Die Umsetzung des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes: Anpassungen, Abläufe, Problemfelder Benjamin Dubno
Dr. med. Benjamin Dubno Chefarzt Akutpsychiatrie Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie Exec. MBA HSG CAS MedLaw UZH ASIM Gutachter benjamin.Dubno@ipw.ch.zh
KESR Autonomie KESB FU Patientenverfügung Behandlungsplan Vertrauensperson Ambulante Massnahme
Inhalt - Allgemeine Einführung zum KESR - Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung - Beistandschaften - FU - Praktische Umsetzung - Haltung zum KESR
Ablauf der Revision geltendes Recht stammt von 1907 in Kraft seit 1912 Vorarbeiten der Reform dauerten rund 15 Jahre 1993: Auftrag Bundesamt für Justiz an 3 Experten 2003: Vernehmlassung Vorentwurf 2006: Entwurf und Botschaft 2007/2008: parlamentarische Beratungen Schlussabstimmung: 19. Dezember 2008 Inkrafttreten per 1.1.2013 bis dahin Umsetzungsarbeiten der Kantone Aufbau der neuen Behörde Übernahme der Dossier von den VB 1912 1993 2008 2013
Ziele der Revision Stärkung der Selbstvorsorge und des Selbstbestimmungsrechts Gewährleistung der Persönlichkeitsrechte Professionalisierung im Kindes- und Erwachsenenschutz Selbstvorsorge: Stärkere Ausprägung der Subsidiarität staatlicher Massnahmen durch die eigene Vorsorge: Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung Erhaltung und Förderung grösstmöglicher Selbstbestimmung 388Abs. 2: behördliche Massnahmen sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern. Gewährleistung der Persönlichkeitsrechte: Die stärkere Ausprägung des Verhältnismässigkeitsprinzips durch extrem feine Abstufung des staatlichen Eingriffe im Rahmen von massgeschneiderten Massnahmen. Stärkerer Schutz der Person vor «Übergriffen» von Privaten und Betreuungspersonen in Einrichtungen, Massnahmen von Gesetzes wegen für UUF, Regelung der Voraussetzungen und des Verfahrens bei der Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Professionalisierung: interdisziplinäre Fachbehörde. 171 VB -> 13 KESBs
Übersicht neues Recht im ZGB 3. Abteilung Erwachsenenschutz 10. Titel Die eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen 11. Titel Die behördlichen Massnahmen 12. Titel Die Organisation
Vorsorgeauftrag (nArt. 360 - 369 ZGB) Eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen (nArt. 360 – 387 ZGB) Vorsorgeauftrag (nArt. 360 - 369 ZGB) Patientenverfügung (nArt. 370 - 373 ZGB) Massnahmen von Gesetzes wegen Vertretung durch den Ehegatten (nArt. 374 - 376 ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (nArt. 377 – 381 ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeheimen (nArt. 382 - 387 ZGB)
Exkurs: Patientenverfügung vs. Behandlungsvereinbarung PV BH Seitigkeit unilateral bilateral rechtlich bindend schriftliche Absichts- erklärung Gültigkeit alle Kliniken eine spezielle Klinik
Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung (nArt. 360 ff. ZGB) Ziel: Selbstbestimmung zu fördern im Falle der Urteilsunfähigkeit für bestimmte Aufgaben(bereiche) für medizinische Massnahmen möglich Vorsorgeauftrag: Vermögenssorge/Personensorge, eigenhändig zu errichten oder öffentlich beurkunden; KESB prüft und ergänzt und setzt in Kraft. Patientenverfügung: medizinische Massnahmen bei Uuf; KESB prüft bei Vorsorge und Patientenverfügung missbräuchliche Anwendung der Institute, Interessenwahrung der schutzbedürftigen Person
Die amtsgebundenen Massnahmen im neuen Erwachsenschutzrecht Begleitbeistandschaft (nZGB 393) Vertretungsbeistandschaft (nZGB 394) Mitwirkungsbeistandschaft (nZGB 396) Umfassende Beistandschaft (nZGB 398)
Der Systemwechsel: Massgeschneiderte Massnahmen - Aufgabenbereiche Begleitbeistandschaft Personensorge und/oder Vermögenssorge für einzeln zu umschreibende Aufgaben oder Aufgabenkreise Vertretungsbeistandschaft Mitwirkungsbeistandschaft Personen- und Vermögenssorge auf alle Angelegenheiten Umfassende Beistandschaft
Der Systemwechsel: Massgeschneiderte Massnahmen – Aufgabenbereich Vertretung Begleitbeistandschaft Keine Vertretungsmacht Vertretungsmacht im Rahmen der übertragenen Aufgaben oder Aufgabenkreise Vertretungsbeistandschaft Mitwirkung; nur gemeinsames Handeln möglich Mitwirkungsbeistandschaft Beiständin ist gesetzliche Vertreterin Umfassende Beistandschaft
Fürsorgerische Unterbringung Einweisung (Art. 426) Rückbehalt (Art. 427)
FU als Einweisung Art. 426 Voraussetzungen: Schwächezustand psychische Störung, geistige Behinderung, schwere Verwahrlosung (Geisteskrankheit oder -schwäche) Ultima ratio nötige Behandlung oder Betreuung anders nicht machbar Umgebung berücksichtigen
Entlasssung Voraussetzungen: „...sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind“ Früher: „..sobald es der Zustand erlaubt“
FU als Rückbehalt Art. 427 Voraussetzungen: Schwächezustand „sich selbst an Leib und Leben gefährdet“ „das Leben oder körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet“ Durch Klinikleitung 72h gültig -> KESB oder Facharzt
(Art. 426) (Art. 427) (Kt. Zürich) 6 Wochen) Fachärzte Psychiatrie
Organisation des Rückbehaltes Ideen: Pool aus Rekursgutachtern Pool aus Niedergelassenen NFP Andere Kliniken
Zuständigkeit für Unterbringung Art. 428 - Für Anordnung und Entlassung KESB - Im Einzelfall wird die Zuständigkeit delegiert
FU Einweisungen 2013 Kanton ZH
FU-Formular (Art. 430) Eigene persönliche Untersuchung mind. folgende Angabe: Ort und Datum der Untersuchung Name des Arztes Befund, Gründe und Zweck der Unterbringung Rechtsmittelbelehrung Arzt informiert schriftlich nahe stehende Person
FU-Formular
Periodische Überprüfung (Art. 431) durch KESB nach 6 Monaten Meldung bei Austritt an KESB
Vertrauensperson (Art. 432) Beliebige Person (ausser MA Klinik) Beide müssen urteilsfähig sein Einrichtung kann Vertrauensperson nicht ablehnen (KESB) Akteneinsicht, Besuchsrechte !!
Behandlungsplan (Art. 433) Unter Beizug des Pat. und der Vertrauensperson Aufklärung über: Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken und NW, Folgen einer Unterlassung der Behandlung, alternative Behandlungsmöglichkeiten
Behandlungsplan (Art. 433) Wird der Person zur Zustimmung unterbreitet Fehlt Zustimmung dann...
Behandlung ohne Zustimmung (Art. 434) Voraussetzung: ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht (für Pat. oder dritte) Pat. ist bezüglich Behandlung urteilsunfähig und keine weniger einschneidende Massnahme
Behandlung ohne Zustimmung (Art. 434) lege artis Ablauf: Wer ist der Chefarzt? 10 Tage Rekursmöglichkeit Fallvorstellung KEK PANS
Art. 435 Notfall Art. 436 1Besteht eine Rückfallgefahr, so versucht die behandelnde Ärztin oder behandelnde Arzt mit der betroffenen Person vor deren Entlassung Behandlungsgrundsätze für den Fall einer erneuten Unterbringung (..) zu vereinbaren Art. 437 Die Kantone regeln die Nachbetreuung Art. 437 der Kanton regelt die Nachbetreuung
Art. 438 Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit Art. 439 Anrufung des Gerichtes: 1. bei ärztlich angeordneter Unterbringung 2. bei Rückbehalt 3. bei Abweisung eine Entlassungsgesuches 4. bei Behandlung ohne Zustimmung 5. bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit (jederzeit?!) Art. 437 der Kanton regelt die Nachbetreuung
Ambulante Massnahme (Art. 437) Weisung der KESB zum Verhindern von FU über Aufenthalt, Verhalten, Meldepflicht, Behandlung inkl. Medikamente, etc. Kanton Zürich: die Vollstreckung ist ausgeschlossen
Haltung der ipw zum KESR
Möglichkeiten zur Reduktion der FFE/FU 1. Einschränkung der FU-Ausstellungsberechtigten Amtsarzt, Facharzt, Schulung PUK 2. Aufnahmekultur 3. Aufsuchende Hilfe 4. Case Management 5. Behandlungsvereinbarungen 6. Gemeindenahe Versorgung
Leitfaden der GD
Verbesserung des Rechtsschutzes 1. Ärztlicher FU beschränkt auf 6 Wochen 2. Rückbehalt beschränkt auf 72h 3. Schulung der Ärzte, die FU aussprechen 4. Vertrauensperson => Gut für Patient, Aufwand für Klinik
Vorlagen PDAG
z.B. der Rückbehalt Niedergelassene KESB Zusammenarbeit GD andere Kliniken Rückbehalt Neues Formular Schulung AG KIS Zwischenlösung 2013 Kader AA
z.B. der Rückbehalt: Minenfelder NFP GA-Pool Niedergelassene KESB Gerichte Kosten „Freiwilliger-Pool“ Zusammenarbeit Rechtsprechung GD andere Kliniken Verpflichtung Rückbehalt Einweisung Neues Formular Schulung AG KIS Zwischenlösung 2013 Kader AA
Wie viele Patienten, die mit FFE eingetreten sind, bleiben länger als 6 Wochen? (vor KESR)
Dauer der Hospitalisation bei FFE % Anteil Behandlungen (FFE) Woche
Projekte Verhältnis FU vs. freiwillig bei gleicher Hosp Wirkung 434, PANS n Hosp
Verbesserung Zusammenarbeit häufige Fehler: keine Anbindung ambulant Wann braucht es ein Entbindung? Gefährdungsmeldung fehlende Austrittsmeldung an KESB fehlende Meldung am KESB bei Minderjährigen komplizierte Instanzenwege
Der typische behördliche FFE Patient Langer, chronifizierter Krankheitsverlauf Dualdiagnose (PS&Sucht, Schizophrenie&Sucht) Wenig Krankheitsbewusstsein Keine Therapiemotivation forensische Grenzgänger Ist selten WB Behördliche FFE September 2010
Problemfelder Fehlen der geeigneten Institution Soziotop Akutstation (Langzeitabteilungen geschlossen - Langzeitpatienten offen) Soziotop Akutstation Fehlende Disziplinierungsmöglichkeiten Opferverlagerung nach innen
Kooperationen 1. Zusammenarbeitsvereinbarung GBD-ipw 2. Best practice behördliche FFE 3. Haltungsfragen: ambulante Massnahme 4. Qualitätszirkel
Gefahren null Toleranz forensic assessment Einweisung durch StA aus U-Haft
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit