Prinzipien und praktischer Einsatz des WHO-Stufenplans

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 Präsentation transkript:

Prinzipien und praktischer Einsatz des WHO-Stufenplans Gerd-Gunnar Hanekop Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin (ZARI) Bereich Humanmedizin Georg-August-Universität Göttingen

Symptomenprävalenz bei Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden (n=7634) Symptom Prävalenz Schmerzen 70,5% Inappetenz 67,8% Schwäche 52,3% Dyspnoe 50,5% Husten 49,0% Obstipation 47,4% Übelkeit/Erbrechen 40,5% Schlafstörung 29,4% Dysphagie 22,8%

Schmerzprävalenz in Abhängigkeit vom Tumorstadium

Basisprinzipien der Schmerztherapie Schauen Sie nach unterschiedlichen Schmerzursachen physisch psychisch, emotional sozial, interpersonell spirituell Behandeln Sie jeden Schmerz gesondert Überprüfen Sie regelmäßig Ihr Ergebnis

Schmerzmessung Nicht das Instrument ist entscheidend, sondern der Umstand, daß der Patient es ausfüllt VAS NAS, NRS mehrdimensional das Meßinstrument ist an den Patienten anzupassen, nicht umgekehrt die Messung sollte regelmäßig (täglich) erfolgen besondere Patientengruppen sind zu beachten: Kindern alte und verwirrte Menschen

Methoden der Tumorschmerztherapie „Symptom“-orientiert „Tumor“-orientiert Bestrahlung perkutan Radioisotope Chemo- oder Hormontherapie lokal systemisch Operation offen endoskopisch „Symptom“-orientiert primär enterale Pharmakotherapie oral, per Sonde, rektal sekundär parenterale Pharmakotherapie sublingual, transdermal intravenös, subcutan tertiär rückenmarknahe Applikation epidural, intrathekal intracerebroventrikuläre Applikation ablative Verfahren perkutan operativ

Therapieplanung Erklären der Erkrankung Erläuterung der zu treffenden Massnahmen diagnostisch therapeutisch Rolle des Patienten (Aktivierung, Selbstverantwortung) Stellenwert physiotherapeutischer Massnahmen Bedeutung psychologischer Verfahren Medikamentengebrauch antizipierend Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen Verhinderung von Missbrauch regelmässige standardisierte Kontrolle des Therapieeffektes

Therapiemöglichkeiten Anheben der Schmerzschwelle durch: - Therapie zusätzlicher Symptome (z.B. Erbrechen, Inappetenz, Insomnie, Angst, Depression) - Einsatz von Entspannungsverfahren - Psychosoziale Betreuung des Patienten und seiner Angehörigen

Regeln der medikamentösen Therapie Art und Wirkung einer Vormedikation beachten Orale Applikation bevorzugen Parenterale Gabe nur in Ausnahmefällen: - bei Dysphagie, Stomatitis, Bewußtseinsstörung - bei Erbrechen, Schmerzattacken Regelmäßige Analgetikagabe nach 24 h - Zeitschema bei Dauerschmerz

Regeln der medikamentösen Therapie Bei konstantem Dauerschmerz langwirkende Präparate bevorzugen Zur Behandlung von Schmerzspitzen bzw. Durchbruchschmerzen, zusätzlich schnellverfügbare Opioide verordnen bzw. Berücksichtigung von Adjuvantien Individuelle Dosierung: keine Angst vor hohen Dosen! Prophylaxe von Nebenwirkungen: Laxantien, Antiemetika, Gastroprotektiva

Regeln für die medikamentöse Therapie Schriftliche Einnahmeanleitung für Patient und Angehörige Regelmäßige - möglichst standardisierte - Kontrolle der analgetischen Wirkung Anpassung der Schmerztherapie bei: unzureichender Wirkung nicht beherrschbaren Nebenwirkungen Veränderung der Schmerzsymptomatik. Auch an andere Therapieverfahren denken!

WHO - Stufenplan * auf jeder Stufe können gemäss der klinischen Situation zusätzlich adjuvante Medikamente verabreicht werden  auf jeder Stufe können zusätzlich adjuvante Pharmaka verordnet werden

Wesentliche Prinzipien des WHO-Stufenplans by the mouth by the clock by the ladder for the individual attention to detail

Medikamente des WHO-Stufenplans Stufe: Nichtopioide • A S S • (Coxibe) • Metamizol • N S A I D • Paracetamol 2. Stufe: mittelstarke Opioide • Codein • Buprenorphin • Dihydrocodein • Tilidin (+ Naloxon) • Tramadol 3. Stufe: starke Opioide • Morphin • (Buprenorphin) • Fentanyl • Hydromorphon • Levomethadon • Oxycodon

Nichtopioide Analgetika Acetylsalicylsäure 500-1000mg / 4h z.B. Aspirin  1 Tbl. = 500 mg Nebenwirkungen: Gerinnungsstörung, Niereninsuffizienz, gastrointestinale Komplikation Paracetamol 500 - 1000 mg / 4h z.B. Paracetamol STADA  1 Tablette = 500mg 1 Suppositorium = 125mg, 250mg, 500mg, 1000mg Nebenwirkungen: Lebertoxizität

Nichtopioide Analgetika Diclofenac 50-100mg / 6-8h z.B. Voltaren  1 Drg. = 25mg, 50 mg 1 Tbl. = 50mg 1 Suppositorium = 25mg, 50mg, 100mg 1 Kps. = 75mg Nebenwirkungen: schwere Hautreaktionen, Niereninsuffizienz, gastrointestinale Komplikationen, Asthma, Haematopoesestörungen

Pharmakologisches Profil der NSAID Vorteil keine Toleranz- bzw. Abhängigkeitsentwicklung Nachteil ausgeprägte gastrointestinale Nebenwirkungen Hemmung der Thrombozytenaggregation Beeinträchtigung von Leber- und Nierenfunktion bronchiale Obstruktion Hautveränderungen Appleton 1998

Risikofaktoren für gastrointestinale Komplikationen unter der Einnahme von NSAID fortgeschrittenes Lebensalter parallele Anwendung von Glucokortikoiden gastrointestinale Komplikationen in der Anamnese männliches Geschlecht Hernandez-Diaz & Rodriguez 2000

Gastrointestinale Nebenwirkungen unter NSAID Altersbedingte Zunahme gastrointestinaler Komplikationen % Altersklasse (in Jahren) Glynn & Kane 1985

Expression der COX-2 in unterschiedlichen Organen Relative Verteilung der COX-2 mRNA (Kaninchen) in unterschiedlichen Organen Guan et al. 1997

Selektivität der Zyklooxygenase-Hemmung COX-1/COX-2-IC50-Verhältnis Ibuprofen 0.50 Naproxen 0.56 S-Ketoprofen 0.61 Flurbiprofen 1.00 Indometacin 1.90 Piroxicam 3.10 Meloxicam 11.16 Nimesulid 17.70 Diclofenac 18.90 Celecoxib >100 Rofecoxib >200 Hinz et al. 1999

Selektive COX-2 Inhibitoren versus NSAID analgetischer Effekt vergleichbar schwere gastrointestinale Komplikationen unter COX-2 Inhibitoren seltener renale Dysfunktion, Ödembildung, Hypertension wohl vergleichbar thromboembolische (auch kardiovaskuläre) Komplikationen unter selektiven COX-2 Inhibitoren häufiger dyspeptische Beschwerden vermutlich ebenso antitumor-Effekt: Celecoxib>Rofecoxib>NSAID

Nichtopioide Analgetika Metamizol 500-1000mg / 4h z.B. Novalgin  1 Filmtbl. = 500mg Tropfen 1ml = 500mg 1 Suppositorium = 300mg, 1000mg Nebenwirkungen: Arzneimittelexanthem, Hypotonie, Nieren- insuffizienz, Agranulozytose, Asthma

Mittelstarke Opioide Retardpräparate haben generell den Vorteil der langen Wirkdauer Dextropropoxyphen 150 mg / 6 - 8 h Develin  retard 1 Kps. = 150 mg Dihydrocodein retard 60 - 120 mg / 8 - 12 h DHC 60/90/120 Mundipharma  1 teilbare Retardtbl. =  60mg, 90mg, 120 mg

Mittelstarke Opioide Nichtretardierte Präparate: Vorteil schneller Wirkungseintritt, Nachteil kurze Wirkdauer. Tropfenform individuell titrierbar Tilidin (+ Naloxon) 50 - 100 mg / 4 h Valoron N ® 1 Kps. = 50 mg,  20 Tr. = 50 mg Tramadol 50 - 100 mg / 4 h z.B. Tramal ®    1 Tbl./Kps. = 50 mg,  1 Supp. = 100 mg,  20 Tr. = 50 mg Wichtige Nebenwirkungen bei allen mittelstarken Opioiden: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation

Mittelstarke Opioide Retardpräparate: Vorteil lange Wirkdauer, Nachteil schlechte Steuerbarkeit, nicht bei exazerbierenden Schmerzen Tilidin (+ Naloxon) retardiert 50 - 100 mg / (8) - 12 h Valoron N ® retard 1 Retardtbl. = 50/4 mg, 100/8 mg, 150/12 mg Tramadol retardiert 100 - 200 mg / (8) - 12 h z.B. Tramal ® long 1 Retardtbl. = 100mg, 150mg, 200 mg Wichtige Nebenwirkungen bei allen mittelstarken Opioiden: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation

Starke Opioide Morphin nicht retardiert initial: (5) - 10 mg / 4 h Morphinlösung 0,1% - 4% 1ml = 1-40 mg Sevredol  10/20 1 Tbl.  =  10/20 mg MSR 10/20/30 Mundipharma  1 Supp. = 10/20/30 mg Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (immer Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Starke Opioide Morphin retardiert initial: 10 - 30 mg / (8) - 12 h z.B. MST 10/30/60/100/200 Mundipharma  1 Retardtbl.  =  10/30/60/100/200 mg 1 Retardkps. = 10/30/30/50/60/100 mg 1 Beutel Retardgranulat = 20/30/60/100/200 mg Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (immer Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Morphin Vorteil: am besten untersuchtes Opioid gute Steuerbarkeit hervorragende Titrationsmöglichkeiten flexible Therapieoptionen gute analgetische Potenz diverse Präparationen und Applikationsformen Nachteil: opioid-typisches Nebenwirkungsspektrum eingeschränkte orale Bioverfügbarkeit signifikante Histaminliberation aktive Metabolite Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen Applikation enteral, parenteral, rückenmarknah Urteil: uneingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Starke Opioide Oxycodon retardiert initial: 10 mg / (8) - 12 h Oxygesic ® 10/20/40 mg 1 Retardtbl. 10mg, 20mg, 40 mg Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (immer Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Oxycodon Vorteil: gute Bioverfügbarkeit diverse Präparationen und Applikationsformen Nachteil: opioidtypische Nebenwirkungen aktive Metabolite (aber quantitativ irrelevant) hohe Kosten Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen; vorzugsweise Applikation oral und iv. Urteil: (un-) eingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Starke Opioide Hydromorphon retardiert initial: 4 mg / 12 h Palladon ® 4/8/16/24 mg 1 Retardkps. 4mg, 8mg, 16mg, 24 mg Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (immer Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Hydromorphon Vorteil: hohe analgetische Potenz gute Bioverfügbarkeit keine aktiven Metabolite diverse Präparationen und Applikationsformen Nachteil: opioidtypische Nebenwirkungen hohe Kosten Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen Opioidrotation Applikation oral, parenteral, rückenmarknah Urteil: (un-) eingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Transdermale Therapeutische Systeme (TTS)

Starke Opioide Fentanyl TTS initial: 2,5 mg / (48) - 72 h Durogesic ® SMAT 25g/h, 50g/h, 75g/h, 100g/h sehr verzögerter Wirkungseintritt, besonders zur Behandlung konstanter Dauerschmerzen geeignet. Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (vermutlich geringer als bei anderen retardierten Opioiden, ggfl. Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Fentanyl: Pharmakokinetische Parameter Eliminationshalbwertszeit (h) 3-16 Verteilungsvolumen (l/kg) 3,7-6,0 Clearance (ml/min) 275-1530 Wirkungsdauer iv, epidural dosisabhängig transdermal 48-72 maximaler Effekt (min) intravenös 1-2 720-1440 Bioverfügbarkeit (%) 85-90 Bentley et al. 1982; Bower & Hull 1982; Gourlay & Mather 1991; McClain & Hug 1980; Scott & Stanski 1987

Fentanyl Vorteil: hohe analgetische Potenz große therapeutische Breite keine aktiven Metabolite schneller Wirkungseintritt (intravenös, epidural) lange Wirkungsdauer (transdermal) Nachteil: schlechte Steuerbarkeit (transdermal) langsamer Wirkungseintritt (transdermal) kurze Wirkungsdauer (intravenös) langwirkender Effekt bei Intoxikation (transdermal) hohe Kosten (transdermal) Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen Applikation transdermal, parenteral, rückenmarknah Urteil: eingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Starke Opioide Buprenorphin TTS initial: 2,4 mg / (48) - 72 h Transtec ® 35g/h, 52,5g/h, 70g/h sehr verzögerter Wirkungseintritt, besonders zur Behandlung konstanter Dauerschmerzen geeignet. Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (vermutlich geringer als bei anderen retardierten Opioiden, ggfl. Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Buprenorphin: Pharmakokinetische Parameter Eliminationshalbwertszeit (h) 1,2-3-(5) Verteilungsvolumen (l/kg) 2,7 Clearance (ml/min) 900-1400 Wirkungsdauer iv, epidural sublingual transdermal dosisabhängig 6-8 72 maximaler Effekt (min) iv, sc 2-5 transdermal sublingual 3420-3540 190-210 Bioverfügbarkeit (%) transdermal sublingual 85-90 31-58 Bullingham et al. 1981; Bullingham et al. 1982; Likar & Sittl 2002

Buprenorphin Vorteil: gute Bioverfügbarkeit sublingual reduziertes Abhängigkeitspotential lange Wirkungsdauer große therapeutische Breite diverse Präparationen und Applikationsformen keine Anpassung bei Niereninsuffizienz erforderlich keine oder nur geringe Entzugssymptomatik Nachteil: Partialagonist Wirkbeginn und -maximum verzögert keine pharmakologische Antagonisierung „ceiling“-Effekt (Dosis?) Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen; Urteil: eingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Starke Opioide Levo - Methadon initial: 2,5 mg / (6) - 8 h L-Polamidon ® Hoechst 1 ml Lösung = 5mg cave: sorgfältige Überwachung des Patienten in der Titrationsphase wegen möglicher Kumulation. Sehr variable Halbwertszeiten! Wichtige Nebenwirkungen: Obstipation (immer Prophylaxe mit Laxans); Sedierung; Übelkeit (eventuell initial Prophylaxe mit Antiemetikum)

Levomethadon Vorteil: gute Bioverfügbarkeit niedrige Kosten geringer ausgeprägte opioidtypische Nebenwirkungen lange Wirkungsdauer spezifische analgetische Wirkung keine aktiven Metabolite diverse Präparationen und Applikationsformen Nachteil: stark schwankende Eliminationshalbwertszeit schlechte Steuerbarkeit und Kumulationsgefahr Auslösung eines „long QT Syndroms“ möglich Indikation: Behandlung mittelstarker bis starker Schmerzen Applikation oral, parenteral, rückenmarknah Opioidrotation Urteil: (un-)eingeschränkt für die Tumorschmerztherapie geeignet

Das intramuskuläre Morphinäquivalent „Das Morphinäquivalent ist die fiktive Dosis eines Opioids in Milligramm (intramuskulär gegeben), die den gleichen analgetischen Effekt hervorruft wie 1 mg Morphin (intramuskulär verabreicht).“ Portenoy et al. 1986

Äquianalgetische Dosierungen unterschiedlicher Opioide

Adjuvantien Antikonvulsiva bei neuropathischen Schmerzen mit einschießenden, stechenden Paroxysmen Carbamazepin retard 200 - 1200 mg / d z.B. Tegretal ® retard  1 Retardtbl. = 400 mg, 1 Tbl.  = 200 mg. Einschleichende Dosierung, initial ½ - 1 Tbl., bevorzugt abends. In Einzelfällen auch mehr als 1200 mg/d Clonazepam 0,3 - 1 mg / 8 h Rivotril ® 1 Tr. =  0,1 mg

Adjuvantien Antikonvulsiva vorrangig bei neuropathischen Schmerzen mit einschießenden, stechenden Paroxysmen Gabapentin 300 - 2400 mg / 24h Neurontin ®  1 Kps. = 100/300/400 mg, Einschleichende Dosierung, initial 3 x 100 mg; cave bei Niereninsuffizienz

Adjuvantien NMDA-Antagonisten Ketamin 3-20mg/h = 40-300g/kg/h iv. oder sc. 1-10mg/d intrathekal Auftreten psychomimetischer Nebenwirkungen in der Aufwachphase möglich; individuell weit differierende Empfindlichkeit; Prophylaxe mit niedrig dosierten Benzodiazepinen!

Adjuvantien Bisphosphonate Clodronsäure 1040-3200mg/d oral bzw.iv. Pamidronsäure 60-90mg/3-wöchentlich iv. Ibandronsäure 2-4-(6)mg/3-6-wöchentlich iv. Orale Bisphosphonate zeigen eine schlechte gastrointestinale Verträglichkeit; parenterale Gabe zumeist als Infusion über mehrere Stunden (Ausnahme Ibandronsäure, hier ist Bolusapplikation möglich)

Strahlentherapie als palliative Maßnahme Indikationen: Schmerzlinderung (Knochenschmerzen, Nervenwurzel- und Weichteilinfiltration) Tumorblutungen (Hämoptysen, Vaginalblutung, Hämaturie, rektale Blutung) Exulcerationen Dyspnoe onkologische Notfälle (Cava superior Obstruktion, Querschnittssymptomatik Zeichen erhöhten Hirndrucks infolge Hirnmetastasen) Obstruktion von Hohlorganen Ashby (1993)

Orientierungspunkte für die Indikation von Verfahren der Schmerztherapie bei Tumorpatienten der Grad der Analgesie ist nicht das alleinige Kriterium für die Wahl eines Verfahrens, auch mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen - sowohl hinsichtlich ihrer Häufigkeit als auch ihres Schweregrades - sind zu berücksichtigen für den Patienten zählt vor allem der Gewinn an Lebensqualität das gewählte Verfahren sollte dem Patienten unter den gegebenen Bedingungen ein möglichst unabhängiges Leben ermöglichen die Art des vom Patienten empfundenen Schmerzes muß beachtet werden bewegungs- bzw. belastungsabhängige Schmerzen neuropathische Schmerzen

Orientierungspunkte für die Indikation von Verfahren der Schmerztherapie bei Tumorpatienten ist unter der Anwendung des Verfahrens mit einer dadurch bedingten starken Einschränkung der Lebensqualität zu rechnen durch physiologische Effekte des Verfahrens durch Komplikationen oder Nebenwirkungen reduziert sich durch das Verfahren die Abhängigkeit des Patienten von medizinischer Betreuung kann das Verfahren auch unter häuslichen Bedingungen verwendet und durchgeführt werden wird eine stationäre Aufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert oder zumindest in der Dauer reduziert

Effektivität des WHO-Stufenplans Studien zum WHO-Stufenschema Quelle Setting Zahl der Patienten angemessene Analgesie Ventafridda et al. 1987 cancer center 1.229 71 % Walker et al. 1988 Palliativstation 13 69 % Goisis et al. 1989 Kliniksambulanz 45 93 % Ventafridda et al. 1990 gemischt 261 76 % Takeda et al. 1990 cancer center 205 97 % Wenk et al. 1991 Hausbetreuung 28 100 % Signan et al. 1992 Allg. Krankenhaus 28 86 % Zech et al. 1995 Schmerzambulanz 2.118 88 % WHO 1996

Evaluierung des WHO-Stufenplans Ergebnisse guter Effekt bei Zentren mit Erfahrung in der Anwendung 75 % des WHO-Stufenplans Zentren ohne Erfahrung in der Anwendung 50 % des WHO-Stufenplans Stjernsward (1991)

Rate symptomorientierter Interventionen zur erfolgreichen Therapie von Tumorschmerzen