Meine Mama/mein Papa hat Krebs Veränderungen und Gefahren für Eltern und Kinder Astrid Hubmann, Dipl.-Psych., Psychoonkologin am Krankenhaus der Barmherzigen.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Ich schaff´s! Kinder motivieren und stärken Realschule am Karlsberg Crailsheim Ein Vortrag von Holger Waidelich – Diplomsozialpädagoge (BA)
Advertisements

Kom verder. Saxion. SE Verhaltensbilder 06 Depression - Manie.
DIE VERGESSENE MEHRHEIT Die besondere Situation von Angehörigen Alkoholabhängiger H. Zingerle, S. Gutweniger Bad Bachgart – Therapiezentrum zur Behandlung.
1 Notfälle im Kindesalter Verletzungen durch Stürze.
Stadt Brixen Fakultät für Bildungswissenschaften Erziehungsstile: Gibt es den Königsweg der Erziehung? von Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis Homepage
Ergodynamik ® – bringen Sie Ihren Alltag in Bewegung! Ihre Referentin: Maria Musterfrau.
® © Dr. Anne Katrin Matyssek 2012 Wie Sie Führungskräfte für das Thema Gesundheit gewinnen – ein Impuls für BGM-Akteure Wie.
Copyright Dr. Ziebertz1 Schwierige Gespräche führen/ Psychische Traumatisierung Maria Lieb, M.A. Prof. Dr. Torsten Ziebertz.
Evaluation von Coachingprozessen Herr Prof. Dr. Geißler Evaluation von Coachingprozessen Phase 6 Teil 4 KB
Eveline Jordi Raum für Entwicklung Möglichkeiten der Prävention sexueller Ausbeutung in Institutionen.
Du willst etwas in deinem Leben verändern und wunderst dich, warum du immer wieder dasselbe blockierende erlebst? Wende-Punkte ( Margret Maier) Weiter.
Entwicklung einer offenen Austauschplattform "GenderMed-Wiki"
Grundlagen, Prävention und Umgang im Kontext Pflege
Eine Schule für die Kinder von Huanta.
Suizidalität Gabriel Wiesbauer.
„Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen“
Suche nach Hilfe
Wenn die Maske zerbricht
„ERLEBNIS REITERHOF“- KINDER DROGENABHÄNGIGER ELTERN STÄRKEN“
Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
im Rahmen von Palliative Care
Geschwisterkonstellationen
Comenius-Schule/ Förderzentrum West
Positives denken fördern
Schűleraustausch, internationale Jugendprojekte. Wollt ihr mitmachen.
auf der Grundschule Stročja vas
E. Das Gespräch mit einem depressiven Menschen
Rahmenbedingungen für die Arbeit als QmbS-Berater in einem Tandem
Herausforderung FTD – Umgang und Strategien
Schüler an der Ruth-Cohn-Schule
Wie unterstütze ich mein Kind? Optimale Lernumgebung zu Hause
Die Kirche im Dorf lassen
Psychische Erkrankung im Beratungskontext
Einführung in die Stadtsoziologie
Modul 3: Depression.
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Klinikum Nürnberg
IST-Stand-Analyse Zwei Beispiele aus der Praxis
Yoga und Persönlichkeit
So gelingt der digitale Wandel in einem Landwirtschaftsbetrieb
Welche Fehlbildungen können während einer Schwangerschaft auftreten?
Hilfe und Schutz für geflüchtete Frauen und ihre Kinder „Heimat schaffen. Familie schützen. Zukunft schenken“ Einrichtung von „Zentralen Frühe Hilfen“
Herzlich willkommen, Begrüssung, Vorstellung
Thema 8: Spirituelle Begleitung: Aufgaben der Hospizbegleiter:
„LERN VON MIR“ Modul 2 – Den Mensch als Ganzes betrachten
Widerstand gegen Entwicklung
Kleine Füße-sicherer Schulweg
Ursachen und Behandlung - Paarbeziehung
Ganztagsorientierungsklasse G T O an der Mittelschule Wasserburg
Schulinterene Fortbildung der DFE/ Systemische Beratung
Wie können Kinder psychisch kranker Eltern gestärkt werden
Herzlich willkommen, Begrüssung, Vorstellung
Kommunikation Köln 20. Januar
Mit unerfüllten Wünschen leben
Gelingensbedingungen der Netzwerkarbeit Impuls: Torsten Nicolaisen
Thema 4: Basiswissen Spiritualität: Lebenssinn.
Gewalt und Gewaltprävention Positionsunterlage
Von der Scham zur Menschlichkeit
Die 2 Seiten der Medaille vernetzender Arbeit
Elternabend der 5. Jgst. Herzlich willkommen!.
Die Ausgangslage 60 Prozent der Mütter und Väter finden, dass die Erwartungen heute höher seien. Grund dafür seien gesellschaftliche Veränderungen (62.
Jugendsozialarbeit an der Elsbethenschule
Perinatalsymposium in Harlaching
Faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit an der
„Ich und die Anderen“ Wochenrückblick vom
Integration neuer Teilnehmer/innen
Trauerarbeit und Bewältigung
Referentin: Dr. med. Brigitte Bosse Mainz
Personalplanung - optimiert
SAFE © SICHERE AUSBILDUNG FÜR ELTERN I Modellprojekt zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind Karl Heinz Brisch Kinderklinik und.
Schulärztliche Untersuchung in der 2. Oberstufe
 Präsentation transkript:

Meine Mama/mein Papa hat Krebs Veränderungen und Gefahren für Eltern und Kinder Astrid Hubmann, Dipl.-Psych., Psychoonkologin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg

Was ändert sich für die Eltern ? Gefährdung und Begrenztheit der eigenen Existenz wird erstmals erfahren Erschütterung des bisherigen Selbst- und Weltverständnisses Verunsicherung in der Elternrolle Verunsicherung in der Rolle innerhalb des Familienverbandes und im sozialen Kontext Selbstfürsorge versus einfühlsame Begleitung der Kinder

Was ändert sich für die Kinder ? Kinder können Stabilität zeigen eigene Ängste und Sorgen werden ferngehalten Klima des Schweigens Einschätzung der akuten Belastung

Auftreten psychischer Erkrankungen bei Kindern chronisch kranker Eltern Kinder chronisch- und schwerkranker Eltern haben ein erhöhtes Risiko für psychopatholo- gische Auffälligkeiten (Rutter 1966) Untersuchung von Barkmann et. al., Psychosomatics, 2007: Eltern: ernsthafte körperliche Erkrankung Ergebnisse: Prävalenz psychopathologischer Auffälligkeiten 34% für Kinder erkrankter Eltern versus 17,5% für Kinder gesunder Eltern

Auftreten psychischer Erkrankungen bei Kindern chronisch kranker Eltern Children of Somatically Ill Parents: EU-Studie, 2002 – 2004, 517 Erkrankte Eltern (359 Krebserkrankungen) Ergebnisse: Kinder krebskranker Eltern zeigten doppelt so oft psychische Auffälligkeiten !!! Kinder/Jugendliche zeigen vorwiegend internalisierte Störungen Jüngere Kinder mehr Auffälligkeiten als ältere Kinder Mädchen zeigen mehr Auffälligkeiten als Buben Familiäres Beziehungsklima ist von größerer Bedeutung als die Schwere der Erkrankung

Psychische Auffälligkeiten: Symptome Internalisierte Symptombildung: typische Symptome Angstsymptome Affektive Probleme Somatische Symptome Was sind Risikofaktoren für die Symptomentstehung: Beziehungsgestaltung innerhalb der Familie (Ausdruck emotionaler Belastung, Kommunikation) Elterliche Depression (gesunder Elternteil) Kumulative Traumen Alter des Kindes

Entwicklungspsychologische Aspekte Reaktionen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse von Säuglingen (0-12 Monate) Belastet durch: ●Abwesenheit der Mutter/des Vaters: Trennungserlebnisse im Säuglingsalter erschweren die Entwicklung der frühen Eltern-Kind-Bindung (Bowlby, 1988) ● Veränderungen des Alltagslebens (Familien, Freizeit) ● Evt. mangelnde Einfühlsamkeit und Aufmerksamkeit der Eltern wegen Stressbelastung der Eltern Depressive Stimmungstiefs Mögliche Erschöpfungszustände

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse von Kleinkindern (1 -3 Jahre) Befürchtungen, die Krankheit verursacht zu haben, führen zu Schuldgefühlen (Magisches Denken) Vertraute Alltagsrituale bieten Sicherheit und Orientierung Sichtbare Veränderungen bei Erkrankten veranschaulichen Innere Repräsentanz der Bindungsperson aufrechterhalten Entwicklungsrückschritte (meist temporär) möglich

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse für Kinder im Kindergarten und Vorschulkinder (3-5 J.) Auswirkung der Erkrankung auf den kindlichen Alltag belasten und ängstigen Kinder Zukünftige Entwicklungen/Veränderungen über einen fassbaren Zeithorizont erzählen (Jahreszeiten, Feste…) Entwicklung von schuldhaften Kausalitäts- vorstellungen möglich (Entlasten!) Evt. sprunghafte Aufmerksamkeit !

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse für Kinder im Schulalter bis zur Pubertät (6 – 11 Jahre) Bis ca. 8 J. noch magisches Denken mit Schuldgefühlen Konkrete Sorgen um die Zukunft der Familie Zeigen wenig Angst und Depression Ev. Verhaltensauffälligkeiten, Schulprobleme Ev. Somatisierungen (Kopf-, Bauchschmerzen) Ev. Schlafstörungen, Einnässen Romer et al. 2004, Compas et al = Kindlicher Ausdruck von Depression

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse für Kinder im Schulalter bis zur Pubertät (6 – 11 Jahre) Entstehung, Folgen der Krankheit besprechen Einladung zum Gespräch, Gesprächsverweigerung zulassen und die vermuteten Gefühle einbeziehen Soziale Verantwortung übertragen, eigene Aktivitäten legitimieren Hoffnung vermitteln und doch die Wahrheit sagen!

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Reaktionen, Bedürfnisse für Jugendliche/ Pubertät (12 – 17 Jahre) Konflikt zwischen Ablösung von der Familie und Hinwendung zu ihr Schuldgefühle! Mehr Angst und Depression als jüngere Kinder Verhaltensauffälligkeiten sind die Ausnahme Am weitaus meisten belastet: Jugendliche Töchter

Belastungen für Kinder bei Erkrankung eines Elternteils Jugendliche/Pubertät (12 – 17 Jahre) Krankheit trifft auf belastete Eltern-Kind- Beziehung Reflexion über Krankheitsätiologie (spezifische Ängste, potenzielle Schuldgefühle…) Körperlichkeit (eigene/elterliche) häufig schambesetzt Klare Kommunikation, keine Infofülle

Abhilfe innerhalb des Familiensystems Für eine möglichst gute Krankheitsbewältigung der Eltern sorgen Hilfe in Anspruch nehmen „Parentifizierung“ (Kinder in der Elternrolle) vermeiden Den Alltag des Kindes schützen !!! Hobbies und Freundschaften des Kindes weiterhin fördern Interesse an den Erlebnissen des Kindes zeigen Auf Regeln und Disziplin weiterhin bestehen

Abhilfe innerhalb des Familiensystems Familienaktivitäten soweit wie möglich bewahren Gemeinsame Mahlzeiten, Rituale Freizeitaktivitäten Feste Kommunikation erleichtern Fragen willkommen heißen Aufrichtige, verständliche Antworten, keine Beschönigungen Offener Umgang mit neuen Informationen, kein zufälliges Mithören von Erwachsenengesprächen Den Wunsch, nicht zu reden, respektieren Hoffnung vermitteln – keine Illusionen