Bindungsqualität und kindliche Entwicklung 3

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 Präsentation transkript:

Bindungsqualität und kindliche Entwicklung 3 Bindungsqualität und kindliche Entwicklung 3. Teil, Anita Mezger: Bindungsbeziehung-Spielbeziehung-Kompetenzentwicklung

Hauptfragen: Hat sich die Spielbeziehung unabhängig von der Bindungsbeziehung entwickelt? Inwieweit nimmt die Spielbeziehung Einfluss auf die Kompetenzentwicklung des Kindes?

1. Das Erkundungs-bzw. das daraus resultierende Spielverhalten: dient der Entwicklung von sozialen und kognitiven Kompetenzen. Das Spielverhalten bildet einen Gegensatz zum Bindungsverhalten, da es ein sich Entfernen von der Bezugsperson bedeutet, es von Reizen des Unbekannten ausgelöst wird, was wiederum Unsicherheit für das Kind verursacht.

These: Bindungssicherheit führt über erhöhte Erkundungsbereitschaft zu besserer Kompetenzentwicklung Untersuchung: Bindungssicherheit und kognitive Kompetenz: kein eindeutiger Zusammenhang Untersuchung: Bindungssicherheit und soziale Kompetenz: bei guter Bindung bessere Entwicklung der sozialen Kompetenz (Untersuchung von Zweijährigen:Main, 1977; Matas et al.,1978, Bretherton, 1979, Grossmann 1984…)

2. Sachorientierte Beziehung Zehnjährige: Auseinandersetzung mit der sachlichen Umwelt geht über Spielebene hinaus: Fortführung der Spielbeziehung: Sachorientierte Beziehung: Sie beschreibt die Beziehung zwischen zwei Personen, Aufmerksamkeitsmittelpunkt ist die Auseinandersetzung mit einer Sache. Umfasst alle Interaktionen zwischen Eltern und Kind, die im Zusammenhang mit interessens-oder sachorientierten Beschäftigungen des Kindes geschehen (Beschäftigungen: gegenstandszentriert, schulbezogen oder freizeitorientiert).

3. Arbeit über die Zehnjährigen(Stephan 1989), Bielefelder Längsstudie – Sachorientierte Beziehung bei Zehnjährigen Untersuchung: 43 Familien aus Bielefelder Längsstudie, Interviews zu Hause, Mütter stets , Väter in 30 Fällen anwesend 2-stündige Interviews (halbstandardisiert, hypothesen-geleitet) mit Eltern und Kind, jeweils getrennt Fragen zu Tagesablauf des Kindes, im Hinblick auf Gestaltung der freien Zeit und Fragen zu elterlichem Verhalten in diesem Zusammenhang

Auswertung: 1. Ebene Die Sachorientierte Inhaltliche Eltern - Interview Beziehung (quantitative) Kind - Interview Sachkompetenz/ Interessensystem Analyse Erziehungsstil aus Sicht der Mutter/des Vaters bei Auseinandersetzung des Kindes mit Umwelt Erziehungsstil in der Eínschätzung des Kindes Aktivität / Vielseitigkeit der Kinder – Erfassung der Interessen der Kinder unterstützend vs restriktiv

Inhaltliche Analyse: 2 prägnante Erziehungsstile „Unterstützend“: Eltern motivieren Kind,ermöglichen Kind ein sachorientiertes Verhalten, indem sie dazu nötige Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen „restriktiv“: gekennzeichnet durch Zwanganwendung, autoritatives Verhalten; sachorientiertes Verhalten wird durch Befehle,Verbote, Strafen, Ausübung von Kontrolle, Anwendung von Tricks erzwungen, Motivation des Kindes wird übergangen

Auswertung: 2. Ebene Die Sachorientierte Redestil- Eltern-Interview Beziehung (qualitative) Kind - Interview Sachkompetenz/ Interessensystem Analyse Kind-Interview Einfühlungsver-mögen der Mutter/ des Vaters Offenheit des Kindes bei Beziehungsfragen Offenheit der Kinder bei Interessensfragen einfühlsam vs abwertend offen vs verschlossen verschlossen/ abblockend

Redestilanalyse Hat sich in der Bindungsbeziehung bewährt: Sind Erfahrungen „gut“ repräsentiert, d.h. äußert sich der Interviewte offen und lebendig so ist der Zugang zu den damit verbundenen Gefühlen frei. In der verbalen Repräsentation der Beziehung drückt sich somit die Qualität der Beziehung aus.

Redestilanalyse Eltern-Interview: -“einfühlsame“ Eltern: berichten positive Episoden über ihr Kind; haben weniger vorgefasste Meinungen, denken über kindliches Verhalten nach,um Hintergründe aufzuspüren -“abwertende“ Eltern: drücken Unzufriedenheit über Kind aus, ohne dessen Sichtweise zu berücksichtigen, ironische/sarkastische Bemerkungen über Kind

Redestilanalyse Kind-Interview: - „offene Kinder“ sprechen lebendig über Sachorientierte Beziehung, erzählen freudig, ausführlich - „abblockende Kinder“ zeigen Abwehrverhalten, antworten knapp, gleichgültig, verweigern Antwort oder wiedersprechen sich

Zusammenhang Erziehungsstil-Redestil Mutter-Kind-Beziehung: Innere Haltung der Mutter drückt sich in Erziehungsmethode als auch in der verbalen Repräsentation aus: 92% der unterstützenden Mütter verhielten sich einfühlsam-akzeptierend 89% der restriktiven Mütter entsprechend abwertend-generalisieren. Redestil der Kinder: 27 Kinder – beschrieben Mütter offen, hatten zu 70% Mütter mit unterstützenden, einfühlsamen Äußerungen 69% der 16 Kinder mit abwertenden und sich als restriktiv darstellenden Müttern verhielten sich verschlossen.

Zusammenhang Erziehungsstil-Redestil Vater-Kind-Beziehung: Ebenfalls Entsprechung zwischen Verhaltensebene und Redestil aber nicht so deutlich wie bei Mutter-Kind Redestil der Kinder: nur Zusammenhänge zu negativen Ausprägungen: Kinder mit restriktivem Vaterbild hätten zu 66% abwertende/ zu 80% restriktive Väter, sogar 91 % der verschlossenen Kinder hatten restriktive bzw. abw. Väter

Hauptgruppen der Sachorientierten Beziehung Mutter-Kind: 1.Gruppe: 14 Kinder: intakte, offene Sachorientierte Beziehung, beschrieben Mütter offen als unterstützend, hatten einfühlsame/unterstützende Mütter 2. Gruppe: 13 Kinder: verschlossen, bezeichneten Mütter als restriktiv, zu 62% abwertende und restriktive Mütter 3. Gruppe: 12 Kinder: nahmen Mütter als restriktiv war, Mütter waren aber zu 83% unterstützend und einfühlsam, gute Sachorientierte Beziehung – autoritativer Erziehungsstil im Sinne Baumrinds (1971)

Vater-Kind-Hauptgruppen 1. Gruppe: gute Sachorientierte Beziehung, siehe 1. Mutter-Kind-Gruppe 2. Gruppe: Kinder aus schlechter, autoritärer Beziehung, restriktives Vaterbild, verschlossen, mit sich als restriktiv bezeichnenden und abwertenden Vätern 3. Gruppe: 10 Kinder, beschrieben Vater als restriktiv, sprachen offen über ihn – Realisten; schlechte Sachor. Beziehung, gute Verarbeitung der Kinder 4. Gruppe: 6 Kinder, idealisierten den negativen Vater, zeigten sich verschlossen – autoritäre Sachorientierte Beziehung

4. Untersuchung zu Zusammenhang: Sachorientierte Beziehung/ Sachkompetenz 1. Inhaltliche Analyse Angaben von Kindern wurden kategorisiert nach musischen/ körperlichen/ sozialen Interessen danach ob vordergründig Informationsaufnahme oder aktive Materialgestaltung  Erfassung von Aktivität (Häufigkeit/Ausprägung) und Vielseitigkeit (einseitig spezialisiert  unterschiedliche Interessen) Aktivität/Vielseitigkeit Ausdruck größerer Sachkompetenz 2. Analyse des Redestils: offene Kinder/ verschlossene Kinder

Es bestätigt sich, dass die Sachorientierte Beziehung auf die Kompetenzentwicklung Zehnjähriger Einfluss nimmt: Sachkompetenz (Interessensystem) Sachorientierte Beziehung Aktive und vielseitige Kinder Offener Redestil über Mutter und Vater Aktive und vielseitige Kinder Selbstwahrnehmung des Vaters; unterstützend Aktive Kinder Vielseitige Kinder Unterstützendes Mutter- und Vaterbild Unterstützendes Mutterbild

5. Untersuchung zu Zusammenhang: Bindungsbeziehung/ Sachorientierte Beziehung (Grundlage für Klassifikation: Interviews von Zehnjährigen, Scheuerer-Englisch, 1989) Zusammenhang Mutter-Kind Beziehung: Im Vertrauensbereich +  Im Sachorientierten Bereich + Im Vertrauensbereich – Im Sachorientierten Bereich+ (möglich entgegen der Annahme der Bindungstheorie) Im Sachorientierten Bereich -

Zusammenhang Mutter-Kind Beziehung Gelungene Vertrauensbeziehung-gute Basis für Spielbeziehung Offensichtlich sind noch andere Faktoren für Aufbau von Spielbeziehung wichtig Diese anderen Faktoren bleiben auch Müttern mit weniger sicherer Vertrauensbeziehung nicht ganz verschlossen

Bindungsbeziehung/ Sachorientierte Beziehung Vater-Kind-Beziehung: Sicht der Kinder Kinder bezeichneten 69% der im Vertrauensbereich unterstützenden Väter im Sachor. Bereich als unterstützend ( 9 von 13) ebenfalls 69% (11von 16) der nicht unterstützenden Väter als restriktiv Kind sieht die Sachorientierte Beziehung zu seinem Vater in Abhängigkeit zur Vertrauensbeziehung Bindungsbeziehung ist notwendig für eine gelungene Spielbeziehung, aber nicht ausreichend

Bindungsbeziehung/ Sachorientierte Beziehung Zusammenhang Vater-Kind Beziehung Im Vertrauensbereich +  Im Sachorientierten Bereich + Im Sachorientierten Bereich - Im Vertrauensbereich –

Zusammenhang Vater-Kind Beziehung kaum noch Möglichkeit für gute Beziehung im Sachbereich, wenn nicht unterstützend im Vertrauensbereich unterstützende Vertrauensbeziehung dagegen  gute Basis für positive Sachorientierte Beziehung

Mutter-Kind Beziehung: Vertrauensbeziehung: hinreichende, aber nicht notwendige Vorausetzung Vater-Kind Beziehung: notwendig jedoch nicht hinreichend Mögliche Ursache: Es wurden Väter aus traditionellen Familien untersucht  gestörte Vertrauensbeziehung kann sich so stark auswirken dass aufgrund Zeitmangels wenig Raum für andere Beziehungen bleibt. Mutter und Kind haben mehr Möglichkeiten sich miteinander zu arrangieren/einen gemeinsamen Weg zu finden

Zusammenfassung/Schlussfolgerung Es gibt Kompensationsmöglichkeiten für Eltern und Kinder, die in bestimmten Lebenssituationen kein befriedigendes Miteinander erreichen Trotz Bindungsunsicherheit besteht die Chance für ein Kind sich im Interessens- und später im Arbeitsleben zu bewähren, es bleiben aber Defizite im Gefühlserleben.