Deutsches Institut für Menschenrechte

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Deutsches Institut für Menschenrechte Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention Dr. Valentin Aichele, LL.M. Rostock, 22. Mai 2014

Gliederung 1 Aktuelle Entwicklungen 2 Was ist das – Normenprüfung? 3 Grundlagen, Methoden, Beispiele 4 Normenprüfung in Berlin 5 Fazit und Fragen Expertise und Normenprüfung im Wesentlichen synonym gebraucht, weil wir den Kern der Aufgabenstellung = rechtliche Regelungen auf Vereinbarkeit und Änderungsbedarfe mit bzw. aufgrund der UN-BRK zu untersuchten rechtswissenschaftlich als Normenprüfung beschreiben 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

1 Aktuelle Entwicklungen 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Bundesländer-Abfrage der MSt (Stand 12/2013) Mehrheit der Bundesländer (9) führt keine umfassende Normenprüfung durch, aber: teilweise Überprüfung bei neuen Gesetzen Sechs Bundesländer führen oder haben eine Normenprüfung durchgeführt Ein Bundesland prüft die Möglichkeit einer Normenprüfung Wird durchgeführt: BE, HE, NI, NRW, ST, TH Wird geprüft: BW Nicht geplant: BY, HB, BB, HB, HH, MV, RLP, SN, SH Überprüfung mit Beteiligung LfB/LBB: RLP, SL, SN, ST Überprüfung durch Fach- und Rechtsaufsicht: BW, BB, ST, MV Überprüfung durch zuständige Ressorts: BB, SH, TH Checkliste Disability Mainstreaming: BE (geplant) Keine spezifischen Maßnahmen: BW, HB, HH, NRW, RLP, SN, SH 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

2 Normenprüfung – was ist das? 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Begriff Prüfung von geltenden und zukünftigen Vorschriften am Maßstab der in internationalen Übereinkommen verbrieften Menschenrechte; die Prüfung richtet sich darauf, ob Änderungen zur Einhaltung und Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind. 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Gegenstand / Varianten Gegenstand: Geltendes (Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften) und zukünftiges Recht Varianten: Systematische, umfassende Prüfung Einzelprüfung (in Abgrenzung zur Einzelfallprüfung) 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Auswertung der Aktionspläne 1 Umfassende Normenprüfung: Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen Normenprüfung in Teilrechtsbereichen: Bund, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern bisher keine Normprüfung geplant: Rheinland-Pfalz, Saarland Die vorgenommene Auswertung umfasst ausschließlich solche Bundesländer die einen Aktionsplan verabschiedet haben (Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen), alle anderen Bundesländer wurden nicht berücksichtigt, weil diesbezüglich keine qualifizierte Aussage getroffen werden kann.   Mehrfachnennungen sind möglich, da die Kategorien unterschiedliche Zielstellungen haben und sich daher im Ergebnis teilweise überschneiden. Die vorliegende Übersicht trifft keinerlei Aussage zur Qualität der angeführten Normprüfungsvorhaben, sondern stellt lediglich deren Vorhandensein deskriptiv fest. Das Dokument gibt den aktuellen Stand vom 20.05.2014 wieder. 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Auswertung der Aktionspläne 2 Verstetigte Normenprüfung: Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern Keine fortlaufende Normenprüfung : Bund, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Saarland, Rheinland-Pfalz Die vorgenommene Auswertung umfasst ausschließlich solche Bundesländer die einen Aktionsplan verabschiedet haben (Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen), alle anderen Bundesländer wurden nicht berücksichtigt, weil diesbezüglich keine qualifizierte Aussage getroffen werden kann.   Mehrfachnennungen sind möglich, da die Kategorien unterschiedliche Zielstellungen haben und sich daher im Ergebnis teilweise überschneiden. Die vorliegende Übersicht trifft keinerlei Aussage zur Qualität der angeführten Normprüfungsvorhaben, sondern stellt lediglich deren Vorhandensein deskriptiv fest. Das Dokument gibt den aktuellen Stand vom 20.05.2014 wieder. 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

3 Grundlagen, Methodik, Beispiele 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Ausgangspunkt: UN-BRK Artikel 4 UN-BRK: Geeignete Maßnahmen, einschließlich Prüfung und gesetzgeberischer Maßnahmen Prüfungsmaßstab: spezifische Verpflichtungen: Objektive Pflichten Achtungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten Pflicht zur Einhaltung (Verbote aus der Konvention) – sofort mit Inkrafttreten ausnahmslos (ohne jeden zeitlichen Aufschub und in allen Fällen) entsprechen muss in der Regel die in der Konvention normierten Achtungs- und Schutzpflichten Insbesondere bürgerlichen und politischen Rechte (da als Abwehrrechte ausgestaltet) enthalten viele einzuhaltende normative Bestandteile auch sofort anwendbare Bestandteile der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sind dem Bereich der Einhaltungspflicht zuzuordnen. z.B.: beim Recht auf Bildung, dass Menschen mit Behinderungen nicht rechtlich oder praktisch gegen ihren Willen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden (Artikel 24 Absatz 2 a) UN-BRK). letzter Halbsatz von Artikel 4 Absatz 2 UN-BRK - Bestimmungen aus WSK-Rechten die zur sofortigen Einhaltung verpflichten hinreichend bestimmt und damit sofort anwendbar = das Diskriminierungsverbot oder auch die Abwehrkomponente der Rechte sowie ihre unveräußerlichen Inhalte (der sogenannte Kernbereich) Pflicht zur Umsetzung (Gebote aus der Konvention) erfordert proaktives Tätigwerden zwei für die Gewährleistung der Rechte wichtige Aspekte Verpflichtung zur schrittweisen Verwirklichung (progressive Realisierung) von (nicht sofort anwendbaren Bestandteilen der) WSK- Rechten Verpflichtung, die Infrastruktur für Rechtsgewährleistung beziehungsweise Rechtswahrnehmung möglichst effektiv zu gestalten für den Staat anerkanntermaßen große politische Gestaltungsspielräume. menschenrechtliche Prinzipien - verstärken als Zielvorgaben die spezifische inhaltliche Ausrichtung der einzelnen Rechte und erlauben entsprechende Auslegung vor allem bezüglich der nicht sofort anwendbaren WSK-Rechte relevant. Beispielsweise bezieht sich die Umsetzungspflicht beim Recht auf Bildung darauf, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen (Artikel 24 Absatz 1 UN-BRK). Dieses Vorhaben kann nur nach und nach erreicht werden Gemäß der Achtungspflicht darf der Staat weder durch Tun noch durch Unterlassen selbst die Menschenrechte verletzen, weder unmittelbar noch mittelbar in die Rechtsphäre des einzelnen Menschen eingreifen; entspricht der von den Grundrechten her bekannten Abwehrfunktion Die Schutzpflicht besagt, dass der Staat Rechtsverletzungen durch nichtstaatlichen Dritten verhindern muss Die Gewährleistungspflicht, subjektives Recht des einzelnen Menschen korrespondiert, Aufbau der Rahmenbedingungen für die volle, wirksame und gleichberechtigte Rechtsausübung und Partizipation in der Gesellschaft. Vertragsstaaten geeignete legislative, administrative, finanzielle, gerichtliche, fördernde und sonstige Maßnahmen ergreifen, Ziel = volle Verwirklichung der Menschenrechte bürgerliche und politische Rechte: UN-Zivilpakt – z.B.: Freiheit, Folterverbot, Wahlrecht volle Verwirklichung sofort wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte: UN-Sozialpakt (WSK-Rechte) – z.B.: Bildung, Arbeit, Wohnen, Gesundheit progressive Verwirklichung (nach und nach) Ausnahme (Art. 4 Abs. 2 UN-BRK): sofort anwendbar = bei Diskriminierungsverbot, Abwehrrechten und Kernbereich der Rechte! Die Verpflichtung, die Vereinbarkeit allen staatlichen Handelns mit der UN-BRK stetig zu prüfen sowie wirksame gesetzgeberischer und sonstige Umsetzungsmaßnahmen vorzunehmen folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Konvention Implementierungsklausel Artikel 4 Absatz 1 UN-BRK (1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten, a) alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen; b) alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen; Normenprüfung in vielen Bundesländern (und im Bund) vorgesehen Normprüfung im Aktionsplan vorgesehen: Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen Normprüfung in Teilrechtsbereichen: Bund, Bayern, Brandenburg, Hamburg bisher keine Normprüfung geplant: Rheinland-Pfalz, Saarland Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben jeweils ihr Landesgleichstellungsrecht für Menschen mit Behinderungen vor dem Hintergrund der UN-BRK fortentwickelt (vgl. Gesetzesziel); Viele Bundesländer haben seit 2009 ihre Schulgesetze geändert und beziehen sich dabei sämtlich in ihrer Gesetzesbegründung auf die UN-BRK (zuletzt NRW); Weitere Bundesländer bereiten momentan Änderungen ihrer Schulgesetze konkret vor oder planen entsprechende Schulgesetzänderungen (bspw. . 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Menschenrechtsansatz Rechtsträger und Verpflichtungsträger Achtungspflichten Schutzpflichten Gewährleistungspflichten Durchsetzungsfähige (einklagbare) Rechtsansprüche Menschenrechtliche Prinzipien, zum Bsp. Partizipation, Nichtdiskriminierung, Inklusion Menschenrechtsbildung, insbesondere Empowerment 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Prüfung auf vier Ebenen Vereinbarkeit (Vereinbarkeitsprüfung, abstrakte Normenkontrolle; Einhaltungsdefizite) Gestaltung (rechtliche Rahmenbedingungen = menschenrechtl. Gewährleistungsverpflichtung) Rechtsvollzug (außerrechtliche Faktoren) Rechtliche Begründung 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Methodik der Normenprüfung Normen der UN-BRK als Ausgangspunkt Nähere inhaltliche Bestimmung notwendig, Auslegung gemäß völkerrechtlicher Auslegungsmethoden Kontext internationaler Übereinkommen und anderer einschlägiger Völkerrechtsquellen, etwa Jurisprudence Auslegung notwendig: Auslegungsmethoden des WÜRV auf Grundlage authentischer Sprachfassung Allgemeine Bemerkungen („General Comments“) der UN-Fachausschüsse Rechtsauffassungen des UN-Fachausschusses zur UN-BRK Normenprüfung heißt, relevante Rechtsmaterien des Landes Berlin werden dahingehend geprüft, ob sich aus der Verpflichtung zur Einhaltung und Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf Länderebene gesetzgeberischer Änderungsbedarf an bestehenden Regelungen ergibt. Zum einen befasst sich die Prüfung auf Ebene der Vereinbarkeit von Gesetzesnormen – in Gestalt einer sogenannten abstrakten Normenkontrolle – mit der Einhaltung der Konvention. Zum anderen steht auf Ebene der Gesetzesgestaltung die staatliche Pflicht zur Umsetzung der Konvention im Mittelpunkt der Prüfung. Eckpunkte formulieren aus den relevanten Vorgaben der Konvention kompakte Kriterien im Sinne eines normativen Rahmens zur konventionskonformen Überarbeitung des Wahlrechts - wesentlichen Inhalte der UN-BRK abstrahiert zusammengefasst; geben allgemeine menschenrechtliche Anforderungen verdichtet wieder; dienen zur übersichtlichen Veranschaulichung der staatlichen Verpflichtungen aus der Konvention; geben nicht die aktuelle Gesetzeslage, sondern den Soll-Zustand wieder. Die in Form von Formulierungshilfen unterbreiteten rechtlichen Änderungsbedarfe werden innerhalb des Spektrums der Verpflichtungen aus der UN-BRK graduell gewichtet; Kategorisierung kann nie endgültig (konkrete Rechtslage und stetig weiterentwickelndes Verständnisses der Konvention); Möglich, dass innerhalb einer Vorschrift verschiedene Änderungsvorschläge unterschiedliche Erforderlichkeitsgrade - Formulierungsvorschlag wird dann insgesamt bewertet; Die folgenden Kategorien kennzeichnen die Grade der Erforderlichkeit und bringen diese mithilfe von Pluszeichen symbolisch zum Ausdruck: Drei Plus „(+)(+)(+)“ = zwingend geboten; unverzügliches Tätigwerden ist alternativlos; eklatante Rechtsverletzungen; Verstoß gegen Pflicht zur Einhaltung der Konvention. Zwei Plus „(+)(+)“ = hohe Erforderlichkeit; notwendige Rechtsänderungen; verbindliche Vorgaben spezifischer Gewährleistungspflichten; Verstoß gegen Pflicht zur Umsetzung der Konvention. Ein Plus „(+)“ = Notwendigkeit geeignete Maßnahmen zu ergreifen; Rechtsänderung sinnvoll und zweckmäßig; staatlicher Einschätzungsspielraum; verschiedene gangbare Optionen; Gebot zur Gestaltung der Rechtslage im Geiste der Konvention. zentrale Konzepte und menschenrechtliche Prinzipien Diskriminierungsverständnis (angemessene Vorkehrungen) Barrierefreiheitsbegriff Partizipation Inklusion 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Aufbau der Darstellung Normative Vorgaben der UN-BRK Menschenrechtliche Anforderungen (Eckpunkte) Gesetzgeberische Handlungsbedarfe (Vereinbarkeitsprüfung i.e.S. und Gestaltungsansätze) Formulierungshilfen (-vorschläge) 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Erforderlichkeit Erforderlichkeitsgrad 1: Änderungsbedarf ist zwingend geboten, unverzügliches Tätigwerden ist alternativlos Erforderlichkeitsgrad 2: hohe Erforderlichkeit, verbindliche Vorgaben spezifischer Gewährleistungsverpflichten Erforderlichkeitsgrad 3: Änderungen notwendig, Ort und Wortlaut verhandelbar 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Beispiel: LGBG Berlin Ausgangspunkt: Artikel 4 Abs. 3 UN-BRK Erforderlich: Institutionalisierung der Partizipation Berlin : gewachsene Arbeitsgruppen für Menschen mit Behinderung; Öffnungsklausel Vorschlag: Aufnahme eines neuen §§ „In besonderen Fällen sollen geeignete Beteiligungsformate für breite zivilgesellschaftliche Partizipation eingesetzt werden“ 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

4 Normenprüfung für Berlin 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Das Projekt „Monitoring-Stelle Berlin“ Auftrag durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Beginn: Beginn 10/2012 Volumen: zirka 105.000,00 Euro (130 St%) Auftrag: Normenprüfung, Politikberatung, Gremienarbeit Berlin = erstes Bundesland mit unabhängigem Mechanismus im Sinne von Artikel 33 Absatz 2 UN-BRK vgl. Artikel 33 Absatz 2 der UN-Behindertenrechtskonvention gilt auch auf Länderebene – Berlin war damit zum Zeitpunkt der Erstbeauftragung das erste deutsche Bundesland das eine derartige Struktur geschaffen hat; Voraussetzung für die Erfüllung der Vorgaben der UN-BRK ist aber die Unabhängigkeit, welche auf Dauer nur gegeben ist, wenn die Finanzierung verstetigt und langfristig institutionalisiert wird – derzeit Aufnahme des Budgets für das Projekt: „M-St Berlin“ in den kommenden Doppelhaushalt für 2014/2015 im Jahr 2013 ca. € 100.000 zur Wahrnehmung der zusätzlichen Aufgaben und Intensivierung der Umsetzungsbegleitung speziell im Hinblick auf das Land Berlin BPL 10. Überprüfung Dazu wird das Land Berlin sicherstellen, dass insbesondere  unter Nutzung vorhandener Ressourcen umgehend Strukturen und Überprüfungsmechanismen (z.B. durch den Abschluss von Zielvereinbarungen) geschaffen werden, die eine Überprüfung im o.g. Sinne sicherstellen, […] Der Senat geht davon aus, mit dem vorliegenden Aktions-/Maßnahmenplan die zielgerichtete Umsetzung der UN – Behindertenrechtskonvention langfristig abzusichern. Für die Begleitung des Prozesses der Umsetzung im Land Berlin sieht er die Notwendigkeit, dass das Land Berlin die erforderlichen Strukturen sicherstellt bzw. bestehende Strukturen stärkt. 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Das Projekt „Monitoring-Stelle Berlin“ 2012: Bestandsaufnahme und Empfehlungen an die Berliner Staatssekretärskonferenz (StK) 2013: Expertise für ein Artikelgesetz (Normenprüfung); Fachtag, Ressortgruppe 2014: Erörterungsrunden; Fachtag, Ausweitung auf fünf weitere Gegenstände Ende 2012 Bestandsaufnahme auf den Ebenen Recht, Struktur und Bewusstseinsbildung Informationen gesammelt durch: Recherche, Einzelgespräche, Gremienarbeit Schriftliche Abfragen bei den Leitern der AGs MmBh und den Senatsverwaltungen Gespräche mit den Behindertenbeauftragten (des Landes Berlin und der Bezirke) Stellungnahmen der Zivilgesellschaft und Expertengespräch mit Verbänden Anfang 2013 Empfehlungen an Stk = grundlegender Empfehlungskatalog auf Ebenen Allgemeines, Recht, Struktur, Bewusstseinsbildung Seit März 2013 ressortübergreifende Arbeitsgruppe der Berliner Senatsverwaltungen zur UN-Behindertenrechtskonvention eingesetzt mit dem Ziel, die „10 Behindertenpolitischen Leitlinien des Landes Berlin zur nachhaltigen Umsetzung der UN–Behindertenrechtskonvention bis zum Jahr 2020“ auf notwendige Konkretisierungen zu überprüfen und dem Berliner Senat dazu eine entsprechende Beschlussvorlage vorzulegen Politikberatung – externe Begleitung ressortübergreifende AG UN-BRK zur Konkretisierung der BPL Seit Anfang 2013 Expertise 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

5 Fazit 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Fazit und Fragen Aktuelle Dynamik bezüglich Bund und Ländern; Chancen und Gefahren Operation ist hochkomplex, setzt Spezialkompetenzen voraus Aufgabe: strukturelle Absicherung einer qualitativ hochwertigen Prüfung (Verstetigung einer Normprüfung) 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de

Vielen Dank!

Kontakt Deutsches Institut für Menschenrechte Zimmerstraße 26/27,10969 Berlin Dr. Valentin Aichele, LL.M. Leiter der Monitoring-Stelle Tel.: 030 25 93 59 - 454 Fax: 030 25 93 59 - 459 aichele@institut-fuer-menschenrechte.de 20.09.2018 www.institut-fuer-menschenrechte.de