Arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten im Kv-freien Raum

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 Präsentation transkript:

Arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten im Kv-freien Raum Dr. Silvia Weigl, MAS Dr. Claudia Wolfsgruber-Ecker

Ausgangsposition Abschluss KV Druck zwischen Verband Druck und Medientechnik und dem ÖGB, für Nicht-Verbandsmitglieder wurde KV Druck gesatzt Streichung der Kollektivvertragsfähigkeit im Statut des Verbands Druck, Antrag auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit beim Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Aberkennungsbescheid des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 9. Mai 2017, Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung mit 14./15. Juni 2017

folgeSituation Wegfall des KV Druck mit Kundmachung des Aberkennungsbescheids im Wiener Amtsblatt, aber Nachwirkung des KV für alle Verbandsmitglieder (Folie 4) Bei Nichtverbandsmitgliedern, für die der KV nur als Satzung gegolten hat, entsteht keine Nachwirkung (Folie 5)

Nachwirkung des KV Die Rechtswirkung des Kollektivvertrages bleibt nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, so lange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird. Diese Rechtsfolge gilt nur für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse. Arbeitnehmer, die erst nach dem Zeitpunkt der Kundmachung aufgenommen wurden, unterliegen nicht dem KV-Druck (keine Ungleichbehandlung!). Nachwirkung ist dispositiv und kann durch Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmern ausgeschlossen werden. Die Anwendung eines Kollektivvertrages bzw. das Abbedingen der Nachwirkung kann nicht mit Betriebsvereinbarung geregelt werden.

Wegfall des KV Ab dem Zeitpunkt der Kundmachung des Aberkennungsbescheids gelten die Bestimmungen des KV nicht mehr. Aber: Wurde die Anwendung des KV-Druck im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart (zB „es wird vereinbart“……….), dann gilt dieser kraft vertraglicher Vereinbarung weiter. Ob die Anwendung vereinbart wurde oder die Anführung des KV im Arbeitsvertrag nur deklaratorische Wirkung hatte (zB „unterliegt“, „findet Anwendung“….), ist Auslegungssache! Außerdem: Vereinbarung einer Weitergeltung des KV kann auch schlüssig erfolgen, zB wenn über den Zeitpunkt der Aufhebung des KV und der Kenntnis davon die Bestimmungen des KV vorbehaltslos weiter angewendet werden.

Auswirkung auf das LSD-BG Das LSD-BG stellt auf „das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt“ ab. Strafbarkeit nach dem LSD-BG kann daher auch im Rahmen der Nachwirkung des KV vorliegen, nicht aber nach Wegfall der Satzung. Vorsicht: Bei Wegfall der Satzung kann möglicherweise auf Grund weiterer aufrechter Gewerbeberechtigungen (zB Handel) nunmehr ein anderer KV zur Anwendung kommen (zB Handels-KV)

Auswirkung auf bestehende BV Nur Betriebsvereinbarungen, die auf Grund einer Zulassungsnorm im KV abgeschlossen wurden: Erlöschen des KV ohne Nachwirkung: Betriebsvereinbarungen fallen ersatzlos weg Erlöschen des KV mit Nachwirkung: Betriebsvereinbarungen bleiben im Umfang der Nachwirkung aufrecht (strittig)

Im kollektivvertragsfreien Raum Arbeitsvertrag Im kollektivvertragsfreien Raum Entgelt Lehrlingsentschädigung Sonderzahlungen Zulagen und Zuschläge Arbeitszeit, Arbeitszeitmodelle Anrechnung von Karenzzeiten Zusammenrechnungsregelungen Kündigungsfristen und -termine

Entgelt und Lehrlingsentschädigung Kein Anspruch auf kollektivvertragliches Mindestentgelt im kollektivvertragsfreien Raum Entgelthöhe muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden Untergrenze liegt in der Sittenwidrigkeit = weniger als die Hälfte des ortsüblichen Entgelts Lehrlingsentschädigung muss ebenfalls vereinbart werden Lehrlingsentschädigung steht aber jedenfalls in Höhe der für gleiche, verwandte oder ähnliche Lehrberufe geltenden Lehrlingsentschädigung zu

Sonderzahlungen Sonderzahlungen sind nicht gesetzlich vorgegeben, sondern im Kollektivvertrag geregelt Kein zwingender Anspruch auf Sonderzahlungen ohne Kollektivvertrag Vereinbarung von Sonderzahlungen möglich Wegfall der Sonderzahlungen in entgeltfreien Zeiten, soweit nicht anders vereinbart Aliquotierungsregelungen bei Beendigung sind ebenfalls vertraglich festzulegen

Zulagen und Zuschläge Ein Großteil der Bestimmungen über Zulagen und Zuschläge findet sich in Kollektivverträgen Gesetzlich geregelt ist ein Zuschlag von 50 % für Überstunden Ebenso gesetzlich geregelt ist der Anspruch auf Feiertagsarbeitsentgelt für Arbeitsstunden, die an einem Feiertag geleistet werden Auch SEG-Zulagen finden ihre Basis in Kollektivverträgen: die Auszahlung von SEG-Zulagen ist jedoch auch ohne Kollektivvertrag steuerfrei möglich, soweit innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern SEG-Zulagen geleistet werden

Arbeitszeitmodelle Gesetzliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche Kollektivvertragliche Durchrechnungsmodelle fallen weg Gesetz sieht nur wenige Durchrechnungsmöglichkeiten vor: Viertagewoche >> bis zu 10 Stunden Tagesnormalarbeitszeit möglich Gleitzeit >> Bis zu 12 Stunden Tages- und 60 Stunden Wochennormalarbeitszeit möglich Einarbeitung in Verbindung mit Feiertagen im Durchrechnungszeitraum bis zu 13 Wochen >> 10 Stunden Tagesnormalarbeitszeit möglich

Anrechnung von Karenzzeiten Anrechnung von Karenzzeiten ist im MSchG bzw VKG geregelt Anzurechnen ist die erste Karenz im Dienstverhältnis für die Dauer der Kündigungsfrist das Urlaubsausmaß (Sprung von fünf auf sechs Wochen Urlaub) die Länge der Kündigungsfrist Im Ausmaß von 10 Monaten Allfällige Besserstellungen müssen vertraglich vereinbart werden

Zusammenrechnung von Dienstverhältnissen Bei sehr kurzen Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses bis zu zirka zwei bis drei Wochen liegt nach der Rechtsprechung ein durchgehendes Arbeitsverhältnis vor. Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Zusammenrechnung bei Unterbrechungen bis zu 60 Tagen, außer das Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitnehmer-Kündigung, unberechtigten Austritt oder verschuldete Entlassung gelöst Urlaubsausmaß: Zusammenrechnung bei Unterbrechungen bis zu drei Monaten, außer das Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitnehmerkündigung, unberechtigten Austritt oder verschuldete Entlassung gelöst

Arbeitgeberkündigung - Fristen und Termine Angestellte (§ 20 AngG) Arbeiter (§ 77 GewO) Dienstjahr Kündigungsfrist Kündigungstermin 1. – 2. 6 Wochen Grundsätzlich Quartal, außer es wurde der 15. und Letzte eines Kalendermonats vereinbart. 3. – 5. 2 Monate 6. – 15. 3 Monate 16. – 25. 4 Monate Ab 26. 5 Monate 14 Tage ohne Einhaltung eines Termins

Arbeitnehmerkündigung - Fristen und Termine Angestellte (§ 20 AngG) Arbeiter (§ 77 GewO) Dienstjahr Kündigungsfrist Kündigungstermin Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist, kann durch Vereinbarung bis zu einem halben Jahr ausgedehnt werden, darf aber nicht länger als die DG-Frist sein. Zum Letzten des Kalendermonats. 14 Tage ohne Einhaltung eines Termins