Die fünf Postulate der systematischen Auslegung

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Die fünf Postulate der systematischen Auslegung Das Postulat der Widerspruchsfreiheit Das Gesetz widerspricht sich nicht selbst. Das Postulat der Nichtredundanz Das Gesetz sagt nichts Überflüssiges. Das Postulat der Vollständigkeit Das Gesetz lässt keine Regelungslücken. Das Postulat der systematischen Ordnung Die Vorschriften des Gesetzes sind sinnvoll geordnet. Die verfassungskonforme Auslegung

Räuberische Erpressung Kombination aus § 253 und § 255 StGB: Wer einen Menschen mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird gleich einem Räuber bestraft.

Einheit der Rechtsordnung § 817 BGB Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten 1War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. 2Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. § 823 BGB Schadensersatzpflicht Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. 1Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. 2Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Bedingungen einer teleologischen Interpretation Der verfolgte Zweck selbst muss als gerecht, vernünftig und nützlich legitimiert werden. Die Norm muss ein geeignetes Mittel sein, diesen Zweck einigermaßen vollständig zu verwirklichen. Es darf keine nachteiligen Nebenfolgen der Verwirklichung des Normzwecks geben, die dessen Wert überwiegen.

Teleologische Argumentation These 1: „Aufgabe des Merkmals Irrtum im Betrugstatbestand ist es, dem Prinzip der Subsidiarität des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes zur Geltung zu verhelfen.“ (Zwecksetzung) These 2: Wer an der Wahrheit der Angaben des Täters zweifelt, „ist nicht Werkzeug des Täters, sondern kann sich einer Schädigung entziehen, indem er die zweifelhaften Behauptungen überprüft, notfalls kann er auch eine Sicherheit fordern oder gar den geschäftlichen Kontakt ganz abbrechen.“ (Tatsachenbehauptung) These 3: Der Ausschluss des Zweifels aus dem Irrtumsbegriff ist ein geeignetes Mittel, im Rahmen des Betrugstatbestandes dem Prinzip der Subsidiarität des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes zur Geltung zu verhelfen. (Mittel-Zweck-Verknüpfung, vorläufiger Auslegungsvorschlag) These 4: Es ist unwirtschaftlich und für die Privatsphäre des Geschäftspartners gefährlich, auch dem allgemeinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit Fremder durch Erkundigungen nachzugehen; es wäre für den Wirtschaftsverkehr nachteilig, wenn auf Grund solcher unbestimmter Zweifel höhere Sicherheiten gefordert würden oder Geschäfte mit Unbekannten ganz unterblieben. (Berücksichtigung weiterer Folgen) These 5: Nur jener Zweifel, der auf einem konkreten Anhaltspunkt beruht, ist aus dem Irrtumsbegriff auszuscheiden. (endgültiger Auslegungsvorschlag)

Zur Rangfolge der Auslegungsrichtlinien § 540 Abs. 1 BGB 1Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. 2Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. § 553 Abs. 1 BGB 1Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. 2Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.