufen einbezogen werden. 4Ein Hinweis auf die Beeinträchtigung, die chronische Erkrankung oder den sonderpädagogischen Förderbedarf unterbleibt. *Die Zeugnisbemerkung kann in diesem Fall die zeitliche Begrenzung der Inanspruchnahme von Notenschutz zum Ausdruck bringen, wenn z.B. nur ein paar Monate in einem Schuljahr Notenschutz in Anspruch genommen wurde. Beispiele: siehe Begründungstext (S. 46) zu § 34 Abs. 6: „Auf die Bewertung des Vorlesens wurde in … (Fächer) verzichtet.“ zu § 34 Abs. 7 Nr. 1: „Auf die Bewertung des Rechtschreibens wurde in … (Fächer) verzichtet.“ Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Übergangsregelungen Übergangsregelungen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz für Grund- und Mittelschulen gem. KMS vom 13.07.2016 Az. III.4 B S 7600-4b.80444 Fallgruppe I: Die Nachteilsausgleichmaßnahme wahrt die geltenden wesentlichen Leistungsanforderungen Die bisherigen Bescheide über den Nachteilsausgleich bleiben aufrechterhalten. Es ist seitens der (Schulaufsicht?) Schule nichts zu veranlassen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Übergangsregelungen Übergangsregelungen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz für Grund- und Mittelschulen gem. KMS vom 13.07.2016 Az. III.4 B S 7600-4b.80444 Fallgruppe II: Die Nachteilsausgleichmaßnahme wahrt die geltenden wesentlichen Leistungsanforderungen nicht Unter Umständen wurden bislang Nachteilsausgleichmaßnahmen gewährt, die nach den dargestellten neuen Regelungen als Fälle des Notenschutzes zu werten sind. Daher sind die entsprechenden Bescheide zu widerrufen. Auf Antrag kann in diesen Fällen aber ggf. Notenschutz gewährt werden, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen gem. § 34 BaySchO und insbesondere die schulartspezifischen Voraussetzungen für das Vorrücken gem. Art. 52 Abs. 5 Satz 3 BayEUG noch gewahrt bleiben. Die Betroffenen müssen darauf möglichst noch am Ende des laufenden Schuljahres, spätestens jedoch vor Erhebung der ersten Leistungsnachweise im kommenden Schuljahr hingewiesen werden. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Übergangsregelungen Übergangsregelungen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz für Grund- und Mittelschulen gem. KMS vom 13.07.2016 Az. III.4 B S 7600-4b.80444 Fallgruppe III: Notenschutz bei Lese-Rechtschreib-Störungen Bescheide der Schulen über den Notenschutz bei Lese-Rechtschreib-Störung (Legasthenie) ̶ Verzicht auf die Bewertung der Rechtschreibleistung; stärkere Gewichtung mündlicher Leistungen in den Fremdsprachen ̶ behalten ihre Wirkung auch auf der neuen Rechtsgrundlage. Eine bisher bescheinigte Lese- und Rechtschreibschwäche wird künftig unter Lese-Rechtschreibstörung subsumiert. Damit sind auch alle Maßnahmen bezüglich Lese-Rechtschreib-Störung anwendbar. Diesbezügliche Bescheide sind daher entsprechend anzupassen. Dabei ist keine zusätzliche fachärztliche Bescheinigung erforderlich, die bereits vorliegende Bescheinigung durch den Schulpsychologen ist ausreichend . Dieses Schreiben gilt entsprechend für Entscheidungen zum Nachteilsausgleich bzw. zum Notenschutz, die nicht in Form eines Bescheides getroffen wurden. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Umsetzung der Regelungen (siehe auch KMS vom 27. 10. 2016 Az. III Umsetzung der Regelungen (siehe auch KMS vom 27.10.2016 Az. III.4 – BS7610 – 4b.119951) Schulleiterin bzw. Schulleiter … informiert die Erziehungsberechtigten über die neuen Regelungen. entscheidet über die Gewährung des Nachteilsausgleichs und eines etwaigen Notenschutzes und erstellt den Bescheid. achtet bei der Festlegung der Maßnahmen darauf, dass keine Überkompensation der Beeinträchtigung erfolgt. informiert die betroffenen Lehrkräfte über die gewährten Maßnahmen (z. B. Klassenkonferenz, Schülerunterlagen). trägt die Gesamtverantwortung für eine angemessene Umsetzung bzw. Konkretisierung von Maßnahmen des Nachteilsausgleichs und eines etwaigen Notenschutzes. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zur Diagnostik Welche Diagnosekriterien sind für die Lese-Rechtschreib-Störung von Schulpsychologen zu verwenden? vgl.: Schreiben vom 15.09.2016: Empfehlungen für die Diagnostik einer Lese-Rechtschreib-Störung und die schulpsychologische Stellungnahme gem. § 36 BaySchO Alters- oder Klassennorm und IQ-Diskrepanzkriterium: Unterdurchschnittliche Leistung in dem jeweiligen Testverfahren gemäß der Alters- oder Klassennorm und erwartungswidrig schwache Leistung in dem jeweiligen Testverfahren im Vergleich zum Gesamt-IQ d.h.: Prozentrang ≤ 16 bzw. T-Wert ≤ 40 und Diskrepanz aus den T- oder IQ-Werten ≥ eine Standardabweichung Was tun, wenn, insbesondere bei besonders begabten Kindern, zwar die T-Wert –Differenz zwischen Intelligenztest und Rechtschreibtest sehr hoch ist, aber der PR z.B. bei 28 liegt? Was, im umgekehrten Fall, zu tun, wenn z.B. PR 11 ist, aber die T-Wert-Differenz nur bei 5 liegt ? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zur Diagnostik Wie sollte man mit attestierter Lese-Rechtschreib-Schwäche umgehen, die z.B. noch bis Februar 2017 gültig wäre? Wie sollte man mit Stellungnahmen oder selbsterstellten „Altgutachten“ umgehen, bei denen der PR z.B. bei 18 (oder größer) liegt? Muss nachgetestet werden, da ja nach neuen Kriterien keine Lese-Rechtschreib-Störung mehr vorliegt? Kann bei Fällen von bisheriger Lese-Rechtschreibschwäche, die noch ein gültiges Attest haben (wo also die 2 Jahre noch nicht rum sind) trotzdem eine Neubewertung anhand der vorhandenen Testergebnisse vorgenommen werden? Oder muss hier in jedem Fall neu getestet werden? Ist beim Wechsel von der Grundschule an eine weiterführende Schule eine diagnostische Überprüfung erforderlich? Welches Testverfahren ist zur Überprüfung der Rechtschreibleistung bei neuen 5.Klässlern zu Beginn des Schuljahres sinnvoll, da z.B. die HSP 5-10 ja nur "Ende 5. Klasse" Normen bereitstellt? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zur schulpsychologischen Stellungnahme Zu § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BaySchO (Verlängerung von Arbeitszeit bis zu einem Viertel, in Ausnahmefällen bis zur Hälfte): Was können Ausnahmen von einem Zeitzuschlag von mehr als 25 % sein? Wie ist damit umzugehen, wenn in Altfällen „großzügige“ Zeitzuschläge pauschal gewährt wurden und nun evtl. auf 25 % beschränkt werden müssen? Wie individuell müssen die Maßnahmen zum Nachteilsausgleich bzw. zum Notenschutz tatsächlich ausgefüllt werden? Soll bei einem Schüler z.B. tatsächlich Zeitverlängerung von 15 %, bei einem anderen 20 % usw. drin stehen? Kann das - wie bisher - generalisiert werden? Darf es nach pädagogischem Ermessen bei Lese-Rechtschreib-Störungen sein, dass man z.B. in einer Englischschulaufgabe, anstatt des Zeitzuschlags eine verkürzte Aufgabenstellung wählt? Wie sieht es mit Lückendiktaten statt ein vollständigen Diktaten aus? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zur schulpsychologischen Stellungnahme § 34 Abs. 7 Nr. 1 BaySchO: (7) Bei Rechtschreibstörung ist es zulässig, 1. auf die Bewertung der Rechtschreibleistung zu verzichten Begründung (S. 41): „Die Schreibrichtigkeit von Fachbegriffen ist regelmäßig zu bewerten, soweit sie den inhaltlichen Kernbereich des jeweiligen Faches betrifft und es sich nicht um reine Rechtschreibleistungen handelt“. Bedeutet dies, dass anders als bisher, Fachbegriffe immer eindeutig korrekt geschrieben werden müssen? Sind phonetisch richtige aber orthographisch fehlerhafte Fachbegriffe auch bei vorliegendem Notenschutz als Fehler zu werten oder nicht? Konkretes Beispiel: 5. Jgst. Mathematik: Der Schüler erkennt einen ihm dargebotenen Körper richtig als Pyramide und schreibt auf sein Schulaufgabenblatt „Püramide“ Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zur schulpsychologischen Stellungnahme Ist es günstig, eine zeitliche Begrenzung der neuen schulpsychologischen Stellungnahmen über Umfang und Dauer der individuellen Maßnahmen / des NTA / des Notenschutzes einzuführen? Kann die Schulleitung eine andere Dauer empfehlen gewähren? Was wären denn sinnvolle Zeiträume für Empfehlungen bezüglich der Gültigkeit des NTA / des Notenschutzes bzw. woran kann man sich orientieren (z.B. Testwerte / Einschätzung der Kollegen)? Wie wird mit den fachärztlichen Zeugnissen der Kinder- und Jugendpsychiater umgegangen? Werden diese in einem verschlossenen Umschlag an den Schulpsychologen weitergegeben? Wie wird verfahren, falls Kinder- und Jugendpsychiater und Schulpsychologe zu widersprüchlichen Befunden bezüglich des Vorliegens einer Lese-Rechtschreib-Störung kommen? Entscheidet der Schulleiter in diesen Fällen wie ein Richter bei Vorliegen widersprüchlicher Gutachten im Sinne der freien Beweiswürdigung, obwohl er nicht die fachliche Expertise dazu hat? Falls Eltern vor Gericht Klage einreichen, werden die Gerichte m. E. eher dem Gutachten der Kinder- und Jugendpsychiater folgen. Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz Fällt eine andere Gewichtung der Noten immer unter Notenschutz (= Zeugnisbemerkung), oder kann diese Maßnahme in Anlehnung an § 33 Abs. 3 Nr. 3 BaySchO "mündliche und schriftliche Arbeitsformen individuell zu gewichten, sofern keine bestimmte Form der Leistungserhebung und Gewichtung in den Schulordnungen vorgegeben ist" auch zum Nachteilsausgleich gezählt werden? § 34 Abs. 7 Nr. 1 BaySchO Begründung (S. 41): „Bei Rechtsschreibstörung kann darüber hinaus abweichend von den in den Schulordnungen festgelegten Gewichtungen der mündlichen und schriftlichen Leistungsnachweise eine stärkere Gewichtung der münd-lichen Leistungen vorgenommen werden. Zum Beispiel kann auf eine vorgeschriebene doppelte Gewichtung der großen verzichtet werden oder es können zusätzliche mündliche Leistungsnachweise eingefordert werden.“ Macht diese Notenschutzmaßnahme an Grund- und Mittelschule überhaupt einen Sinn? Was sind Kriterien dafür, sich auf die Nicht-Bewertung der Rechtschreibleistung beim Notenschutz zu beschränken und wann macht es Sinn, die mündlichen Leistungen in Fremdsprachen stärker zu werten? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz Begründungstext S. 33: „ … bei einer eindeutig als isoliert bestehend diagnostizierten Lesestörung kommt ein Nachteilsausgleich in Betracht ohne zugleich den Notenschutz in Anspruch zu nehmen.“ Gibt es auch bei Lese-Rechtschreib-Störungen die Möglichkeit, ausschließlich Nachteilsausgleich (in Form von Zeitzuschlag) in Anspruch zu nehmen oder gilt dies nur für isolierte Lesestörungen? Ist es anders herum möglich, bei Lese- und /oder Rechtschreibstörungen keinen Nachteilsausgleich, aber Notenschutz zu gewähren? Kann ein Nachteilsausgleich auch nur für ein Fach, z.B. nur für Deutsch und nicht für Sprachen festgelegt werden? Wie ist es mit Notenschutz (z.B. –umgekehrt– nur Nicht- Bewertung der Rechtschreibung in den Fremdsprachen, in Deutsch aber Bewertung)? Wie genau ist mit der Möglichkeit des Nachteilsausgleichs umzugehen, Aufgabenstellungen vor der Klasse vorzulesen? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Nachteilsausgleich und Notenschutz Bewertung des Leseverständnisses Nach § 34 Abs. 6 und Abs.7: Ist in der Grundschule bzw. Mittelschule neben dem Nachteilsausgleich (Zeitverlängerung) auch ein Notenschutz mit entsprechender Zeugnisbemerkung möglich, wenn das Leseverständnis noch so stark eingeschränkt ist, dass nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen bei Leseverständnistests erzielt werden können? Nach dem LehrplanPlus sollen die Schüler bis zum Ende der 4. Jahrgangsstufe sinnerfassend lesen können. Bei einer Lesestörung ist der Kompetenzerwerb verzögert. Fällt die Zeichensetzung in den Bereich der Rechtschreibleistungen? Gibt es für Dyskalkulie Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bzw. Notenschutzes? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Verfahren und zur Umsetzung Wer entscheidet genau über die Höhe des Zeitzuschlags in den einzelnen Fächern bzw. Leistungsnachweisen? Ist ein konkret gewährter Zeitzuschlag auf der Schülerarbeit zu vermerken? Wie ist mit Altfällen oder GS-Fällen (Legasthenie) umzugehen, die eine Dauer der Maßnahmen „bis zum Ende der Schulzeit“ (laut Empfehlungen) verbescheiden? Müssen die Eltern aller bereits diagnostizierten Kinder mit Lese-Rechtschreib-Störung (Altfälle) einen Neuantrag stellen? Haben die KMS zur Legasthenie in denen z.B. der Notenschutz geregelt ist noch Gültigkeit? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Verfahren und zur Umsetzung Ab wann erhalten Maßnahmen des Nachteilsausgleichs oder Notenschutzes ihre Gültigkeit (z.B. Bescheid durch Schulleiter/ Antrag der Erziehungsberechtigten) und können Notenschutzmaßnahmen auch rückwirkend in Anspruch genommen werden? Nach welchem Verfahren werden die durch die Schulleitung gewährten Maßnahmen gegenüber den betroffenen Lehrkräften kommuniziert? Können Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bzw. Notenschutzes bei einer Lese- Rechtschreib-Störung beliebig oft beantragt und wieder zurückgenommen werden? Früher galt ja: Verzicht auf Eintrag war nur einmal in der Schullaufbahn möglich. Können die Eltern dies jetzt jedes Jahr neu beantragen und im nächsten Jahr wieder zurücknehmen? Ist eine Nicht-Bewertung der Rechtschreibung in Abschlussprüfungen als Notenschutzmaßname überhaupt zulässig? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Fragen zum Verfahren und zur Umsetzung Lassen sich Szenarien konstruieren, bei denen ein beeinträchtigter Schüler Notenschutzmaßnahmen gewährt bekommt, diese de facto aber im Verlauf des Schuljahrs niemals in Anspruch genommen werden mussten? Würde in solch einem Fall auf die Zeugnisbemerkung verzichtet werden? Wie und durch wen werden die Eltern von betroffenen Schülern über die Neuregelungen informiert? Muss bei einem Bescheid der Schule über den Nachteilsausgleich/Notenschutz eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt werden? Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Testverfahren bei der Feststellung von Lese-Rechtschreib-Störung: Intelligenz Sprachfreie Tests CFT 1-R Grundintelligenztest CFT 20-R Grundintelligenztest SON-R ausführliches sprachfreies Verfahren Intelligenzniveau feststellen WISC-IV (HAWIK-IV) Wechsler Intelligenztest für Kinder WIE Wechsler Intelligenztest für Erwachsene AID-3 Adaptives Intelligenzdiagnostikum IST 2000-R Intelligenzstrukturtest K- ABC-II Kaufmann-Assessment Batterie for Children Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Testverfahren bei der Feststellung von Lese-Rechtschreib-Störung: Rechtschreibung 1. Klasse ab April WRT 1+, HSP 1+, DERET 1-2+, SLRT-II [DRT 1], evtl. WÜRT 1-2 (neu) 2. Klasse bis Februar WRT 1+, ab April WRT 2+, SLRT-II DERET 1-2+, HSP 2, [DRT 2], evtl. WÜRT 1-2 (neu) 3. Klasse bis Februar WRT 2+, ab Mai WRT 3+, HSP 3, DERET 3-4+, SLRT-II [DRT 3] 4. Klasse WRT 3+, WRT 4+, HSP 4-5, DERET 3-4+, SLRT-II [RST 4-7, DRT 4] Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Testverfahren bei der Feststellung von Lese-Rechtschreib-Störung: Rechtschreibung 5. Klasse WRT 4+, HSP 4/5, HSP 5-10 B, DERET 3-4+, DERET 5-6+ (bis Anfang 7. Klasse)[RST 4-7, DRT 5] 5.-10. Klasse HSP 5-10 B ab 8. Klasse HSP 5-10 B, RST-ARR (ab 14 Jahren) Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken
Testverfahren bei der Feststellung von Lese-Rechtschreib-Störung: Lesen Lautlesen & Leseverständnis 1. – 4. Klasse SLRT II, ELFE 1-6, ZLT-II, WLLP-R, SLS 1-4, SLS 2-9 5. – 7. Klasse LGVT 6-12, ZLT-II, LESEN 6-7 SLRT II, SLS 5-8, SLS 2-9 8. Klasse ZLT-II, LESEN 8-9, LGVT 6-12 9. Klasse LESEN 8-9, LGVT 6-12 Reinhard Zehnter, Staatliche Schulberatungsstelle für Mittelfranken