Auslegung der Willenserklärung

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Rechtliche Rahmenbedingungen im Beschaffungsbereich
Advertisements

Das allgemeine Schuldrecht im System des Zivilrechts
Die Bauleistung und ihr Preis
Geschäftsfähigkeit 1.
Fall 1 D hat gerade ein Beratungsbüro eröffnet und benötigt noch eine Menge Büromaterialien. Er bestellt beim Händler H die per Sonderangebot angebotenen.
Probeklausur Z I vom Prof. Dr. Christoph Paulus
Das Rechtsgeschäft.
Willensmängel §§ 119 – 123.
Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts
Culpa in Contrahendo §§ 311 II, 241 II.
Handelsbrauch und Handelsklauseln
Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen
Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht
Verhandeln statt Feilschen Die Methode soll das Verharren auf pers. Verharren verhindern Feilschen ? Sachbezogenes Verhandeln! Ziel: effizientes.
Bürgerliches Vermögensrecht I Übungsfall 2
Herzlich Willkommen zu der heutigen Informationsveranstaltung!
Tutorium Privatrecht I + II
Mängel in der Geschäftsfähigkeit Mängel im rechtsgeschäftlichen Willen
Rechtsgeschäfte Einseitige Mehrseitige (Verträge)‏ z. B. Kündigung
Merkmale des Kaufvertrages
Instanzenzug Instanzenzug EuGH AG LG Vorabentscheidung (Art.267 AEUV)
Seit wann gibt es Adoptionen?
ZÜCHTERTAGUNG RECHTSFRAGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DER ZÜCHTUNG UND DEM KAUF/VERKAUF VON HUNDEN Von RA Daniel Haeberli und lic. iur. Janine Hofmann Sonntag,
Die Auslegung von WE §§ 133, 157.
Mehr arbeiten – weniger verdienen... Ein Mausklick und es geht los: Mit jedem Mausklick wird es besser bei der Telekom.
Wohlerworbene Rechte der beruflichen Vorsorge BVG-Apéro vom 2. Mai 2005 im Käfigturm Bern Innovation Zweite Säule.
§ 1 Das Bürgerliche Gesetzbuch
Einführung ins Privatrecht
Anspruchsprüfung © sl 2002.
Hausarbeit im Bürgerlichen Recht
§ 5 Stellvertretung.
Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen
ZGB-Inhaltsübersicht
Privatrecht II Lektion 5 Mangelhafte Verträge (§ 3, V)
Vertragsschluss und Vertragsauslegung
Privatrecht II Lektion 7 Leistungsstörungen (§ 5, I - IV)
Vertragsschluss und Vertragsauslegung
Erfinderische Tätigkeit
EINHEIT 4 – Vertragliche Schuldverhältnisse II
Einführung ins Privatrecht
Einführung ins Privatrecht
Bestellung und Lieferschein
Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 Abs. 1 BGB)
Vorkaufsrecht Schuldrechtlich: §§ BGB Sachenrechtlich: §§ BGB.
Klaus Eichhorn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
Von der Anbahnung bis zur Erfüllung von Kaufverträgen
Gutachten zu Fall 1 Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen A und W Entscheidungsspielraum Antrag der F Eigene Willenserklärung der F Im Namen des.
Muss Rudi die Grundgebühr bezahlen? Kopfnicken des Taxifahrers 1. WE = Antrag: Winken zum Taxifahrer Taxifahrer Rudi Rechtsfolge: Ein Vertrag ist.
Willenserklärungen sog. Rechtsbindungswille erkennbares Verhalten
Vorgehen in der Klausur insb. Anspruchsgrundlagen
Auslegung Selbstbestimmung Vertrauensschutz Rechtssicherheit.
DSD I Trainingsstunde 9 HÖRVERSTEHEN Teil 4.
≠ Anfechtung Rechtsgeschäft Anfechtung [angefochteN] Gewolltes
By Tabea May, Kevin Schmitt und Bilal Khan
1 STRAFRECHT BT STRAFRECHT BT BRANDSTIFTUNG (ART.221) FS 2008 Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern.
Proseminar Grundzüge der Rechtwissenschaft I Sommersemester 2009.
Mittelstandsrecht SoSe 2015 ra-freimuth. de Vorlesung vom
Vertragsrecht IV Anfechtung
§ 153 Falsche uneidliche Aussage
Besonderheiten des Handelsgeschäfts
7 Mengen und Preise Kosten – Gewinn – Verkaufspreis Ich will ans Gymi S. 47 – 48.
Besprechung Klausur im Zivilrecht für Fortgeschrittene im Wintersemester 2015/ Prof. Dr. Martina Benecke Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-,
Testamentsgestaltung für Eheleute Recht-Verständlich! e. Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Buerstedde Fachanwalt für Erbrecht
Universität Karlsruhe (TH) BGB für Anfänger, Prof. Dr. iur. Peter Sester 1 Rechtsgeschäftliche Grundlagen Definition: Unter einem Rechtsgeschäft versteht.
1 Lerneinheit 7 – Überblick B.Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag.
Erklärungen und Aufgaben.  Festgelegt durch Vereinbarung der Vertragsparteien  Mahngeschäft ▪ Lieferfrist vage vereinbart ▪ bis Ende Dezember ▪ in drei.
WuV-Kurs Sachenrecht II Professor Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)
WuV-Kurs Sachenrecht II Professor Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)
§ 153 Falsche uneidliche Aussage
Grundstücksrecht Falllösung 3.
 Präsentation transkript:

Auslegung der Willenserklärung

Bedeutung der Frage Gesetzesauslegung haben wir kennen gelernt Erfolgt nach objektiven Kriterien Aber auch WE können mehrdeutig sein Testaments- Beispiel:

Beispiel: Erblasser E wendet seinem Neffen N im Wege des Vermächtnisses sein „Grundstück in Leipzig, eingetragen im Grundbuch Blatt 13“ zu. E war Eigentümer einer Wiese, Blatt 31, und eines Baugrundstücks, Blatt 13. Was kann N aufgrund des Testaments von dem Erben X verlangen?

Lösung Wortlaut: Baugrundstück, Blatt 13 X wendet ein, dass E mehrfach und unter Zeugen geäußert habe, er wolle N die Wiese zuwenden. Zudem ist N als einziger der Beteiligten Landwirt. Was ist entscheidend? Nur der Wortlaut oder auch weitere Umstände?

Bedeutung des wahren Willens Fall ist geregelt in § 133: Nicht der Buchstabe, sondern der wahre Wille entscheidet Auch außerhalb der Erklärung liegende Umstände sind zu berücksichtigen Spracheigentümlichkeiten Vorgeschichte der Erklärung Vorhandene Dokumente Verfolgter wirtschaftlicher Zweck Dollar- Beispiel: Auslegung ergibt Can-$

§ 133 - § 157 Bei einseitiger WE genügt der Wille des Erklärenden Keine weitere Partei am Rechtsgeschäft beteiligt Kein Anlass für Schutz des Rechtsverkehrs Schwieriger wird es bei zweiseitigen Geschäften Schutz des anderen Beteiligten vor Missverständnissen? Erklärungsverantwortung? § 157 erklärt auch die Verkehrssitte sowie Treu und Glauben für beachtlich Ebenso wie bei den Voraussetzungen der WE Ausgleich zwischen Willen und Verkehrsschutz erforderlich

Vorgehensweise bei zweiseitigen Rechtsgeschäften Zuerst tatsächliche Willensübereinstimmung prüfen Tatsächliche Willensübereinstimmung führt immer zum gültigen Vertragsschluss Auch wenn Wortwahl mehrdeutig zB gemeinsamer Fehlgebrauch: Codewort „Gummibärchen“ für Commerzbank- Aktien Falsch verstandenes Fremdwort: „Haarkjöringsköd“ zB erkanntes Missverständnis: KV über „Grundstück Blatt 13“, Käufer wollte aber eine Wiese und hatte diese auch besichtigt Angebot von „nikotinfreiem Kaffe“, Käufer erkennt, dass Koffeinfreier gemeint ist. Grundsatz: falsa demonstratio non nocet

Vorgehensweise bei zweiseitigen Rechtsgeschäften Im zweiten Schritt Empfängerhorizont prüfen Empfänger ist nicht schutzwürdig, wenn er fahrlässig gehandelt hat (§ 932!) Fahrlässigkeit ist ein objektiver Begriff Daher Verständnismöglichkeit des objektiven Erklärungsempfängers Frage: Was hätte der objektive Empfänger der Erklärung verstanden?

Normativer Konsens Preisangabe des Verkäufers in Dollar Verkäufer sitzt und produziert in Kanada Verlangt Bezahlung in (wertvolleren) US-$ 1. Prüfstufe: Empirischer Konsens (-) 2. Prüfstufe: Normativer Konsens? Maßgeblich ist obj. Empfängerhorizont Hier: Can-$ Daher trotz entgegenstehendem Willen des Erklärenden Auslegung dahin, dass Can-$ gemeint waren. Vertragsschluss mit diesem Inhalt Kein Dissens! Einigung im rechtlichen Sinne zu bejahen Regulierung des nicht gewollten Vertrages über die Irrtumsanfechtung (§ 119 I 1. Alt, Inhaltsirrtum)

Auslegung geht dem Dissens vor! Möglichkeit der normativen Auslegung schafft Einigung im Rechtssinne auch dort, wo tatsächlich ein Missverständnis vorlag Gesetzgeber will diese Fälle über § 119 gelöst haben Mit SE- Pflicht des sich undeutlich Erklärenden Daher nicht vorschnell Dissens (§ 155) annehmen Die Norm hat nur einen geringen Anwendungsbereich Vor allem dann, wenn objektive Auslegung kein Ergebnis ergibt, weil eine Variante so wahrscheinlich ist wie die andere Weinsteinsäure-Fall des RG (RGZ 104, 266) Aktien-Fall des OLG Köln, WM 1970, 892.

Zur Übung: Klosettrollen-Fall: Schulleiter bestellt aus Katalog „25 Gros Packungen WC-Papier“ Nimmt an, es handele sich um 25 große Packungen Geliefert werden 3.600 Packungen Gros ist eine altertümliche Maßeinheit Ein Gros = 144 Stück (12*12) Schule will die Menge nicht abnehmen, Lieferant verlangt Erfüllung. Erst lösen, dann lesen: LG Hanau, NJW 1979, Kornblum, Jus 1980, 258.