Klausur Nr. 3 Strafrecht SS 2009

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Aufbau des Tatbestandes
 Präsentation transkript:

Klausur Nr. 3 Strafrecht SS 2009 Friedrich Toepel

Aufbau: Tatnächster zuerst : A, dann B, dann C Handlungsabschnitte: Hinspiel, AIDS-Problem, Rückspiel

1. Tatkomplex: Das Hinspiel in R (Niederlande) A. Strafbarkeit des A I. § 231 I StGB durch aktive Beteiligung an der Auseinandersetzung 1. Anwendung deutschen Strafrechts, §§ 3 bis 7, 9 StGB: § 7 II Nr. 1 StGB = Tat am Tatort mit Strafe bedroht + (Bearbeitervermerk); Täter zur Tatzeit Deutscher + 2. obj. Tb.: Beteiligung an Schlägerei unproblematisch + 3. Subj. Tb.: Vorsatz +,

4. Obj. Bedingung der Strafbarkeit: a) Verursachung schwerer Körperverletzung iSd § 226 StGB durch die Schlägerei, Verlust des Sehvermögens auf einem Auge = schwere Folge iSd § 226 I Nr. 1 StGB; b) Problem: schwere Folge beim Täter selbst eingetreten Aber: § 231 StGB = abstraktes Gefährdungsdelikt gleichgültig ob die schwere Folge bestimmter Person zuzurechnen

auch der Verletzte selbst kann Täter sein 5. Rw +, Sch+, Strafbarkeit wegen Schlägerei + 6. Absehen von Strafe, § 60 StGB? Folgen: Täter so schwer getroffen, dass Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt (a. A. vertretbar) II. § 223 I StGB durch aktive Beteiligung an der Auseinandersetzung? 1. Tb.: Keine konkreten Verletzungshandlungen genannt;

2. Rw, Einwilligung: bei einvernehmlicher Massenschlägerei regelmäßig +, daher Strafbarkeit – B. Strafbarkeit des B I. § 231 I StGB durch Anfeuern 1. Anwendung deutschen Strafrechts, §§ 3 bis 7, 9 StGB: wie bei A 2. Obj. Tb.: Beteiligung an der Schlägerei ¹ Teilnahme oder Mittäterschaft;

reicht Anwesenheit und geistiger Beitrag dazu, dass geschlagen wird (Tröndle/Fischer, § 231 Rdnr. 8) danach + b) Mindermeinung: physischer Beitrag wegen der größen Gefährlichkeit erforderlich (Schönke/Schröder/Stree, § 231 Rdnr. 12) danach – wenn 2 a gefolgt, weiterprüfen:

3. subj Tb.: Vorsatz + 4. Obj. Bedingung der Strafbarkeit: Verlust des Sehvermögens, hier unproblematisch 5. Rw, Sch +, Strafbarkeit gem. § 231 StGB + C. Strafbarkeit des C I. §§ 231 I, 26 StGB durch Empfehlung zum „Plattmachen“ 1. Anwendung deutschen Strafrechts: hier schon Territorialitätsprinzip

2. Objektiver Tatbestand: a) vorsätzliche rw Haupttat + (A und B) b) Bestimmt dazu? Nach h. M. = Hervorrufen des Tatentschlusses, Problem hier: Abgrenzung vom omnimodo facturus, gut vertretbar, dass hier A und B bereits entschlossen (stand schon vorher fest, dass Spiel „Highlight“ sein sollte)

a. A. aber ebenfalls vertretbar, je nachdem, falls Bestimmen + weiterprüfen: 3. Subj. Tb., Rw , Sch +, Strafbarkeit gem. §§ 231 I, 26 StGB + II. §§ 231 I, 27 I StGB durch Empfehlung zum „Plattmachen“ 1. Anwendung deutschen Strafrechts: hier schon Territorialitätsprinzip 2. Objektiver Tatbestand: a) vorsätzliche rw Haupttat + (A und B)

b) Hilfeleisten? Psychische Beihilfe hinreichend 3. Subj. Tb.: doppelter Gehilfenvorsatz? a) bezüglich Hilfeleisten + b) bezüglich rw vollendeter Haupttat? A, B und C regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt, daher C hinreichend bewusst, dass Verwirklichung von § 231 I StGB eintreten wird + 4. Rw , Sch +, Strafbarkeit gem. §§ 231 I, 27 StGB +

2. Tatkomplex: Besuch bei der P Strafbarkeit der P I. §§ 212 I, 22, 23 I StGB durch Ausführung ungeschützten Geschlechtsverkehrs Vorprüfung: keine Vollendung, Versuch strafbar + Tatentschluss: Bedingter Tötungsvorsatz? BGHSt 36, 1: regelmäßig zu verneinen, zwar für möglich gehalten, aber nicht Tötung billigend in Kauf genommen:

hohe Hemmschwelle vor Tötungen a. A. vertretbar Nach BGH: §§ 212 I, 22, 23 I StGB – II. §§ 223 I, II, 224 I Nr. 1, 5, II, 22, 23 I StGB durch Ausführung ungeschützten Geschlechtsverkehrs 1. Vorprüfung: keine Vollendung, Versuch strafbar + 2. Tatentschluss bezüglich: §§ 223, 224 I Nr. 1 StGB?

N r. 1, Gift = auch Körperflüssigkeit, Ansteckungsstoff + Nr. 5, lebensgefährdend: auch konkret + Bedingter Verletzungsvorsatz? BGHSt 36, 1: +, geringere Hemmschwelle für Billigen des Verletzungserfolgs; a. A. vertretbar; nicht jedoch durch Einverständnis des A ausgeschlossen, A nicht aufgeklärt 3. § 22 StGB: unproblematisch + 4. Rw, Sch +, strafbar gem. §§ 223 I, II, 224 I Nr. 1, 5, II, 22, 23 I StGB +

3. Tatkomplex: Das Rückspiel in D A. Strafbarkeit des A I. § 212 I StGB durch Erschießen des Niederländers 1. Tb.: obj. und subj. unproblematisch + 2. Rw: § 32 StGB? a) Notwehrlage, § 32 II StGB: aa) Angriff + bb) rw? Kein Rf. Grund des Niederländers cc) gegenwärtig:+ , unmittelbar bevorstehend

b) Notwehrhandlung, § 32 II StGB: Erforderlichkeit = aa) Geeignetheit: + bb) Notwendigkeit + (kein milderes gleichgeeignetes Mittel zur Verfügung stehend) c) Sozialethisch begründete Einschränkungen des Notwehrrechts/Gebotenheit, § 32 I StGB? aa) Fallgruppe Provokation: allerdings hier nur abstrakt als Teilnehmer einer Massenschlägerei,

keine konkrete Provokation durch A, dieser hatte vielmehr von vornherein Tötung ausgeschlossen, hielt insofern den „Ehrenkodex“ von Hooligans ein bb) bloße Tatsache der Beteiligung an der Schlägerei Notwehr ausschließend? Bei Angriffen auf das Leben jedenfalls nicht Notwehr ausgeschlossen, Verstoß gegen das ungeschriebene Gesetz des „Ehrenkodex“: Messer durch Niederländer gezogen

As Handeln daher geboten, Rw -, Strafbarkeit gem. § 212 I StGB – II. § 231 I StGB durch Erschießen des Niederländers 1. Tb.: aktive Beteiligung an der Schlägerei mit Vorsatz + 2. Obj. Bedingung der Strafbarkeit: Verursachung des Todes, auch wenn gerechtfertigt?

+ nach Rspr., BGHSt 39, 305, sofern nur durch die Schlägerei bedingt 3. Rw : § 32 StGB? Grds. Rechtfertigende Wirkung einer Notwehrhandlung einheitlich zu entscheiden? Rechtfertigung betrifft stets nur bestimmte Tatbestände, daher hier: Beteiligung an der Schlägerei nicht gerechtfertigt (so auch BGHSt 39, 305);

anderes Argument: über Beteiligung an Schlägerei entschied A, als noch nicht die Notwendigkeit zur Verteidigung bestand, insofern Beteiligung an Schlägerei nicht geboten (vertretbar auch: schon nicht erforderlich) 4. Sch+, Strafbarkeit wegen Beteiligung an Schlägerei + III. § 223 I StGB durch Erschießen des Niederländers 1. obj. Tb.: Verletzungshandlung: Erschießen

2. subj. Tb., Tötungsvorsatz: nach Rspr. in Verletzungsvorsatz regelmäßig enthalten, Einheitstheorie 3. Aber Rw: Einwilligung bei einvernehmlicher Massenschlägerei regelmäßig + daher Strafbarkeit insoweit – B. Strafbarkeit des B I. § 231 I StGB durch aktive Beteiligung 1. Tb.: obj. und subj. unproblematisch +

2. Obj. Bedingung der Strafbarkeit: Zeitpunkt der schweren Folge bereits vor Hinzutreten des B? Abstraktes Gefährdungsdelikt, a) BGHSt 14, 132, überwiegende Ansicht: Zeitpunkt der Beteiligung vor oder nach dem Eintreten der schweren Folge nicht von Bedeutung, b) a. A. vertretbar: Beteiligung erst nach der für die schwere Folge ursächlichen Phase

¹ potentielle Beitrag zur durch die schwere Folge indizierten Gefährlichkeit Schönke/Schröder/Stree, § 231 Rdnr. 15); wer der überwiegenden Ansicht folgt, muss annehmen: 3. Rw, Sch, Strafbarkeit gem. § 231 StGB +

Konkurrenzen und Gesamtergebnis: A ebenso wie B: Tage des Hin- und des Rückspiels zusammen §§ 231 I; 231 I; 53 I StGB C: §§ 231 I, 27 StGB P: §§ 223 I, II, 224 I Nr. 1, 5 II, 22, 23 I StGB