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Vorlesung Entwicklungspsychologie I Familienentwicklung J. Gowert Masche 12.07.2006

Bescheinigungen Leistungsscheine Teilnahmescheine Diplomstudiengang Psychologie: Klausur nach Wintersemester über beide Teile der Vorlesung Bescheinigung kinder- und jugendpsychologisches Curriculum: nächstes Mal Liste von Herrn Langer zum Unterschreiben mitbringen EGL-M: Klausur am 26.07., Anmeldefrist verstrichen Teilnahmescheine normalerweise nicht erforderlich falls doch: heute die abgezeichneten Terminlisten bei mir abgeben, mit deutlich lesbarem Namen, Studiengang und Matrikelnummer. Ich werde keine fehlerhaften Scheine korrigieren, wenn die Angaben nicht lesbar oder falsch waren.

Semesterüberblick 26.04.: Grundbegriffe der Entwicklungspsychologie 10.05.: Vorgeburtliche Entwicklung, Entwicklung von Wahrnehmung und Psychomotorik 17.05.: Frühe Eltern-Kind-Interaktion, Bindungstheorie 24.05.: Soziale Kognition 31.05.: Kognitive Entwicklung nach Jean Piaget 07.06.: Begriffliches Wissen, Problemlösen 14.06.: Lerntheorien, Sozialisation 21.06.: Motivation, Emotion, Handlungsregulation 05.07.: Entwicklung unter ökologischer Perspektive 12.07.: Familienentwicklung 19.07.: „Zurück zur Natur“: Biologische Entwicklungsgrundlagen

12.07.: Familienentwicklung Familientheorien Zugrundeliegendes Menschenbild Familienentwicklung Interventionsprogramme Literatur zu heute: v. a. Oerter & Montada, Kap. 4 und Teile des Schneewind-Lehrbuchs (Kopie im Handapparat).

Familientheorien

1. Familiensystemtheorie 1926 Burgess: Familie = Einheit interagierender Persönlichkeiten 1956 von Bertalanffy: allgemeine Systemtheorie Weiterentwicklungen bis heute (z. B. Granic & Patterson, 2006) z. B. Broderick (1993): Familien = offene sich entwickelnde zielorientierte sich selbst regulierende Systeme im Kontext weiterer materieller/sozialer Umgebung (vgl. Bronfenbrenners Systemebenen)

Merkmale des Familiensystems Ganzheitlichkeit: Familie als Einheit Zielorientierung, z. B. Familienentwicklungsaufgaben Äquifinalität Multifinalität Regelhaftigkeit: Familienrituale oder -gewohnheiten, Attraktoren (vgl. vorige Vorlesung) zirkuläre Kausalität Rückkopplung (Feedback) positive Rückkopplung negative Rückkopplung Homöostase: Ausbalancierung und Aufrechterhaltung des Kräftegleichgewichts in der Familie, meist durch negative Rückkopplung Heterostase: entwicklungsbedingte Anpassung an neue familiale Beziehungsmuster Wandel erster und zweiter Ordnung (Watzlawick et al., 1974) W. erster Ordnung: System ändert Zustand, bleibt aber als System unverändert, z. B. Steigerung der Bestrafung, wenn bisher erfolglos W. zweiter Ordnung: Änderung des Systems, z. B. der Rollen in Familie

Merkmale des Familiensystems (2) Grenzen nach außen und zwischen Subsystemen und Personen Aber auch Beziehungen, z. B. Spill-Over von Eheproblemen auf die Eltern-Kind-Interaktion und die Entwicklung der Kinder Offenheit vs. Geschlossenheit Selbstorganisation (Autopoiese): Selbstanpassungsfähigkeit an geänderte Bedingungen (aber nicht immer in optimaler Weise), vgl. Heterostase Internes Erfahrungsmodell: Repräsentation der Familienbeziehungen durch das jeweilige Familienmitglied Interne Erfahrungsmodelle der Beteiligten steuern die Interaktion in Familie

2. Familienentwicklungstheorie Grundannahmen: familiales Verhalten „hier & jetzt“ ist abhängig von vergangenen Erfahrungen und bestimmt Zukunftserwartungen der Familienmitglieder mit trotz Pluralisierung der Lebensformen neigen Familien derselben Lebensphase zu ähnlichen Verhaltensmustern Familien werden im Laufe des Zusammenlebens entweder von außen vor Entwicklungsaufgaben gestellt oder stellen sich diese selbst Kerngedanke: Familie = System von Rollenträgern, wobei sich die Rollen mit der Zeit verändern  Familienlebenszyklus Definitionen: Rollenkomplex: Struktur individueller Rollenmuster zu einem bestimmten Zeitpunkt Familienkarriere: Veränderung der Rollenkomplexe, vor allem hinsichtlich der Machtstruktur, Affektstruktur, Kommunikationsstruktur Familienentwicklungsaufgaben: ähnlich Havighursts (1953) individueller Entwicklungsaufgaben, aber für die Familie als System

Phasen im Familienlebenszyklus Phase nach Hill & Rodgers (1964) Erforderlicher Wandel zweiter Ordnung nach Carter & McGoldrick (1988) Verlassen des Elternhauses Selbstdifferenzierung in Beziehungen zur Herkunftsfamilie Entwicklung intimer Beziehungen zu Peers Arbeit, finanzielle Unabhängigkeit 1. Kinderlosigkeit Bildung des Ehesystems Neuorientierung der Beziehungen außerhalb der Ehe 2. Geburt 1. Kind Erweiterung des Ehe- zum Familiensystem Koordinierung von Aufgaben von Kindererziehung, Haushaltsführung; finanzielle Anpassung Neuorientierung der Beziehungen mit erweiterter Familie: Einbezug der Eltern- und Großelternrollen 3. Vorschulzeit 4. Schulalter

Familienlebenszyklus (2) Phase nach Hill & Rodgers (1964) Erforderlicher Wandel zweiter Ordnung nach Carter & McGoldrick (1988) 5. Adoleszenz Veränderungen der Eltern-Kind-Beziehung Fokussierung auf eheliche und berufliche Themen des mittleren Lebensalters Hinwendung auf Sorge/Pflege älterer Generation 6. Entlassung des jungen Neuaushandeln des Ehesystems Erwachsenen aus dem Entwicklung von Beziehung mit Familienverband Erwachsenenqualität zu Kindern 7. nachelterliche Gefährtenschaft Einbezug von Schwiegerkinder und Enkel Auseinandersetzung mit Behinderungen und Tod der Eltern 8. beruflicher Rückzug Aufrechterhalten des Funktionierens als Person und Paar Unterstützung einer zentraleren Rolle der mittleren Generation Raum Schaffen für Weisheit der Alten und für maßvolle Unterstützung für ältere Generation Auseinandersetzung mit Tod von Angehörigen und sich selbst, Lebensrückschau

Phasen der Scheidung als nicht-normative Veränderung Phase nach Carter & McGoldrick Erforderlicher Wandel zweiter Ordnung (1988) Nachscheidungsphase - alleinerziehende Eltern Einrichten flexibler Besuchsregelungen Umgestalten des eigenen sozialen Netzwerks - nicht-sorgeberechtigte Eltern Finden von Wegen zur Aufrechterhaltung der Eltern-Kind-Beziehung Umgestalten des eigenen sozialen Netzwerks Wiederverheiratung und Umstrukturierung der Familiengrenzen zum Rekonstituierung der Familie Einbezug des neuen Partners Neuordnung und Vernetzung der verschiedenen Subsysteme Bereitstellung von Beziehungsmöglichkeiten für die Kinder (biologische + Stiefeltern, Verwandte...) Austausch über Vergangenheit zur Verbesserung der Integration der Stieffamilie

Kritik und Erweiterungen Problem der Phasenabgrenzung: Zwischen 2 und 24 Phasen unterschieden Uneinigkeit, welche Ereignisse Veränderungen auslösen häufig werden phasenspezifische Entwicklungsaufgaben und Herausforderungen einzelner Familienmitglieder angenommen andere Autoren betonen normative und nicht-normative Krisen

3. Familienstresstheorie Hill (1949) untersuchte Trennungen während Zweiten Weltkriegs ABCX-Modell: A: Stressereignis (Stressor) B: Krisenbewältigungsressourcen der Familie C: Definition des Ereignisses durch die Familie X: Krise: Desorganisation der Familie, gefolgt von Erholungsphase und ggf. Neuorganisation der Familie Stressor: Ereignis, das Veränderungen in der Familie hervorrufen kann Stress: Druck oder Spannung im Familiensystem Ein Stressor kommt selten allein...  doppeltes ABCX-Modell

Doppeltes ABCX-Modell Krise Bestehende und neue Ressourcen Wahrnehmung von Krise, Stressoren, gelungene oder misslungene Anpassung Bestehende Ressourcen Kumulation von Stressoren Stressor Bewältigung Wahrnehmung des Stressors

Definition von Stressoren Beispiel: Drogenabhängigkeit des Jugendlichen Typische Definitionsaspekte Besorgtheit Angst Verantwortlichkeits- und Schuldgefühle innerfamiliale Verbreitung der Drogenabhängigkeit Irritation über Nebeneffekte, z. B. emotionale Entfremdung Ruf der Familie

Bewältigungsressourcen Individuell: Wohlstand, Bildungsniveau Gesundheit Persönlichkeit: Selbstwertgefühl, Kontrollüberzeugungen usw. Familial: Zusammenhalt Adaptabilität Kommunikations- und Problemlösefähigkeiten Sozial: informationell instrumentell: Hilfe bei der Erschließung von Bewältigungsmöglichkeiten aktiv (Alltagsunterstützung) materiell

Abstufung des Belastungsniveaus Level-I-Stress: „familienübliche“ Stressoren wie Zeitdruck  strukturerhaltender Wandel erster Ordnung, z. B. bessere Zeiteinteilung Level-II-Stress: krisenhafte Übergänge, z. B. Geburt eines Kindes, die Wandel zweiter Ordnung erfordern Level-III-Stress: katastrophale Ereignisse, durch die zentrale Lebens- und Wertkonzepte in Frage gestellt werden, z. B. Aidserkrankung.

4. Austauschtheorie Grundannahmen über den Menschen Zusammengefasst: Menschen streben nach Belohnung und vermeiden Bestrafung In der Interaktion mit anderen versuchen Menschen, Nutzen zu maximieren und Kosten zu minimieren. Da Nutzen/Kosten unbekannt, bestimmen Erwartungen das Verhalten. Menschen handeln nach rationalen Überlegungen Die Standards zur Beurteilung von Nutzen/Kosten sind inter- und intraindividuell verschieden Die Bedeutung, die Menschen dem Verhalten anderer beimessen, ist inter- und intraindividuell verschieden Je mehr der Wert einer Belohnung die eigenen Erwartungen übertrifft, desto geringer wird der Wert in der Zukunft sein. Zusammengefasst: planvolles, rationales Handeln zur Maximierung des eigenen Ergebnisses

Folgerungen für Beziehungen Soziale Austauschbeziehungen sind wechselseitig abhängig: Belohnung gibt es nur gegen Gegenleistung Erfahrungen in Beziehungen steuern nachfolgende Interaktionen Normen der Gegenseitigkeit regulieren Beziehungen Normen der Fairness regulieren Beziehungen Die Interaktionsdynamik und die Stabilität von Beziehungen ist bestimmt von relativer Attraktivität und Abhängigkeit der Beteiligten Konkretisierung: Investment-Modell (Rusbult). Commitment an eine Beziehung hängt ab von Zufriedenheitsniveau (+) Qualität von Alternativen (-) Ausmaß von Investitionen (+)

5. Differentielle Ansätze Familienklima-Ansatz (Moos, 1974): Strukturdimensionen der Familie, gemessen mit der Family Environment Scale (FES) Positiv-emotionales Klima Anregendes Klima Normativ-autoritäres Klima Familienparadigmen (Constantine, 1986). Typologischer Ansatz: geschlossenes Paradigma: Familienidentität kommt vor Individualität, sehr stabil Zufallsparadigma: umgekehrt; kollektive Bedürfnisse durch spontane Synergie von individueller Initiative und Einfallsreichtum befriedigt offenes Paradigma: Synthese aus beidem: demokratisch aushandelndes System, das Individuum/Familie und Kontinuität/Wandel ausbalanciert synchrones Paradigma: Gegensatz zum offenen Paradigma: unausgesprochene Familienregeln werden befolgt. Vermutlich mehr in kollektivistischen Kulturen verbreitet.

6. Integratives Systemmodell der Entwicklung (Schneewind) vertikale Stressoren aufgrund bisheriger Erfahrungen Horizontale Stressoren: normative/nicht-normative, andauernde/chronische, tägliche Unannehmlichkeiten Erwachsene Person 1 Erwachsene Person 2 Persönlichkeitssystem Paar-/Familiensystem Mehrgenerationensystem Extrafamiliale soziale Systeme/Lebenslage Horizontale Ressourcen: normative/nicht-normative, andauernde/chronische, tägliche Annehmlichkeiten vertikale Ressourcen Vergangenheit Gegenwart Zukunft

Beispiel von Stressoren und Ressourcen Paar-/Familiensystem Stressoren vertikal: Mangel an Intimität und Kommunikationsvermögen horizontal/Gegenwart: aktueller Ehekonflikt horizontal/Zukunft: Trennung/Scheidung Ressourcen vertikal: hohes Maß an Intimität und Kommunikationsvermögen horizontal/Gegenwart: konstruktives Problemlösen horizontal/Zukunft: Erwartung weiteren Zusammenseins Kritik: Stressoren dürften nicht das Gegenteil von Ressourcen sein, da die Wirkung der Stressoren dann nicht von Ressourcen moderiert werden kann Vertikale Stressoren sind offenbar eher mangelnde Ressourcen Es ist Unsinn, von einem Einfluss zukünftiger Stressoren auszugehen, allenfalls von Zukunftssorgen, die dann aber in der Gegenwart bestehen Kurzum: die ganze Horizontal-Vertikal-Einteilung ist nach meiner Einschätzung überflüssig.

Zugrundeliegendes Menschenbild

Grundlegende Annahmen der Familientheorien Menschen entwickeln sich in Transaktion mit ihrer Umwelt Menschen sind auf soziale Beziehungen angewiesen Menschen sind lernfähig und auf Lernen angewiesen („Lernen“ hier im weitesten Sinne als Erwerb von kognitiven Strukturen und Verhaltensweisen) Menschen repräsentieren ihre Erfahrungen kognitiv, davon zum Teil bewusst, und können diese daher sprachlich ausdrücken und kommunizieren Die sprachlichen Repräsentationen ermöglichen planvolles Handeln systemische Theorie, d.h. jedes Individuum ist handelndes Subjekt und zugleich Stimulus für die anderen, interaktionistische Theorie, d.h. Mensch und Umwelt sind aktiv und wirken aufeinander ein sogar dialektisch, weil Mensch und Umwelt sich beide entwickeln

Familienentwicklung

Phasen der Eltern-Kind-Beziehung Im Optimalfall zeigen Eltern und Kinder folgende Verhaltensweisen/Entwicklungen: Säuglings-/Kleinkindalter Eltern: Pflege, Schutz, Fürsorge Kind: totale Abhängigkeit jüngeres Kindesalter Eltern: Anpassung an triadische Beziehung, Verfügbarkeit als Verhaltensmodell, Einführung angemessener Grenzen Kind: erste psychische Trennung von den Eltern, Streben nach Autonomie, Imitation der Eltern, Bewältigung von Allmachtsphantasien älteres Kindesalter Eltern: Sensibilität für kindliche Entwicklungsbedürfnisse, Bereitstellung von Gelegenheit zur Eigenaktivität, Ermöglichen von Autonomie und Lebensfreude Kind: Suche nach Individualität

Phasen der Eltern-Kind-Beziehung (2) Im Optimalfall zeigen Eltern und Kinder folgende Verhaltensweisen/Entwicklungen: Jugendalter Eltern: Unterstützung bei Identitätsentwicklung Kind: Entwicklung eigener Identität Erwachsenenalter Eltern: Erlauben von Unabhängigkeit, Akzeptieren einer Erwachsenenbeziehung, Unterstützung mit Ermutigung und Wertschätzung Kind: relative Unabhängigkeit von Eltern, Entwickeln einer Erwachsenenbeziehung zu Eltern, Suche nach Orientierung und Unterstützung durch die Eltern, falls nötig mittleres Erwachsenenalter (alte Eltern) Eltern: Zulassen der Rollenumkehr Kind: Betreuung gebrechlicher Eltern

Eltern als Arrangeure von Entwicklungsgelegenheiten Genereller Erziehungsstil: autoritär, vernachlässigend, permissiv, autoritativ definiert durch 2x2-Schema von Wärme/Kälte und Verhaltenskontrolle/Laisser-faire Arrangeure einer „Ökologie der Sicherheit“: physisch, Umgang mit anderen Personen, Eltern selbst Arrangeure einer „Ökologie der Entwicklungsförderung“: anregende Umwelten, förderliche Kontakte, Freundschaften, Institutionen, Kontrolle

Interventionsprogramme

Arten von Prävention Primäre Prävention: Entwicklungsoptimierung von Paar- und Familienbeziehungen über das durchschnittliche Niveau hinaus Sekundäre Prävention: richtet sich an Risikopaare und Risikofamilien Tertiäre Prävention: Rückfallprophylaxe nach erfolgter therapeutischer Maßnahme Im folgenden vorwiegend primäre/sekundäre Präventionsprogramme

Stärkung von Paarbeziehungen PREP (Prevention and Relationship Enhancement Program), im Deutschen EPL (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm), für junge Paare: Sprecher- und Zuhörerfertigkeiten Vermittlung eines Problemlöseschemas Steigerung der Positivität in der Paarbeziehung Wirkung: weniger Scheidungen, höhere Ehezufriedenheit, in Videoaufzeichnungen positiveres Kommunikationsverhalten FSPT (Freiburger Stresspräventionstraining für Paare): Kommunikationstraining ähnlich EPL Sensibilisierung für stressauslösende Situationen partnerschaftliche Bewältigung von Stressoren scheint nützlich zu sein (erst 2000 entwickelt)

Stärkung von Elternkompetenzen STEEP (Steps Toward Effective and Enjoyable Parenting): Entsprechend Bindungstheorie wird Feinfühligkeit von Müttern von Babies/Kleinkindern trainiert Familienkonferenz: Training von Ichbotschaften, aktiven Zuhörens, „niederlageloser Methode“. Geringe Wirksamkeit. Triple P (Positive Parenting Program): lerntheoretisch orientierte Kombination aus Fernsehsendungen, „kleinen Helfern“ (Kurzanleitungen) und notfalls abgestuften Beratungsangeboten. Umfangreiche Nachweise der Wirksamkeit. Positive Parenting: videogestütztes Elterntraining von Elternkompetenzen: Zuhören, direkte Kommunikation, Förderung von Verantwortlichkeit, Grenzensetzen, Monitoring. Wirksamkeit belegt, u.a. Reduzierung körperlicher Gewalt durch Eltern.

Problem: Die Risikofamilien kommen nicht Risikopaare und Familien werden von individuellen Beratungs- und Präventionsangeboten kaum erreicht Niedrigschwellige Angebote benötigt: Fernsehsendungen wie in Australien interaktive CD-ROMs, z. B. „Freiheit in Grenzen“ zum Elternverhalten oder zur Verbesserung von Paarbeziehungen usw.