Der niedergelassene Arzt/Zahnarzt in der Insolvenz – Forum Medizinrecht Münster e.V. 16.April 2010 Der niedergelassene Arzt/Zahnarzt in der Insolvenz – Berufs- und vertragsärztliche Fallstricke für die Insolvenzverwaltung Michael Mönig Rechtsanwalt Fachanwalt für Insolvenzrecht vereidigter Buchprüfer Münster Berlin Bochum Düsseldorf Leipzig Hamburg mönigundpartner Schorlemerstraße 26 48143 Münster Telefon +49 251 384 84 – 333 Fax +49 251 384 84 – 300 inso@moenigundpartner.de www.moenigundpartner.de
Gliederung Ursachen der wirtschaftlichen Krise Sanierung ohne – oder durch ein Insolvenzverfahren Das Insolvenzverfahren Die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters Bestandteile der ärztlichen Praxis Die Freigabe gemäß § 35 Abs. 2 InsO Der Insolvenzplan Besteuerung des Sanierungsgewinns
1. Ursachen der wirtschaftlichen Krise
Ursachen der Krise 1. Fehlinvestitionen/unzureichende Standortanalysen 2. Unzureichende Finanzplanung/fehlende Steuerrücklagen 3. Übersteigertes Konsumverhalten 4. Steuersparmodelle/Spekulationsgeschäfte 5. Ehescheidungen 6. Gesetzliche Änderungen von Vergütungsvorschriften 7. Konjunkturbedingte Gründe/Forderungsausfälle 8. mangelhaftes Debitorenmanagement
Ursachen der Krise Änderung der Vergütung in der GKV (Beispiel RLV seit 01.01.2009) Arzneimittelregresse / Verordnungsregresse Wirtschaftlichkeitsprüfungen allgemein „Falsche“ Leistungserbringung „Falsche“ Gestaltung von Kooperationen
2. Sanierung ohne – oder durch ein Insolvenzverfahren Ziel jeder Sanierungsberatung sollte die Insolvenzvermeidung sein! Warum? Insolvenz = Wertevernichtung Insolvenz = eigene Regeln Insolvenzverlauf = nicht voraussehbar Kaum Einfluss auf die Verwalterauswahl
des Insolvenzverwalters Die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters Tritt in alle Rechte und Pflichten ein These: Hat fast unbeschränkte „Macht“
der Insolvenzantragspflicht bzw. der Antragsstellung Überprüfung der Insolvenzantragspflicht bzw. der Antragsstellung durch fachkundige Berater
Scheitern einer Sanierung Hauptgründe für das Scheitern einer Sanierung Nicht alle Gläubiger stimmen einem Moratorium zu ( unterschiedliche Sicherheitenlage ) Lieferanten (Kreditversicherer) stellen die Belieferung ein Liquide Mittel fehlen (Hausbankenprinzip!) Strenge Anforderungen an den Sanierungskredit
Insolvenzantragstellung Die rechtzeitige Insolvenzantragstellung ist entscheidend! Warum? Das vorläufige Insolvenzverfahren Der vorläufige Insolvenzverwalter
Die Privilegien des vorläufigen „schwachen Insolvenzverwalters“ keine Haftung keine Begründung von Masseverbindlichkeiten keine Lohn- und Gehaltszahlung
Bessere Sanierungsmöglichkeiten Fazit: Bessere Sanierungsmöglichkeiten gibt es nicht
Geplant in die Insolvenz „Schlecht“ geplant „Gut“ geplant
„Schlecht geplant“ Werteverzehr bis zum letzten Tag Überweisung der Guthabenbeträge an Dritte Forderungseinzug auf andere Konten Keine Zahlung von Gehältern (3 Monate) Ablehnung mangels Masse Firmenbestattung
„Gut geplant“ Zeitpunkt Abwicklungsmodalitäten Auswahl des Verwalters etc.
3. Das Insolvenzverfahren Hauptpflichten des Insolvenzverwalters Betriebsfortführungsverpflichtung Prüfung von Sanierungsmöglichkeiten und deren Dokumentation
Konfliktsituation Sanierung Betriebsfortführung und Schutz vor Gläubigern aber § 1 Inso: „…dient dem Schutz der Gläubiger“
4. Die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters
Möglichkeiten des Insolvenzverwalters Verwertung der Masse Eigenverwaltung Fortführung Freigabe Insolvenzplan
5. Bestandteile der ärztlichen Praxis Anlagevermögen Umlaufvermögen Goodwill / Patientenstamm / Zuweiser Vertragsarztsitz !!! Bewertungsansätze in der Praxis
Vertragsarztsitz Möglichkeiten der Übertragung Keine Übertragung ohne Praxis Vorsicht bei der Verzichtserklärung Problem: Höchstpersönliches Recht
Patientenkartei Ärztliche Schweigepflicht § 203 StGB „Münchener Modell“
Schweigepflicht Problemkreis: § 203 StGB Pflicht zur berufsrechtlichen Verschwiegenheit Folgeprobleme: Forderungseinzug durch Insolvenzverwalter: Schuldner darf trotz Schweigepflicht dem Insolvenzverwalter Auskunft über Drittschuldner und Forderungsgrund geben (BGH, Beschl. v. 04.03.2004, NZI 2004, 29; LG Berlin ZinsO 2004, 817) Neu: BGH vom 05.02.2009!!!
6. Eigenverwaltung Praxisrelevant bei Apotheken OVG Berlin (ZVI 2004, 620): Alleinige Eigenverantwortlichkeit für Betriebserlaubnis erforderlich, §§ 5, 7 ApoG „keine Aufspaltung in pharmazeutischen und wirtschaftlichen Teil möglich“ (Rechtsgut Volksgesundheit) Lösung: Anordnung der Eigenverwaltung (§ 270 InsO) oder Verpachtung (nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApoG)
7. Fortführung der ärztlichen Praxis Fortführungshemmnisse „Fortführungsunwille“ des Schuldners: Insolvenzverwalter kann nicht an die Stelle des Freiberuflers treten Berufsrechtliche Einschränkungen infolge des Insolvenzverfahrens (Standesordnungen einzelner Freier Berufe)
Fortführungshemmnisse Auswirkungen der Verfahrenseröffnung im Hinblick auf berufsrechtliche Regelungen: Rechtsanwälte: Widerruf der Zulassung und Bestellung eines Abwicklers; § 14 II Nr. 7 BRAO, § 55 II BRAO Steuerberater: Widerruf der Bestellung und Bestellung eines Abwicklers; §§ 46 II Nr. 4, 70 V StBerG Wirtschaftsprüfer: Widerruf der Bestellung und Bestellung eines Vertreters; §§ 20 II, Nr. 5, 121 WPO Ähnliche Regelungen für Notare und Architekten, anders bei Ärzten und Zahnärzten (kein Zulassungsentzug)
Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Fortführung Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Fortführung des Betriebes nur gemeinsam mit Schuldner möglich Arbeitsteilung: Schuldner arbeitet und rechnet ab Insolvenzverwalter (Masse) trägt Fortführungsverbindlichkeiten
Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Fortführung Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Ausgaben: Laufende Betriebskosten Unterhalt des Schuldners Notwendiger Unterhalt Sachzuwendungen, z. B. unentgeltliche Überlassung von Wohnräumen Soziale Absicherung des Schuldners Berechnung?
Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Fortführung Unterhalt/Eigenbehalt Schuldner Ausgaben – Unterhalt des Schuldners Berechnung bei laufenden Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit i.S.v 850 i ZPO: Einnahmen brutto ./.erford. Betriebsausgaben (analog § 850 a Nr. 3 ZPO, BGH v. 20.03.03, IX ZB 388/02) ./.KV, RV, Steuern (analog § 850 e ZPO) Summe = Nettoeinkommen (analog § 850 i ZPO), davon ist dem Schuldner der in § 850 c ZPO bestimmte Pfändungsfreibetrag zu belassen
Fortführung der Arztpraxis Problem Masseverbindlichkeiten Speziell: Arzneimittelregress Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch die KV/KZV bis zu 4 Jahren rückwirkend Haftung bei Behandlungsfehlern des Arztes Falsche Leistungserbringung
8. Freigabe § 35 Abs. 2 InsO Auswirkungen auf Zulassung bzw. Zulassungswiderruf? VG Münster v. 16.07.2009, 9 L 244/09 (§ 80 Abs. 5 VwGO): Freigabe unerheblich. Keine Relevanz für Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Beschwerde bei OVG eingelegt. Im Ergebnis wohl erfolglos, da voraussichtlich Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich
§ 35 Abs.2 InsO Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständige Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenz verfahren geltend gemacht werden können.
9. Der Insolvenzplan
Der Insolvenzplan Grundgedanken Kernstück der Insolvenzordnung jegliche Abweichung von der InsO zulässig Autonomie der Gläubiger
Besteuerung des Sanierungsgewinns alles ist möglich Finanzverwaltung im Verfahren beteiligen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Michael Mönig Rechtsanwalt Fachanwalt für Insolvenzrecht vereidigter Buchprüfer Münster Berlin Bochum Düsseldorf Leipzig Hamburg mönigundpartner Schorlemerstraße 26 48143 Münster Telefon +49 251 384 84 – 333 Fax +49 251 384 84 – 300 inso@moenigundpartner.de www.moenigundpartner.de