Herzlich willkommen! Versuch und Rücktritt 1 §§ 22, 23, 24 (30, 31)

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 Präsentation transkript:

Herzlich willkommen! Versuch und Rücktritt 1 §§ 22, 23, 24 (30, 31)

Lektüreempfehlung Zugleich Wiederholung – Unterlassen BVerfG 2 BvR 2202/01, Beschl. v Strafverteidiger 7/ StR 328/15: §§ 212, 13, m. Anm. Roxin 3 StR 289/15: § 223 Anspucken und Vorsatz 2 StR 467/14: § 224 Beschuhter Fuß 3 StR 171/15: Gemeinschaftliche KV 3 StR 261/15: Gemeinschaftliche KV 3 StR 633/14: §§ 226, 13 4 StR 11/15: §§ 226, 13 1 StR 624/14: Quälen durch Unterlassen 2

Fall - Varianten A will den B töten. Er lauert ihm an einem nebligen Abend auf und schießt mehrere Male auf ihn. 1. A trifft den B mit dem ersten Schuss tödlich. 2. A trifft den B mit dem zweiten Schuss tödlich. 3. A trifft den B mit dem dritten Schuss am Arm. 4. A trifft den B mit dem vierten Schuss in den Arm, mit dem fünften tödlich. 5. A verschießt alle fünf Patronen, ohne zu treffen. 6. A trifft B, der gerade tödlichen Herzinfarkt erlitten hat. 3

Versuch Knappe Regelung: §§ 22, 23 (L) – Rücktritt: § 24 (L) Sie können morden, so viel Sie wollen, … … solange es in Gedanken bleibt. Die Gedanken sind frei (forum internum). Tatentschluss (ausschließlich im Kopf des Täters) Heraustreten in soziale Sphäre: Strafbarkeit bei Verbrechen: Verabreden § 30 II (Versuch der Beteiligung) Vorbereitung straflos, außer: §§ 83, 89a, 98, 149, 234a III 4

Strafbarkeit des Versuchs, § 23 (L) Verbrechen, § 12 I: stets strafbar als Versuch Vergehen, § 12 II: ausdrückliche Anordnung Warum wird der Versuch einer Tat bestraft? Erfolgsstrafrecht? Rechtsgüterschutz? Rechtsfeindlicher Wille? Handlungsunrecht? Abs. 2: Milderung, Abs. 3: untauglicher Versuch Zeitliche Grenzen (Zeitachse): Vorbereitung (straflos) – Versuch (strafbar, Möglichkeit des Rücktritts) – Vollendung (kein Rücktritt, gelegentlich: tätige Reue) 5

Vollendung und Beendigung Tatvollendung: Tatbestand vollständig erfüllt/verwirklicht – formell Tatbeendigung: Wenn nicht gleichzeitig (z. B. § 212), dann später (z. B. § 242) (Absichts-)Delikte mit überschießender Innentendenz (z. B. §§ 242, 249, 253, 255, 263) – s. Grundkurs III Dauerdelikte (vollendet, wenn rewi Zustand hergestellt, beendet, wenn rewi Zustand beendet, z. B. §§ 123, 239) 6

Tatbestand des Versuchs Begriff: Vgl. Delikt = obj u subj Element Obj: Fehlende Vollendung (Vorprüfung) Subj: Tatentschluss Obj: unmittelbares Ansetzen Daraus folgt der Aufbau: Vorprüfung: Fehlende Vollendg ( o TB!) + Strafbkt Tatentschluss = Vorsatz = Wi&Wo d o TB Unmitt Ansetzen = Beginn d Verwirkl d o TB Rechtswidrigkeit u Schuld 7

Fehlende Vollendung Vgl. Folie 5: o TB nicht vollendet (Klausurhinweis: Wenn mehr als ein feststellender Satz erforderlich ist, um dies auszusagen, empfiehlt es sich, erst das vollendete Delikt zu prüfen – nicht „anzuprüfen“) Fehlende Vollendung – Gründe: Täter erfolglos, fehlende Kausalität, atypischer Kausalverlauf (= fehlende Zurechnung, z. B. bei „Zufall“) Fall: Nr. 3, 5, 6 Hinweis: Auch beim Erfolg durchläuft Tat Versuchssta- dium, der Versuch ist aber subsidiär zur vollendeten Tat 8

Strafbarkeit des Versuchs Gesetzgeberische Entscheidung: direkt: Vergehen, z. B. § 242 II, nicht bei § 123 indirekt: Einordnung als Verbrechen, § 12 I, § 23 I In der Klausur z. B.: Strafbarkeit gem. §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I (vgl. Fall) gem. §§ 242 I, II, 22 (Überflüssig ist es, auf § 23 I und 12 II einzugehen, das Ergebnis wird dadurch nicht klarer oder richtiger.) 9

Tatentschluss (subj TB) Tatentschluss: Vorsatz + sonst Merkmale d subj TB* Darstellg: Wi + Wo d Täters v d TB-Verwirklichung, d. h. Vorstellung des Täters von der Tat + * (Was sind sonst Merkmale?) Endgültige Entschlossenheit erforderlich Problem – Bedingung: BGHSt 12, 306 (L) ; 21, 14, 17 (L) vs. NStZ 13, 579 (2 StR 75/13) (L) Sämtliche Probleme d Vorsatzes finden sich daher auch beim Tatentschluss: Feststellung einer inneren Tatsache ex post 10

Unmittelbares Ansetzen (o TB) Abgrenzung Vorbereitung/Versuch Bedeutung: Vorbereitung idR straflos, ab Versuchs- beginn Strafbarkeit, Anforderung an evtl. Rücktritt Unproblematisch, wenn Täter bereits Tathandlung begonnen o (erfolglos) beendet hat (z. B. Fehlschuss) Prozess: Wann beginnt man z. B. zu töten? 11

Beispiel Vgl. Fall (Zeitachse) 1. A kauft sich eine Pistole. 2. A kauft die erforderliche Munition. 3. A geht zum Haus des B. (mit gelad u entsich Waffe) 4. A wartet vor dem (EFH/MFH)Haus auf B (m W). 5. A klingelt an der Wohnung (EFH/MFH, m W). 6. A betritt das (Treppen-)Haus. 7. A betritt die Wohnung. 8. A geht auf B zu, nimmt die Waffe aus der Tasche, lädt, entsichert, hebt den Arm, zielt … 12

Abgrenzungstheorien formal-objektiv: tatbestandl Handlg selbst (RGSt 70, 151) materiell-objektiv: ersichtlicher Zusammenhang m der tatbestandl Handlg (Begriffe: natürl Auffass, notwendg Zusammengehörigkt), Gefährd d Tatobj (RGSt 53, 217 (zum gewollten Ergebnis hindefiniert); BGHSt 2, 380; 6, 98; 20, 150; 22, 80) subj: Vorstellg d Täters v der Verwirkl d Tatbest (BGHSt 6, 302) h. M.: obj-subj: Vorstell d Täters, Unmittelbarkt d Angriffs = subj u obj Kriterien 13

Problem obj-subj Ansatz entspricht zwar § 22 (L) (Hinweis für die Klausur: Legaldefinition) ABER: Was bedeutet das? Wo/Wann genau beginnt der Versuch? „Theorien“ = Versuch der abstrakten Beschreibung dessen, was beim Versuch geschieht: (kein) Teil-/ Zwischenakt Gefährdung des Rechtsgutes Sphäre des Opfers muss tangiert sein Hooligan-Spruch: Jetzt geht´s lo-os (Schwelle) 14

Lösung - Verbindung aller Ansätze, d. h. Zwischen-/Teilakts-, Gefährdungs-, Sphären„theorie“ mit der Formulierung aus § 22 („normative Verfeinerung“) UND -Lektüre von BGH-Entscheid/Anmerk, Lehrbüchern (Beispiele b. Rengier, AT, § 34, Rn. 27 ff.) BGHSt 48, 34; 26, 201; 43, 177 BGH NStZ 13, 156 (4 StR 346/12); 93, 133; 04, 38; 99, 395; 96, 38; 98, 294, 01, 475 NStZ-RR 04, 361, 08, 139 StV 84, 420; 89, 526; OLG HH 13, 216 NJW 52, 514; 91,

Beispiele (1) zum Versuchsbeginn KASUISTIK = einzelne Fälle d. h., Entscheidungen lesen! Tötungsdelikte: Probleme – Auflauern, Hinterhalt, Mögliche Bedingung – Fallbezogene Aussagen der Rechtsprechung – Wertung (Formulierung: tätige Beziehung zum Angriffsobjekt), BGH NStZ 14, 633, 447; NJW 52, 514 Distanzdelikte: Kausalkette in Gang setzen, Geschehen aus der Hand geben, BGH StV 13, 632, 636 (1 StR 578/12, Rn. 29) 16

Beispiele (2) zum Versuchsbeginn Meineid, § 154: Ansetzen zur Eidesleistung, nicht Falschaussage, BGHSt 31, 178, 182 Strafvereitelung, §§ 258 I, IV: mit Falschaussage, BGHSt 31, 10; a. A.: Beulke, NStZ 82, 330: mit Aufforderung an Zeugen bzw. Vereinbarung Diebstahl, § 242: Sicherung aufheben, auskundschaften, Beute verstecken (LG Potsdam NStZ 07, 336 m Anm T Walter (L) oder doch erst mit Wegnahme selbst? Raub, § 249: Ansetzen zur Nötigungshandlung Betrug, § 263: Täuschungshandlung gerichtet auf irrtumsbedingte Verfügung (BVerfGE 130, 1 (2 BvR 2500/09, Beschl. v , Rn. 162 ff.)) 17

Beispiele (3) zum Versuchsbeginn Regelbeispiele Insbesondere § 243: Verwirklichung des Regelbeispiels als Versuchsbeginn des Diebstahls BGHSt 33, 370 Problem: Wenn Regelbeispiel selbständig strafbar, vgl. §§ 123, 303, besteht kein Grund bereits eine Versuchsstrafbarkeit wegen Diebstahls anzunehmen Qualifikationen: begründen keinen Versuch, BGH StraFo 14, 516 (3 StR 105/14, Rn. 5) Restriktive Auslegung! W/B/S: Es gibt keine Zauberformel 18

Zusammenfassung Strafbarkeit des Versuches, Vergehen, Verbrechen Aufbau der Versuchsprüfung Vollendung, Beendigung Tatentschluss Unmittelbares Ansetzen (Abgrenzungen) Vorschau: Morgen, Mittäterschaft/vermeintliche Mittäterschaft Mittelbare Täterschaft Regelbeispiele Erfolgsqualifizierte Delikte 19

Vorschau Morgen: Rücktritt vom Versuch 20