Carsten Zobel UNIVERSITÄTSKLINIKUM KÖLN HERZZENTRUM

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Anzahl der ausgefüllten und eingesandten Fragebögen: 211
Advertisements

Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil3.
Finasterid 1 mg (PROPECIA) bei der
Was gibt es Neues beim Schlaganfall? 2007
Themenschwerpunkte 1. Therapie-Start 2. Antiretrovirale Therapie 3. Begleiterkrankungen/Komplikationen 4. Prävention 5. Neue Substanzen.
= = = = 47 = 47 = 48 = =
Rechneraufbau & Rechnerstrukturen, Folie 2.1 © W. Oberschelp, G. Vossen W. Oberschelp G. Vossen Kapitel 2.
Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil2.
Differentielles Paar UIN rds gm UIN
Prof. Dr. Bernhard Wasmayr
Studienverlauf im Ausländerstudium
Gesundheitskonferenz
Prof. Dr. Bernhard Wasmayr VWL 2. Semester
Stumme Ischämie beim Diabetiker: Behandeln? Wenn Ja, wie?
Akutes Koronarsyndrom: Optimierte Antiplättchentherapie
Atemstörungen (Atmungsstörungen) bei Herzinsuffizienz
1958.
Cardio-CT: Wann, für wen, wie ? Herzzentrum der Universität zu Köln
AWA 2007 Natur und Umwelt Natürlich Leben
Prof. Dr. Günter Gerhardinger Soziale Arbeit mit Einzelnen und Familien Übersicht über die Lehrveranstaltung Grundlegende Bestimmungsfaktoren der Praxis.
1.
A three-arm Clinical Trial
Konservative Therapie von Gallensteinen
Herztransplantation und Molekularbiologie: Der Patient profitiert von der Forschung und gibt ihr Impulse Ao. Univ. Prof. DDr. Seyedhossein Aharinejad.
Zusatzfolien zu B-Bäumen
WARUM IST DAS NEUE ADR PROGRAMM BESSER? 153%Mehrwert 228%Mehrwert Es ist einfach noch RENTABLER für Sie! Wenn Sie derzeit einen ADP Rabatt von 10% erhalten,
Eine Einführung in die CD-ROM
Referent: Ralf Wollenberg 06/2009
Habe ich ein Herzinfarktrisiko ?
Dokumentation der Umfrage
QS- Dekubitusprophylaxe Klinikstatistik 2007 BAQ
Evolution und Probleme koronarer Stents
Journalistenseminar „Welt-Diabetes-Tag 2013“
Wir üben die Malsätzchen
Messung der Ionisierungsenergie von Wasserstoff
Grippeimpfung im Alter Gibt es valide Daten?
PROCAM Score Alter (Jahre)
WORKSHOP: Abklärung und Therapie der koronaren Herzkrankheit
zu Cinacalcet und CKD-MBD
Ertragsteuern, 5. Auflage Christiana Djanani, Gernot Brähler, Christian Lösel, Andreas Krenzin © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2012.
Innovation Onkologie Research & Consulting GmbH
Prof. Dr. med. Sigmund Silber Kardiologische Praxis und Praxisklinik
MINDREADER Ein magisch - interaktives Erlebnis mit ENZO PAOLO
Myokardinfarkt – Tatsächliche Mortalität
Robert-Bosch-Krankenhaus
Plötzlicher Herztod – Definition (I)
Aktuelles zur Therapie
% +0,8% -7,9% -9,5% +1,1% +0,6% +1,5% +0,45% -5,5% -17,7% VRG 15-ORF -17,7% % -10,85% -2,4%
Folie Beispiel für eine Einzelauswertung der Gemeindedaten (fiktive Daten)
Tropininverlauf und Kreatininclearance Deutsches Herzzentrum München
Einschlußkriterien: Herzinsuffizienz NYHA IV für >90(60) Tage
QUIPS 2011 Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie.
Der gate-keeper für die Koronarangiographie Prof. Philipp A Kaufmann
LIPIDPROFIL UND DIABETESRISIKO VON HIV-PATIENTEN IN ÖGNÄ-BETREUUNG
Forschungsprojekt Statistik 2013 „Jugend zählt“ – Folie 1 Statistik 2013 „Jugend zählt“: Daten zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Projekt Messendorferstraße Graz TOP 1-33 /EG Wohnhaus 1 Grundstück 2 Schlafen10,28 m² Wohnen /Kochen 15,35 m² Diele 2,50 m² Bad mit WC 4,40m² Terrasse.
„Lerne zu leben“- von Prävention und Rehabilitation
Folie Einzelauswertung der Gemeindedaten
Datum:17. Dezember 2014 Thema:IFRS Update zum Jahresende – die Neuerungen im Überblick Referent:Eberhard Grötzner, EMA ® Anlass:12. Arbeitskreis Internationale.
Untersuchungsmethoden SGIM Workshop Serie 13 Raum Helsinki
Ablation und Chirurgie
1 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest KIM-Studie 2014 Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
Eine randomisiert kontrollierte deutsche multizentrische Studie
Medikamentöse Therapie der koronaren Herzkrankheit
Wieviel Blut braucht ein Intensivpatient?
Das Herz als Thrombemboliequelle – Optionen jenseits der Cumarine Carsten Zobel HERZZENTRUM DES UNIVERSITÄTSKLINIKUMS KÖLN.
ECNP-Task Force Report 2005 : Size and burden of Mental Disorders in the EU Von Risikoscores und Risikostratifizierung zu erhöhtem abdominellen Risiko.
Orale Antikoagulation
Diagnostik des akuten Koronar-Syndroms*
Myocardial Ischemia Reduction with Aggressive Cholesterol Lowering Study [Studie zur Reduktion der Myokardischämie durch eine aggressive Cholesterinsenkung]
 Präsentation transkript:

Primär konservativ medikamentöse Therapie der KHK – Was bedeutet die Courage-Studie? Carsten Zobel UNIVERSITÄTSKLINIKUM KÖLN HERZZENTRUM Klinik III für Innere Medizin (Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin)

Die Zukunft ist Heute!

Katheterzahlen Bruckenberger Herzbericht 2005: 772.137 Linksherzkatheter 270.964 PTCA´s hiervon 230.580 mit Stentimplantation Anteil an DES 28% Cirka 30% der Interventionen werden bei stabiler Angina pectoris durchgeführt1 Waren cirka 100.000 Interventionen nicht indiziert? 1 Feldmann et al. Am J Cardiol 2006;98:1334-1339

Courage Studie Zentrale Frage der Studie: Ist bei Patienten mit stabiler KHK die Kombination aus interventioneller und medikamentöser Therapie einer alleinigen medikamentösen Therapie überlegen? Randomisiert und kontrolliert 50 Zentren in Nordamerika Einschluss von 2287 Patienten zwischen 1999 und 2004 Mittlerer Nachuntersuchungszeitraum 4,6 Jahre

Courage Studie Einschlusskriterien: Ausschlusskriterien: Stabile KHK Mindestens eine proximale Stenose ≥ 70% und objektiver Ischämienachweis Alternativ mindestens eine proximale Stenose ≥ 80% und klassische Angina pectoris Ausschlusskriterien: Persistierende Angina pectoris CCS IV Ausgeprägte Ischämiereaktion unter geringer Belastung Refraktäre Herzinsuffizienz Kardiogener Schock Ejektionsfraktion ≤ 30% Revaskularisation in den letzen 6 Monaten Koronare Anatomie erlaubt keine Intervention

Courage Studie Endpunkte: Primär: Sekundär: Kombinierter Endpunkt aus Tod und Myokardinfarkt Sekundär: Kombinierter Endpunkt aus Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall Hospitalisierung wegen Akutem Koronarsyndrom Myokardinfarkt Tod Schlaganfall

Courage Studie Medikamentöse Therapie: Risikofaktoren unter Therapie: Aspirin und/oder Clopidogrel Metoprolol, Amlodipin und Isosorbid Mononitrat (Allein oder kombiniert) Lisinopril oder Losartan Simvastatin±Ezetimibe (Ziel LDL: 60-85 mg/dl) Niacin, Fibrate (Ziel HDL: >40 mg/dl) Risikofaktoren unter Therapie: LDL: Baseline 100±1,17 vs. 102±1,22 mg/dl 3 Jahre 76 ±0,85 vs. 74±0,92 mg/dl Blutdruck: Baseline 131±0,77/74±0,33 vs. 130±0,66/74±0,33 mmHg 3 Jahre 125±0,68/70±0,52 vs. 123±0,78/70±0,52 mmHg

Courage Studie Vorgeschichte

Courage Studie Ischämie?

Courage Studie Katheterbefund

Courage Studie Angina pectoris? PCI-Gruppe Baseline 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Angina frei 12% 66%* 72%* 74% Konservative Gruppe Baseline 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Angina frei 13% 58% 67% 72% * signifikant

Courage Studie Revaskularisation (PCI oder CABG)? PCI-Gruppe: n=228 Konservative Gruppe: n=348 nach 4,6 Jahren Hazard Ratio (95% CI): 0,6 (0,51-0,71) Cross-Over aus der konservativen Gruppe in die PCI-Gruppe 32,6%

Courage Studie Harte Endpunkte? Nitschman und Erdmann Internist 2007;48:1305-1308

Courage Studie Zusammenfassung: Intervention und medikamentöse Therapie ist der alleinigen medikamentösen Therapie der stabilen KHK im Hinblick auf die Symptomkontrolle (nach 1 und 3 Jahren, nicht nach 5 Jahren) und die Rate an Revaskularisationen überlegen. Unterschiede in harten Endpunkten zeigen sich nicht.

Vergleich PCI vs. Medikamentöse Therapie Kereiakes et al. J Am Coll Cardiol 2007;50:1598-1603

Stenoseausmaß und Myokardinfarkt Falk et al. Circulation 1995;92:657-671

Vulnerable Plaques vs. Stabile Plaques Dicke fibröse Kappe und kleiner Lipidkern Hoher Anteil an glatten Muskelzellen Wenige Makrophagen und viel Kollagen Einwärts gerichtetes Remodeling = Stenose Angiographisch gut sichtbar Geringes Risiko für Akutes Koronarsyndrom Vulnerable Plaque Dünne fibröse Kappe und großer Lipidkern Geringer Anteil an glatten Muskelzellen Viele Makrophagen wenig Kollagen Auswärts gerichtetes Remodeling = keine Stenose Angiograpisch kaum sichtbar Hohes Risiko für Akutes Koronarsyndrom Die interventionelle Behandlung von Koronarstenosen bei Patienten mit stabiler Angina pectoris verhindert keine Akuten Koronarsyndrome Naghavi et al. Circulation 2003;108:1664-1672; Ambrose et al. J Am Coll Cardiol 1988;12:56-62; Little et al. Circulation 1988;78:1157-1166

Myokardinfarkt DES vs. BMS Wäre das Ergebnis mit mehr DES anders ausgefallen? Babapulle et al. Lancet 2004;363:583-591

Courage Studie Ist die hohe Crossover Rate (32%) ein Problem für die Studie? Ähnliche Studien (RITA1 35% nach 7 Jahren, MASS-II2 24% nach 5 Jahren) hatten vergleichbare Crossover Raten Die Crossover Rate spiegelt die progressive Natur der KHK wieder Auch in der PCI-Gruppe mußten 21% der Patienten erneut revaskularisiert werden Die abwartende Haltung hinsichtlich einer Intervention war nicht mit einem schlechteren Endergebnis für den Patienten verbunden 1 Henderson et al. J Am Coll Cardiol 2003;42:1161-1170 2 Hueb et al. Circulation 2007;115:1082-1089

Courage Studie 35539 Patienten wurden evaluiert 8677 erfüllten die Einschlusskriterien nicht 5155 waren ohne Ischämienachweis 3961 erfüllten nicht die Stenosekriterien 6554 wurden aus logistischen Gründen ausgeschlossen

Courage Studie 18360 hatten Ausschlusskriterien 4513 waren innerhalb von 6 Monaten revaskularisiert worden 4939 hatten eine Ejektionsfraktion <30% 2987 hatten eine Kontraindikation für eine PCI 2542 hatten eine schwere andere Erkrankung 1285 hatten eine bedeutsame Klappenerkrankung 1203 litten an Angina pectoris im Stadium CCS IV 1071 hatten eine refraktäre Angina pectoris 947 hatten eine Haupstammstenose >50% 722 hatten nur eine Restenose nach PCI 528 hatten Komplikationen nach MI 3071 Patienten waren potentielle Kandidaten 450 wurden auf Basis einer Entscheidung des Arztes ausgeschlossen 237 gaben nicht Ihr Einverständnis 97 wurden aus unklaren Gründen nicht eingeschlossen 2287 wurden letztendlich eingeschlossen

Courage Studie Kollektiv der Courage Studie war hoch selektioniert Entscheidung zum Einschluss auf Basis der Katheteruntersuchung Kann die Studie verwendet werden um Patienten ohne invasive Diagnostik zu stratifizieren?

Vergleich PCI vs. Medikamentöse Therapie Akutes Koronarsyndrom Bavry et al. J Am Coll Cardiol 2006;48:1391-1325

Wer soll 2008 kathetert werden ? Patienten mit Akutem Koronarsyndrom (Instabile AP, NSTEMI, STEMI) Patienten mit hochpathologischen Belastungsuntersuchungen die auf eine Dreigefäßerkrankung oder eine Hauptstammstenose hindeuten Patienten mit persistierender Angina pectoris unter optimaler medikamentöser Therapie Patienten mit hochgradig eingeschränkter LV-Funktion Möglicherweise asymptomatische Diabetiker mit pathologischem Belastungstest

Wer soll 2008 keine PCI erhalten? Patienten ohne Angina Mit Ausnahme des akuten Koronarsyndrom bleibt die PCI primär eine Maßnahme zur Symptomkontrolle Patienten ohne Ischämie Eine PCI ohne Ischämienachweis erhöht nur das Risiko für Komplikationen und die Behandlungskosten Patienten ohne Stenose Die Behandlung von vulnerablen Plaques ist ein nicht untersuchtes Konzept

Professor Erdmann: Möchten Sie mit einer 80%igen LAD-Stenose und stabiler Angina pectoris bei einer 32.6%igen Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 5 Jahre instabil zu werden und einen Stent/OP zu benötigen mit Ihrer Frau im März in den Skiurlaub fahren oder soll ich Ihnen die Stenose gleich dilatieren?

Ende