Einkaufsverträge in der Insolvenz

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Händler Hansmann verlangt von Michael Schadenersatz für das beschädigte Fahrrad. ( „Wer will was von wem“) Eine mögliche Anspruchsgrundlage könnte sich.
 Präsentation transkript:

Einkaufsverträge in der Insolvenz Rechtsanwalt Tobias Kämpf Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Insolvenzrecht Tobias.Kaempf@lwb-online.de

I. Überprüfung des Lieferanten Wie erkenne ich die drohende Insolvenz? Verweigerung von Vertragserfüllungsgarantien oder ähnliches zur Sicherstellung der Lieferung mit unter Anhaltspunkt Lieferverzug / Hinhalten / Vorkassewunsch Private Wirtschaftsauskunftsdateien Offizielle Benachrichtigungen (www.insolvenzbekanntmachungen.de) Finanzanalysen im Vorfeld der Bestellung (z.B. Anfordern von laufenden BWAs)

Was ist nach IN-Antrag eines Lieferanten zu tun? Einzige Person, die rechtswirksam handeln kann, ist der vorläufige oder endgültige IV. Keine Zahlung oder Bestellung bei anderen Personen vornehmen. Sofortige Sammlung aller Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber dem insolventen Vertragspartner und ggf. Mitteilung dieser Ansprüche an die Insolvenzverwaltung. Prüfung der Kündigung des Lieferantenvertrages und Möglichkeit der Ersatzlieferung. Anmeldung der Insolvenzforderungen erst nach Verfahrenseröffnung. Unmittelbare Geltendmachung von Aussonderungsrechten (Eigentumsvorbehalt) oder Absonderungsrechten (Sicherungsübereignung).

II. Stationen des IN-Verfahrens Krise Antragstellung Vorläufiges Insolvenzverfahren schwacher Verwalter starker Verwalter Nach ca. 3 Monaten Eröffnung des Hauptverfahrens Gläubigerversammlung (u.a. Wahl des Gläubiger- ausschusses; Abwahl des IV) und Prüfungstermin Schlusstermin / Quotenauszahlungen

III. Sicherstellung der Lieferung Zentrales Problem ist das Wahlrecht des IVs nach § 103 InsO, nämlich ob die Durchführung des Vertrages oder die Vermeidung der Vertragspflicht und Zahlung von Schadensersatz (entspr. der Insolvenzquote) für die Insolvenzmasse günstiger ist. Anzahlungen erhöhen damit das Erfüllungsrisiko des Bestellers, aber auch das Insolvenzrisiko des Lieferanten.

Bsp.: „Worst Case“ ist ein Großprojekt mit Fertigungstermin, bei dem der Lieferant einer Schlüsselkomponente insolvent wird und die Komponente noch nicht produziert ist. Sog. „Starksagung“ des GFs für Lieferung im Vorfeld der Insolvenz meist rechtlich nicht erheblich. Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafenvereinbarung mit Lieferanten sind nach Ablehnung der Erfüllung nur Insolvenzforderungen. Wichtigster und einziger Ansprechpartner für die Sicherstellung der Lieferung ist der vorläufige Insolvenzverwalter. Wenn dieser Einhaltung der Lieferung bestätigt, wird zumindest eine Masseverbindlich-keit begründet.

Eine Masseverbindlichkeit wird vorrangig befriedigt Eine Masseverbindlichkeit wird vorrangig befriedigt. Problematisch sind Fälle, in denen es nicht zur Eröffnung oder Masseunzulänglichkeit kommt und die Lieferung letztlich nicht erfolgt. Es ist hier zu differenzieren: vorläufigen starken IV: persönliche Haftung vorläufigen schwachen IV mit Gestattung durch Insolvenzgericht im Einzelfall eine Masseverbindlichkeit zu begründen oder IV garantiert für Erfüllung aus späterer Masse: persönliche Haftung. GF mit Zustimmung des vorläufigen schwachen IV unter Zustimmungsvorbehalt: umstritten, ob persönliche Haftung. Anders generell, wenn nicht vorhersehbar; IV hat Möglichkeit der Exkulpation.

IV. Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag Das Wahlrecht nach § 103 InsO übt der IV aus. In der vorläufigen Insolvenz besteht bei langfristigem Liefertermin oft eine drei Monate Ungewissheit. Der Insolvenzantrag an sich ist kein gesetzlicher Kündigungsgrund. Oftmals wird die Antragstellung oder IN-Eröffnung jedoch als Kündigungsgrund vertraglich aufgenommen.

Im Schrifttum ist die Wirksamkeit solcher insolvenzabhängiger Lösungsklauseln stark umstritten und vom BGH ist dies bisher nicht abschließend geklärt. Argumentiert wird dahingehend, die Kündigung würde dem Wahlrecht des IVs entgegenstehen. Daher wird diese gemäß § 119 InsO für unwirksam gehalten. Insolvenzunabhängige Lösungsklauseln sind jedoch nach allgemeiner Auffassung wirksam. z.B.: außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund

Kündigung jedoch auch im vorläufigen Verfahren wegen sonstiger Vertragsverletzungen möglich. Verhindert werden kann durch Kündigung allerdings nur ein zukünftiger Schaden bei Nichtlieferung. Unberechtigte Kündigung des Bestellers löst dagegen u. U. Schadensersatzforderung der Insolvenzmasse aus.

V. Herausgabeansprüche Für Herausgabeansprüche am Liefergegenstand aufgrund vereinbarter Sicherheiten ist zu differenzieren: Aussonderungsrecht: Eigentumsvorbehalt durch AGB oder Rahmenvertrag Rechtsfolge: Herausgabeanspruch des Liefergegenstandes. Problem: Insolvenzgericht kann im vorläufigen Verfahren die Herausgabe von Gegenständen, die zur Fortführung wichtig sind, untersagen. Absonderungsrecht: Sicherungsübereignung durch AGB oder Rahmenvertrag Verwertungsrecht am Liefergegenstand beim IV Rechtsfolge: IV muss 91 % des Verwertungserlöses auskehren Herausgabe der regelmäßig unproblematischen „Beistellung“

VI. Anfechtungen Nach der Insolvenzordnung können Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, vom Insolvenzverwalter aufgrund bestimmter Anfechtungsgründe angefochten werden. Für den Besteller relevant sind vorallem nachträgliche Vereinbarungen von Sicherheiten oder Direktzahlungen an Unterlieferanten des Generalunternehmers. Es besteht die Gefahr der Doppeltzahlung wegen mangelnder Erfüllungswirkung oder der Anfechtung einer für die Insolvenzmasse nachträglich vereinbarten Vertragsmodifikation, die die Insolvenzmasse benachteiligt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.