Prof. Dr. Matthias Knauff, LL.M. Eur.

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 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Matthias Knauff, LL.M. Eur. Der beihilferechtliche Rahmen für die Förderung Erneuerbarer Energien unter besonderer Berücksichtigung der neuen EU-Beihilfeleitlinien

I. Beihilfeeigenschaft staatlicher Maßnahmen Beihilfemerkmale gem. Art. 107 I AEUV (kumulativ) keine Beihilfe bei Fehlen eines Merkmals 1. Begünstigung Erscheinungsformen zahlreiche Ausprägungen keine abschließende Benennung möglich direkte und indirekte Begünstigung

Abgrenzung Investitionen (Privatinvestortest) Ausgleich für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse 2. Herkunft aus staatlichen Mitteln Finanzierung aus dem Staatshaushalt weiter Staatsbegriff Möglichkeiten positiv: Inanspruchnahme vorhandener Mittel negativ: Verzicht auf Einnahmen

Abgrenzung staatliche Organisation privater Finanzierung wirtschaftliche Begünstigung der Einspeiser durch Abnahmepflicht ökologisch erzeugten Stroms seitens Energieversorgungsunternehmen zu Mindestpreisen mangels Tangierung staatlicher Mittel keine Beihilfe (EuGH, Urt. v. 13.3.2001, Rs. C-379/98 – PreussenElektra)

P: Beihilfeeigenschaft letztlich von juristischer Konstruktion abhängig: bei vorübergehender staatlicher Vereinnahmung der Mittel Beihilfe (+) bei gesetzlicher „Organisation“ der Begünstigung von Privaten durch Private Beihilfe (-) aber: Beihilfeeigenschaft bei Einsatz „benannter Stellen“ (+) benannte Stelle = staatlich kontrollierter Privater dessen Mittel sind staatlichen Mitteln gleichzustellen (EuGH, Urt. v. 22.3.1977, Rs. 78/76 – Steinike & Weinling) Einsatz von Mitteln staatlicher Beteiligungsunternehmen

3. Unternehmens- oder Branchennützigkeit gezielte individuelle Besserstellung im Wettbewerb = selektive Wirkung Begünstigte Unternehmen Produktionszweige bei Einzelbehilfen (+) nicht: allgemeine Wirtschaftsförderungsmaßnahmen sonstige wettbewerbsneutrale Maßnahmen

4. Potentielle Wettbewerbsverfälschung relevanter Markt entscheidend sachlich räumlich Spürbarkeit nicht erforderlich 5. Potentielle Handelsbeeinträchtigung grds. konkrete Umstände des Einzelfalls entscheidend

II. Grundsatz: Beihilfeverbot Art. 107 I AEUV: grundsätzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Kontrollverfahren nach Art. 108 AEUV zahlreiche Ausnahmen

III. Ausnahmen 1. Zwingende Ausnahmen freigestellte Beihilfen nach Art. 107 II AEUV Beurteilungsspielraum der Kommission auf Tatbestandsebene 2. Fakultative Ausnahmen freistellbare Beihilfen nach Art. 107 III AEUV denkbar

Beihilfen zur Förderung der Entwicklung von Wirtschaftszweigen nach Art. 107 III lit. c AEUV Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse nach Art. 107 III lit. b AEUV Klimaschutz und Förderung Erneuerbarer Energien Art. 11, 191 I, 194 I lit. c AEUV sekundärrechtliche Ausgestaltung, u.a. durch Erneuerbare- Energien-Richtlinie 2009/28/EG

nach Auffassung der Kommission Notwendigkeit mitgliedstaatsübergreifender Maßnahmen (internationale) Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft weiter Ermessensspielraum der Kommission Ausfüllung durch Sekundärrecht und Soft Law, u.a. Leitlinien für staatliche Umwelt- und Energiebeihilfen stärkere Ziel- und Wirkungsorientierung im „more economic approach“ Einzelzulassung durch den Rat nach Art. 108 II UAbs. 3 AEUV

IV. Die EU-Beihilfeleitlinien Umwelt und Energie (2014) 1. Allgemeines Annahme durch die Kommission am 9.4.2014 (Dok. C(2014) 2322) Geltung ab 1.7.2014 bis 31.12.2020 bislang keine offizielle Veröffentlichung im EU-Amtsblatt als Mitteilung/Leitlinie keine rechtliche, aber faktische Verbindlichkeit

2. Voraussetzungen für die Förderung Erneuerbarer Energien Vielzahl von Beihilfemaßnahmen erfasst anders als in Entwurfsfassung keine Aussagen in Bezug auf Art. 107 III lit. b AEUV enthalten Anmeldepflichtigkeit von Einzelbeihilfen, die auf der Grundlage einer angemeldeten Beihilferegelung gewährt werden, nach Art. 108 III AEUV entfällt unterhalb spezifischer Schwellenwerte und bei wettbewerblicher Vergabe

a) Allgemeine Anforderungen Beitrag zu einem genau definierten Ziel von gemeinsamem Interesse Erforderlichkeit Geeignetheit Anreizeffekt Verhältnismäßigkeit Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Handel und Wettbewerb Transparenz jeweils umfassende Erläuterung

b) Besondere Voraussetzungen für Beihilfen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen Kommission geht trotz bestehendem Sekundärrecht von Marktversagen aus, „das mit Hilfe von Beihilfen zur Förderung von erneuerbaren Energien behoben werden kann.“ (Rn. 115) Investitions- und Betriebsbeihilfen Beihilferegelungen 10-jährige Gehmigungsdauer grds. keine Beschränkung auf eigenen Mitgliedstaat

„Beihilfen für Strom für erneuerbare Energiequellen sollten grundsätzlich zur Integration des Marktes für Strom aus erneuerbaren Energiequellen beitragen.“ (Rn. 123) Ausgestaltung (Rn. 124 ff.) Erfüllung aller Voraussetzungen der Leitlinien ab 1.1.2016 Beihilfe zusätzlich zu tatsächlich erzieltem Marktpreis (Einspeiseprämie) Beihilfeempfänger unterliegen einer Standardbilanzverantwortung, soweit es wettbewerbliche Intraday-Märkte für Regel- und Ausgleichsenergie gibt

während Übergangsphase 2015/16 sind mindestens 5 % der Beihilfen für neue Anlagen wettbewerblich zu vergeben ab 1.1.2017 grds. wettbewerbliche Vergabe Ausnahmen zu geringe Teilnehmerzahl im Wettbewerb höhere Beihilfekosten geringere Projektrealisierungsraten Folge: Anerkennung durch Kommission als verhältnismäßig und wettbewerbskonform

Beschränkung des Vergabewettbewerbs auf einzelne Technologien unter bestimmten Voraussetzungen möglich Ausnahmen für kleinere Anlagen möglich Begrenzung der Beihilfehöhe nicht über vollständige Abschreibung hinaus Berücksichtigung von Investitionsbeihilfen

3. Ausnahmen für energieintensive Unternehmen nur möglich für höhere Energiekosten, die nachweislich durch Förderung Erneuerbarer Energien verursacht wurden Begünstigte sektorielle Bestimmung gem. Anhang 3 weitere Unternehmen, sofern > 20 % Energiekosten (bei Übereinstimmung mit Effizienzanforderungen) und > 4 % Sektorintensität des EU-Handels mit Drittstaaten

Höhe grds. mindestens 15 % Eigenanteil zulässige Reduktionen des Eigenanteils auf 4% der Bruttowertschöpfung des Unternehmens auf 0,5 % der Bruttowertschöpfung bei Unternehmen mit Stromintensität > 20 % gleichmäßige Anwendung

Gewährleistungsmöglichkeiten Belastungsermäßigungen jährlicher Pauschalbetrag Kombination möglich keine Überkompensation

Übergangszeitraum bis 1.1.2019 mitgliedstaatliche Anpassungsprogramme als Grundlage Aufstellung bis Mitte 2015 Annäherung an Zielvorgaben der Leitlinien bestehende Begünstigungen nicht von den Leitlinien erfassten Unternehmen können beibehalten werden; Eigenanteil ist bis Ende des Übergangszeitraums auf mindestens 20 % zu steigern