Sectiotechnik, was ist evidenzbasiert? KTM Schneider Frauenklinik rechts der Isar der TU München Gyn Allround Hurghada, 20.2.09 11.10-12.00
Trend-Wende in Deutschland ? 1994 2004 2007 Sectio 17% 27% 31% Vakuum 5,7% 4,3% Forceps 2,3% 1,0%
Sectioraten Haiti 2% Madagaskar 7% Niederlande 17% BRD (2007) 29% USA (2002) 26% Malaysia 27% Thailand 29% Italien (2000) 33% Brasilien (2000) 35% Chile 40%
Derzeit übliche Techniken: Transperitoneal isthmisch Laparotomie nach J. Pfannenstiel Schnitt: 2 QF oberhalb Symphyse Faszie im Mittelteil mit dem Skalpell, nach Unterminieren scharf bogenförmig nach lateral Abpräparation der Faszie von den Mm. recti, median scharf Distanzieren der Mm. Recti Eröffnen des Peritoneums mit Skalpell oder Schere
Derzeit übliche Techniken - Blase Abpräparieren der Blase
Derzeit übliche Techniken: Uterotomie isthmisch transvers isthmisch längs („low classical“) korporal längs („klassisch“)
Sectio - derzeit übliche Techniken Digitales Erweitern der Uterotomie Entwicklung des Kindes Entwicklung der Plazenta
Sectio - derzeit übliche Techniken - schichtweiser Wundverschluss Verschluß der Uterotomie (Einzelknopfnähte/fortlaufend) Verschluß des viszeralen Peritoneums (fortlaufend) Verschluß des parietalen Peritoneums (fortlaufend) Annähern der Mm. recti (Einzelknopfnähte) Verschluß der Faszie (fortlaufend) Subcutan-Nähte / Naht oder Klammerung der Haut
Neuere Techniken: „Misgav-Ladach“ Historie Laparotomie nach S. Joel-Cohen (Heinemann Verlag 1972) Für Sectio modifiziert (Toledo J 1981, van Dongen PW 1989, Stark M 1994) „Misgav-Ladach“-Methode vorgestellt auf FIGO Congress 1994 von Michael Stark
Derzeit übliche Techniken: „Misgav-Ladach“ Laparotomie nach S. Joel-Cohen Schnitt: 3 QF unterhalb Linie zw. Spinae iliacae sup. ant. Faszie im Mittelteil scharf, sonst nach Unterminieren stumpf Stumpfes Distanzieren der Mm. recti, nur eingeschränkte Präparation der Faszie Stumpfes Eröffnen des Peritoneums
Derzeit übliche Techniken: „Misgav-Ladach“ Uterotomie quer isthmisch mit Skalpell, Erweitern stumpf Uterotomie-Verschluss einschichtig kein Peritoneal-Verschluss Faszie fortlaufend Haut: durchgreifende Matrazennähte/Klammern
Welche Technik ist die beste ?
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Empfehlungsgrad: A: strenge Empfehlung, Evidenz gut B: Empfehlung, Evidenz mäßig C: Empfehlung weder für noch gegen die Maßnahme, da die Ergebnisse sich nicht ausreichend unterscheiden, Evidenz mindestens mäßig D: Empfehlung, die Maßnahme NICHT durchzuführen, Evidenz mindestens mäßig I: insuffiziente Evidenz, keine Empfehlung Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Quality of Evidence Good: konsistente Ergebnisse aus gut strukturierten und durchgeführten Studien in repräsentativen Populationen Fair: suffiziente Daten, aber eingeschränkt durch limitierte Anzahl, Qualität oder Konsistenz der vorh. Studien Poor: insuffiziente Daten, Studien zu klein, schlechtes Design oder inkonsistent Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Linksseitenlage Technik: 10-15° Kippen des OP-Tischs Ziel: Vermeidung Cava-Kompression Studien: 3 schlecht randomisierte Studien (n=293) Cochrane-Analyse (Wilkinson et al., 2005) Ergebnis: kein signifikanter Unterschied in APGAR/pH Empfehlungsgrad: I Quality of evidence: poor Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Hautinzision Technik: Längs/Pfannenstiel versus Joel Cohen Ziel: Heilung/Schmerzen Studien: 2 randomisierte Studien (n=411) (Franchi M et al., 2002; Mathai M et al, 2002) Ergebnis: Kürzere OP-Zeit (32 vs 33 min) Kürzere Zeit bis zur Entwicklung (190 vs 240 s) Schmerzen/Blutverlust nur in 1 Studie besser Empfehlungsgrad: C Quality of evidence: fair Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Uterine Inzision Lokalisation: Isthmisch transversal vs. klassisch/isthmisch längs (Blutverlust!) (B, fair) Empfehlung bei zu kleinem Isthmus (SSW < 28) oder Myomen Eröffnung: Scharf (Skalpell) vs stumpf (A, good) Hämatokrit 6.1% vs. 5.5%, p<0.001 postpart. Blutungen 13% vs 9%, RR 1,23 Transfusionsbedarf 2% vs 0.4%, RR 1.65 Verletzungen von Kind und NS, Zeit isthmisch stumpf Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Antibiotika-Prophylaxe Technik: Prä-/intraoperative Gabe von AB Ziel: Reduktion von Infektionen Studien: mind. 81 randomisierte Studien Cochrane-Metaanalyse (Johanson RB et al., 2005) Ergebnis: signifikante Reduktion aller Infektionen bei elektiven und sekundären Sectiones Empfehlungsgrad: A Quality of evidence: good Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Antibiotika-Prophylaxe Ergebnisse: Endometritis: RR 0.38 (95%CI 0.22-0.64) bei elektiven RR 0.39 (95%CI 0.34-0.46) bei sekundären Wundinfektionen: RR 0.73 (95%CI 0.53-0.99) bei elektiven RR 0.36 (95%CI 0.26-0.51) bei sekundären Ebenso reduziert: Fieber und Harnwegsinfekte Prophylaxe Empfehlungsgrad: A Quality of evidence: good Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Antibiotika-Prophylaxe ß-Lactam-AB single shot systemisch Medikament: Ampicillin oder Cephalosporin 1. Gen. (A, good) Applikationsart: Systemisch oder Lavage (A, good) Anzahl der Gaben: nur 1 Gabe (D, good) nicht nötig nach intrapartaler AB (I, poor) Timing: Präoperativ oder nach Abnabeln (I, poor) Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Prävention uteriner Atonie Technik: Uterotonika präventiv Ziel: Blutverlust / Bedarf therapeutischer Uterotonika Studien: Cochrane-Metaanalyse für vaginale Entbindung (Elbourne DR et al, 2005) Ergebnis: Blutverlust reduziert Bedarf therapeutischer Uterotonika >40% red. Oxytocin besser als Ergotamin-Alkaloide ? Empfehlungsgrad: I Quality of evidence: poor Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Entwicklung der Plazenta Technik: spontan (mit sanfter cord-traction) vs. manuell Ziel: Infektion/Blutverlust Studien: 6 randomisierte Studien (n>1700) (Notelowitz M 1972, McCurdy CM 1992, Magann EF, 1992, 1995, Atikinson MW 1996, Lasley DS 1997, Chandra P 2002) Ergebnis: Endometritis RR 0.62 (95%CI, 0.48-0.80) Wundinfektion RR 0.42 (95%CI, 0.15-1.26) Blutverlust reduziert Spontan !!! Empfehlungsgrad: A Quality of evidence: good Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Verschluss des Peritoneums 1919 Peritonealdefekt regeneriert sich simultan (nicht von den Wundwinkeln aus) Hertzler AR, Mosby, 1919 1988 Spontanheilung des Peritoneums nach 5 Tagen, nach Naht nach 2-3 Wochen bei Kaninchen McDonald MN, J Reprod Med 1988 1988 Second look-Laparoskopie nach Laparotomie mit oder ohne Peritonealverschluss: Adhäsionen 22% vs 16% n.s. Tulandi T, AJOG 1988
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Verschluss des Peritoneums Technik: Naht viszerales / parietales Peritoneum Ziel: OP-Zeit / Schmerzen / Adhäsionen Studien: 9 randomisierte Studien (n=1811) Cochrane-Metaanalyse (Bamigboye AA 2005) Ergebnis: OP-Zeit verkürzt 7,33 min (95%CI,-8,42;-6,24) postop. Fieber RR 0.62 (95%CI, 0.41-0.94) postop. Aufenthalt reduziert Analgetika/Wundinfektion tendenziell weniger keine Naht ? Empfehlungsgrad: D Quality of evidence: good Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Verschluss des Peritoneums Amerikanische Kohorten-Studie: Beurteilung vorhandener Adhäsionen bei Resectio (n=173) Verschluss (n=106) vs. Nicht-Verschluss (n=67): 52% vs 73% Adhäsionen RR 0.2 (95%CI, 0.08-0.49) ? Lyell DJ et al, Obstet Gynecol, 2005
Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Verschluss des Peritoneums „There is, at present, no evidence to justify the time taken and cost of peritoneal closure.“ Berghella, Baxter, Chauhan, AJOG, 2005
Müttersterblichkeit Amtliche Müttersterblichkeit in Deutschland 100 200 300 400 500 1900 1920 1940 1960 1980 2000 pro 100.000 Lebendgeborene Mortalität Vaginale Entbindung 1:27.000 Sectio 1:3.500 * Welsch H, Müttersterblichkeit in: Schneider H, Husslein P, Schneider KTM (Hrsg): Die Geburtshilfe Springer Verlag 2003
Risiken der Sectio Mütterliche Komplikationen in einem Niedrig-Risiko-Kollektiv Schneider KTM. Gyn Geb Rundsch 2002;42(1):12
Risiken der Sectio Neonatale Komplikationen Schneider KTM. Gyn Geb Rundsch 2002;42(1):12
Risiken der Sectio Neonatale Komplikationen Neonatale Mortalität im Niedrig-Risiko-Kollektiv MacDorman, Birth 33 (2006): 175-82
Risiken der Sectio
Entbindung bei Z. n. Sectio 19 Zentren, Einlingsschwangerschaften, Z.n. Sectio 15.801 Frauen mit elektiver Re-Sectio 17.898 Frauen mit vaginalem Entbindungsversuch, davon 73,4% erfolgreich Landon M et al, NEJM (2004) 351;25
Entbindung bei Z. n. Sectio Maternale Komplikationen Landon M et al, NEJM (2004) 351;25
Entbindung bei Z. n. Sectio Perinatales Outcome reifer Neugeborener Landon M et al, NEJM (2004) 351;25
Risiken bei Z. n. Sectio Erhöhte Rate intrauteriner Fruchttode ! Smith GC et al, Lancet (2003) 362;1779
Empfehlungen zur Technik Einzelschritte: Was ist evidenz-basiert? Nicht die Mm. Recti durchtrennen, vertikales Entfalten quere isthmische Uterotomie, stumpf erweitern Antibiotkaprophylaxe bei primärer wie sekundärer Sectio Spontane Plazentalösung unter cord traction Fortlaufende Naht der Uterotomie Kein Verschluss des Peritoneums, Rectus, Subcutis Ausnahme: subcutanes Gewebe > 2 cm