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EU-Wirtschaftsregierung Kommentar zu Fritz Breuss Heinz Handler FIW-Vorlesung, 19.10.2011 „Wirtschaftsregierung als notwendige, aber nicht hinreichende.

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1 EU-Wirtschaftsregierung Kommentar zu Fritz Breuss Heinz Handler FIW-Vorlesung, 19.10.2011
„Wirtschaftsregierung als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung…“ Was bedeutet „Wirtschaftsregierung“ (WR)? Ist eine WR wirklich notwendig für das Überleben der Eurozone (EZ)? Warum ist eine WR nicht hinreichend für das Überleben der EZ? Was fehlt? FB: „EU-Wirtschaftsregierung: Eine notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für das Überleben der Eurozone und des Euro“. Gegenwärtige europäische Krise ist keine „Eurokrise“: Der Euro ist auch in der Zeit der Staatsschulden- und Bankenkrise stabil geblieben. Den Euro wird es auch weiterhin geben; hingegen ist unsicher, ob die EZ in der gegenwärtigen Zusammensetzung bestehen bleibt.

2 1. Was bedeutet „Wirtschaftsregierung“?
„Ec. Governance“ vs. „Ec. Government“ (DE-Position) (FR-Position) Einheitliche Geldpolitik mit EZB Überwachung der Haushalts politik (SWP-III, Makroungleich gewicht) EU-Wettbewerbsrecht mit EK und EuGH Wird nun ergänzt um den „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ (Euro-Plus-Pakt) Einheitliche Geldpolitik mit EZB Fiskalunion Politische Union Merkel-Sarkozy-Vereinbarung: Zwischenstaatlichkeit Kein zentrales Exekutivorgan (sondern Staats- und Regierungs chefs der EZ, 2x jährlich Treffen) Keine Inhalte Lit.: Strassel, Christophe (2009), "Eine Wirtschaftsregierung für Europa: Französische Utopie oder europäische Notwendigkeit?", Friedrich-Ebert-Stiftung, Bureau de Paris, January. „Wirtschaftssteuerung“ vs. „Wirtschaftsregierung“ Deutschland ist dagegen mit den bestehenden Institutionen, die weitgehend nach dem deutschen Vorbild und mit deutschen Ergänzungen (wie den SWP) geschaffen wurden, zufrieden und möchte keine Änderungen. Hinter Frankreichs Position steht die Skepsis gegenüber der unabhängigen EZB – ganz im Sinne Napoleons, der seinerzeit über die Banque de France sagte: "Sie muss unabhängig sein, aber nicht allzu sehr" (nach Strassel, 2010). Gemeinsamer Vorschlag Merkel – Sarkozy vom August 2011: Wirtschaftsregierung unter Vorsitz von Van Rompuy: 2x jährliche Tagung der Staats- und Regierungschefs der EZ (diese Gruppe allein kann wohl kaum etwas gegen die von nationalen Parlamenten beschlossene Wirtschafts- und Fiskalpolitik unternehmen!). Gegen diesen Vorschlag ist Barroso, für den die EK die wirtschaftspolitische Regierung der Unions ist (vgl. Die Presse vom ): „Die EK ist die Wirtschaftsregierung der Union.“ Der Terminus „Wirtschaftsregierung“ wurde zuletzt eher nur für jene Maßnahmen verwendet, die mit der Überwachung der Wettbewerbsfähigkeit (Euro-Plus-Pakt) zusammenhängen. WR i.e.S.: Etablierung einer „Eurogruppe auf Ebene der Staats- und Regierungschefs“ (Sarkozy, 2008) mit ständigem Vorsitzenden (Vorschlag: Van Rompuy) WR i.w.S.: Unter WR versteht man alle Maßnahmen zur (besseren) Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der Eurozone. Ansgar Belke: „institutionalisierte Koordinierung antizyklischer Fiskalpolitik“ (Euractiv v ) Charakteristika: „Regierung durch Normen“ mit wenig Handlungsspielraum Unübersichtliche Kombination von Zwischenstaatlichkeit und Harmoni- sierung Barroso: „Die Kommission ist die Wirtschaftsregierung der Union!“

3 Sieht so eine Wirtschaftsregierung aus?
ZWISCHENSTAATLICH Befristeter Rettungsschirm (3 Jahre) IWF Nat‘le Aufsicht 2 Griechenland-Pakete ( /14) EFSF (Mai 2010) EFSM (Mai 2010) Über-wachung durch Troika Überwachung des Finanzsektors (ESFS) Irland (2010), Portugal (2011) EU-Budget EIB Europ. Rat für Systemrisken (ESRB) Finanzmarktauf-sichtsbehörden (EBA, EIOPA, ESMA) Privatsektor EZB BIZ ZWISCHENSTAATLICH Banken-Stresstests Permanenter Rettungsschirm: ESM (ab Juli 2013) Struktur-reformen (NRPs) Euro-zone (ohne SK) Basel III Europa 2020 (2010) Euro-Gruppe+ Europäisches Semester Euro-Plus-Pakt (2011) Sixpack (2010) Breuss hat eine Abbildung, die das Policy Design bis zur Krise 2009 darstellt. Hier die Ergänzung für Gegenwart und Zukunft. Lit.: BMF (2011), Breuss (2011) EFSF = European Financial Stability Facility (am für 3 Jahre beschlossen) EFSM = European Financial Stability Mechanism (am für 3 Jahre beschlossen, für Zahlungen aus dem EU-Budget) ESM = European Stability Mechanism (im Okt als Dauerlösung ab 1.Juli 2013 beschlossen). Hiefür war Änderung des AEUV erforderlich, Art 136 wird um folgenden Absatz 3 ergänzt: „Die MS, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitäts-mechanismus einrichten,…“. ESM wird errichtet durch Völkerrechtsvertrag. ESFS = European System of Financial Supervision (?) Basel III soll im Frühjahr 2012 in EP in EU-Recht umgesetzt werden. Ich hätte ursprünglich eine Krisenlösung über den IWF befürwortet, weil dieser sowohl über die inhaltliche Expertise als auch die technischen Instrumente zur Problemlösung verfügt. Warum sollte also die EU eine Parallelstruktur aufbauen. Im Nachhinein haben wohl jene Recht (wie BOFINGER – Ried, 2010), die sich von einer eigenständigen EU-Lösung (wenn auch unter Mitwirkung des IMF) einen Integrations-schub erwarten. Wettb.fähigkeit Beschäftigung öff. Finanzen Finanzstabilität (a) SWP-III: präventiv, korrektiv, Schuldenquote, Sanktionen (b) Makroökon. Ungleich-gewichte: Scoreboards, Sanktionen ZWISCHENST. 23 EU-Länder TF Rat EU-Kommission Nat‘le Reg. u. Parlamente Europ. Rat EL-Task Force (Reichenbach)

4 2. Wie „notwendig“ ist eine europäische Wirtschaftsregierung?
Was soll die Wirtschaftsregierung bewirken? WWU als „optimale Währungszone“? Erst reale Integration, dann monetäre Union (DE-Position). Hoffnung auf „endogene Währungszone“ FR setzt sich für WWU ein, um Harmonisierung der nationalen Wirtschaften zu beschleunigen. „Wirtschaftsregierung“ Soll endogener Währungszone zum Durchbruch verhelfen (Ausgleich bisheriger Mängel in der EZ). 2 mögliche Wege: Rückkehr zu AEUV und SWP (zu „nationaler finanzpolitischer Verantwortlichkeit“) Errichtung einer Transferunion (weitere Schritte zu „sozialisierter finanzpolitischer Verantwortlichkeit“) Lit.: Konrad, Kai A., Holger Zschäpitz (2011), "Die Zukunft der Eurozone", Ökonomenstimme 218. Reinhart, Carmen M., M. Belen Sbrancia (2011), "The liquidation of government debt", NBER WP 16893, March. Plenum der Ökonomen (2011), „Stellungnahme zur europäischen Schuldenkrise“, Ökonomenstimme 159. OCA: Streit „Ökonomisten“ (mit „Krönungstheorie“: zuerst reale Integration, dann Krönung mit monetärer Integration) vs. „Monetaristen“ (mit „Grundsteintheorie“: Integration gelingt nur durch den Druck über die monetäre Integration) Die ursprüngliche EU-6 konnte noch davon ausgehen, dass ein Währungsverbund auch eine „optimale Währungsunion“ bilden würde. Mit jeder Erweiterungsrunde wurde es offensichtlicher, dass die WWU letztlich nicht eine OCA ergeben würde, sondern ein politisch motiviertes Integrationsgebilde. Folgerung: Wirtschaftsregierung ist nicht als unbedingte Notwendigkeit zu sehen, sondern eine, die sich aus der gegenwärtigen Lage der EZ ergibt. WR nicht notwendig!

5 Theoretische Überlebensoptionen für die Eurozone (EZ)
Rückkehr zu AEUV und SWP Auf dem Weg zur Transferunion No-Bailout-Klausel (Art. 125) Keine Harmonisierung der Fiskalpolitik Marktkräfte bestimmen Kon-ditionen von Staatsanleihen Starker SWP-III mit Sanktions-automatismus (reverse voting) Neues Verfahren für geordnete Insolvenz von Ländern Austrittsmöglichkeit aus EZ Weiterer Ausbau des Rettungs-schirms Schaffung von Eurobonds EZB kauft Anleihen maroder MS Schaffung einer Fiskalunion mit eigener Steuerbasis Laufende Transfers zwischen Mitgliedern und Finanzausgleich Politische Union Mögliche Wege: Ex post gesehen wäre wohl die Einhaltung des AEUV und des SWP (also keine Bailing-out-Maßnahmen zugunsten GR etc.) die billigere Lösung gewesen [Markt + Rahmen-bedingungen]. In der gegenwärtigen Situation ist eine volle Rückkehr aber nicht mehr gangbar, insbesondere weil ihm die unbedingt erforderliche Glaubwürdigkeit fehlt [Markt ohne Rahmenbedingungen]. Konrad – Zschäpitz (2011) sehen in einer solchen „Rückkehr zu nationaler finanz-politischer Verantwortlichkeit“ überwiegend Vorteile, aber auch Kosten: (i) einige MS müssten restrukturieren, (ii) andere müssten nur ihre öffentlichen Finanzen sanieren. Im Sinne von Reinhart – Sbrancia (2011) bedeutete dies „financial repression“. 2. Errichtung einer vollen Transferunion ist politisch nicht durchsetzbar, wenn sie in der EU de facto auch schleichend Einzug hält. Sie wird von einigen Mitgliedsländern strikt abgelehnt (insbesondere DE) und wäre auch ökonomisch schwer verkraftbar. Dies gilt wohl auch für die vom Plenum der Ökonomen (2011) ins Spiel gebrachte Vergemeinschaftung der Schulden einzelner MS entweder durch höhere Steuern oder durch höhere Inflation. 3. Daher wird es eine hybride Version geben mit Insolvenzverfahren und Austrittsmöglichkeit auf der einen Seite sowie Rettungsschirm und Eurobonds auf der anderen. Wesentliches Element dieser Version ist die geordnete Insolvenz überschuldeter Staaten mit anschließenden, wohl durchdachten Hilfsmaßnahmen (vgl. Plenum der Ökonomen, 2011). Für einige Autoren (zB Konrad – Zschäpitz, Ökonomenstimme 218, 2011) ist es aber wahrscheinlicher, dass die EZ diesen Spagat nicht schafft und zusammenbricht. Schon vor 2008 haben die Finanzmärkte keine Marktsignale gesendet: Die Anleger verlangten bei Staatsanleihen keine differenzierten Risikoaufschläge 5 5

6 Politisch derzeit nur in unbedeutenden Teilaspekten verwirklichbar.
3. Warum ist eine Wirtschaftsregierung nicht „hinreichend“? Welche Elemente fehlen? Fiskalunion Stark ausgeweitetes EU-Budget SWP-III mit automatischen Sanktionen Europäischer Finanzminister (Trichet) Transferunion Mit Länder-Finanzausgleich Permanenter Schutzschirm (ESM) Umsetzung entpolitisieren (unabhängige Gremien à la EZB) Europäischer Währungsfonds (EWF) Wird durch EFSF-“Flexibilisierung“ und ESM teilweise verwirklicht Eurobonds Verschiedene Modelle in Diskussion, die Moral Hazard minimieren Insolvenzverfahren Unabdingbare Ergänzung des derzeitigen Systems, Abwicklung durch EWF Europäische Ratingagentur Mehr Wettbewerb anzustreben, aber primär durch Unterstützung des Marktzutritts Alternative: Abhängigkeit von externen Ratings verringern Austrittsmöglichkeit Ökonomisch und politisch unbestritten Politisch derzeit nur in unbedeutenden Teilaspekten verwirklichbar. Was sagt FB zur Frage, warum eine WR nicht hinreichend ist? Welche Ergänzungen? WR ist nicht unbedingt eine notwendige Bedingung für das Überleben der EZ, sie ist aber jedenfalls nicht hinreichend. Ergänzende Elemente sind: Reform der Finanzmarktregulierung, beschränkte Fiskal-union (à la De Grauwe?), geordnete Insolvenz, … Braucht die EU eine Fiskalunion? Maßnahme: Zentralisierung der Fiskalpolitik auf Ebene der Eurozone und Einführung einer eigenen EU-Steuer (zB Finanztransaktionssteuer) Pro: # Beendigung nationaler Interessen und nationalen Fehlverhaltens # Einhebung von Steuern zur Finanzierung eines Krisenfonds Kontra: # Nicht durchsetzbar, weil die Fiskalpolitik auf nationaler Ebene ein willkommenes Instrument der Wahlwerbung ist # Auf nationaler Ebene nicht erwünscht, weil Spielräume zur Bekämpfung von Problembereichen beschränkt werden. Sukkus: Obwohl eine zentralisierte Fiskalpolitik zur Stabilität der Eurozone beitragen könnte, ist sie derzeit nicht verwirklichbar. Braucht die EU Eurobonds? Pro (zB Bofinger, De Grauwe, Juncker): Finanzierungsmöglichkeit für Euroländer, die temporär keine zinsgünstigen Kredite auf den Finanzmärkten aufnehmen können. Kontra (zB Weidmann, Sinn, Schäuble): Eurobonds stehen im Widerspruch zur „No Bail-out“-Klausel des Art 125(1) AEUV. Moral-Hazard-Problem: Euroländer in Schwierigkeiten sollen durch die Marktkonditionen gezwungen werden, nachhaltige Wirtschaftsreformen einzuleiten. Euroländer mit stabilem Wirtschafts- und Finanzsektor sollen nicht die Finanzierungskosten von instabilen Ländern mittragen müssen. Sukkus: Eurobonds gibt es de facto schon, zB (a) EZ-weite Garantien der EFSF für Staatsanleihen hochverschuldeter MS („Flexibilisierung“); (b) durch EIB-Finanzierungen von Infrastrukturprojekten.

7 Vorschläge für anreizkompatible Eurobonds
Ziel: Vermeidung von Moral-Hazard-Problemen „Blue Bond“-Modell (Delpla – von Weizsäcker): Staatsschuld jedes Landes bis 60% des BIP („blue tranche“) wird verbrieft (Blue Bonds), mit kollektiver Garantie versehen und gegenüber der restlichen „red tranche“ vorrangig bedient. Papiere der „red tranche“ enthalten Kollektivklauseln („collective action clauses“). De Grauwe-Vorschlag: Gemeinsame Ausgabe von Eurobonds. Garantien, Zinskosten und Zuteilungen erfolgen anteilsmäßig. (a) Vorteile für EL etc.: Zugang zum Markt, wenn auch ohne Zinssubventionen (b) keine Nachteile für DE etc.: keine Moral-Hazard-Anreize (c) Gesamtvorteil: höhere Liquidität Bofinger: Ergänzt den Vorschlag von De Grauwe um 2 Komponenten: (a) Unterstützung maroder MS (b) Konditionalität, um Budgetkonsolidierung zu forcieren. European Safe Bonds (Brunnermeier et al.): EFSF kauft Anleihen aller Euro-Staaten bis 60% des BIP auf und verbrieft sie in 2 Tranchen: (a) Europäische Sicherheitsbonds (ESBies) mit vernachlässigbarem Ausfallrisiko (b) Riskante Junior-Tranche: nachrangig, mit hoher Verzinsung „ESBies sind keine Eurobonds“: (i) Kein Rückgriff auf nationale Steuern (ii) Riskante Tranche empfängt Marktsignale (iii) keine AEUV-Änderung erforderlich Lit.: Kotz, Hans-Helmut, Jan Pieter Krahnen, Christian Leitz, Helmut Siekmann (2011), „Eurobonds schaden mehr als sie helfen“, Ökonomenstimme 246. Brunnermeier, Markus K., Luis Garicano, Philip R. Lane, Marco Pagano, Ricardo Reis, Tano Santos, David Thesmar, Stijn Van Nieuwerburgh, Dimitri Vayanos (2011), "European Safe Bonds (ESBies): Executive Summary", Euro-nomics Group, September. De Grauwe, Paul (2006), "On monetary and political union", University of Leuven. De Grauwe, Paul, Wim Moesen (2009), “Gains for all: A proposal for a common Eurobond”, CEPS Commentary, 3 April. Delpla, Jacques, Jakob von Weizsäcker (2010), „The Blue Bond proposal“, Bruegel Policy Brief, 2010/03, May. Delpla, Jacques, Jakob von Weizsäcker (2011), „The Blue Bond model and its implications“, Bruegel Policy Contribution, 2011/02, March. Widerspruch im System (Brunnermeier): Einerseits dürfen Euro-Staaten anderen MS nicht aus der Patsche helfen (No-Bailout-Klausel), andererseits werden aber alle Staatsanleihen der EZ gleich behandelt (das liegt eher an der Basel-Vorschriften, die alle Staatspapiere mit null Risiko einstufen). Wie sehr ähneln ESBies den CDOs? Gar nicht, denn CDOs waren intransparent (man kannte die Preise der zugrunde liegenden Hypotheken nicht), ESBies hingegen sind voll transparent, weil die einzelnen Staatsanleihen selbst auch auf dem Markt gehandelt werden. Collective action clauses (CAC): Vertragliche Vorkehrungen für die Gläubiger-beteiligung.

8 „Geordnete Insolvenz“ für Eurostaaten?
Derzeit keine Regelung für die Insolvenz von Staaten (weder EU noch Völkerrecht). Verfahren vorgeschlagen bereits 2002 von Anne O. KRUEGER für IWF-Staaten. Vorschläge für EZ: GROS – MAYER („Europäischer Währungsfonds“); FRANZ, FUERST, HELLWIG, SINN; SKIDELSKY. Im kommenden ESM sind Kollektivklauseln (CACs) vorgesehen. Mögliche Verfahrensschritte: ESM kauft alle Staatsanleihen eines maroden Landes zum Marktpreis gegen ESM-Anleihen bester Bonität auf. Den Unterschied zwischen Nominal- und Marktwert schreiben die Anleger als Verlust ab. ESM verhandelt mit Schuldnerstaat eine Herabsetzung des Nominalwertes der Schulden auf den Marktwert (Schuldenschnitt). Für EL ist eine Halbierung im Gespräch (entspricht etwa dem Marktwert). FRANZ et al. schlagen 5% p.a. seit Emission vor. Als Gegenleistung verlangt ESM ein von ihm kontrolliertes Reform- und Konsolidierungsprogramm. Systemrelevante Banken werden durch den Staat gerettet, indem sich der Staat an diesen Banken beteiligt. Dies bedeutet eine Teilenteignung der Altaktionäre (Beteiligung der Gläubiger). Lit.: Egli, Dominik, Frank Westermann (2011), "Wer profitiert wirklich von den Schuldenrück-käufen des EFSF?", Ökonomenstimme 248./ Franz, Wolfgang, Clemens Fuerst, Martin Hellwig, Hans-Werner Sinn (2010), „Zehn Regeln zur Rettung des Euro“, Ökonomenstimme 45, 29. Juni. Anlass: Im Gegensatz zum Privatrecht gibt es – etwa für den Fall GR - kein internationa-les Insolvenzrecht. Ziel: (i) wirtsch. Leistungsfähigkeit des überschuldeten Staates wieder herzustellen und (ii) Erwartungen auf den Finanzmärkten zu stabilisieren. Politische Diskussion losgetreten vom dt. Vizekanzler, Wirtschaftsminister Philipp RÖSLER. Insolvenzverfahren (= Beteiligung privater Gläubiger an einer Umschuldung) ist für ESM vorgesehen: Ab 2013 sollen alle Staatsanleihen von Euroländern mit Kollektivklauseln versehen werden. Sie sehen vor, dass eine Mehrheit der Gläubiger Beschlüsse über eine Umschuldung treffen kann, die auch für die Minderheit gelten. Offene Fragen: (i) Was wird mit Kreditausfallversicherungen (CDS)? Bei obligatorischer Umschuldung müssen Versicherungen zahlen! (ii) Soll statt ESM ein Gericht (EuGH?) die Insolvenzverwaltung übernehmen? Verfahren bisher vor 2 informellen Clubs: Staatliche Gläubiger verhandeln im „Pariser Club“, private Gläubiger (in erster Linie Banken) im „Londoner Club“. In der EZ sind derzeit nur „ungeordnete“ (Ad hoc-)Umschuldungen für Staaten möglich. Dadurch werden Lösungen von den betroffenen privaten Gläubigern hinausgezögert und im Endeffekt trägt die öffentliche Hand (die Steuerzahler) die gesamte Last.

9 Optionen für Griechenland und die Eurozone
Griechenland: Status quo (Krisenlage bei Budget, Verschuldung, Leistungsbilanz, Wettbewerbsfähigkeit) und Optionen Rettungsschirm wirkt Ungeordnete Insolvenz Austritt aus der Eurozone 1. Bilaterale EL-Hilfe 2. Temporärer Rettungsschirm (EFSF) mit kurzfristiger Budgetkonsolidie- rung (Ausgabenkürzungen, Steuer- erhöhungen) 3. Permanenter Rettungsschirm (ESM) mit nachhaltiger Budgetkon- solidierung (Privatisierungen, Personalabbau, Bekämpfung der Steuerflucht etc.) Ansteckungsgefahr PT, ES , IT, … Einstellung der Rettungszahlungen Kapitalflucht Kapitalverkehrskontrollen und Wiedereinführung der Drachme mit drastischer Abwertung Bedienung der Euroschulden erschwert Maßnahmen zur Budgetkonsolidie- rung GR? Geordnete Insolvenz Rechtsbruch (zB Verstoß gegen No-Bailout-Klausel) ist kein guter Ausgangspunkt für die Wiederherstellung des Vertrauens der Finanzmärkte. Robert SKIDELSKI (Standard v ) verlangt eine geordnete Insolvenz mit einem Schuldenschnitt von 50% à la Brady-Bonds für Argentinien. Er beschwört die 1920er und 1930er Jahre herauf: Damals konnte DE seine Reparationszahlungen nicht leisten. Der Versuch, DE über viele Jahre in die soziale Armut zu treiben, endete letztlich in der Nazi-Herrschaft. Ungeordnete Insolvenz: plötzliche Umschuldung, die den Gläubigern keine Möglichkeit gibt, ihre Forderungen schrittweise abzuschreiben. Die könnte einen Domino-Effekt auslösen, weil von den Märkten erwartet würde, dass auch PG, IR und ES in die Insolvenz schlittern. Ausstehende Auslandsforderungen: GR 278 Mrd.$, PG 322 Mrd.$, IR 814 Mrd.$, ES Mrd.$ Geordnete Insolvenz: ermöglicht Gläubigern, ihre Verluste abzuschreiben, gibt Schuldnern die Chance, aus der Rezession herauszuwachsen. Hauptaufgabe der Politik derzeit: Umschuldungsoptionen erarbeiten. STRAUBHAAR (Ökonomenstimme 201, 2011) schlägt vor, den Gläubigern die Wahl zwischen schnellem und langsamem Schuldenschnitt offen zu lassen. Die Konkretisie-rung müsste über einen Insolvenzverwalter (bestehend aus EU, EZB, IWF) auf dem Verhandlungsweg erfolgen. Für die Griechen macht es keinen Unterschied, ob sie die Lohnkürzungen über Abwertung oder direkt erleben. Wohl aber ist es für die Politiker schmerzhafter, Lohnsenkungen verkünden und durchsetzen zu müssen, als dafür eine anonyme internationale Macht verantwortlich machen zu können. In jedem Fall bedarf es bei mangelnder Wettbewerbsfähigkeit einer realen Abwer-tung, sei es durch nominelle Abwertung (in Form einer permanenten Abwertungsspirale) oder durch Senkung der Preise und Löhne. Ein Verbleib in der EZ übt aber den größeren Druck zu Strukturreformen aus, diese müssen aber von der Bevölkerung mit getragen werden. Schuldenschnitt (temporär oder permanent) Rekapitalisierung der Gläubigerbanken (ev. mit Bad Bank) Interne Inflation Sinkende Realeinkommen IR,PG? Abwertungs-spirale Langfristige Strukturreformen zum Erreichen von Wettbewerbsfähigkeit: (a) Staatliche Infrastrukturinvestitionen, (b) private Kapitalimporte

10 Zusammenfassung Rettungsschirme: An ihrer Umsetzung führt kein Weg mehr vorbei! Verwirklichung des ESM als „Schlechtwetter-Schirm“ und Finanzierungsinstitut für Struktur-reformen (à la IWF und Weltbank) Refinanzierung durch anreizkompatible Eurobonds (zB Blue Bonds) Finanzmärkte: Entflechtung der Bankenkrise von der Schuldenkrise! Reform der Finanzmarktregulierung: Eigenkapitalerfordernisse verschärfen (Basel III und mehr), integrierte Finanzmarktaufsicht Temporäre Kriseninterventionsinstrumente auf nationaler Ebene (Verón: „Banking Treuhand“) für die Übernahme und Restrukturierung von Banken, die die Eigenkapitalerfordernisse nicht selbst erfüllen können. Fiskalische Union: Rahmenbedingungen und Alternativen vorantreiben! SWP-III umsetzen und entpolitisieren Rückkehr zu fiskalischer Eigenverantwortlichkeit und No-Bailout-Klausel Preissignale der Anleihemärkte wieder herstellen (keine zinssubventionierte Finanzierung von Budgetdefiziten) Insolvenzverfahren für überschuldete MS einrichten! Schuldenschnitt nach Verhandlung mit Gläubigern Rekapitalisierung von systemrelevanten Banken Strukturreformen: Konditionierte Transfers schaffen („Herkules-Plan“)! Rückzahlbare (ESM-)Kredite unter fiskalischen Auflagen Evaluierung der Umsetzung (Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit) Reservebankensystem: wurde im 17. Jh. in Amsterdam erfunden und von dort zuerst nach London exportiert. 10


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