4. Vorlesungseinheit Teil 1 Die Identitätshypothese/Die 5 Hypothesen von Krashen/ Die Interlanguage-Hypothese (Wiederholung) Die Pidginisierungshypothese.

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 Präsentation transkript:

4. Vorlesungseinheit Teil 1 Die Identitätshypothese/Die 5 Hypothesen von Krashen/ Die Interlanguage-Hypothese (Wiederholung) Die Pidginisierungshypothese und die Akkulturationshypothese Die Ergänzungstheorie Teil 2 Die Interaktionshypothese und die Outputhypothese Teil 3 Die Lernbarkeits-/Lehrbarkeitshypothese Die Schwellenhypothese und die Interdependenzhypothese Universität Athen Fachbereich für Deutsche Sprache und Literatur Seminar: DGB47 Εκμάθηση Δεύτερης / Ξένης Γλώσσας

Wiederholung: Die Identitätshypothese Der Lerner aktiviert angeborene mentale Prozesse, die bewirken, dass die zweitsprachlichen Elemente und Regeln in gleicher Abfolge (Erwerbssequenzen) wie beim kindlichen Erstsprachenerwerb erworben werden. Die Abfolge der Erwerbssequenzen ist nicht veränderbar. Fehler gelten als notwendige Entwicklungs-stadien, da der Spracherwerb ein aktiver, kreativer und kognitiver Prozess ist. Wichtige Annahmen der Identitätshypothese Der Erwerb der Zweitsprache vollzieht sich auf der gleichen Art und Weise wie der Erstspracherwerb Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb gleichen sich im Wesentlichen, d.h. sie werden von den gleichen Mechanismen gesteuert. Für den Erwerb der Zweitsprache ist die Erstsprache des Lerners nicht entscheidend

Fragen Welche sind die wichtigsten Annahmen der Identitätshypothese? Auf welche Theorien des Erstspracherwerbs basiert die Identitätshypothese? Was besagt die Identitätshypothese als nativistisch geprägte Theorie über die Erwerbssequenzen? Was für Fehler machen Lerner der Identitätshypothese zufolge und welche Funktion haben diese Fehler? Welche Argumente sprechen für und gegen dieser Hypothese zum Erwerb der Zweitsprache?

Wiederholung: Die 5 Hypothesen von Krashen Die Affective-Filter-Hypothese Affektive Faktoren spielen eine große Rolle beim Zweitspracherwerb. Die Input-Hypothese Eine Zweitsprache wird durch „comprehensible Input“ erworben. Der Input sollte am besten nur eine Erwerbsstufe über dem Erwerbsstand des Lernens liegen. Bedingungen: Lerner müssen die Regeln wissen, Lerner müssen sich auf die Form konzentrieren oder auf Richtigkeit achten, Lerner benötigen Zeit, um die Regeln anzuwenden. Die Monitor-Hypothese Monitor: die Fähigkeit des Lerners, seine eigene Sprachproduktion und sein Verstehen bewusst zu überwachen. Monitor Unterbenutzer Monitor Überbenutzer optimaler Monitor-Benutzer Die fünf Hypothesen von Krashen Die Natural-Order Hypothese Beim Zweitspracherwerb werden die grammatischen Strukturen in einer voraussagbaren natürlichen Reihenfolge erworben Die Acquisition-Learning Hypothese Language Acquisition: Der Spracherwerb geschieht unbewusst Language Learning: bewusstes Sprachenlernen.

Fragen Welche sind die fünf Hypothesen von Krashen? Was besagt die Acquisition-Learning-Hypothese? Wie ist nach der Monitor-Hypothese das Lernen einer Zweitsprache möglich? Welche Typen für Monitor-Benutzer erwähnt Krashen? Von welcher Annahme geht die Natural-Order-Hypothese aus? Welche Faktoren sind nach der Input-Hypothese für den Erwerb einer Zweitsprache entscheidend? Welche Bedingungen sollten dabei erfüllt werden? Wovon geht die Affective-Filter-Hypothese aus? Nennen Sie einige Argumente gegen die Hypothesen von Krashen.

Wiederholung: Die Interlanguage-Hypothese Jede Lernervarietät, so elementar sie sein mag, besitzt neben vielen instabilen Komponenten eine innere Systematik. Die jeweilige Interlanguage ist ein variables und systematisches System zugleich. Individuelles Sprachsystem Die Interlanguage- Hypothese Es sind fünf psycholinguistische Prozesse vorhanden, nach denen Interlanguages charakterisiert werden: Language transfer, Transfer of training, Strategies of second language learning, strategies of second language communication, overgeneralization of target language material Beim Erwerb der Zweitsprache wird ein Sprachsystem entwickelt, das Elemente der Erstsprache und der Zweitsprache beinhaltet, sowie auch eigenständige Züge, die unabhängig von der Erst- und Zweitsprache sind. Der gesamte Spracherwerb lässt sich als eine Reihe von Übergängen von einer Lernervarietät zur nächsten auffassen, und diese Übergänge zeigen eine gewisse Systematik

Interlanguage-Hypothese Der Begriff „Fossilierung“ „Bleibt ein Lerner auf irgendeinem Stadium seiner Sprachentwicklung stehen, spricht man von Fossilierung. Bei vielen Lernern lässt die Motivation nach, zur grammatischen Perfektion zu gelangen, wenn es ihnen gelingt, all das einigermaßen auszudrücken, was sie sagen möchten. Ihre Lernersprache fossiliert deshalb auf einem für sie einigermaßen akzeptablen Niveau“ (Huneke/Steinig 2005, 33) Lernende machen in einem bestimmten oder auch in mehreren Bereichen keine sprachlichen Lernfortschritte, obwohl ihre Äußerungen den Normen der Zweitsprachen nicht entsprechen.

Fragen Wovon geht die Interlanguage-Hypothese aus? Welche sind die fünf psycholinguistischen Prozesse, nach denen nach Selinker Interlanguages charakterisiert werden? Um was für ein System handelt es sich bei der jeweiligen Interlanguage? Wie bezeichnet Selinker diese Zwischensprache und was drückt dieser Begriff aus? Wie lässt sich der gesamte Spracherwerb der Interlanguage- Hypothese zufolge auffassen? Was bedeutet der Begriff „Fossilierung“?

Die Pidginisierungshypothese „pidginization model“: Vorschlag von John Schuhmann (1970) Nach der Pidgin-Hypothese findet der Erwerb einer Zweitsprache über die Kommunikation statt „Pidgins sind Zweitsprachen, die sich bilden, wenn Sprecher einer politisch, sozial oder kulturell unterlegenen Sprache sich zu bestimmten Zwecken (z.B. für den Handel) Kenntnisse einer dominanten Sprache aneignen“ (Klein 1992: 40).

Einige typische strukturelle Merkmale: 1) Beschränkter Wortschatz Pidgins lassen sich durch die Art, wie sie entstehen und verwendet werden, und durch ihre Struktur kennzeichnen. Kennzeichnung durch die Art, wie sie entstehen und verwendet werden: „Sie dienen ganz bestimmten, eingeschränkten kommunikativen Zwecken, sie überbrücken oft eine externe soziale Distanz“ (Klein 1992: 41). Kennzeichnung durch die Struktur: sie weisen Merkmale der beiden beteiligten Sprachen auf, sowie auch Charakteristika, die in keiner der beteiligten Sprachen vorkommen. Einige typische strukturelle Merkmale: 1) Beschränkter Wortschatz 2) Das Fehlen von Genusunterscheidungen 3) Das Vorherrschen nebenordneter Satzverbindungen anstatt unterordneter Satzverbindungen (Vgl. ebd.)

Pidgins und ihre Entstehung weisen viele Ähnlichkeiten mit Lernervarietäten und ihrer Ausbildung im ungesteuerten Zweitsprachenerwerb auf Die Pidginisierungshypothese baut auf einer Fallstudie auf (Schumann 1975): Untersucht wurde die Lernersprache eines 33-jährigen Arbeiters aus Puerto Rico in den USA (Dauer der Untersuchung: 10 Monate) Feststellung: Seine Lernersprache stagnierte (machte keine wesentlichen Fortschritte) auf einer niedrigen Stufe.

„Schumann sprach von einer Pidginisierung und verglich somit die Lernersprache mit einer Pidginsprache, d.h. einer simplifizierten Sprache, die von Sprechern verschiedener Ausgangssprachen als Verständnismittel für eng umgrenzte Kontakte benutzt wird“ (Helbig 2001, 723) Grund, wenn der Prozess der Weiterentwicklung der Lernersprache nicht stattfindet: soziale Distanz Soziale Distanz eingeschränkte Kontakte mit Angehörigen der Zielsprachenkultur / der Zugang zum zielsprachlichen Input und der Erwerb werden behindert Grund für eine Weiterentwicklung der Lernersprache: Intensivierung von Kontakten zu Zielsprachensprechern (Entwicklung der Pidginsprache zu Kreolsprache)

Einige Kommentare zu dieser Theorie Wenige Untersuchungen: Die empirische Absicherung der Theorie ist noch sehr unsicher Nicht alle Formen des Spracherwerbs landen in pidginähnlichen Formen oder gehen durch solche Zwischenstadien. Es scheint sinnvoller, die Bildung von Pidgins als Sonderfall des ungesteuerten Zweitspracherwerbs zu betrachten (Klein 1992, 42)

Die Akkulturationshypothese John Schumann Ausgangspunkt: Die Pidginisierungshypotehse Beschreibung der Spracherwerbs unter Verwendung der Parameter: soziale und psychische Distanz Akkulturation= Übernahme von Elementen einer fremden Kultur durch den Einzelnen oder eine Gruppe; kultureller Anpassungsprozess (www.duden.de) Soziale und psychologische Faktoren spielen eine große Rolle für den Zweitspracherwerb Diese Hypothese gibt Erklärungen für unterschiedlichen Lernerfolg Wenn Lerner akkulturieren, werden sie lernen. Wenn Lerner nicht akkulturieren, werden sie nicht lernen (s. Gass/Selinker 2008, 404)

Die soziale Distanz umfasst zum Beispiel folgende Faktoren: Die Kohäsion und die Größe einer Gruppe Die gegenseitigen Einstellungen beider Gruppen Der Grad der Kongruenz (= Übereinstimmung) zwischen den Kulturen Die psychologische Distanz umfasst zum Beispiel folgende Faktoren: Sprachenschock Kulturschock Motivation

Kritik zu dieser Theorie Es existiert kein reliables und valides Messen der psychologischen und sozialen Distanz Keine Aussagen über Kombinationen von sozialen oder psychologischen Faktoren, die das Lernen beeinflussen. Reicht zum Beispiel ein sozialer Faktor oder ein psychologischer Faktor aus, damit der Zweitspracherwerb beeinflusst wird? Keine Erklärung, wie die sozialen und psychologischen Faktoren die linguistische Entwicklung beeinflussen.

Die Ergänzungstheorie Bei der Ergänzungstheorie, die von Nold (1985) und Dines (1992) entwickelt worden ist, werden die als relativ gesichert geltenden Elemente der Identitätshypothese, der Interlanguage- Hypothese und der Monitorhypothese aufgegriffen. Nold und Dines nahmen also „sämtliche Elemente, die als sicher galten, aus den bereits bestehenden Hypothesen heraus und formulierten daraus die Ergänzungstheorie“ (Brunner 2012: 19). Der Ergänzungstheorie zufolge „kommt im Fremdsprachenerwerb aufgrund der genetischen Anlage des Menschen zunächst ein sprachspezifischer Verarbeitungsmechanismus zum Tragen, durch dessen Wirken weite Teile der Phonologie, Syntax und Morphologie erworben werden“ (Heyd 1990: 22).

„Mit dem Heranwachsen des Menschen entwickelt sich in Phasen ein nichtsprachenspezifischer allgemeiner Verarbeitungsmechanismus, der bis zur Pubertät steigenden Anteil am Spracherwerbsprozess gewinnt. Er tritt mit dem Spracherwerbsmechanismus in Verbindung. Als Ergebnis dieser Verbindung kommt es beim Erwerb der Phonologie, Morphologie und Syntax zu Änderungen in der Aneignungsordnung. Gleichzeitig entstehen andere Fehlerquellen als beim Muttersprachenerwerb“ (Heyd 1990, 22).

allgemeiner Verarbeitungsmechanismus Spracherwerbsmechanismus (s. Heyd 1990, 22 & Nold/Dines 1985: 264-265) allgemeiner Verarbeitungsmechanismus Spracherwerbsmechanismus Ergebnis dieser Verbindung: Beim Erwerb der Phonologie, Morphologie und Syntax kommt es zu Änderungen in der Aneignungsordnung und gleichzeitig entstehen andere Fehlerquellen als beim Muttersprachenerwerb

Die psycholinguistischen Mechanismen ergänzen sich Ergebnis: Die Sprache wird schneller angeeignet Die entstehenden Interimsprachen weisen ein Interimsprachen- Kontinuum mit verschiedenen Sprachvarianten von formorientierter bis spontaner Rede auf. Input: muss dem jeweiligen Stand des Lerners angemessen sein Gründe für Unterschiede im Erwerbsprozess zwischen verschiedenen Lernern: 1) Unterschiede in der kognitiven Entwicklung 2) äußere Faktoren sozialpsychologischer und affektiver Art (ebd.)

„Diese Theorie kennzeichnet es als einen Irrweg: formalsprachliche Lernziele zu vernachlässigen, dem Lehrer die verantwortliche Gestaltung des Lernprozesses abzunehmen kognitive Lehrverfahren (z.B. formalsprachliche Übungsformen) dem sog. natürlichen kommunikativen Aneignungsprozess zu opfern Die unterschiedlichen Aspekte der Sprache im Unterricht gleich zu behandeln; nicht alles in einer Sprache ist gleichmäßig oder überhaupt regelgeleitet“ (Heyd 1990, 23) Mit der Ergänzungstheorie lassen sich „kommunikativ und formalsprachlich orientierte methodische Verfahren im Fremdsprachenunterricht rechtfertigen und miteinander verbinden“ (ebd.) Affektive und sozialpsychologische Faktoren sind von großer Bedeutung

Die Interaktionshypothese Diese Hypothese wurde von Michael Long (1983) entwickelt Weiterentwicklung der Input-Hypothese Annahme: „Zweitspracherwerb vollzieht sich dann, wenn SprachlernerInnen in der Konversation mit erstsprachlichen oder kompetenten GesprächspartnerInnen Bedeutungen aushandeln. Nach dieser Sichtweise bietet das Gespräch nicht nur Übungsmöglichkeiten für Gelerntes, sondern vollzieht sich das Lernen selbst in dieser sozialen Interaktion“ (Schramm 2007, 201)

„Je umfassender die interaktionellen Aktivitäten von Lehrenden und Lernenden sind, desto schneller findet erfolgreicher Erwerb statt. Damit verbunden ist die Auffassung, dass zweiseitige Kommunikationen (= Interaktionen) dem Erwerb mehr nützen als einseitige. In Interaktionen findet ein gegenseitiger Austausch von Informationen statt. Die Gesprächspartnerinnen und –partner können jederzeit interaktive Mittel wie z.B. klärende Nachfragen, Bestätigungen, Bitten um Wiederholungen, Korrekturen, Präzisierungen, Paraphrasen einsetzen, um Verständigung zu gewährleisten und Verstehen und damit Erwerb zu sichern“. (Henrici 2001, 734)

Kritik zur Interaktionshypothese (Ellis (1991)) Wie die Input-Hypothese versucht die Interaktionshypothese, Spracherwerb über Verstehen zu erklären. Verstehen ist aber nicht Spracherwerb, sondern Voraussetzung oder ein Teil des Spracherwerbs Bestimmte Interaktionen können hilfreich für Lernende sein, es bestehen aber Zweifel daran, ob und wann interaktive Aushandlungen zur Entwicklung von sprachlicher Kompetenz beitragen Angemessene/Richtige Antworten sind nicht immer ein Beweis für Verstehen

Die Output-Hypothese Diese Theorie wurde von Merrill Swain (1985) entwickelt Sie ergänzt die Inputhypothese und die Interaktionshypothese Annahme: ein verständlicher Input ist wohl für Erwerb und Lernen eine wichtige Voraussetzung, kann aber nicht gewährleisten, dass sprachliche Korrektheit erreicht werden kann. Ohne den aktiven Gebrauch von Sprache („Output“) sei dies dieser Theorie zufolge nicht möglich. (Vgl. Henrici 2001, 736) Die Output-Hypothese betont also die Rolle des aktiven Gebrauchs der zu lernenden Sprache.

Funktionen des Outputs „Die Notwendigkeit für die Lernenden, während der Übermittlung ihrer Intentionen/Informationen sprachlich verständlich zu sein, bringt sie dazu, ihre sprachlichen Ressourcen möglichst gut einzusetzen Der Einsatz der Sprache zwingt die Lernenden dazu, vorhandene Hypothesen über Sprache zu überprüfen und gegebenfalls neu zu formulieren, wieder zu überprüfen usw. Der Gebrauch von Sprache im Unterschied zum Verstehen von Sprache zwingt die Lernenden dazu, nicht nur auf inhaltliche Aspekte zu achten, sondern Sprache auch formal zu verarbeiten. Es ist möglich, Sprache ohne formale Analyse zu verstehen. Der Sprachgebrauch zwingt die Lernenden zur Beachtung der sprachlichen Ausdrucksmittel“ (ebd.)

Ursache für mangelhaften Sprachgebrauch: nicht ein unzureichender, unverständlicher Input, sondern fehlende Möglichkeiten, Sprache aktiv und verständlich einzusetzen Wenn die zu erwerbende Sprache in der Interaktion verwendet wird, kann der Spracherwerb gelingen. In der Interaktion Überprüfung und Veränderung der eigenen Hypothesen über Sprache „Die aktive Verwendung der Fremdsprache verlangt vom Lerner die aktive Analyse der Sprache und die entsprechenden Anstrengungen zur korrekten Nutzung und Einbettung“ (Roche 2013, 121)

Die Lernbarkeits-/Lehrbarkeitshypothese Diese Hypothese wurde von Manfred Pienemann (1989) entwickelt Annahme: Lerner können nur das lernen, „was in einer Erwerbssequenz auf der jeweils nächsten Stufe erscheint. Und nur was gelernt werden kann, kann auch gelehrt werden. Es ergibt daher keinen Sinn, durch eine steilere grammatische Progression schwierigere Strukturen der fremden Sprache vorwegzunehmen” (Roche 2013, 122) “The influence of Teaching is restricted to learning of items for which the learner is “ready”… Teaching can only promote acquisition by presenting what is learnable at a given point of time. Items in a syllabus need to be taught in the order in which they are learnable.” (Pienemann 1989, 65)

Die Schwellenhypothese Die Schwellenhypothese und die Interdependenzhypothese wurden von Jim Cummins eingeführt. Schwellenhypothese: Schwellen der muttersprachlichen und der fremdsprachlichen Kompetenz müssen erreicht sein, damit die Auswirkungen auf die Sprachbeherrschung positiv sind. Verfügt man über niedrige Kenntnisse in der ersten und in der zweiten Sprache, „so wirkt sich der Erwerb einer neuen Sprache eher negativ auf beide aus“ (Roche 2013: 122). Positive Effekte in der Beherrschung beider Sprachen können erreicht werden, wenn jemand die obere Stufe in beiden Sprachen erreicht hat.

„Die Schwellenhypothese nimmt zwei Schwellen an, von denen aus sich unterschiedliche Effekte auf den Spracherwerb ergeben. Unterhalb der ersten Schwelle zeigen sich eher negative Effekte auf die erworbenen oder im Erwerb befindlichen Sprachen. Das Ergebnis kann bei Zweisprachigen eine doppelte Halbsprachigkeit (doppelter Semilingualismus), eine sehr niedrige und bruchstückhafte Kompetenz in Erst- und Zweitsprachen, sein … Zwischen dieser unteren Schwelle und der oberen Schwelle befinden sich die so genannten (meist den Fremdsprachenerwerb in der Schule betreffenden) Standard- oder Normalfälle, in denen die Erstsprache gut entwickelt ist, die Zweitsprache weniger… Erst oberhalb der zweiten Schwelle sind die Kompetenzen in beiden Sprachen sehr gut ausgebildet und beeinflussen sich auch gegenseitig positiv (ausgeglichene oder additive Zweisprachigkeit)“ (Roche 2013, 136)

Die Interdependenzhypothese Interdependenzhypothese: „Beim Erreichen einer hohen Kompetenz in der zweiten Sprache (obere Schwelle) ergeben sich positive Effekte, die sich nicht nur auf die beteiligten Sprachen auswirken, sondern die übertragbar auf andere kognitive Leistungen sind, zum Beispiel auf künstlerische, aber auch mathematische Fertigkeiten“ (Roche 2013: 123). Das Erreichen eines hohen Niveaus in der Zweitsprache wirkt positiv auf andere kognitive Bereiche des menschlichen Lebens aus, so dass eine hohe Leistung auch in diesen Bereichen erzielt werden kann.

( Roche 2013, 136)

Fragen zu der Pidginisierungshypothese, der Akkulturationshypothese und der Ergänzungstheorie Wovon geht die Pidginisierungshypothese aus? Wie lassen sich Pidgins kennzeichnen? Aus welchem Grund kommt es der Pidginisierungshypothese zufolge vor, dass der Prozess der Weiterentwicklung der Lernersprache nicht stattfindet? Wie wird der Spracherwerbs nach der Akkulturationshypothese beschrieben? Welche Hypothese ist der Ausgangspunkt der Akkulturationshypothese? Welche Faktoren umfasst die soziale und die psychologische Distanz? Wovon geht die Ergänzungstheorie aus? Welches ist nach der Ergänzungstheorie das Ergebnis, wenn sich die psycholinguistischen Mechanismen ergänzen? Welche sind die Gründe, wenn es Unterschiede im Erwerbsprozess zwischen verschiedenen Lernern festgestellt werden?

Fragen zu der Interaktionshypothese und zu der Output-Hypothese Von welcher Annahme geht die Interaktionshypothese aus? Inwiefern ist die Interaktionshypothese eine Weiterentwicklung der Input-Hypothese? Welche Hypothesen zum Zweitspracherwerb ergänzt die Output- Hypothese? Von welcher Annahme geht sie aus? Welche sind die Funktionen des „Outputs“? Wann kann Spracherwerb der Output-Hypothese zufolge gelingen?

Von welcher Annahme geht die Lernbarkeits-/Lehrbarkeitshypothese aus? Fragen zu der Lernbarkeits-/Lehrbarkeitshypothese, der Schwellenhypothese und der Interdependenzhypothese Von welcher Annahme geht die Lernbarkeits-/Lehrbarkeitshypothese aus? Von welcher Annahme geht die Schwellenhypothese aus? Von welcher Annahme geht die Interdependenzhypothese aus?

Literautur Brunner, Martina Elisabeth (2012): Untersuchungen linguistischer Spezifika beim Französischerwerb italienischer Muttersprachler. Diplomarbeit. Universität Wien. In: http://othes.univie.ac.at/19281/1/2012-03-20_0405318.pdf Gass, Susan / Selinker, Larry (2008):  Second Language Acquisition: An Introductory Course. 2nd Edition. New York, NY: Routledge Henrici, Gert (2001): Zweitspracherwerb als Interaktion I: Interaktiv-kommunikative Variablen. In: Helbig, Gerhard / Götze, Lutz / Henrici, Gert / Krumm, Hans-Jürgen (Hg.): Deutsch als Fremdsprache. Ein internationals Handbuch. 1. Halbband. Berlin: Walter de Gruyter, 732-742 Heyd, Gertraude (1990): Deutsch lehren. Grundwissen für den Unterricht in Deutsch als Fremdsprache. Frankfurt am Main: Diesterweg Huneke, Hans-Werner / Steinig, Wolfgang (2005): Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. 4., aktualisierte und ergänzte Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag Klein, Wolfgang (1992): Zweitspracherwerb. 3. Auflage. Studienbuch Linguistik. Frankfurt am Main: Anton Hain Nold, G. / Dines, P. (1985): Lernerfolg im Fremdsprachenunterricht. Spracherwerbsforschung zwischen Empirie und theoretischer Modellbildung. Donnerstag, J./Knapp-Potthoff, A. (eds.), S. 259-269 Pienemann, Manfred (1989): Is Language Teachable? Psycholinguistic Experiments and Hypotheses. Applied Linguistics, 10, 52-79. In: http://titan.iwu.edu/~cisabell/courses/spanish410/pienemann.pdf Roche, Jörg (2013): Fremdsprachenerwerb. Fremdsprachendidaktik. 3. Auflage. Tübingen: Narr Fracke Attempto Schramm, Karen (2007): Grammatikerwerb beim zweitsprachlichen Erzählen in der Grundschule. In: Köpcke, Klaus-Michael / Ziegler, Arne (Hg.): Grammatik in der Universität und für die Schule, Theorie, Empirie und Modellbildung. Tübingen: Max Niemeyer, S. 199-221 Schumann, J. (1975) "Affective factors and the problem of age in second language acquisition." Language Learning 25: 209-235.